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18.02.2008 | Der Rechtsanwalt Siegfried Fröhlich aus Partenheim bei Mainz hat sich als Fahrerberater einen Namen gemacht und leitet nun den Bundesligisten FC Rheinland-Pfalz/Saar, den er vor einem Jahr aus der Taufe gehoben hat. Das Team wirbt mit dem Slogan “Echte Kerle dopen nicht“ und steht für einen neuen, radikalen Ansatz im Antidopingkampf. Im Gespräch mit Radsport aktiv äußert sich sich Fröhlich zum “Fall Astana“, zum Konflikt zwischen UCI und Veranstaltern und zur Tendenz, der Dopingproblematik durch Belebung des Amateurgedankens zu begegnen.
Herr Fröhlich, der Tourveranstalter ASO hat angekündigt, das Team Astana nicht zur Tour und auch nicht zu allen anderen von im organisierten Rennen einzuladen. Können Sie diese Entscheidung nachvollziehen?
Fröhlich: Ich kann die Entscheidung der ASO verstehen. Der Auftritt von Astana im letzten Jahr war ein Debakel für den gesamten Radsport. Jetzt heißt es zwar, alles wäre anders und neu. Aber die Fahrer, die Astana neu verpflichtet hat, stehen ja selber nicht im besten Ruf. Teilweise hat man das Gefühl, dass hier der Bock zum Gärtner gemacht wurde; auch ist Johan Bruyneel (Astana-Teamchef, d. Red.) bis dato nicht gerade als Vorkämpfer in Sachen Antidoping aufgefallen. Natürlich kann ich ihn verstehen, wenn er sagt: Die Verdächtigungen gegen mein Team sind alles nur Vermutungen. Ich würde an seiner Stelle wohl auch auf die Barrikaden gehen. Aber wenn sich Astana jetzt beschwert, dann weinen die Täter des Vorjahres.
Tour, Giro und Vuelta sind nicht mehr in der ProTour. Hält jetzt die Anarchie Einzug in den Profiradsport?
Fröhlich: Wir sind jetzt wieder an einem Punkt angelangt wie vor der Einführung der ProTour. Die ASO kann in Sachen Tour de France wieder über Wohl und Wehe der Mannschaften entscheiden. Die Teams sind größtenteils selber an dieser Entwicklung schuld. Wenn Johan Bruyneel jetzt plötzlich auf das Recht auf Teilnahme pocht, pickt er sich natürlich nur die Rosinen aus der ProTour-Vereinbarung heraus. Als er im letzten Jahr Basso verpflichtete, hat er sich auch nicht um den Code Conduit, den Verhaltenskodex der ProTour-Teams, geschert.
Muss die Tour nicht mit Klagen rechnen, wenn sie künftig nach eigenem Gutdünken Teams einlädt?
Fröhlich: Die Tour wäre prinzipiell gut beraten, so früh wie möglich die Einladungen bekannt zu geben. So bleibt genügend Zeit, um mögliche Klagen „abzuarbeiten“. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn ein paar Tage vor dem Start oder sogar noch während des Rennens immer noch keine Klarheit über die teilnehemden Teams herrscht, siehe etwa den Fall Elk Haus bei der letzten Deutschland Tour.
Wie schätzen sie die Erfolgsaussichten bei einer Klage von Astana ein?
Fröhlich: Prinzipiell gleich Null. Denn in diesem Fall ist meiner Meinung nach eine Ungleichbehandlung zuungunsten des Teams durchaus zu rechtfertigen. Die ASO gehört nicht mehr zur ProTour und Astana hat dem Rennen nun mal ganz objektiv gesehen Schaden zugefügt. Da zählt es nicht, dass einige Fahrer ausgewechselt wurden. Der Sponsor ist z.B. noch derselbe, und der hat im Übrigen nicht gerade viel unternommen, um die Dopingfälle aus dem letzten Jahr aufzuklären.
In Deutschland schlägt die Tour-Ausladung von Astana nicht sonderlich hohe Wellen, obwohl mit Andreas Klöden ein aussichtsreicher Kandidat auf den Toursieg im Team steht…
Fröhlich: Das ist sehr erstaunlich, aber auch bezeichnend. Der sportliche Aspekt gerät völlig in den Hintergrund. Andreas Klöden, der gegenwärtig beste deutscheRadfahrer, darf nicht die Tour de France fahren, das wichtigste Rennen der Welt – und kaum jemanden kümmert es. Früher hätte eine solche Entscheidugn ein Erdbeben verursacht. Dass es jetzt ganz anders ist, mag auch an der Person Klöden liegen, aber vor allem zeigt es die Radsportverdrossenheit hierzulande. Bei ARD und ZDF ist man vielleicht sogar froh, dass Klöden nicht starten darf.
Wie wird es Ihrer Meinung nach weiterghen im Konfilkt zwischenVeranstaltern und UCI?
Fröhlich: So lange die UCI einerseits die ProTour ausrichtet und Geld damit verdient, andererseits aber die daran teilnehmenden Teams und Fahrer etwa in Sachen Doping kontrollieren soll, wird sich auch der Konflikt mit den Veranstaltern nicht lösen lassen. Die UCI vertritt hier eindeutig widerstrebende Interessen.
Was muss geschehen, um den Konflikt zu lösen?
Fröhlich: Wie in anderen Sportarten auch müsste sich der Verband auf Nachwuchsförderung und Repräsentatives beschränken und die Organisation des Profiradsports den Veranstaltern und den Teams überlassen. Im deutschen Fußball etwa gibt es die DFL, der deutsche Fußball-Bund hat in Sachen Bundesliga nicht viel mitzureden. So müsste es auch im Radsport sein. Dazu muss natürlich eine unabhängige Antidopinstanz her, die für Kontrolle, Analyse und Rechtsprechung zuständig wäre.
So ist der Profisport z.B. in den USA organisiert. Aber auch da ist Doping gang und gäbe, z.B. ind er Football- und Baseball-Ligen…
Fröhlich: Wir dürfen nicht vergessen, dass wir über Profisport reden, wo es um viel Geld geht. Da wird man Doping wohl nie gänzlich eliminieren können. Aber eine solche Regelung wäre ein erster Schritt und würde zumindest ein ehrlicheres und transparenteres System schaffen. Der Radsport ist eine der ältesten Profisportarten überhaupt mit einer entsprechenden Dopingvergangenheit. Da man muss so ehrlich sein zu sagen, dass bei der Tour de France es eben nicht um sportliche Ideale geht. Dafür wäre eher die, sagen wir, U23- Thüringen-Rundfahrt zuständig. Für den Radsport wäre aber eine supranationale Behörde, die für den Antidopingkampf zuständig seiin müsste, ein wesentlicher Fortschritt. Denn so könnte man zum Beispiel auch das gegenseitige Misstrauen zwischen den Teams und den einzelnen Nationen abbauen.
Die Regio Tour plant im Jahr 2009, keine Profis mehr zuzulassen. Wäre eine Entwicklung zurück zum Amateursport die Lösung für die Probleme des Radsports?
Fröhlich: Meiner Meinung nach nein. Natürlich wäre es prinzipiell möglich, auch Amateurteams bei der Tour de France starten zu lassen. Aber so lange bei den Rennen Geld verdient werden kann, werden die schnellsten Fahrer, also die „alten Gesichter“, vorne sein – als reamataurisierte Starter eben. Und die Sponsoren werden Wege finden, um diese „Amatauerteams“ finanziell zu unterstützen. Überspitzt ausgedrückt: Sollte die Tour als Jedermannrennen ausgetragen werden und dem Sieger eine Mio. € Preisgeld winken, dann würde ein Profi eben als Jedermann antreten.
Mit Siegfried Fröhlich sprach Matthias Seng.
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