Gorilla-Torte als Belohnung vom Teamkoch

Greipel lässt in der Champagne den Korken knallen

Von Felix Mattis aus Reims

Foto zu dem Text "Greipel lässt in der Champagne den Korken knallen"
André Greipel (Lotto-Belisol) jubelte in Reims bei dieser Tour zum ersten Mal. | Foto: Cor Vos

11.07.2014  |  (rsn) - Natürlich durfte in der Hauptstadt der Champagne der Schampus nicht fehlen: Zumindest einen Korken ließ André Greipel daher knallen, als er beim Abendessen im Teamhotel von Lotto Belisol am Stadtrand von Reims vor seine Mannschaftskollegen und Betreuer trat. Doch für den Höhepunkt im Speisesaal sorgte nicht der Weltklasse-Sprinter selbst, sondern Teamkoch Carol De Dobbelaere.

Er beglückte den Mann des Tages mit einer Sieger-Torte, die mit dem Gorilla-Artwork von seinem Ridley-Rad verziert war. „Das war eine schöne Überraschung“, freute sich der 31-jährige Greipel, der am Abend auf dem Hotel-Parkplatz noch zwei TV-Auftritte im niederländischen und belgischen Fernsehen zu absolvieren hatte, in denen er sogar Deutsch sprechen durfte.

Dass der Deutsche Meister die Medienpflicht locker lächelnd und ohne Murren über sich ergehen ließ, zeigte noch einmal, für welche Befreiung der Etappensieg von Reims gesorgt hatte. „Ich bin sehr glücklich, dass es endlich geklappt hat“, gab der Sprinter bereits unmittelbar nach seinem ersten Sieg im vierten Anlauf zu Protokoll.

In Harrogate, London und Lille hatte Greipel jeweils von hinten zusehen müssen, wie Landsmann Marcel Kittel (Giant-Shimano) zum Tagessieg sprintete, nachdem der Lotto-Zug in den finalen Sprint-Vorbereitungen zerfallen war. Dafür musste Greipel nach der Niederlage am Montag in Englands Hauptstadt sogar vom eigenen Teamchef Kritik einstecken. Marc Sergeant hatte bemängelt, dass sein Kapitän auf den nassen Straßen zu viel Angst gehabt und gebremst hätte. „So kann man bei der Tour nichts gewinnen“, sagte Sergeant da.

Greipel gab in Reims zu, dass die Ansprache seines Chefs Wirkung gezeigt hatte. „Wer mag schon Kritik? Ich nicht. Aber vielleicht ist es manchmal gut, mir auf die Füße zu treten. Solange sie dadurch nicht gebrochen sind und ich trotzdem noch Radfahren kann, ist das in Ordnung“, erklärte er auf der Pressekonferenz in für ihn typischer, bildlicher Sprache.

Dass er seinen Sieg, wie schon bei der Deutschen Meisterschaft vor zehn Tagen, nicht im direkten Duell mit Kittel feiern konnte, sorgte bei den Experten für Unkenrufe. Hätte Greipel auch gegen den bis dato stärksten Sprinter dieser Tour gewonnen? Beantworten kann man diese Frage kaum, immerhin aber war die Art und Weise, wie der „Gorilla“ sich seinen ersten Tagessieg krallte, genauso beeindruckend wie die bisherigen Auftritte seines Landsmannes.

Auch ohne den direkten Vergleich erweckte Greipel den Eindruck, dass er viel näher an Kittel dran ist als viele glauben. In Reims spurtete er früh los und war lange im Wind, ließ der Konkurrenz um den Norweger Alexander Kristoff (Katusha) aber trotzdem nicht den Hauch einer Chance. Die anderen kamen noch nicht einmal mehr zu dem Versuch, aus dem Windschatten des muskulösen Blondschopfs herauszuziehen.

Durch Kittels Siegesserie im vergangenen Jahr und auch 2014 rückte Greipel in den Hintergrund. Vor der Tour sprachen internationale Journalisten sogar nur noch vom Duell zwischen Kittel und Mark Cavendish (Omega Pharma - Quick-Step). Kaum überraschend lautete daher die erste Frage in Greipels Siegerpressekonferenz: „Es war ein schwieriges Jahr für Sie - wie sind nun die Gefühle?“, wollte da jemand wissen. Dass der Deutsche Meister mit nun 13 Siegen in dieser Saison aber so viele Profi-Rennen gewonnen hat wie kein anderer Fahrer, scheint vielen entgangen zu sein.

Und während es zuletzt hieß, es sei Kittels großer Vorteil, dass er auch ohne perfekten Sprintzug gewinnen kann, bewies Greipel nun, dass er das genauso drauf hat. „Es ist nicht einfach, bei so vielen Kreisverkehren einen richtigen Zug aufzubauen“, erklärte der Lotto-Profi, warum die Sprint-Vorbereitungen in Reims bei sieben Kreiseln auf den letzten fünf Kilometern keinem Team perfekt von der Hand gingen. „Trotzdem haben die Jungs einen großen Teil zu meinem Sieg beigetragen.“

Wer nun also tatsächlich der Schnellere ist, Kittel oder Greipel, diese Frage muss noch geklärt werden. In Tagessiegen bei dieser Tour steht es 3:1 für den Erfurter von Giant-Shimano, in Saisonerfolgen 13:10 für den Hürther von Lotto Belisol - die ganze Radsport-Welt schaut auf ein Duell zweier Deutscher und freut sich darauf, sie endlich Kopf an Kopf der Ziellinie entgegenrasen zu sehen.

Ob das bereits am Freitag in Nancy geschehen wird, ist allerdings fraglich. „Es wird schwierig, denn mit so einer Bergwertung fünf Kilometer vor dem Ziel bleibt nicht viel Zeit, um wieder den Anschluss zu schaffen“, blickte Greipel gegenüber radsport-news.com skeptisch voraus. Er setzt bei der schwierigen Ankunft der 7. Etappe daher auf seine Teamkollegen Tony Gallopin und Jürgen Roelandts. „Die dürften da gut mit rüberkommen.“

Ach, übrigens: Greipels Sieger-Torte hat De Dobbelaere natürlich radfahrerfreundlich hergestellt. „Es war eine mit Kirschen und Low-Fat-Cheese - mit null Prozent Fett - und einer mit einem Lebensmitteldrucker hergestellten Gorilla-Platte aus Marzipan oben drauf“, erklärte er radsport-news.com auf dem Weg zu seinem Hotelzimmer.

Leider kann De Dobbelaere diese Druckerei nicht im Mannschaftsbus herstellen, doch er hat seine Frau bereits beauftragt, für Nachschub zu sorgen. „Sie wird die neuen Marzipanplatten in das Teamhotel schicken, in dem wir in zwei Tagen sind.“ Dann ist auch die Küche von Lotto-Belisol für weitere Etappensiege des Deutschen Meisters gerüstet.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

04.12.20143,5 Millionen Zuschauer beim Grand Départ der Tour in England

(rsn) – Den Grand Départ der diesjährigen Tour de France in Großbritannien erlebten nach Angaben der Tourismus-Agentur „Welcome to Yorkshire“ 3,5 Millionen Menschen entlang der Strecke mit. A

12.11.2014Froome: Nach der Frust-Tour machte die Vuelta Mut für 2015

(rsn) – Trotz der misslungenen Titelverteidigung bei der Tour de France ist Chris Froome (Sky) mit seiner Saison 2014 alles in allem zufrieden. Und auch, wenn er nach mehreren Stürzen schon früh v

25.09.2014Cavendish möchte die Tour de France nie mehr verpassen

(rsn) – Fast drei Monate nach seinem Sturz beim Grand Départ der Tour de France spürt Mark Cavendish (Omega Pharma-Quick Step) noch immer die Nachwirkungen. Der Brite hatte sich bei einem schweren

02.09.2014Keine positiven Tests bei der Tour de France

Berlin (dpa) - Alle Dopingtests der diesjährigen Tour der France waren negativ, teilte der Internationale Radsport-Verband (UCI) mit. Insgesamt wurden bei der Tour 719 Proben genommen, im Vorj

06.08.2014Denk: „Wir wollen 2015 zur Tour de France zurückkehren"

(rsn) - Nach dem erfolgreichen Debüt seiner Mannschaft bei der Tour de France äußert sich NetApp-Endura-Teammanager Ralph Denk im Interview mit radsport-news.com zu den sportlichen Zielen für den

04.08.2014Andy Schleck geht es „den Umständen entsprechend gut“

(rsn) – Knapp einen Monat nach seiner Knie-OP geht es Andy Schleck „den Umständen entsprechend gut“, wie der Trek-Profi am Rande des von Ag2R-Profi Ben Gastauer Kriteriums Gala Tour de France i

02.08.2014Gesehen und getroffen!

(rsn) - Das traf sich aber gut: Gerade wollte ich loslegen und den Radsport-News-Lesern noch ein paar Episoden meiner privaten TdF-Pyrenäen-Woche schildern, da kommt die Meldung, dass bei der Tour dÂ

29.07.2014Nibalis Tour-Sieg gibt Rückenwind für Nasarbajews Sportprojekte

(rsn) – Berlin (dpa) - Der Sieg von Vincenzo Nibali bei der Tour de France hat seinen kasachischen Geldgebern weiteren Rückenwind bei den ehrgeizigen Projekten verschafft. Großes Ziel ist der Zus

28.07.2014Majka: „Wir haben uns einen neuen Plan A ausgedacht"

Das Ergebnis kann sich sehen lassen, obwohl zunächst nichts darauf hingedeutet hatte, dass Rafal Majka auf den Bergetappen der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt zu den Hauptakteuren gehören

28.07.2014OP-QS und Tinkoff-Saxo feiern je drei Siege, Sky erlebt Desaster

(rsn) - Drei harte Wochen Tour de France liegen hinter den Fahrern. Zeit für radsport-news.com, in einer vierteiligen Reihe Bilanz zu ziehen. Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erw

28.07.2014Tour-Sieger Nibali ist Italiens neuer Sportheld

Paris (dpa) - Nach 16 Jahren haben die Italiener wieder einen Tour-de-France-Sieger. Entsprechend überschwänglich waren die Reaktionen nach dem Triumph von Vincenzo Nibali (Astana). Der neue

28.07.2014Kehrt die Tour nach Deutschland zurück?

(rsn) – Kehrt die Tour de France nach Deutschland zurück? Geht es nach Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster, dann definitiv ja. Das Stadtoberhaupt traf sich laut den Westfälischen Na

Weitere Radsportnachrichten

24.11.2025Ex-Profis Bettini und Pozzato sprechen sich für Ticket-System aus

(rsn) – Die mögliche Einführung von bezahlpflichtigen Zonen für Zuschauer am Streckenrand von Radrennen, vor allem an Schlüsselstellen im Streckenverlauf, hat in den letzten Tagen neue Für- und

24.11.2025Tony Martins Erfolgsstory begann in Mamas Radklamotten

(rsn) - Von der "Idiotenrunde" zur Tour de France und zu vier Goldmedaillen im WM-Zeitfahren - diese Geschichte beschreibt Tony Martin in seiner Dokumentation "Panzerwagen, Reise zum Weltmeister". D

24.11.2025Belgischer Radsportler des Jahres: Evenepoel zieht mit Museeuw gleich

(rsn) - Merhawi Kudus (Burgos - Burpellet - BH) ist afrikanischer Meister im Straßenrennen. Der 31 Jahre alte Eritreer sicherte sich den kontinentalen Titel zum ersten Mal in seiner Karriere. Bei den

24.11.2025Knie, Krankheit, Katastrophe? Kompliziertes Jahr mit Lichtblicken

(rsn) – Vor einem Jahr war Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) einer der großen Hoffnungsträger des deutschen Radsports. Sein Etappensieg als Ausreißer am Passo Brocon beim Giro d’It

24.11.2025Guernalec nächstes Opfer eines schweren Trainingsunfalls

(rsn) – Erneut wurde ein Radprofi während des Trainings Opfer eines schweren Unfalls. Thibault Guernalec wurde von einem Auto angefahren. Der 28 Jahre alte Franzose trug Frakturen an den Lendenwirb

24.11.2025Anstoß Remco: Evenepoel eröffnet Liga-Spiel in Belgien

(rsn) - Die fußballerischen Wurzeln von Remco Evenepoel sind wohlbekannt, der Belgier spielte in seiner Jugend für den RSC Anderlecht und die belgische Junioren-Nationalmannschaft, auch ein Profiver

24.11.2025Schritt nach Belgien und erster Sieg ermöglichten Profivertrag

(rsn) – Nach zwei Jahren im vertraut-familiären Umfeld des rad-net-Teams, das von seinem Vater Ulrich Müller geleitet wurde, hat sich Tobias Müller in der Saison 2025 bei Wanty – Nippo – ReUz

24.11.2025Giro-Zweiter Chaves beendet Karriere, Cavallar wechselt zu “Dreamteam“

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

23.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

23.11.2025Sensationell Straßenmeister und die Nummer 1 auf der Bahn

(rsn) - 2025 war ein Jahr, das dem Tim Wafler in Erinnerung bleiben wird. Überraschend gewann der Österreicher auf flachen Kurs die Nationalen Straßenmeisterschaften, wobei er als Kontinentalfahrer

23.11.2025Nys macht’s in Tabor im Stil von van der Poel

(rsn) – Er schien beim Weltcup-Auftakt in Tabor über einen Gang mehr zu verfügen als die Konkurrenz: Als Thibau Nys (Baloise – Glowi Lions) Ernst machte, konnte keiner seiner Gegner folgen. Der

23.11.2025Brand egalisiert mit Sieg in Tabor den Vos-Rekord

(rsn) - Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) hat den Weltcup-Auftakt in Tabor gewonnen. Die Niederländerin bestimmte gemeinsam mit Sara Casasola (Crelan – Corendon) und deren Teamkollegin Inge v

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)