Lange war unklar, wo der Visma-Star steckt

Unbesungener Helfer van Aert wurde für Yates zur Lokomotive

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Unbesungener Helfer van Aert wurde für Yates zur Lokomotive"
Wout van Aert (Visma - Lease a Bike) meldet sich. | Foto: Cor Vos

31.05.2025  |  (rsn) – “Wo ist van Aert?“ 45 Jahre nachdem Bruno Moravetz diese Frage nach "Behle" in abgewandelter Form im Langlaufen sportsalonfähig gemacht hat, gewann sie am Samstag auf der 20. Etappe des 108. Giro d'Italia wieder an Aktualität. Simon Yates (Visma – Lease a Bike) war auf dem Colle delle Finestre (HC) Isaac Del Toro (UAE – Emirates – XRG) und Richard Carapaz (EF Education – EasyPost) davongefahren und hatte virtuell knapp das Rosa Trikot übernommen. Nach der Bergwertung ging es bergab und dann relativ leicht hinauf nach Sestriere. Vor Yates fuhr noch dessen Teamkollege Wout van Aert, eine potenzielle Relaisstation.

Doch wo war van Aert? Der Regisseur gönnte den TV-Zuschauern keinen Blick auf den Belgier, der den Giro d’Italia entscheiden konnte. Wenn Yates ihn im Flachen als Lokomotive würde benutzen können, war klar, dass Del Toro und Carapaz kaum eine Chance gegen ihn haben würden. Es war allerdings unklar, ob Yates seinen Helfer sogar noch vor der Bergwertung einholen würde – oder ob der gar schon überholt wurde und zurücklag.

Einfach oben warten

Schließlich hatte der Flame früh im Anstieg den Kontakt zu den Besten der Gruppe des Tages verloren. Danach musste er alles geben, um seinem Kapitän noch helfen zu können. “Junge junge, den Finestre zu überleben war nicht einfach“, stöhnte van Aert am Sporza-Mikrofon. Seine Aufgabe klang leicht: Oben am Finestre warten und Yates dann so weit wie möglich zum Ziel bringen. “Oben warten ist aber einfach gesagt, wenn man weiß, dass hinter einem das Rennen komplett explodiert ist. Ich musste bis zum absoluten Anschlag gehen“, gestand der Visma-Profi.

Doch der Plan ging auf. Van Aert überquerte den Finestre als Fünfter, knapp vor Yates. Die Fernsehzuschauer aber fragten sich noch immer, wo van Aert ist, denn die Regie hatte die Durchfahrt des 30-Jährigen verpasst. Nach wenigen Minuten kamen die beiden Visma-Athleten dann aber zusammen und es war klar, dass die zwei Besten im Klassement ein Problem hatten. “Ich hatte oben noch einen kleinen Vorsprung auf Simon und habe dann noch etwas die Beine hochgenommen, um mich zu erholen. In der Mitte der Abfahrt war ein flaches Zwischenstück, da habe ich dann auf ihn gewartet“, erklärte van Aert.

Von da an war die Italien-Rundfahrt für Visma im Sack. Del Toro und Carapaz waren sich noch immer nicht einig – und selbst wenn sie es gewesen wären, gegen van Aert war auf den leicht ansteigenden ersten Kilometern hinauf nach Sestriere kein Kraut gewachsen. Yates verschwand komplett im Windschatten seines Edeldomestiken, der wie ein Schnellzug aus den knapp zwei Minuten Vorsprung auf die Verfolger deren fünf machte. Yates huschte da schon ein Lächeln übers Gesicht, während die Minen der UAE- und EF-Education-Kapitäne versteinert waren.

Beginn mit Virus, Ende mit Marius?

Als der Schlussanstieg steiler wurde, koppelte Yates sich ab. Er konnte die letzten fünf Kilometer der vorletzten Etappe vollends genießen. “Es ist unglaublich. Simon war superstark, genau wie Wout“, jubelte etwas später ihr Sportlicher Leiter Marc Reef im Ziel. “Wout ist so ein Teamplayer. Er ist so ein wahnsinniger Rennfahrer. Dass er das auf diesem Parcours in der dritten Woche kann, das ist fantastisch“, kam der Niederländer aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus.

Dabei hätte es auch ganz anders laufen können. Der Mann, der den Giro am Ende für seine Mannschaft entschied, wäre in Albanien fast nicht gestartet. Durch eine Virusinfektion wurde die Vorbereitung des Flamen beeinträchtigt, es war sogar unklar, ob er würde antreten können. Nach dem überraschenden zweiten Platz zum Auftakt wurde der dreifache Cross-Weltmeister an den meisten Hügeln abgehängt. Doch er erholte sich, wurde – entgegen dem, was man innerhalb einer solchen Rundfahrt für möglich hält – immer besser und gewann sogar die neunte Etappe. Im Gegensatz zu Jochen Behle wurde van Aert also gesehen – und nach diesem Giro-Finale wird es vielleicht Zeit, dass Marius Müller Westernhagen auch über ihn ein Lied schreibt.

Mehr Informationen zu diesem Thema

31.05.2025Mit Karacho am Kolosseum

(rsn / ProCycling) – Der Giro-Veranstalter RCS scheint auch für die Schlussetappe das beste Rezept gefunden zu haben. Bereits zum dritten Mal in Folge beginnt und endet die Italien-Rundfahrt in Rom

31.05.2025Am legendären Colle delle Finestre fällt die Entscheidung

(rsn / ProCycling) – Die Zutatenliste für eine finale Etappe im Hochgebirge ist eigentlich nicht sehr komplex. Beim Giro d´Italia braucht es einen monumentalen Anstieg, eine Bergankunft und ideale

30.05.2025Kletterpartie über eine Handvoll neuer Pässe

(rsn / ProCycling) – Der Giro biegt ins Finale ein und eröffnet das Schlusswochenende mit einer Etappe, die wieder 5 Sterne bietet. Über 166 Kilometer und fast 5.000 Höhenmeter führt die Route v

28.05.2025In der Lombardei ein Tag für die schnellen Männer

(rsn / ProCycling) – Nach der gestrigen Bergetappe steht heute wieder ein Tag für die Sprinter im Giro-Programm. Die 18. Etappe führt über 144 Kilometer von Morbegno nach Cesano Maderno bei Maila

28.05.2025Kein Ikarusflug in den Alpen

(rsn / ProCycling) – Der Giro d´Italia hatte in den letzten Jahren immer wieder mit unberechenbarem Wetter zu kämpfen. Einige hohe Pässe mussten dabei aus der Strecke gestrichen werden und auch 2

27.05.2025Die dritte Woche beginnt mit einem Paukenschlag

(rsn / ProCycling) – Zum Auftakt der dritten Woche geht es mit einer Etappe der 5-Sterne-Kategorie weiter. Auf den 203 Kilometern von der Provinz Verona ins Trentino nach San Valentino di Brentonico

25.05.2025Endlich wieder 5 Sterne

(rsn / ProCycling) – Der Giro d’Italia schnuppert auf der 15. Etappe wieder Bergluft. Von Fiume Veneto nach Asiago geht es auf 219 Kilometern, 3.900 Höhenmeter bergauf. Die ersten Kilometer verla

23.05.2025Finale für Grenzgänger

(rsn / ProCycling) – Die 14. Etappe führt die Fahrer weiter durch das flache Hinterland Venetiens bis ins Nachbarland Slowenien. Von Treviso aus fährt das Feld die 195 Kilometer lange Strecke para

22.05.2025Schwere Schlussrunde in Vicenza

(rsn / ProCycling) – Die Karawane hat sich für die 13. Etappe von der Emilia-Romagna Richtung Osten nach Venetien bewegt, das Terrain bleibt aber gleich, die Strecke führt immer noch durch groÃ

22.05.2025Flache Straßen für schnelle Männer

(rsn / ProCycling) – Nach dem harten Tag im Apennin dürfen bei der 12. Etappe wieder die Sprinter auf ihre Chance hoffen. Zwischen dem Start in Modena und dem Ziel in Viadana liegen zwar nur 45 Kil

20.05.2025Zwischen Strand und Steigung

(rsn / ProCycling) – In Viareggio kann man mit einem Blick ins Landesinnere das Profil der 11. Etappe schon erahnen. Hinter der Küste ragen die Gipfel des ligurischen Apennin gen Himmel, der nicht

20.05.2025Start auf der Mauer, Ziel am Schiefen Turm

(rsn / ProCycling) – Nach dem zweiten Ruhetag meldet sich der Giro mit einem 28,6 Kilometer langen Einzelzeitfahren von Lucca nach Pisa zurück. Vor allem der Auftakt ist eine Hommage an den Prolog

Weitere Radsportnachrichten

17.11.2025Lipowitz will nicht zum Giro und hofft auf Tour-Doppelspitze

(rsn) – Mit Blick auf ihre Meriten bei der Tour de France befinden sich Florian Lipowitz und Remco Evenepoel in ähnlichen Sphären. Doch was ihren Charakter angeht, könnte das Duo, das im Sommer n

17.11.2025Huens verstärkt Groupama, Verre findet neues Zuhause

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

17.11.2025Tour du Ghana: Müllers Team gewinnt Prolog – und hat morgen frei

Robert Müller ist wieder auf Achse. Wer seine Berichte aus den unterschiedlichsten Ecken der Radsport-Welt – von Südamerika bis Asien – kennt, weiß: Wenn "Radbert" unterwegs ist, wird es selten

17.11.2025ASO spricht sich gegen Ticket-Einnahmen aus

(rsn) – In der Debatte um die zukünftige Finanzierung des Radsports hat die Großmacht ASO, die neben der Tour de France weitere entscheidende Rennen im WorldTour-Kalender und den ebenen darunter o

17.11.2025Road Captain will auch “persönliche Freiheit“

(rsn) – Von den noch aktiven Profis ist Kim Heiduk der letzte Deutsche, der aus einem einheimischen KT-Team, nämlich Lotto – Kern Haus, den Wechsel ins Lager der Berufsradfahrer geschafft hat. Ei

17.11.2025Ferrand-Prévot plant zwei Saisonhöhepunkte

(rsn) – Mit dem Tour-de-France-Sieg in der Tasche und einer Knöchel-OP, die noch ein paar Wochen Pause mit sich bringen wird, geht Pauline Ferrand-Prévot in den Winter und ins neue Jahr. Und damit

17.11.2025Eigene Chancen genutzt, doch für den Sieg hat es nicht gereicht

(rsn) – Vor seinem letzten U23-Jahr entschied sich der junge Österreicher Sebastian Putz für einen Wechsel. Er schloss sich dem Team Red Bull - Bora – hansgrohe Rookies an, um sich dort für zuk

17.11.2025Prag buhlt um den Grand Depart

(rsn) – Die Liste an kommenden potenziellen Tour-Starts in den kommenden Jahren wird immer länger. Auch Tschechien hat sich jetzt mit Prag in Stellung gebracht und ASO-Chef Christian Prudhomme bei

17.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

16.11.2025Kein Highlight, aber einige Male nah dran am Sieg

(rsn) – Die erste Saison, in der sich Alexandre Balmer (Solution Tech – Vini Fantini) komplett auf die Straße fokussierte, begann für den 25-Jährigen denkbar unglücklich. Bei der Trofeo Laigue

16.11.2025Oertzen fährt bei Garneks Überraschungssieg nächstes Podium ein

(rsn) – Einen Tag nach seinem zweiten Platz in Owocowy Przelaj (C2) hat Max Heiner Oertzen (Radsport Nagel) in Wladyslawowo-Cetniewo (C2) den nächsten Podiumplatz eingefahren. Beim Überraschungser

16.11.2025Nys nach packendem Finale in Hamme mit besserem Ende für sich

(rsn) – Dramatischer hätte der dritte Lauf zur X20 Badkamers Trofee in Hamme nicht laufen können. Nachdem sich Thibau Nys (Baloise - Glowi Lions) und Cameron Mason (Seven) nahezu über den gesamt

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)