RSNplusGegner im Sprint, Leidensgenossen in den Bergen

Degenkolbs und Cavendishs großer Kampf gegen die Karenzzeit

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Degenkolbs und Cavendishs großer Kampf gegen die Karenzzeit"
John Degenkolb (dsm-firmenich - PostNL) auf der 15. Etappe der Tour de France | Foto: Cor Vos

14.07.2024  |  (rsn) - Sechs Stunden, sieben Minuten und 38 Sekunden war die magische Marke für die Sprinter auf der 15. Etappe der Tour de France. 17 Prozent der Siegerzeit betrug der maximale Rückstand, die man verlieren durfte, um im Rennen zu bleiben. Als Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) am Plateau de Beille seinen Tagessieg bejubelte, wartete auf John Degenkolb (DSM Firmenich – PostNL) und Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) noch der gesamte Schlussanstieg von 16 Kilometern Länge.

Fast eine Stunde war vergangen seit der Zieldurchfahrt des Slowenen, als sich die letzten Fahrer des Gruppetto über die Linie schleppten. Noch knapp zwei Minuten standen auf der herunterzählenden Uhr, als Cavendish, begleitet von vier Teamkollegen, über den Zielstrich fuhr. Keinen einzigen Tritt machte er mehr, als er zu seinen Betreuern rollte.

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Völlig erschöpft lehnte sich Cavendish unter dem Jubel der Teamkollegen an das Gitter. Der 39-jährige Brite brachte kein Wort heraus, schüttete sich eine Flasche nach der anderen über den Kopf, ehe er zu seinen Helfern aufblickte. "Ihr seid absolute Legenden", sagte der Rekordsieger der Tour und blickte voller Dank in ihre glücklichen Gesichter.

Rund 30 Sekunden nach Degenkolb erreichten Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) und seine Helfer das Ziel der 15. Tour-Etappe. | Foto: Cor Vos

Schon kurz nach dem Start der mit über 5.000 Höhenmetern gespickten Etappe war Cavendish abgehängt worden. Nachdem es in der Neutralisation schon berghoch ging folgte der sieben Kilometer lange Anstieg zum Col de Peyresourde. Das reichte, um die müden Sprinter schnell an ihre Grenze zu bringen.

Zwar folgte eine längere Abfahrt nach Bagnères-de-Luchon, aber der Tag hielt noch mehr unangenehme Anstiege bereit. Col de Mente, Col de Portet-d'Aspet, Col d'Agnes, Port de Lers und dann noch der fast 16 Kilometer lange Schlussanstieg hinauf zum Plateau de Beille bedeuteten einen Horrortag für Sprinter. "Heute war es echt gestört. Das war einer meiner härtesten Tage als Profi. Es gab immer schwere Tage bei der Tour, aber das war heute nochmal was anderes", sagte Degenkolb im Ziel zu RSN.

Nachdem er wie Cavendish schon früh den Anschluss verloren hatte, begann auch für den Oberurseler ein langer Kampf, um das Zeitlimit zu schaffen. "Wenn man nach sechs Stunden 320 Watt im Schnitt gefahren ist, dann ist das schon verrückt. Wir wussten, wie knapp es wird und sind den letzten Berg 400 Watt durchschnittlich gefahren. Das war kein Vergnügen", meinte Degenkolb, der 51:07 Minuten mehr benötigte als Sieger Pogacar, damit aber in der Tour blieb, nachdem er am Schlussanstieg ein hartes Rennen absolvieren musste.

Der 39-jährige Brite kam völlig ausgepumpt ins Ziel am Plateau de Beille. | Foto: Cor Vos

Degenkolbs Teamkollege Welten wird Opfer der Karenzzeit

"Am Anfang waren wir eine größere Gruppe, dann sind immer mal wieder welche rausgefahren, am Anfang waren wir 15 oder 16 Fahrer, am Ende noch zu fünft oder sechst", erinnerte sich Degenkolb an seine lange Fahrt vor dem Besenwagen. Gemeinsam mit seinem Teamkollegen Nils Eekhoff kämpfte sich der 35-Jährige durch die fast 200 Kilometer lange Etappe, wartete nach der Zieldurchfahrt aber noch auf seine restlichen Mitstreiter wie Cavendish, aber auch auf seinen Teamkollegen Bram Welten.

Für den 27-jährigen Niederländer reichte es aber nicht. 4:50 Minuten zu spät erreichte er den Zielstrich. Nach einer Fahrt von 6:10 Stunden, was einem Schnitt von fast 32 km/h entsprach - endete seine Tour de France vor dem zweiten Ruhetag.

Dagegen schaffte Degenkolbs Teamkollege Bram Welten als einziger Fahrer nicht das Zeitlimit. | Foto: Cor Vos

Als Welten seine Betreuer erreichte, liefen die Tränen schon über seine Wangen. Die Enttäuschung war riesig, Degenkolb versuchte sich als Trostspender, doch Welten war untröstlich, obwohl er einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hatte, dass Road Captain oder auch Cavendish das Zeitlimit schafften. Denn mögen sie in den Sprints Kontrahenten sein, so sind sie an den Bergetappen Leidensgenossen. "Wir sind alle von vorne gefahren, alles was wir hatten", bestätigte Degenkolb, für den es am Dienstag mit der 16. Etappe weitergeht.

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