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05.07.2014 | (rsn) – Marcel Kittel (Giant-Shimano) hat zum Auftakt der Tour de France den britischen Fans die Partylaune verdorben und mit seinem Sieg in Harrogate das Gelbe Trikot erobert. Das Kunststück war dem Erfurter bereits beim letztjährigen Grand Départ in Bastia gelungen. Dem damaligen Erfolg hatte er weitere drei folgen lassen, darunter den auf der Schlussetappe in Paris.
„Ich bin so stolz. Das ist sehr emotional. Ich wusste, wie es sich anfühlt, da oben auf dem Podest zu stehen, aber ich habe heute gemerkt, wie viel schwerer es ist, noch einmal eine 1. Etappe zu gewinnen"“, sagte Kittel, der dem Slowaken Peter Sagan (Cannondale) und den Litauer Ramunas Navardauskas das Nachsehen gab.
„Das ist unglaublich - mir fehlen die Worte. Sieg und Gelbes Trikot zum zweiten Mal in Serie für uns. Das ist etwas ganz besonderes. Die Atmosphäre hier in England mit den vielen Zuschauern ist unglaublich“, ergänzte Teamkollege John Degenkolb, der seinem Freund den Sprint vorbereitet hatte.
Dagegen endete die am Samstagmittag in Leeds gestartete 1. Etappe der 101. Frankreich-Rundfahrt für Lokalmatador Mark Cavendish (Omega Pharma-Quick Step) in einem Desaster. Der Brite, der in der Heimatstadt seiner Mutter um jeden Preis das Gelbe Trikot erobern wollte, ging auf der Zielgeraden ein viel zu hohes Risiko ein und ging, nachdem er mit seinem Kopf Simon Gerrans (Orica-GreenEdge) wegzudrücken versuchte, ebenso wie der Australische Meister zu Boden. Mittlerweile befindet sich Cavendish im Krankenhaus, wo seine verletzte Schulter geröntgt wird. Bei aller Freude über seinen fünften Tour-Etappensieg vergaß Kittel nicht den unglücklichen Lokalmatadoren: „Ich hoffe, es ist bei `Cav` nicht so schlimm und er kann morgen weiterfahren.“
Auch für Cavendish, wiederholte sich damit Radsport-geschichte, denn Cavendish war bereits 2013 auf Korsika im Finale der 1. Etappe schwer gestürzt. Ein unerfreuliches deja vu-Erlebnis hatte auch André Greipel (Lotto Belisol) – der deutsche Meister, der im vergangenen Jahr wegen eines Defekts nicht in den Sprint eingreifen konnte, kam diesmal mit knapper Not an den stürzenden Kollegen vorbei und musste sich mit Rang 18 begnügen.
Kittel, der sich auf dem Podium neben dem Gelben auch das erste Grüne Trikot des besten Sprinters überstreifen durfte, war aber nicht der einzige Deutsche, der für Furore sorgte. Jens Voigt (Trek) machte seinem Ruf als Ausreißerspezialist wieder einmal alle Ehre und wurde im Ziel nicht nur als kämpferischster Fahrer ausgezeichnet, sondern auch mit dem Bergtrikot belohnt. „Bei einer dreiwöchigen Tour bleibt es eine kleine Episode. Aber es ist meine Episode“, strahlte der Berliner im Ziel.
Bevor der Startschuss zur 101. Tour de France fiel, wurde das Feld der 198 Tour-Starter in einer rund einstündigen Neutralisation an Abertausenden von begeisterten Zuschauern entlang durch und aus Leeds heraus geleitet. Einen ersten frühen Zwischenstopp legten Chris Froome & Co. am Harewood House ein, wo sie von Mitgliedern des Königshauses per Handschlag begrüßt wurden.
Mit der Freigabe des Rennens bewies Jens Voigt, das er sich auch für seine 17. Tour de France viel vorgenommen hat. Gemeinsam mit den beiden Franzosen Nicolas Edet (Cofidis) und Benoit Jarrier (Bretagne-Séché Environnement) verabschiedete sich der 42-jährige Berliner schon früh und machte sich als Ausreißer auf den Weg durch die Hügellandschaft von Yorkshire.
Allzu weit ließen die Sprinterteams das Trio nicht davon ziehen. Bei Gegenwind bewegte sich der Abstand zwischen beiden Gruppen über lange Zeit hin um die drei Minuten. Edet holte sich nach 68 Kilometern an der Côte de Cray (4. Kat.) in einem harten Duell mit Jarrier den ersten Bergpunkt dieser Tour. Wenige Kilometer später holte sich Voigt als Erster am Zwischensprint 20 Punkte. Knapp vier Minuten danach sicherte sich Bryan Coquard (Europcar) aus dem Feld heraus den vierten Platz vor André Greipel (Lotto-Belisol) und Peter Sagan (Cannondale).
Voigt nutzte den Sprint auch aus, um seine beiden Begleiter abzuhängen – und die resignierten schnell, nachdem sie vom deutschen Routinier düpiert worden war. Hinauf zur zweiten Bergwertung an der Côte de Buttertubs (3. Kat./4,6 Km, 6,8 Prozent) musste sich Voigt den Weg durch die dicht gedrängten Reihen begeisterter Zuschauer bahnen. Während sich Edet zumindest noch einen Punkt an der Bergwertung sicherte, wurde Jarrier, der die Fluchtgruppe initiiert hatte, vom Feld geschluckt, das im Anstieg in mehrere Teile zerfallen war.
In der Folge drückten vor allem Lotto Belisol und Cannondale mächtig aufs Tempo. Leidtragender waren unter anderem Thibaut Pinot (FDJ.fr), Joaquim Rodriguez (Katusha) und Lampre-Merida), die sich in einer abgehängten Gruppe wiederfanden.
An der Côte de Griton Moor (3. Kat.) sicherte sich Voigt nochmals zwei Punkte und damit das Gepunktete Trikot. Kurz darauf, ziemlich genau 60 Kilometer vor dem Ziel, wurde auch der letzte Fahrer der ehemaligen Spitzengruppe vom Feld gestellt.
Nach dem turbulenten Intermezzo ließen es die Sprinterteams wieder ruhiger angehen, was es den fast allen abgehängten Fahrern auf den letzten, überwiegend flachen Kilometern erlaubte, wieder zum Peloton aufzuschließen, das in breiter Front in Richtung Harrogate fuhr. Auch jetzt sah man immer wieder die roten Trikots von Greipels Helfern vorne, ehe sich auf den letzten 15 Kilometern die Sprintzüge so langsam zu formieren begannen: Lotto Belisol, FDJ.fr, Cannondale und Katusha schickten ihre Leute nach vorn.
Dagegen war von Omega Pharma-Quick Step lange Zeit nichts zu sehen – ehe Cavendish und sein bis auf den abgehängten Italiener Alessandro Petacchi komplettes Team vier Kilometer vor dem Ziel zur Offensive bliesen. Tatsächlich schien der Plan aufzugehen, denn Tony Martin & Co. konnten Störversuche etwa von Cofidis souverän abwehren – ehe dann Fabian Cancellara (Trek) kurz vor der 1.000-Meter-Markierung den Sprintern das Herz stocken ließ.
Der Schweizer läutete mit seinem kraftvollen Antritt das dramatische Finale ein, in dem Cavendish vor den heimischen Fans dann zu viel wollte und mit einer Harakiri-Aktion gegen Gerrans nicht nur sich selbst aller Chancen beraubte, sondern auch den Australischen Meister mit zu Boden riss. Dagegen machten Kittel und Giant-Shimano alles richtig und konnte den fünften Etappensieg und das zweite Gelbe Trikot des Deutschen feiern.
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