RSN-Rangliste 2010 - Platz 26: Tony Martin (HTC-Columbia)

Ausgerechnet die Tour ging daneben

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Ausgerechnet die Tour ging daneben"
Tony Martin hat im WM-Zeitfahren von Melbourne die Bronzemedaille gewonnen. Foto: ROTH

16.12.2010  |  (rsn) – Bei der Tour de France konnte Tony Martin (HTC-Columbia) die großen Erwartungen nicht erfüllen. Dennoch beendete der 25-Jährige trotz anfänglichen Knieproblemen die abgelaufene Saison als bester deutscher Rundfahrer. Mit der Eneco-Tour gewann Martin zudem sein erstes bedeutendes Mehretappenrennen.

Wegen hartnäckiger Knieprobleme kam der gebürtige Cottbuser allerdings nur langsam in Schwung. „Ich werde definitiv im Januar nicht mehr meine Sitzposition ändern. Den Fehler macht man nur einmal“, sagte Martin am Saisonende zu otz.de. Diese kleine technische Veränderung schien die Ursache für seine Sehnenverletzung im rechten Knie gewesen zu sein, die den Allrounder zu Saisonbeginn zurückwarf.

Zwar konnte er im Februar einen dritten Platz im Zeitfahren der Andalusien-Rundfahrt (Kat. 2.1) und einen fünften Etappenrang bei Paris-Nizza belegen - das war's aber auch schon an vorderen Platzierungen. Erst bei der Kalifornien-Rundfahrt (Kat. 2.HC) Mitte Mai konnte Martin den ersten seiner fünf Saisonsiege einfahren. In seiner Paradedisziplin, dem Zeitfahren, ließ der Columbia-Fahrer  die anderen Spezialisten wie seine Teamkollegen Michael Rogers und Bert Grabsch sowie die beiden US-Amerikaner David Zabriskie (Garmin-Transitions) und Levi Leipheimer (RadioShack) deutlich hinter sich. Mit dem Erfolgserlebnis im Rücken ging es zur Tour de Suisse, dem letzten Härtetest vor der Frankreich-Rundfahrt.

Die Tour-Generalprobe verlief über weite Strecken nach Plan. Nach Platz drei im Prolog und weiteren guten Ergebnissen an den folgenden Tagen konnte Martin nach der 3. Etappe das Führungstrikot übernehmen. Nach drei Tagen an der Spitze der Gesamtwertung erlebte er allerdings auf der Königsetappe einen kleinen Einbruch und fiel weit zurück. Im abschließenden Zeitfahren schlug der Columbia-Kapitän aber zurück, holte seinen zweiten Saisonsieg und bezwang dabei sogar den Schweizer Fabian Cancellara (Saxo Bank) bei dessen Heimspiel. In der Endabrechnung verbesserte sich Martin noch auf Rang sechs.

Als Martin bei den Deutschen Meisterschaften Ende Juni Titelverteidiger Bert Grabsch vom Thron stieß und sich seinen ersten Titel im Zeitfahren sicherte - dazu kam noch ein vierter Platz im Straßenrennen -, sprach einiges für eine gute Tour de France.

In Frankreich wurden die Hoffnungen aber schon früh getrübt. Nach einem famosen zweiten Platz (hinter Cancellara) im Prolog büßte Martin durch einen Sturz auf der 3. (Kopfsteinpflaster)-Etappe nach Arenberg wertvolle Zeit ein. Schlimmer noch: Auch im Hochgebirge fuhr die deutsche Tour-Hoffnung hinterher, so dass Martin im Gesamtklassement weit zurückfiel und die Tour auf Position 137 beendete.

Wiedergutmachung betrieb der Deutsche Meister im langen Zeitfahren am vorletzten Tag, als er sich wieder nur Cancellara geschlagen geben musste. Nach der Tour musste er sich allerdings eingestehen, dass die Tour-Vorbereitung wohl zu kräfteraubend gewesen war. "Ich bin die Tour of California im Mai für unseren Hauptsponsor mit sehr viel Engagement gefahren, danach die Tour de Suisse und dann kam das das harte Tour-Training. Das war zu intensiv“, so Martin selbstkritisch.

Nach einer kurzen Auszeit kehrte er bestens erholt zur Eneco-Tour zurück. Auf den schmalen niederländischen und belgsichen Straßen zeigte Martin eindrucksvoll sein Können. Als Zweiter der 3. Etappe übernahm der Deutsche die Gesamtführung, die er bis zum Schluss nicht mehr abgab. Seinen ersten großen Rundfahrtsieg garnierte Martin mit dem Erfolg im Einzelzeitfahren am Schlusstag. "Das Zeitfahren zu gewinnen ist natürlich der perfekte Abschluss", freute sich der Columbia-Profi. "Das motiviert mich zusätzlich für den Rest des Jahres. Es ist ein großartiges Gefühl, solch ein wichtiges Rennen zu gewinnen."

Der Formaufbau mit Ziel Straßen-WM in Australien, wo Martin im Zeitfahren Titelverteidiger Cancellara herausfordern wollte, gestaltete sich problemlos. Auch bei der Tour of Britain, wo Martin trotz einer Erkältung lange Zeit gute Leistung brachte und seinem Teamkollegen Michael Albasini zum Gesamtsieg verhalf, verlief nach Plan.

In Geelong hatte Martin im Zeitfahrduell mit dem Top-Favoriten Cancellara allerdings großes Pech. Ein früher Defekt warf ihn zunächst weit zurück. Doch der Vorjahresdritte steckte nicht auf, kämpfte sich zurück und konnte sich erneut die Bronzemedaille sichern. „Ich dachte, alles ist aus. Nach einem Platten ist es schwer, die Motivation hochzuhalten, vor allem wenn man um den Sieg mitfahren wollte", schilderte Martin die entscheidende Rennsituation. Am Thron des Titelverteidigers hätte er aber wohl auch ohne Defekt nicht rütteln können. Zu überlegen absolvierte Cancellara sein Rennen.

In die kommende Saison geht Tony Martin mit ähnlichen Zielen wie im abgelaufenen Jahr: eine starke Tour fahren und die WM-Goldmedaille im Zeitfahren holen. Sollte er die Vorbereitung besser dosieren können und von Verletzungen verschont bleiben, ist ihm beides zuzutrauen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.01.2011Contador vor Gilbert und Nibali

(rsn) - Im November und Dezember präsentiert Radsport News seinen Lesern die Jahresrangliste 2010. Hier finden Sie den Überblick über die Platzierungen aller deutschen, österreichischen, schweizer

01.01.2011Die Radsport News Jahresrangliste 2010

(rsn) - Wie in den vergangenen Jahren auch präsentiert Ihnen Radsport News im November und Dezember die Rangliste der abgelaufenen Saison. Wir haben alle UCI-Rennen des Jahres 2010 anhand eines Punkt

30.12.2010Pistolero im Kreuzfeuer

(rsn) – Der Konkurrenz fuhr Alberto Contador in der abgelaufenen Saison in gewohnter Manier davon, den Zweifeln konnte er jedoch nicht entkommen. Nach seinem positiven Test auf Clenbuterol während

29.12.2010Bei den Klassikern wieder erstklassig

(rsn) - Auch 2010 führte bei den hügeligen Klassikern kein Weg an Philippe Gilbert (Omega Pharma-Lotto) vorbei. Der Belgier gewann das Amstel Gold Race und die Lombardei-Rundfahrt und landete bei de

29.12.2010In die Riege der Großen aufgestiegen

(rsn) – In der Saison 2010 ist Vincenzo Nibali endgültig in die Weltspitze der Rundfahrtspezialisten aufgestiegen. Sieben prestigeträchtige Siege fuhr der 26-Jährige ein, an erster Stelle steht n

28.12.2010(Fast) Alle Träume verwirklicht

(rsn) – Konstanter geht es kaum: Joaquin Rodriguez (Katjuscha) holte im Lauf der Saison nicht weniger als 32 Top-Ten-Platzierungen; für einen Kletterspezialisten eine sensationelle Ausbeute. Die Hi

28.12.2010Ersatzkapitän mit Abo auf zweite Plätze

rsn) – In Abwesenheit des wegen Dopings gesperrten Alejandro Valverde ist Luis Leon Sanchez bei Caisse d`Epargne zum Kapitän aufgestiegen. Der 27-jährige Spanier gewann zwar nur sechs Rennen, fuhr

27.12.2010Rad-Geschichte geschrieben

(rsn) – Fabian Cancellara (Saxo Bank) zeigte 2010 einmal mehr, dass er der zur Zeit beste Zeitfahrer und Klassikerjäger der Welt ist. So gewann der Schweizer das WM-Zeitfahren, beide Zeitfahrwettbe

27.12.2010Der kompletteste unter den Sprintern

(rsn) – Tyler Farrar (Garmin-Transitions) hat in der abgelaufenen Saison bewiesen, dass er zur Zeit der wohl kompletteste unter den Sprintern ist. Nicht nur auf Flachetappen war der US-Amerikaner er

26.12.2010Durch das Regenbogentrikot beflügelt

(rsn) – Beflügelt durch das Regenbogentrikot, dass er im September 2009 bei der Straßen-WM in Mendrisio erringen konnte, legte Cadel Evans (BMC Racing) zumindest bis in den Sommer hinein eine famo

26.12.2010Bei der Tour knapp am Podium vorbei

(rsn) – Bei Euskaltel ist Samuel Sanchez ein echter Dauerbrenner. Seit 2000 fährt der mittlerweile 32-Jährige für den baskischen Rennstall. Auch in der abgelaufenen Saison erfüllte der Olympiasi

25.12.2010Bei der Tour auf Rang sechs geklettert

(rsn) – Stück für Stück klettert Robert Gesink nach oben. In diesem Jahr fuhr der Niederländer zum ersten Mal die Tour de France zu Ende und landete gleich auf einem hervorragenden sechsten Plat

Weitere Radsportnachrichten

04.07.2025Bauhaus will im ´Freestyle´ an die richtigen Hinterräder

(rsn) – Fünf Top-5-Platzierungen hat Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) bei seinen zwei Tour-de-France-Teilnahmen bislang ersprintet – drei 2023, zwei 2024. Im dritten Anlauf sollen noch ein paar

04.07.2025Teams packen zur Tour wieder Sondertrikots aus

(rsn) – Es ist inzwischen ein jährlich wiederkehrendes Ritual: Kurz vor der Tour de France präsentieren einige Mannschaften Sondertrikots für die drei Wochen in Frankreich. Weil zum Saison-Highli

04.07.2025Brilliert Milan bei seiner Premiere?

(rsn) – Der diesjährige Grand Départ bietet erstmals seit 2020 wieder den Sprintern die Chance, das Gelbe Trikot zu erobern, denn gleich in Lille stehen die Zeichen am Ende der 1. Etappe auf Masse

04.07.2025Die Aufgebote für den 36. Giro d´Italia Women

(rsn) – Mit dem Giro d’Italia Women (6. – 13. Juli / 2.WWT) steht einen Tag nach dem Start der Tour de France der Männer die zweite Grand Tour der Frauen an. Die 36. Ausgabe der Italien-Rundfa

03.07.2025“Misserfolge schärfen dich“: Roglic lacht seine Dämonen an

(rsn) – Zum siebten Mal in seiner beeindruckenden Karriere geht Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) bei der Tour de France an den Start. Die einzige deutsche Équipe im Peloton will von

03.07.2025Van der Poel sieht Chancen für eine erfolgreiche Tour

(rsn) – Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) gehört einmal mehr zu den Top-Stars, die bei der Tour de France an den Start gehen. Wirklich in Erscheinung treten konnte er in den letzten dre

03.07.2025Arndt hofft nach Wirbelbruch auf Comeback noch 2025

(rsn) – Nikias Arndt (Bahrain Victorious) wird am Samstag in Lille zwar nicht am Start der Tour de France stehen, doch einige Tage vor der Frankreich-Rundfahrt gibt es dennoch gute Neuigkeiten vom 3

03.07.2025Auch bei der 112. Tour wird die 3-Kilometer-Regel ausgeweitet

(rsn) - Die ASO wird auch bei der kommenden Tour de France die 3-Kilometer-Regel auf weitere ausgewählte Etappen ausdehnen. Dann werden die Fahrer bereits vier oder sogar fünf Kilometer vor dem Ziel

03.07.2025Neue GPS-Technologie wird auch bei Rad-WM in Ruanda eingesetzt

(rsn) – Nachdem sich erst wieder kürzlich einige Radprofis zu mangelnden Sicherheitsvorkehrungen beim erstmals ausgetragenen Copenhagen Sprint (1.UWT/1.WWT) kritisch geäußert hatten, dürfte eine

03.07.2025Tudor erweitert Partner-Portfolio prominent

(rsn) - Mit der Kreuzfahrtreederei MSC Cruises, einem der weltweit größten Anbieter für Vergnügungsreisen auf dem Meer, steigt kurz vor dem Start der Tour de France ein weiterer potenter Geldgeber

03.07.2025Das Grüne Trikot der Tour de France

(rsn) – Was haben der Reifenhersteller Michelin, der Anbieter von Pferdewetten PMU, Mineralölkonzern BP oder Autohersteller Skoda gemeinsam? All die international tätigen Konzerne waren (oder sind

03.07.2025Nys: “Für einen Etappensieg muss ich mich selbst übertreffen“

(rsn) – Mit 29 Fahrern stellen die Belgier bei der am 5. Juli in Lille beginnenden 112. Tour de France nach den heimischen Profis das zweigrößte Kontingent. Alle Augen sind dabei natürlich auf Do

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Course de Solidarnosc (2.2, POL)
  • Sibiu Tour (2.1, ROU)