Drei Teams, vier Ziele, ein Mittel

Bilden Bora, UAE und Astana auf Etappe 18 die “IG Tempobolzen“?

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Bilden Bora, UAE und Astana auf Etappe 18 die “IG Tempobolzen“?"
Bora - Hansgrohe (hier mit Daniel Oss an der Spitze) müsste den Stein am Donnerstag von Méribel aus ins Rollen bringen. | Foto: Cor Vos

16.09.2020  |  (rsn) - Der Kampf um Grün ist entschieden? Gelb hat Primoz Roglic (Jumbo - Visma) schon sicher? Denkste! Die sich überschneidenden Interessen mehrerer Teams könnten am Donnerstag auf der letzten Alpentappe der Tour mit fünf Bergwertungen und einer kurzen Schotter-Passage noch für ein unerwartetes Erdbeben sorgen.

Auch wenn die Erfolgsaussichten für die einzelnen Vorhaben von Bora - hansgrohe, UAE Team Emirates und Astana eher gering sind: Diese drei Mannschaften sollten auf den 175 Rennkilometern zwischen Méribel und La Roche-sur-Foron eine Interessensgemeinschaft bilden und über die gesamte Distanz nacheinander aufs Tempo drücken.

Die Ziele sind klar: Nach dem Etappensieg von Lennard Kämna will Bora - hansgrohe noch irgendwie mit Peter Sagan das Grüne Trikot erobern. UAE - Team Emirates greift mit Tadej Pogacar einerseits nach Gelb und will andererseits verhindern, das Fahrer wie Pierre Rolland (B&B Hotels) oder Benoit Cosnefroy (Ag2r La Mondiale) zu viele Bergpunkte sammeln - Pogacar hat am Col de la Madeleine schließlich deutlich gemacht, dass er das Kult-Jersey mit den roten Punkten gerne mit nach Hause nehmen würde. Und Astana will mindestens den Podestplatz von Miguel Angel Lopez (Astana) absichern, indem es Angriffe von Richie Porte (Trek - Segafredo) und Co. verhindert, bestenfalls aber sogar selbst noch nach den Sternen greifen.

Gemeinsam haben alle drei Mannschaften eines: Ihnen hilft ein schweres Rennen.

Sagan muss punkten oder Bennett aus der Karenz befördern

Sagan muss idealerweise schon an den ersten zwei Hügeln auf den ersten 13 Kilometern bis zum Zwischensprint in Aime Sam Bennett (Deceuninck - Quick-Step) abhängen, um ihm Punkte abnehmen zu können - oder anschließend darauf hoffen, dass der Ire aus der Karenzzeit gefahren wird. Deshalb muss Bora - hansgrohe vom Start weg ein Höllentempo anschlagen. Dass die Mannschaft dazu in der Lage ist, hat sie im Verlauf dieser Tour schon mehrfach bewiesen.

Pogacar muss eine allzu große Ausreißergruppe um Fahrer wie Rolland, Cosnefroy, Nans Peters (Ag2r La Mondiale), Richard Carapaz (Ineos), Marc Hirschi (Sunweb), Lennard Kämna (Bora - hansgrohe) oder Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) verhindern, da sie ihn alle mit den maximal 45 Bergpunkten, die Etappe 18 zu bieten hat, aus dem Bergtrikot fahren könnten, wenn er selbst aus dem Feld heraus keine Punkte mehr abgreifen kann.

Pogacar: "Wir werden alles probieren"

Außerdem steigen die Chancen des Slowenen auf einen erfolgreichen Angriff in Richtung Gelbes Trikot am letzten Ehrenkategorie-Berg der Tour - auf dem Plateau de Glières, wenn das Team Jumbo - Visma für die rund 30 Kilometer von dort zum Ziel nur noch möglichst wenig Helfer an der Seite von Primoz Roglic hat.

Dass Pogacar Gelb noch immer nicht aufgegeben hat, betonte er am Mittwochabend. "Wir werden alles probieren und sehen, wie ich, mein Team und die Konkurrenten sich fühlen und ob wir in den richtigen Flow kommen", versprach Pogacar für die 18. Etappe Offensive - zumal Roglic im Duell um den Tour-Sieg für das Einzelzeitfahren hinauf zur Planche des Belles Filles am Samstag als favorisiert gilt.

Plant Astana noch eine Harakiri-Aktion?

Die Größe des Feldes und die Zahl der Helfer der Konkurrenz zu begrenzen, hilft auch Lopez, der schon am Auftakttag der Tour in Nizza bewiesen hat, dass er gerne das Risiko eingeht, bergab zu attackieren - auch wenn seine Aktion dort auf regennasser Straße am Verkehrsschild endete. Lopez und Astana ist durchaus zuzutrauen, dass sie mit einer Harakiri-Taktik am Donnerstag sogar noch nach Gelb greifen wollen, nachdem sie am Col de la Loze gespürt haben, dass Roglic und Pogacar nicht unschlagbar sind - zumal Lopez' Team über die Manpower verfügt, noch etwas Verrücktes zu probieren und sich seine Teamkollegen zuletzt auffällig zurückgehalten haben.

"Ich hatte gehofft, dass die Art Rennen zu fahren, sich ändern würde, da die Teams und Rivalen schwächer werden. Das lässt mir mehr Raum zum angreifen", so Lopez am Mittwochabend vielsagend. Der Formtrend spricht für ihn, wenn man sieht, wie er am Loze auf den letzten drei Kilometern die Konkurrenz in Schach hielt.

Und auch wenn Lopez selbst sagte, dass er den Tour-Sieg momentan nicht für realistisch halte, weil er fürs Zeitfahren eine Minute Vorsprung auf Roglic und Pogacar brauche, so täte dem Kolumbianer ein weiterer Zeitgewinn gut. Denn andersrum ist sein Podestplatz gegen den starken Zeitfahrer Richie Porte (Trek - Segafredo) trotz 1:39 Minuten Vorsprung noch nicht in trockenen Tüchern - und dass es gegen Porte klappen könnte, bergab Zeit herauszuholen, ist kein Geheimnis.

Wenn Bora - hansgrohe am Donnerstag vom Start weg Vollgas gibt, so dass sich das Feld schon früh teilt, UAE Team Emirates mithilft, um eine unpassende Gruppen-Konstellation zu verhindern und Astana dann All-In geht, könnte am Donnerstag noch ein Erdbeben drohen. Vorbei ist diese Tour jedenfalls noch lange nicht - so unwahrscheinlich Veränderungen in Gelb oder Grün auch scheinen mögen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.06.2021Madiot: “Wir hätten Pinot früher aus der Tour nehmen sollen“

(rsn) - Sein bisher letztes Rennen bestritt Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) vor mittlerweile zwei Monaten, als er die Tour of the Alps unter ferner liefen auf Rang 60 beendete. Danach entschied der Fra

23.12.2020Bernal wieder schmerzfrei auf dem Rad

(rsn) - Egan Bernals Genesung macht offensichtlich deutliche Fortschritte. Wie der Tour-de-France-Sieger von 2019 gegenüber dem Internetportal primertiempo.co sagte, könne er wieder schmerzfrei trai

11.12.2020Dumoulin zuversichtlich: “Mir fehlt nur noch ein Prozent“

(rsn) - 2020 war für Tom Dumoulin ein Jahr mit vielen Tiefen und nur wenigen Hochs. Nach dem mit großen Hoffnungen verbundenen Wechsel von Sunweb zu Jumbo - Visma warf zunächst ein bakterieller Dar

15.11.2020Pogacar lobt Roglic als slowenischen Vorreiter

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hätte seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) den Tour-de-France-Sieg gegönnt. Das sagte der 22-jährige Slowene im Gespräch mit der spanischen Sp

27.10.2020Bernals Genesung dauert länger als gedacht

(rsn) - Egan Bernals Rückenprobleme, die ihn zum Ausstieg bei der Tour de France und zum vorzeitigen Saisonende zwangen, sind offensichtlich ernsthafter als bisher angenommen. Wie der Kolumbianer geg

10.10.2020Bernal: “Ich hatte eine schwierige Zeit“

(rsn) - Der bei der Tour de France vorzeitig ausgestiegene Egan Bernal (Ineos Grenadiers) wird in diesem Jahr keine Rennen mehr bestreiten. Das kündigte der Kolumbianer auf Instagram an und bestätig

03.10.2020War der Toursieg für Roglic im Zeitfahren unmöglich?

(rsn) - Radsportjournalist Thijs Zonneveld von der niederländischen Zeitung AD hat nach eigenen Angaben Einblick in die Leistungswerte des Tour-Zeitfahrens von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) erhalte

24.09.2020Pogacar: “Die Saison ist noch lange nicht vorbei“

(rsn) - Nach seinem Tour-de-France-Triumph hat Tadej Pogacar (UEA - Team Emirates) schon die nächsten großen Ziel im Blick. "Ich muss konzentriert und fit bleiben für die Weltmeisterschaft und die

23.09.2020Viviani: Beim Giro zurück in die Erfolgsspur?

(rsn) - Im letzten Jahr gewann Elia Viviani im Trikot von Deceuninck - Quick-Step  bei der Tour de France eine Etappe und fuhr auf drei weiteren Teilstücken aufs Podium. Die 107. Austragung lief fÃ

22.09.2020UAE Emirates streicht das mit Abstand meiste Preisgeld ein

(rsn) - Kein Wunder: Durch den Gesamtsieg von Tadej Pogacar, der auch das Weiße Trikot als bester Jungprofi sowie die Bergwertung und drei Etappen gewann, sowie den Etappensieg von Alexander Kristoff

21.09.2020Phänomen Pogacar - zu schnell, um wahr zu sein?

(rsn) - Tadej Pogacar hat mit seinem Toursieg nicht nur Rekorde gebrochen, sondern damit auch Fragen aufgeworfen. Ist der Slowene einfach ein Jahrhunderttalent, für den die üblichen Maßstäbe nicht

21.09.2020Die Tour-Bubbles werden aufgelöst

(rsn) - Die Tour de France ist beendet. Die Bubbles werden aufgelöst. Neue werden errichtet, für die WM, die BinckBank Tour, den Giro d´Italia und die großen Klassiker. Primoz Roglic kann jetzt Tr

Weitere Radsportnachrichten

14.11.2024Bardet: “Sinnlos, an ethischen Radsport zu glauben“

(rsn) - Es war ein durchaus ungewöhnlicher Zeitpunkt, als Romain Bardet im Sommer, kurz vor der Tour de France, sein Karriereende ankündigte. Mindestens genauso ungewöhnlich ist das Rennen, das sei

14.11.2024Quintana beendet Spekulationen, Bonnamour gibt Kampf gegen Dopingsperre auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

14.11.2024Rhodos-Prolog-Experte mit Sturzpech im stärksten Rennen

(rsn) – Seine elfte Saison auf KT-Niveau ragt zwar nicht als seine beste heraus, dennoch zeigte Lukas Meiler (Team Vorarlberg) auch 2024, was er drauf hat. Seine beste Platzierung gelang ihm dabei

14.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

13.11.2024Ein Jahr geprägt von Stürzen und viel Unglück

(rsn) – Eigentlich wollte Mikà Heming (Tudor Pro Cycling) 2024 so richtig durchstarten. Die Klassikerkampagne in Belgien hatte er sich als erstes Saisonhighlight gesetzt, doch diese endete für den

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine