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26.11.2025 | (rsn) – Sein viertes Jahr in der Struktur von Alpecin – Deceuninck, das zweite davon im Profkader, war für Henri Uhlig eines mit vielen Aufs und Abs. Der 24-Jährige startete bärenstark und konnte auch im Saisonverlauf einige Akzente setzen, wurde aber auch mehrmals von Krankheiten eingebremst, und im Mai sogar von einem Knieproblem. Das konnte zwar schnell behoben werden und unterm Strich standen einige wirklich gute Resultate. Doch zu 100 Prozent glücklich war er im Gespräch mit radsport-news.com rückblickend nicht.
"Die Saison war komplett durchwachsen: Immer wenn's gut lief, kam irgendwas dazwischen", bilanzierte Uhlig. "Es waren viele Höhen dabei, aber noch mehr Tiefen leider. Insgesamt habe ich mich aber gut verbessert, auch wenn es in den Ergebnissen im Vergleich zum ersten Profijahr nicht ganz so zu sehen ist."
Viel schlechter als 2024 war diese Saison von den nackten Zahlen her aber auch gar nicht, muss man festhalten. Fragt man etwa die UCI, würde die sagen: Uhlig hat in diesem Jahr 185 Weltranglistenpunkte gesammelt, letztes Jahr 152. Im RSN-Ranking hätte er mit dem neuen Punktesystem 2024 zwei Zähler mehr gesammelt als nun 2025. Geschmackssache also. ___STEADY_PAYWALL___
In jedem Fall ist klar: Der Saisonstart gelang in diesem Jahr beeindruckender: Gleich bei seinem ersten Renneinsatz in Australien wurde Uhlig hinter Sam Welsford (Red Bull – Bora – hansgrohe) Zweiter im Massensprint des Kriteriums vor dem Start der Tour Down Under. Das war zwar kein UCI-Rennen, trotzdem aber ein sehr starkes Sprintresultat.
In den Sprintankünften der ersten WorldTour-Rundfahrt des Jahres wurde Uhlig dann auf den Etappen 2, 4 und 6 Sechster, Neunter und Sechster, nachdem er auf Etappe 1 noch für Teamkollege Simon Dehairs angefahren war. Der Belgier kam an den folgenden Tagen jeweils aber nicht mit auf die Zielgerade und so konnte Uhlig jeweils spontan selbst sein Glück versuchen, wobei vor allem auf Etappe 4 sogar Platz vier oder sogar drei drin gewesen wäre, wenn ihn Laurence Pithie (Red Bull - Bora - hansgrohe) nicht rechts an die Bande gedrängt und zum Bremsen gezwungen hätte.
Henri Uhlig (links) auf dem Podium des Kriteriums in Adelaide vor dem Start der Tour Down Under. | Foto: Cor Vos
"Ich hatte einen Mega-Saisonstart in Australien mit dem zweiten Platz im Kriterium und dann den Top 10-Platzierngen bei der Tour Down Under – da war ja bei der einen Etappe auch das Podium drin", blickte Uhlig nun gegenüber RSN zurück. "Das war eine richtig geile Zeit und hat angedeutet, dass ich den nächsten Schritt gemacht habe und auch auf WorldTour-Niveau vorne mitfahren kann."
Dabei gab Uhlig zu, dass er zwar gewusst habe, in guter Form auf die andere Seite der Welt gereist zu sein, "gerade beim zweiten Platz im Kriterium aber schon erstaunt" gewesen sei. "Ich bin den ganzen Winter ohne Krankheiten durchgekommen und wusste, dass ich gut drauf bin. Aber tatsächlich bin ich da an den Anstiegen teilweise auch Saisonbestwerte schon gefahren", erzählte er.
Nach der Australien-Reise aber musste Uhlig den ersten Tiefschlag der Saison einstecken. Er bestritt in Spanien Anfang Februar die Volta Valenciana (2.Pro) und fing sich dort einen Grippevirus ein, der ihn drei Wochen außer Gefecht setzte. Insgesamt bestritt Uhlig fast zwei Monate kein Rennen, verpasste die geplanten Einsätze bei einigen belgischen Halbklassikern der Kategorie 1.Pro oder 1.1, wie etwa Le Samyn. "Da ist van der Poel netterweise für mich eingesprungen und hat gewonnen", so Uhlig scherzend.
"Ich muss aber sagen, dass ich nach der Zwangspause den ganzen März so gut trainiert habe wie nie. Dementsprechend war ich beim Wiedereinstieg gut unterwegs in Limburg und als Zweiter hinter Sam Bennet auf der einen Etappe im Pays de la Loire", erklärte er, dass die Pause auch ihr Gutes hatte.Â
Zwar konnte Uhlig seinen dritten Platz aus dem Vorjahr beim Volta NXT Classic (1.1) in Limburg nicht wiederholen, doch es reichte mit Rang acht erneut für die Top Ten. Und bei der Loire-Rundfahrt (2.1) ging Uhlig nach seinem angesprochenen zweiten Platz auf der 3. Etappe hinter dem Iren sogar auch als Gesamtzweiter in den Schlusstag.
Henri Uhlig bei der Ronde van Limburg im April. | Foto: Cor Vos
"Die letzte Etappe hat mir sogar auch gelegen, eigentlich", erzählte er unverblümt. "Aber da habe ich mich ein bisschen eingeschissen, wenn man das so sagen darf: Ich habe schlecht geschlafen, habe mir zu viele Gedanken gemacht, und dann ging leider nichts mehr am Schlusstag." Uhlig wurde in Le Mans 22 Sekunden hinter Tages- und Gesamtsieger Kévin Vauquelin (Arkéa – B&B Hotels) Etappen-16. und schließlich Gesamtsiebter – immerhin sein bestes GC-Ergebnis bei einer 2.1-Rundfahrt bisher.
Voller Vorfreude und mit guter Form im Rücken ging es zum Amstel Gold Race (1.UWT), doch dort folgte der nächste Dämpfer. "Ich bin am Renntag krank geworden, musste danach aber trotzdem die Tour de Romandie fahren und bin dort auch vorzeitig raus", so Uhlig zu seiner zweiten Zwangspause der Saison, die aber kürzer ausfiel als die erste. Schon am 18. Mai stand erbei Rund um Köln (1.1) wieder am Start und landete dort auf dem vierten Platz.
"Es ist ärgerlich, dass da nicht noch mehr gegangen ist. Ich bin in der Woche meine besten Trainingswerte gefahren, wusste dass ich gut drauf bin, habe aber am Tag vor dem Rennen Schmerzen im linken Knie bekommen, so dass ich kaum mehr laufen konnte. Das habe ich bisher noch nicht öffentlich gemacht", so Uhlig, der trotzdem tagsdrauf ein Spitzenresultat erzielte und einen Podestplatz wohl weniger wegen des Knies, als vielmehr wegen eines schlechten Timings im Sprint verspielte.
 "Ich dachte die Zielkurve wäre ein Stück näher am Ziel und bin dann losgefahren, als es aber noch 350 Meter waren. Ich habe auch vor der Kurve noch Brennan überholt, weil ich dachte, das muss ich unbedingt. Dabei hätte ich einfach hinter ihm bleiben sollen", erklärte er. Brennan gewann vor Biniam Girmay (Intermarché – Wanty) und Itamar Einhorn (Israel – Premier Tech) sowie Uhlig.
Bitterer Juni: Henri Uhlig stürzte in acht Tagen drei Mal – hier beim Antwerp Port Epic. | Foto: Cor Vos
Trotzdem war der Alpecin-Profi, der nach eigener Aussage nach dem Rennen rund eine halbe Stunde für den 500 Meter langen Fußweg zum Auto brauchte, um mit seinem Bruder nach Hause zu fahren, froh, in Köln auf die Zähne gebissen zu haben. "Denn mit dem Rennen hat sich die Zukunftsfrage geklärt. Von daher hat es sich gelohnt", so Uhlig, der aber nicht konkretisieren konnte, wie genau es 2026 weitergeht – nur eben, dass er weiter im Profi-Peloton unterwegs sein wird.
Seine Knieprobleme verschwanden in den folgenden zwei Wochen nach Köln durch eine Sitzpositionsveränderung und einige Tage Belastungspause. "Es hat sich herausgestellt, dass ich im letzten Jahr nochmal 1,5 Zentimeter gewachsen bin. Deshalb hatte die Position nicht mehr gepasst", erklärte er.
Was folgte, war trotzdem ein verkorkster Frühsommer: Uhlig fiel im Juni beim Heistse Pijl, dem Antwerp Port Epic und der Tour de Suisse innerhalb von acht Tagen drei Mal auf sein Steißbein und bekam anschließend in der Schweiz kaum mehr als 300 Watt aufs Pedal. Im Juli musste er den Tod seines Großvaters verkraften und wurde noch ein weiteres Mal krank, bevor das Team ihn Anfang August aus Mangel an Alternativen zur Klasikoa (1.UWT) nach San Sebastian schickte – nicht das ideale Rennen für den hügelfesten Sprinter und angesichts der Vorgeschichte war das 'DNF' auch nicht überraschend.
Bei den ADAC Cyclassics (1.UWT) in Hamburg sah Uhlig das Ziel zwei Wochen später zwar ebenfalls nicht. Dort aber hatte das andere Gründe: Nach einem Defekt bei Kapitän Jasper Philipsen half der Deutsche seinem Teamkollegen mit seinem Hinterrad aus – und war anschließend raus aus der Verlosung, weil zu diesem Zeitpunkt die Teamfahrzeuge weit weg waren.
Henri Uhlig im Bergzeitfahren der Tour de Suisse – nicht unbedingt seine Paradedisziplin, und dann auch noch angeschlagen. | Foto: Cor Vos
Es folgte die Lidl Deutschland Tour (2.Pro), wo auf dem Papier Kaden Groves das Alpecin-Team hätte anführen sollen. Doch der Australier fühlte sich nicht gut, kam schon auf Etappe 2 nicht mehr richtig mit und trat zur 3. nicht mehr an. Uhlig erbte das Sprintrecht im Team und ärgerte sich schließlich, dass er im Prolog Zeit verschenkt und an den Anstiegen im Sauerland durch schlechte Positionierung mehrere Minuten eingebüßt hatte.Â
Auf der Schlussetappe in Magdeburg wurde er immerhin noch Siebter im Sprint – "prinzipiell ein guter Abschluss, aber ich hatte mir für die Woche viel vorgenommen und durch taktische Fehler lief es leider nicht wie erhofft", meinte er.
Im Herbst dann stand noch ein Block von vier belgisch-französischen Halbklassikern in Uhligs Programm, auf den er sich gefreut hatte. Doch einmal mehr machte ihm die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung. Er wurde beim GP de Fourmies (1.Pro) krank, ging drei Tage später beim GP de Wallonie (1.Pro) trotzdem tief und fuhr im Finale in Namur für Teamkollege Timo Kielich, der Sechster wurde. Weitere drei Tage später beim Super 8 Classic (1.Pro) war Teamchef Christoph Roodhooft vor Ort – an 'Absage wegen Kränkeln' war entsprechend erneut nicht zu denken und Uhlig gab erneut alles für Kapitän Philipsen.
"Da musste ich mich beweisen und als es 70 vor dem Ziel einen Split gab, bin ich danach quasi die ganze Zeit in der Verfolgergruppe für Jasper von vorne gefahren und habe mich aufgeopfert. Dafür habe ich dann auch Lob vom Teamchef bekommen – und Lob von Christoph Roodhooft zu bekommen ist fast wie ein 6er im Lotto", erzählte er, musste dann aber einsehen: "Der Tag hat mir dann so den Stecker gezogen, dass ich am nächsten Tag gar nicht mehr hätte starten sollen. Danach war die Saison dann auch verfrüht vorbei. Eigentlich hatte ich noch auf ein gutes Münsterland und Paris-Tours gehofft, weil die Form gut war. Aber ich war dann so platt, dass ich teilweise nach einer Stunde das Training abbrechen musste."
2026 wird Henri Uhlig nicht wieder in Australien am Start stehen – wo seine Saison beginnt ist noch offen. | Foto: Cor Vos
Immerhin ging es so früh in die Saisonpause und die ist auch nicht ganz so früh vorbei, wie im Vorjahr. Denn nach Australien, das ist das Einzige, was Uhlig über sein Rennprogramm 2026 schon weiß, geht es im kommenden Januar nicht. Sein Ziel für die neue Saison ist, auch ohne konkret zu wissen, wo er fahren wird, klar: "Ich bin überzeugt, dass ich langsam reif bin für den ersten Profisieg", meinte der sprintstarke Regensburger, der seine Chancen bei hügeligen Rennen unterhalb der WorldTour am größten sieht.Â
"Ich habe jetzt zwei sieglose Jahre hinter mir und bin in meinen Augen eher ein Gewinnertyp. Dieses Gefühl nochmal zu bekommen, das könnte viele Wege öffnen, dann läuft es auch wieder freier und einfacher. Ich bin gut gestimmt, dass es nächstes Jahr irgendwo klappen wird", zeigte er sich zuversichtlich.
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