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14.05.2024 | (rsn) – 176 Zentimeter und 52 Kilogramm – das sind die Köpermaße von Leichtgewicht Valentin Paret-Peintre (Decathlon – AG2R La Mondiale), der die 10. Etappe des Giro d’Italia (2.UWT) über 142 Kilometer von Pompeii nach Bocca della Selva als Ausreißer für sich entschied. Für den 23-jährigen Franzosen war es der erste Sieg als Profi.
Sein fünf Jahre älterer Bruder Aurélien, der 2023 die damalige 4. Etappe der Italien-Rundfahrt gewinnen konnte, wurde diesmal Fünfter, gefolgt vom Freiburger Simon Geschke (Cofidis), der ebenfalls in der Gruppe des Tages mitmischte und als Sechster bester deutscher Fahrer war.
Einen französischen Doppelsieg gab es dennoch, denn Romain Bardet (dsm-firmenich - PostNL) fuhr 29 Sekunden hinter seinem zehn Jahre jüngeren Landsmann über den Strich und machte damit in der Gesamtwertung einen Sprung nach vorne bis auf Rang sieben. Das Duo gehörte zu einer Spitzengruppe, die sich erst im Anstieg zur ersten Bergwertung des Tages nach 80 Kilometern gebildet hatte. Auch Jan Tratnik (Visma – Lease a Bike) gehörte dazu und lange Zeit Führender im Rennen. Der Slowene nutzte den Sprint um die Intergiro-Wertung zu einer Attacke und fuhr gut 30 Kilometer als Solist dem Ziel entgegen, bevor er von Paret-Peintre unter dem 3000-Meter-Bogen als Spitzenreiter abgelöst wurde.
”Ich kann nicht beschreiben, was ich gerade fühle; es ist fantastisch“, sagte der Sieger im Ziel-Interview. “Ich wollte ein gutes Etappenresultat – und warum dann nicht auch gewinnen? Jetzt habe ich einen Grand-Tour-Etappensieg als ersten Profierfolg.“ Das Duell gegen Bardet ordnete er ebenso emotional ein. “Sein Podium bei der Tour de France habe ich als kleiner Junge im TV gesehen. Heute habe ich mit ihm um den Etappensieg gekämpft. Und ich habe ihn geschlagen.“
Zwischenzeitlich sah es jedoch so aus, als würden Paret-Peintre und Bardet jedoch nur um den zweiten Platz fahren. Lange waren sie die ersten Verfolger von Tratnik, doch ihr Rückstand schrumpfte nicht wesentlich. “Ich wusste, dass die letzten vier Kilometer die schwersten waren. Da musste meine Attacke kommen. Ich habe gewartet, gewartet und noch mehr gewartet. Auf den letzten drei Kilometern habe ich dann angegriffen“, sagte Paret-Peintre.
Für Tratnik hingegen war früh klar, dass er mit den besten Bergfahrern unter den mehr als 20 Ausreißern nicht würde mithalten können. “Ich wusste, dass in der Gruppe viel leichtere und bessere Kletterer sind. Deswegen musste ich antizipieren. Das war die richtige Entscheidung, würde ich sagen. Drei oder vier Kilometer vor dem Ziel ist meinen Beinen ein wenig die Kraft ausgegangen. Ich habe mich umgesehen und (Bardet und Paret-Peintre) sind mit doppelter Geschwindigkeit an mir vorbeigefahren. Danach musste ich mich noch zum Ziel kämpfen“, schilderte der 34-Jährige das Finale, um seinem dritten Platz Positives abzugewinnen. “Gerade nach unserem Pech haben wir gezeigt, dass wir auch zu fünft Rennen fahren und Spaß haben können. Gelegenheiten gibt es immer, man muss sie nur ergreifen“, sagte Tratnik, dessen Teamkollege Olav Koiij am Mittag wegen einer Grippe nicht mehr starten konnte.
Die Favoriten in der Gesamtwertung hielten sich dagegen zurück. Zwischenzeitlich lag ihr Rückstand bei mehr als sechs Minuten. Auch im Finale verzichteten Geraint Thomas (Ineos Grenadiers), Daniel Martinez (Bora-Hansgrohe) oder Ben O’Connor (Decathlon – AG2R La Mondiale) darauf, sich gegenseitig oder Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) zu attackieren. Das Quartett überquerte den Zielstrich zeitgleich, dahinter bildeten sich auf den letzten Metern im Sprint kleine Lücken, durch die Antonio Tiberi (Bahrain – Victoroius) einige Sekunden und Cian Uijtdebroeks (Visma – Lease a Bike) noch ein paar mehr verlor.
Die Träger der Wertungstrikots sind mit Pogacar (Gesamt- und Bergwertung), Uijtdebroeks (Nachwuchswertung) und Jonathan Milan (Punktewertung) weiterhin dieselben. Simon Geschke (Cofidis), der wie Maximilian Schachmann (Bora-Hansgrohe) zur Spitzengruppe gehörte, gewann den ersten Bergpreis des Tages und verbesserte sich in der Bergwertung auf Rang zwei.
Weniger erfreuliche Nachrichten aus deutscher Sicht gab es bereits vor dem Start. Mit Marius Mayrhofer (Tudor) und Max Kanter (Astana Qazaqstan) mussten gleich zwei Profis aus der Bundesrepublik krankheitsbedingt aufgeben. Und auch der erkrankte Ethan Vernon (Israel – Premier Tech) stand nicht mehr am Start.
Direkt ab Kilometer 0, zugleich der südlichste Punkt des diesjährigen Giro, tobte ein harter Kampf um die Gruppe des Tages. Simon Clarke (Israel – Premier Tech) und Quinten Hermans (Alpecin – Deceuninck) waren die ersten, die sich lösten. Kurz darauf stieß in Alessandro de Marchi (Jayco – AlUla) ein alter Bekannter des Australiers dazu. Aus dem Trio wurde kurz vor dem ersten Zwischensprint, den der Italiener gewann, ein Duo, denn Hermans ließ sich zurückfallen.
Da waren bereits mehr als 50 Kilometer absolviert und der Vorsprung der Gruppe betrug keine Minute. Das lag vor allem daran, dass sich aus dem Feld immer wieder Fahre lösten, darunter auch Filippo Ganna (Ineos Grenadiers), die vergeblich versuchten, zur Spitze aufzuschließen.
Das gelang dann erst einer mehr als 25 Fahrer starken Gruppe kurz vor der ersten Bergwertung im Nationalpark Camposauro (2. Kat.) nach mehr als 80 Kilometern. Geschke war dabei und sicherte sich direkt die maximal möglichen 18 Punkte fürs Bergtrikot. Neben ihm gehörten auch Maximilian Schachmann (Bora - hansgrohe), Dauer-Ausreißer Julian Alaphilippe (Soudal – Quick-Step), die Paret-Peintre-Brüder, Bardet oder auch Domenico Pozzovivo (VF Group – Bardiani CSF – Faizane) dazu.
Im ebenfalls nicht-kategorisierten Anstieg hoch zur Intergiro-Wertung mussten ein einige Fahrer reißen lassen, andere nutzten den Sprint zu einer Attacke. Wie Tratnik, der dort zu einem Solo ansetzte, verfolgt von Valentin Paret-Peintre, Bardet, Marco Frigo (Israel – Premier Tech) und Andrea Bagioli (Lidl - Trek).
Unterdessen war der Rückstand des Hauptfeldes auf sechs Minuten angewachsen, was Bahrain Victorious dazu veranlasste, in die Nachführarbeit einzusteigen. Da waren noch 25 Kilometer zu fahren und die Gruppe um Geschke und Schachmann lag anderthalb Minuten hinter Tratnik. Im finalen Anstieg baute Tratnik seinen Vorsprung zunächst sogar auf mehr als eine Minute aus.
Das Streckenprofil der 10. Etappe des Giro d‘Italia | Foto: Veranstalter
Bei noch 13 zu fahrenden Kilometern gingen Bardet und Paret-Peintre in die Offensive und konnten innerhalb von vier Kilometern eine halbe Minute von Tratniks Vorsprung abknabbern. Doch 3500 Meter vor dem Ziel war immer noch eine halbe Minute verblieben. Doch kurz vor der Drei-Kilometer-Marke hielt es Paret-Peintre nicht mehr. Im steilsten Stück des Anstiegs ging er aus dem Sattel und war in Windeseile bei Tratnik und genauso schnell vorbei. Auch Bardet fuhr noch am Slowenen vorbei, konnte seinen zehn Jahre jüngeren Landsmann aber nicht mehr stellen und verpasste letztlich seinen ersten Giro-Etappensieg deutlich.
Tratnik rettet seinen dritten Platz vor Bagioli und Aurélien Paret-Peintre, der den Triumph seines Bruders mit erhobener Faust bejubelte. Mit 3:14 Minuten führte Decathlon-Kapitän O’Connor die Favoritengruppe ins Ziel, aus der auf den letzten Metern noch Fahrer wie Antonio Tiberi (Lidl – Trek), der im Finale als einziger von Pogacars Konkurrenten attackiert hatte, oder Cian Uijtdebroeks (Visma – Lease a Bike) herausgefallen waren und jeweils einige Sekunden Rückstand kassierten.
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