Pushbiker-Duo künftig bei Benotti – Berthold

Reißig & Weber: Wechsel mit unerfreulicher Vorgeschichte

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Reißig & Weber: Wechsel mit unerfreulicher Vorgeschichte"
Patrick Reißig (1.l,l.) und Philip Weber (2.v.l.) mit den Maloja Pushbikers bei Rund um Köln 2024 | Foto: Cor Vos

19.11.2024  |  (rsn) – Nach dem plötzlichen Aus der Maloja Pushbikers im Sommer liegen harte Wochen hinter Philip Weber und Patrick Reißig. Gleiches gilt für das Team P&S Metalltechnik – Benotti, das ebenso kurzfristig seinen Hauptsponsor P&S Metalltechnik verlor. Nun können alle ein Happyend melden, denn Weber und Reißig werden künftig für das mittlerweile gerettete Team Benotti – Berthold fahren.

Für Reißig schließt sich durch das Engagement bei der Mannschaft von Lars Wackernagel sogar ein Kreis. Schließlich begann er seine Radsportkarriere beim Berthold Radteam, das jüngst mit Benotti fusionierte. Und auch für Weber ist es eine Art Heimkehr. “Sportlich kehre ich nun etwas dichter an meine Anfänge zurück und es macht mich auch glücklich, im letzten Kontinental-Team in Ostdeutschland zu sein, wo ich sportlich gefördert und ausgebildet worden bin“, sagte er zu RSN.

So sentimental die Geschichte auf den ersten Blick erscheinen mag, so emotional zermürbend waren die letzten Wochen für alle Beteiligten. Die Pushbiker-Fahrer wurden Ende Juli per Mail von der Teamleitung darüber informiert, dass zwei Tage später der KT-Rennbetrieb eingestellt werde, man also keine UCI-Rennen mehr bestreiten würde. “Es war im ersten Moment gar nicht greifbar für mich, dass es das jetzt war“, gestand Weber.

Vom Großteil des Teams am Münchner Flughafen verabschiedet

Der 26-Jährige hatte bei LKT Team Brandenburg bereits vor einigen Jahren eine Teamschließung miterleben müssen. Diese sei allerdings vorbildlich abgelaufen, befand Weber. “Damals hatten wir ein Gespräch mit dem gesamten Team zu einer ähnlichen Zeit des Jahres und es tat sehr weh. Der Abschied verlief aber sehr respektvoll. Ganz anders lief es bei den Pushbikers“, betonte Weber und fuhr fort: “Diesmal habe ich eine Mail erhalten, dass in knappen 30 Stunden die Maloja Pushbikers Geschichte sein werden. So etwas kann man in dem Moment gar nicht verarbeiten. Eine Woche zuvor hatte die große Eröffnung des neuen Fahrradladens stattgefunden und die Welt schien in Ordnung zu sein und dann auf einmal das. Diese Mail hat uns dann allen den Boden unter den Füßen weggezogen“, so Weber, der sich zumindest ein “schmales Rennprogramm bis zum Saisonende“ gewünscht hätte, um sich so auch entsprechend verabschieden zu können. “So habe ich den Großteil des Teams das letzte Mal am Gepäckband des Flughafens von München gesehen“, bedauerte er.

Reißig kritisierte vor allem, dass die Mail der Teamleitung nach außen getragen und die Diskussionen schließlich öffentlich geführt wurden. “Das war ein Bärendienst. Von da an war das Tischtuch endgültig zerschnitten und es ging intern weniger um die Gründe für diesen plötzlichen Schritt, sondern vielmehr um das Fehlverhalten der Rennfahrer. Das hat mich natürlich belastet, da ich auch das Gefühl hatte, unter einem Generalverdacht zu stehen“, meinte der 30-Jährige zu RSN. Damit spielte Reißig etwa auf die Äußerungen von Pushbiker-Teamchef Christian Grasmann an, der im Sommer RSN gegenüber gesagt hatte: “Im Erfolg macht man die größten Fehler, leider zeigt sich das auch bei uns. In der Saisonvorbereitung haben wir nicht alles dafür gegeben, diesen Erfolg zu verstetigen.“ Damit meinte Grasmann die extrem starke Saison 2023 sowie die dann ernüchternd verlaufene erste Hälfte 2024 an.

“Respektlos“: Weber widerspricht Grasmanns Kritik

“Diese Kritik ist ein paarmal aufgekommen, allerdings waren wir alle extrem fleißig und motiviert, weshalb solch eine Kritik respektlos, aber nicht motivierend oder fair ist“, widersprach Weber nun aber seinem ehemaligen Teamchef. Und Reißig ergänzte: “Nach drei durchaus erfolgreichen Jahren habe ich mir persönlich einen anderen Umgang, ein anderes Ende gewünscht.“

So sei er 2024 bei keinem derjenigen Rennen gestartet, bei denen er im Vorjahr noch UCI-Punkte eingefahren hatte. “Dass ich bei einer flachen Solidarnosz-Rundfahrt nicht die Kohlen aus dem Feuer hole, war vorher klar. Auch bei der Tour of Qinghai Lake brauchte ich ohne Höhentraining keine Wunder zu erwarten, trotzdem konnte ich mich da ganz ordentlich verkaufen“, verteidigte sich der Kletterspezialist.

Beide Fahrer bemühten sich vergeblich, noch im Saisonverlauf bei einem anderen KT-Team unterzugkommen. “Durch die Kurzfristigkeit und viele andere Faktoren ist das letztendlich nicht zu Stande gekommen“, erklärte Reißig. So organisierten sie auf eigene Faust Renneinsätze bei nationalen Wettbewerben, bei denen beide regelmäßig auf dem Podium landeten.

Reißig fuhr alles, “was ich ermöglichen konnte“

“Ich bin alles gefahren, was ich irgendwie ermöglichen konnte. Neun Stunden allein im Auto für 60km Rundstrecke? Warum nicht. Ohne Ersatzmaterial zur DM Berg? Klar. Fehlendes Engagement kann man mir nicht vorwerfen, fehlende Leistung auch nicht. Das Gefühl, dass das aber eigentlich keinen so recht interessiere, war trotzdem hart und hat an der Moral genagt“, so Reißig, der bei den Deutschen Bergmeisterschaften Vierter wurde. Weber dagegen bestritt keine Bundesliga-Rennen mehr. “Ich wäre auch gerne noch Bundesliga im Erzgebirge gefahren, allerdings wurden hier Startgelder für Einzelstarter aufgerufen, die in keinem Verhältnis standen“, monierte er.

Schon bald, nachdem das Pushbiker-Aus öffentlich gemacht worden war, nahm Wackernagel – nicht ahnend, dass ihm sein Hauptsponsor P&S Metalltechnik bald abhanden kommen würde – Kontakt zu Weber und Reißig auf. “Es ging erst einmal darum, wie man den Jungs helfen kann“, meinte Wackernagel zu RSN. Einzelstarter Reißig etwa wurde bei den Rennen der Rad-Bundesliga von P&S Metalltechnik – Benotti mitversorgt. “Das Hilfsangebot von Lars mir sehr geholfen und durch diese verrückte Zeit Orientierung und Perspektive gegeben“, bedankte sich Reißig dafür. Ähnlich äußerte sich Weber: “Ich hatte ein Telefonat mit Lars, der einfach emotional sehr großes Verständnis für mich hatte und auch geholfen hat, mit der Situation umzugehen.“

Nach ersten Gesprächen über eine mögliche gemeinsame Zukunft in folgte dann der nächste Schock. Im September informierte Hauptsponsor P&S Metalltechnik, dass man sich aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage aus dem Sponsoring würde zurückziehen müssen. “Da standen wir immer noch in Kontakt und ich sagte den Jungs, dass ich alles versuchen würde, dass es weitergeht“, berichtete Wackernagel.

Reißig für die Bergen, Weber für den Spruint

Schließlich konnte er gegenüber RSN die Fusion mit dem Berthold Radteam bekannt geben. “Nachdem bei uns die Richtung klar wurde, dass wir es schaffen, haben wir uns mit den Jungs kurzgeschlossen. Aus den Gesprächen hörte ich raus, dass wir auch ihre Wunschadresse waren und wir wurden uns schließlich einig“, so Wackernagel. Reißig ergänzt: “Die Dynamik, die nach dem Ausscheiden von P&S entstand, hat mich sehr beeindruckt und mich in meiner Entscheidung (für das Team fahren zu wollen, d Red.) noch mehr bestärkt. Und für Weber stand nach den positiven Gesprächen ohnehin fest: “Wenn ich weiterfahre, dann nur für das Team von Lars.“

Reißig soll nun die Bergfraktion der Thüringer verstärken. Weber, zuletzt Anfahrer von Filippo Fortin, soll künftig vermehrt seine eigenen Chancen bekommen. “Philip soll auch mal erster Mann im Sprint sein. Wir wollen ihm helfen, da ohne Stress reinzuwachsen. Denn als Anfahrer hat man doch weniger Druck, als wenn man es selbst vollenden muss“, so Wackernagel und Weber ergänzte selbstbewusst: “Ich will 2025 herausfinden, was ich erreichen kann, wenn die Leute für mich fahren in einem Sprint. Ich traue mir schon etwas zu, wenn es zum Sprint kommt und ich die richtigen Leute bei mir habe.“

Beide Neuzugänge wollen sich für das in sie gesetzte Vertrauen und die Unterstützung revanchieren und Benotti – Berthold auf und neben der Rennstrecke nach vorne bringen. “Ich habe in den letzten drei Jahren bei den Pushbikers viel gelernt: über echte Kameradschaft, Zusammenhalt, psychische und physische Stärke. Das möchte ich mitnehmen und möglichst gewinnbringend einsetzen. Gleichzeitig möchte ich selbst dazu lernen und darauf habe ich riesige Lust. Wir haben eine super Truppe und werden ein richtig gutes Jahr haben“, kündigte Reißig an.

Trotz der zuletzt enttäuschenden Erfahrungen wollte das Duo die Pushbiker-Jahre zuvor nicht in Vergessenheit geraten lassen. “Zusammenfassend muss ich sagen, dass ich meinen Freunden bei Maloja unglaublich dankbar bin und wir eine unvergessliche Reise zusammen hatten. Wir haben in drei Jahren als Team wirklich was erreicht und waren eine unglaublich gute Truppe. Diese Erfolge haben vielen von uns geholfen attraktiv für andere Teams zu sein und so freue ich mich einige der Jungs nächstes Jahr irgendwo in Europa auf dem Rad zu sehen“, schloss Weber.

 

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.06.2025Deutsche Erfolge in Luxemburg, Österreich und im Iran

(rsn) - Die deutschen Kontinental-Teams haben in der vergangenen Woche bei internationalen Rundfahrten starke Akzente gesetzt. Joshua Huppertz (Lotto - Kern Haus - PSD Bank) sicherte sich bei der tra

01.06.2025Peter gewinnt Bergankunft der Oberösterreich Rundfahrt

(rsn) - Jannis Peter (Vorarlberg) hat auf der Abschlussetappe der Oberösterreich Rundfahrt (2.2) seinen ersten Profisieg gefeiert. Der 24-Jährige stürmte mit Raceleader Edgar Cadena (Petrolike) nac

29.05.2025Kretschy feiert bei Alpes Isère Tour seinen ersten Profisieg

(rsn) – Auf der 2. Etappe der Alpes Isère Tour (2.2) hat Moritz Kretschy (Israel – Premier Tech Academy) zugeschlagen und nach 154 Kilometer zwischen Dolomieu und Satolas et Bonce seinen ersten P

26.05.2025Die Woche der KT-Teams: Theiler bestätigt starke Form in Portugal

(rsn) - Rembe – rad-net war in der vergangenen Woche weltweit im Einsatz. Bei der Tour of Japan (2.2) überzeugte Jon Knolle mit zwei Podiumsplatzierungen. Nach einem schweren Sturz auf der 1. Etapp

23.05.2025Keßler liefert in Portugal nächstes Top-Ergebnis ab

(rsn) – Inmitten spanischer Zweitdivisionäre hat Bruno Keßler vom Team Rembe – rad-net ein Achtungszeichen gesetzt. Zum Auftakt der dreitägigen Rundfahrt GP Internacional Beiras e Serra da Est

21.05.2025Goldschmidt holt sich diesmal Bergtrikot der Tour de Feminin

(rsn) - Vor einer Woche begann mit der Tour de Feminin (2.2) in Krasna Lipa die zweite tschechische Frauen-Rundfahrt der Saison. Auf die sechs Fahrerinnen des LKT-Teams warteten vier Etappen mit anspr

19.05.2025So lief das 107. Rund um Köln für die deutschen KT-Teams

(rsn) - Sieben der acht deutschen Konti-Teams durften am Sonntag beim von Shootingstar Matthew Brennan (Visma - Lease a Bike) gewonnenen Radklassiker Rund um Köln (1.1) teilnehmen. Red Bull – Bora

12.05.2025Rembe-Podium im Erzgebirge, Jochum Sechster bei U23-Gent-Wevelgem

(rsn) - Bei der 45. Erzgebirgsrundfahrt setzte Rembe – rad-net ein dickes Ausrufezeichen: Johannes Adamietz gewann das traditionsreiche Rennen vor seinen Teamkollegen Ole Theiler und Julian Borresch

06.05.2025Heidemann überzeugte als Achter beim Flèche Ardennaise

(rsn) - Rembe – rad-net war am vergangenen Wochenende mit zwei Teams in Dänemark und Belgien unterwegs. Während auf einer im europäischen Norden auf einer gravellastigen Strecke zwei Top-20 Ergeb

02.05.2025Lotto – Kern-Haus: Gesamtpodium und Bergtrikot in der Bretagne

(rsn) - Am 1. Mai waren mehrere deutsche Kontinental-Teams bei wichtigen internationalen Rennen erfolgreich im Einsatz, konkret bei der Schlussetappe der Tour de Bretagne in Frankreich (UCI 2.2), dem

30.04.2025Dorn bei der Türkei-Rundfahrt wieder im Bergtrikot unterwegs

(rsn) – Im vergangenen Jahr gewann Vinzent Dorn das Bergtrikot der Tour of Turkey (2.Pro). Bei der aktuellen Ausgabe der Rundfahrt ist der Fahrer von Bike Aid auf gutem Weg, diesen Coup zu wiederhol

26.04.2025Woche der KT-Teams: Rembe rad-net und Lotto mit Topplätzen

Lotto – Kern Haus – PSD Bank knüpft in Frankreich an Erfolge an Bei der siebentägigen Tour de Bretagne (2.2), einer der härtesten Rundfahrten der europäischen Kontinentalszene, setzte Lotto

Weitere Radsportnachrichten

02.06.2025Tour of Britain Women im Rückblick: Die letzten 10 Jahre

(rsn) - Die Tour of Britain Women zählt zu den prestigeträchtigen Rundfahrten des internationalen Rennkalenders. Erstmals 2014 ausgetragen, stieg das Rennen 2016 in die Women´s World Tour auf. RSN

02.06.2025Niedermaier verlängert mit Canyon – SRAM

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

02.06.2025EF trauert dem entgangenen Maglia Rosa nicht hinterher

(rsn) – Zwei Etappensiege und ein dritter Platz in der Gesamtwertung: Der Giro d’Italia 2025 dürfte als eine der erfolgreichsten Grand Tours in die Geschichte von EF Education – EasyPost eingeh

02.06.2025Giro-Debütant van Aert mit Trofeo Bonacossa ausgezeichnet

(rsn) - Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) kann auf ein erfolgreiches Giro-Debüt zurückblicken. Nicht nur gewann der Belgier die Schotter-Etappe nach Siena und komplettierte damit seine Sammlung

02.06.2025Deutsche Erfolge in Luxemburg, Österreich und im Iran

(rsn) - Die deutschen Kontinental-Teams haben in der vergangenen Woche bei internationalen Rundfahrten starke Akzente gesetzt. Joshua Huppertz (Lotto - Kern Haus - PSD Bank) sicherte sich bei der tra

02.06.2025Reef: “Wir haben in den letzten Wochen alles perfekt umgesetzt“

(rsn) – Der achte Gesamtsieg bei einer Grand Tour kam für Visma – Lease a Bike eher unerwartet. Zwar hatte Simon Yates bereits im Jahr 2018 die Vuelta a Espana für sich entscheiden können, dana

02.06.2025Das große Ziel verfehlt, Denz und Pellizzari retteten die Bilanz

(rsn) – Heinrich Haussler sprach von einer "emotionalen Achterbahnfahrt“. Der Sportliche Leiter von Red Bull – Bora – hansgrohe sprach im Ziel der 18. Etappe des Giro d’Italia über den Tage

02.06.2025Hollmann nach Giro-Sturz zum zweiten Mal operiert

(rsn) – Juri Hollmann ist seit seinem Ausscheiden auf der 6. Etappe des Giro d´Italia in Neapel bereits zwei Mal operiert worden. Das teilte sein Team Alpecin – Deceuninck mit und gab ein Update

01.06.2025Adam Yates zwischen den Stühlen – und doch zufrieden

(rsn) – Allzu oft kam es noch nicht vor, dass Simon und Adam Yates in ihren Karrieren, die sich näher an der Zielgeraden als an Kilometer 0 befinden, in Grand Tours gegeneinander antreten mussten.

01.06.2025Krieger kommt als Giro-Letzter in Rom an

(rsn) – Die Gemeinsamkeit zwischen Alexander Krieger (Tudor) und Giovanni Pinarello ist nicht unbedingt offensichtlich, aber es gibt sie. Den Sprintanfahrer und den Begründer der italienischen Edel

01.06.2025Yates: “Es ist noch nicht ganz bei mir angekommen“

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat seinem Team einen perfekten Abschluss des 108. Giro d´Italia beschert. Der Niederländer setzte sich auf der 21. Etappe nach 143 weitgehend ruhig ge

01.06.2025Highlight-Video der 21. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) setzte am Sonntag den für sein Team perfekten Schlusspunkt des 108. Giro d´Italia. Im Massensprint in den Straßen Roms ließ er alle Konkurrenten hint

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine