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17.09.2020 | (rsn) - Arm in Arm mit seinem Teamkollegen Richard Carapaz überquerte Michal Kwiatkowski (Ineos Grenadiers) nach 175 Kilometern der 18. Etappe von Méribel nach La-Roche-sur-Foron die Ziellinie. Schon einen Kilometer vor Schluss gratulierten sich die beiden gegenseitig, nachdem sie 35 Kilometer vor dem Ziel mit Pello Bilbao (Bahrain – McLaren) ihren letzten Widersacher abgeschüttelt und wie in einem Zweier-Zeitfahren das Finale absolviert hatten. An der Spitze der Gesamtwertung gab es keine Veränderungen. Primoz Roglic (Jumbo - Visma) behauptete souverän sein Gelbes Trikot.
Mit einer Reifenstärke vor Carapaz rollte Kwiatkowski zum ersten GrandTour-Etappensieg seiner Karriere. “Es war ein unglaublicher Tag, den ich niemals vergessen werde. Ich hatte schon viele schön Momente im Radsport, aber das war eine völlig neue Erfahrung. Auf den letzten Kilometern hatte ich Gänsehaut. Ich wusste, dass wir es schaffen und deshalb konnten wir beide die letzten Kilometer echt genießen“, sagte der sichtlich bewegte Pole, dessen Team bei dieser Tour bisher dem Erfolg hinterhergefahren und den chancenlosen Titelverteidiger Egan Bernal nach der 16. Etappe durch Aufgabe verloren hatte.
Danach musste Ineos Grenadiers die Taktik ändern, ging es doch nur noch um einen Tagessieg. An einem solchen schrammte Carapaz zweimal knapp vorbei, ehe Kwiatkowski für den Glücksmoment sorgte. “Ich hoffe, Egan hat das heute auch genossen. Als Team haben wir alles probiert in den letzten Tagen und heute hat es geklappt. Es ist das beste Ende, das wir uns vorstellen konnten“, kommentierte der Weltmeister von 2014 im Blitz-Interview das Ergebnis.
“Wir haben zusammen entschieden, dass Kwiatkowski die Etappe gewinnt und ich das Bergtrikot hole“, erklärte Carapaz, der zwar Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) aus dem Gepunkteten Trikot fuhr. Mit nur zwei Punkten ist sein Vorsprung auf den Slowenen, vor allem im Hinblick auf das Bergzeitfahren am Samstag, allerdings denkbar knapp. “Wir müssen im Team nachdenken, was die beste Strategie ist, um es bis Paris zu halten“, war sich Carapaz der Schwierigkeit der Aufgabe bewusst.
Roglic und Pogacar sprinten auf vier und fünf
Die besten der Gesamtwertung erreichten 1:51 Minuten später das Ziel. Wout Van Aert (Jumbo – Visma) holte sich im Sprint Rang drei und vier Bonussekunden, Primoz Roglic (Jumbo – Visma) und Pogacar machten dahinter jeweils noch eine Sekunde auf die anderen Klassementsfahrer gut. Simon Yates (Mitchelton – Scott), Rigoberto Uran (EF) und Alejandro Valverde (Movistar) verloren jeweils fast drei Minuten.
Im Gesamtklassement liegt Roglic weiter 57 Sekunden vor Pogacar und 1:27 Minuten vor Miguel Angel Lopez (Astana). Richie Porte (Trek - Segafredo) kämpfte sich nach einem Plattfuß im Finale wieder an die Favoritengruppe heran und behauptete den vierten Platz (+3:06) vor Mikel Landa (Bahrain - McLaren / +3:28), der zwei Positionen gut machten.
Roglic hatte mit seiner Jumbo – Visma Mannschaft das Geschehen erneut das gesamte Rennen unter Kontrolle. Mit Sepp Kuss, Van Aert und Dumoulin gehörten drei der 13 Fahrer in der Favoritengruppe der niederländischen Equipe an. “Es gab heute viele Anstiege, aber als Team haben wir es gut gemacht. Ich denke, jetzt werde ich es schaffen“, zeigte sich der Spitzenreiter deutlich selbstbewusster als in den letzten Tagen.
In der Nachwuchs-, Punkte- und Mannschaftswertung gab es keine Veränderungen. Pogacar, Sam Bennett (Deceuninck – Quick Step) und Movistar bleiben hier vorn.
Eine starke Leistung zeigte wieder Simon Geschke (CCC). Der Freiburger gehörte zur Gruppe des Tages und wurde mit 4:32 Minuten Rückstand Fünfzehnter. Dagegen verpassten Maximilian Schachmann und Lennard Kämna (Bora – hansgrohe) den Sprung in die Gruppe und versuchten später erfolglos, die Lücke mit einem gemeinsamen Angriff zu schließen.
So lief das Rennen:
In mehreren Stufen formte sich kurz nach dem Start eine 32 Fahrer starke Ausreißergruppe, die im 18,6 Kilometer langen Anstieg zum Cormet de Roselend (1. Kat.) nach nur 30 Kilometern aber schon wieder zerfiel. Zuvor schon hatte sich Bennett den Zwischensprint vor Matteo Trentin (CCC) und Peter Sagan (Bora – hansgrohe) gesichert. Und die drei Sprinter waren es auch, die sich nacheinander aus der Spitze verabschiedeten.
Dagegen versuchten aus dem Feld heraus noch mehrere Fahrer, darunter Kämna, Schachmann oder auch Pierre Rolland (B&B Hotels - Vital Concept) vergeblich, den Anschluss doch noch zu schaffen. Erfolgreicher war dagegen Damiano Caruso (Bahrain – McLaren), der als einziger noch zur 16 Fahrer starken Spitzengruppe um Kwiatkowski, Carapaz, Geschke und Marc Hirschi (Sunweb) stieß. Den ersten Bergpreis holte sich der Schweizer vor Carapaz, die den Bergsprint nach 44 Kilometern nutzten, um sich vom Rest der Gruppe abzusetzen.
In der folgenden Côte de la route des Villes (3. Kat) schlossen Kwiatkowski, Pello Bilbao (Bahrain – McLaren), Nicolas Edet (Cofidis) zum Duo auf. Die beiden Bergpunkte sicherte sich nach 64 Kilometern erneut Hirschi vor Carapaz. Die Verfolger folgten lediglich mit 40 Sekunden Rückstand, das Feld lag bereits rund 4:20 Minuten zurück.
Im Col des Saisies (2. Kat.) stabilisierte sich die Rennsituation. Hirschi gewann auch diesem Bergpreis vor Carapaz, die beiden nachfolgenden Gruppen verloren Zeit auf die Spitze. In der Abfahrt endete der Zweikampf um die Bergpunkte in Folge eines Sturzes von Hirschi. Der Berner rutschte in einer Kurve weg, schlidderte in den Straßengraben, konnte aber mit Hautabschürfungen das Rennen fortsetzen. Den Anschluss an das Spitzentrio schaffte Hirschi jedoch nicht mehr.
Ein Fan auf der Strecke sorgte für eine Schrecksekunde
Im Col des Aravis (1. Kat.) konnte Edet dem Tempo der Gruppe, an deren Spitze Kwiatkowski inzwischen fast die gesamte Arbeit verrichtete, nicht mehr folgen. Carapaz sicherte sich 58 Kilometer vor dem Ziel weitere zehn Bergpunkte und schob sich auf Rang drei der Sonderwertung. Das Feld hatte inzwischen bereits 8:30 Minuten Rückstand, die Geschke-Gruppe befand sich ungefähr auf halber Distanz dazwischen.
Der Anstieg zum Montée du Plateau des Glières (HC), dem letzten Bergpreis des Tages, wurde Bilbao zum Verhängnis. Das Ineos-Duo zog in dem sechs Kilometer langen und im Schnitt elf Prozent steilen Anstieg dem Spanier den Zahn. Im Feld attackierte fast zeitgleich Bilbaos Kapitän Mikel Landa, wodurch erst Uran und dann auch Valverde, Adam Yates und zwischenzeitlich auch Dumoulin zurückfielen.
Unterdessen gewann Carapaz 30 Kilometer vor dem Ziel die letzte, mit 20 Punkten ausgezeichnete Bergwertung, wodurch er Pogacar aus dem Bergtrikot verdrängte. In der Favoritengruppe wurde eine Attacke von Enric Mas (Movistar) von allen Konkurrenten souverän beantwortet. Ein Angriff von Pogacar beendete schließlich den Fluchtversuch von Landa kurz vor der Bergwertung. Der 21-Jährige zog durch und holte sich noch sechs Bergpunkte, wodurch sich der Abstand zu Carapaz auf zwei Zähler verringerte.
Mit einem Platten auf der folgenden Schotterpassage verlor auch Porte den Anschluss an die Favoriten. Doch der Australier kämpfte unverdrossen weiter, wechselte das Rad und fand zwölf 12 Kilometer vor dem Ziel gemeinsam mit Dumoulin und Van Aert doch noch den Weg zurück zur Favoritengruppe, die auch noch Hirschi einholte. Ungefährdet blieb dagegen das Spitzenduo, das schon auf dem Schlusskilometer mit den Feierlichkeiten beginnen konnte. Der Mann wurde erst einige Sekunden, nachdem er Kwiatkowski und Carapaz nahegekommen war, von Streckenposten abgefangen.
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