Mit cleverer Taktik in Lyon zum Tour-Etappensieg

Sunwebs Rückrufaktion war ein voller Erfolg

Von Joachim Logisch aus Lyon

Foto zu dem Text "Sunwebs Rückrufaktion war ein voller Erfolg"
Jubel beim Team Sunweb nach der 14. Tour-Etappe in Lyon | Foto: Cor Vos

13.09.2020  |  (rsn) - Die Taktik von Sunweb während der 14. Etappe der Tour de France von Clermont-Ferrand nach Lyon rief zunächst Kopfschütteln hervor. Als Live-Kommentator bei Eurosport forderte Jens Voigt sogar den Lizenzentzug für die Fahrer Cees Bol und Casper Pedersen sowie des verantwortlichen Sportlichen Leiters. Am Ende bereute der ehemalige Ausreißerkönig seine nicht ganz ernstgemeinten Worte sicher. Denn mit seiner ungewöhnlichen Taktik siegte das mit deutscher Lizenz fahrende Team durch den Dänen Sören Kragh Andersen in einer bemerkenswerten Weise!

Doch was hatte Voigt so in Wallung versetzt? Noch vor dem ersten kategorisierten Berg nach weniger als 30 Kilometern ließen sich Bol und Pedersen aus der Spitzengruppe mit Stefan Küng (Groupama – FDJ) und Edward Theuns (Trek - Segafredo) ohne ersichtlichen Grund zurückfallen. Das war umso erstaunlicher, weil sich Pedersen gerade erst aus dem Hauptfeld nach vorne gekämpft hatte. So einfach aufzugeben, wäre Voigt in seiner aktiven Zeit nie eingefallen, vielmehr hätte er immer bis zum letzten möglichen Meter dagegengehalten.

“Wir hatten ganz klar auf die Gruppe geplant und waren auch gut dabei. Auch ich war mal in einer Konterattacke. Wir hatten am Ende Cees und Casper vorne. Wir haben aber relativ schnell gesehen, dass es keine Gruppe ist, die um den Sieg fahren wird. Darum haben wir rasch die Entscheidung gefällt, dass die Jungs zurückkommen sollen“, erklärte Sunwebs Road Captain Nikias Arndt die dahinterstehende Überlegung.

“Wir mussten ein paar harte Entscheidungen treffen, um die Etappe heute zu gewinnen. Aber alles hat sich ausgezahlt, das ist schön“, bestätigte der verantwortliche Sportliche Leiter Matthew Winston den Rückzug. “Wir hatten eine größere Gruppe am Anfang erwartet. Daher fuhr Cees in der ersten Gruppe und wir schickten Casper dazu, um mehr Fahrer anzulocken. Wir wollten eine Gruppe mit 10-12 Fahrern“, fügte er an.

Attacke abgeblasen, fürs Finale gesammelt

Als er aber die Sinnlosigkeit erkannte, dem wieder wie entfesselnd fahrenden Zug von Bora – hansgrohe standzuhalten, blies Winston die Aktion ab . “Das Peloton kontrollierte das Rennen zu stark. Sollten wir in dem Moment mitfahren oder nicht? Dann haben wir entschieden, die beiden ins Feld zurückfallen zu lassen. Für uns geht es um den Etappensieg. Wenn nur vier Fahrer vorne sind, dann schaffen sie das wohl nicht. Wir haben uns dann neu fokussiert und für die finalen Attacken gesammelt.“

Die Etappen 12 und 14 hatte sich Sunweb mit Blick auf das jeweilige Finale besonders angestrichen. “Wir dachten, wir könnten hier gewinnen“, verriet Winston. Und weiter: “Als alles zusammenlief, hatten wir einen offenen Plan. Es gab keinen fixen Leader, wir wollten mehrere Karten spielen können. Marc (Hirschi), Tiesj (Benoot) und Sören (Kragh Andersen) sollten angreifen können. Casper (Pedersen) hätte für den Sprint bereitgestanden. Das öffnet das Rennen mehr und erlaubt es uns, mehrere Taktiken zu fahren. Wir haben ein richtig starkes Klassikerteam. Wir fahren diese Etappen ein wenig wie Klassiker, offen und aggressiv.“

Wie von Sunweb erhofft, kam es dann auch. Zuerst attackierte Benoot, als der von Lennard Kämna gestellt wurde, legte Hirschi auf den letzten vier Kilometern los. Peter Sagan zog nach und neutralisierte die Attacke des Schweizers. Nachdem beide wieder im Feld waren, hatte Bora – hansgrohe seine Karten ausgespielt und Kragh Andersen konnte den Sieg in Lyon nach einer Attacke auf den letzten drei Kilometern abräumen.

Wie stark Sunweb an diesem Tag war, verdeutlicht ein Blick auf das Ergebnis: Nicht weniger als fünf Fahrer des Teams, kamen in der ersten, 50 Fahrer starken Gruppe an, drei davon in den Top Ten: Pedersen wurde noch Fünfter, Hirschi belegte den zehnten Platz.

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.06.2021Madiot: “Wir hätten Pinot früher aus der Tour nehmen sollen“

(rsn) - Sein bisher letztes Rennen bestritt Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) vor mittlerweile zwei Monaten, als er die Tour of the Alps unter ferner liefen auf Rang 60 beendete. Danach entschied der Fra

23.12.2020Bernal wieder schmerzfrei auf dem Rad

(rsn) - Egan Bernals Genesung macht offensichtlich deutliche Fortschritte. Wie der Tour-de-France-Sieger von 2019 gegenüber dem Internetportal primertiempo.co sagte, könne er wieder schmerzfrei trai

11.12.2020Dumoulin zuversichtlich: “Mir fehlt nur noch ein Prozent“

(rsn) - 2020 war für Tom Dumoulin ein Jahr mit vielen Tiefen und nur wenigen Hochs. Nach dem mit großen Hoffnungen verbundenen Wechsel von Sunweb zu Jumbo - Visma warf zunächst ein bakterieller Dar

15.11.2020Pogacar lobt Roglic als slowenischen Vorreiter

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hätte seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) den Tour-de-France-Sieg gegönnt. Das sagte der 22-jährige Slowene im Gespräch mit der spanischen Sp

27.10.2020Bernals Genesung dauert länger als gedacht

(rsn) - Egan Bernals Rückenprobleme, die ihn zum Ausstieg bei der Tour de France und zum vorzeitigen Saisonende zwangen, sind offensichtlich ernsthafter als bisher angenommen. Wie der Kolumbianer geg

10.10.2020Bernal: “Ich hatte eine schwierige Zeit“

(rsn) - Der bei der Tour de France vorzeitig ausgestiegene Egan Bernal (Ineos Grenadiers) wird in diesem Jahr keine Rennen mehr bestreiten. Das kündigte der Kolumbianer auf Instagram an und bestätig

03.10.2020War der Toursieg für Roglic im Zeitfahren unmöglich?

(rsn) - Radsportjournalist Thijs Zonneveld von der niederländischen Zeitung AD hat nach eigenen Angaben Einblick in die Leistungswerte des Tour-Zeitfahrens von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) erhalte

24.09.2020Pogacar: “Die Saison ist noch lange nicht vorbei“

(rsn) - Nach seinem Tour-de-France-Triumph hat Tadej Pogacar (UEA - Team Emirates) schon die nächsten großen Ziel im Blick. "Ich muss konzentriert und fit bleiben für die Weltmeisterschaft und die

23.09.2020Viviani: Beim Giro zurück in die Erfolgsspur?

(rsn) - Im letzten Jahr gewann Elia Viviani im Trikot von Deceuninck - Quick-Step  bei der Tour de France eine Etappe und fuhr auf drei weiteren Teilstücken aufs Podium. Die 107. Austragung lief fÃ

22.09.2020UAE Emirates streicht das mit Abstand meiste Preisgeld ein

(rsn) - Kein Wunder: Durch den Gesamtsieg von Tadej Pogacar, der auch das Weiße Trikot als bester Jungprofi sowie die Bergwertung und drei Etappen gewann, sowie den Etappensieg von Alexander Kristoff

21.09.2020Phänomen Pogacar - zu schnell, um wahr zu sein?

(rsn) - Tadej Pogacar hat mit seinem Toursieg nicht nur Rekorde gebrochen, sondern damit auch Fragen aufgeworfen. Ist der Slowene einfach ein Jahrhunderttalent, für den die üblichen Maßstäbe nicht

21.09.2020Die Tour-Bubbles werden aufgelöst

(rsn) - Die Tour de France ist beendet. Die Bubbles werden aufgelöst. Neue werden errichtet, für die WM, die BinckBank Tour, den Giro d´Italia und die großen Klassiker. Primoz Roglic kann jetzt Tr

Weitere Radsportnachrichten

04.07.2025Teams packen zur Tour wieder Sondertrikots aus

(rsn) – Es ist inzwischen ein jährlich wiederkehrendes Ritual: Kurz vor der Tour de France präsentieren einige Mannschaften Sondertrikots für die drei Wochen in Frankreich. Weil zum Saison-Highli

04.07.2025Die Aufgebote für den 36. Giro d´Italia Women

(rsn) – Mit dem Giro d’Italia Women (6. – 13. Juli / 2.WWT) steht einen Tag nach dem Start der Tour de France der Männer die zweite Grand Tour der Frauen an. Die 36. Ausgabe der Italien-Rundfa

03.07.2025“Misserfolge schärfen dich“: Roglic lacht seine Dämonen an

(rsn) – Zum siebten Mal in seiner beeindruckenden Karriere geht Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) bei der Tour de France an den Start. Die einzige deutsche Équipe im Peloton will von

03.07.2025Van der Poel sieht Chancen für eine erfolgreiche Tour

(rsn) – Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) gehört einmal mehr zu den Top-Stars, die bei der Tour de France an den Start gehen. Wirklich in Erscheinung treten konnte er in den letzten dre

03.07.2025Arndt hofft nach Wirbelbruch auf Comeback noch 2025

(rsn) – Nikias Arndt (Bahrain Victorious) wird am Samstag in Lille zwar nicht am Start der Tour de France stehen, doch einige Tage vor der Frankreich-Rundfahrt gibt es dennoch gute Neuigkeiten vom 3

03.07.2025Auch bei der 112. Tour wird die 3-Kilometer-Regel ausgeweitet

(rsn) - Die ASO wird auch bei der kommenden Tour de France die 3-Kilometer-Regel auf weitere ausgewählte Etappen ausdehnen. Dann werden die Fahrer bereits vier oder sogar fünf Kilometer vor dem Ziel

03.07.2025Neue GPS-Technologie wird auch bei Rad-WM in Ruanda eingesetzt

(rsn) – Nachdem sich erst wieder kürzlich einige Radprofis zu mangelnden Sicherheitsvorkehrungen beim erstmals ausgetragenen Copenhagen Sprint (1.UWT/1.WWT) kritisch geäußert hatten, dürfte eine

03.07.2025Tudor erweitert Partner-Portfolio prominent

(rsn) - Mit der Kreuzfahrtreederei MSC Cruises, einem der weltweit größten Anbieter für Vergnügungsreisen auf dem Meer, steigt kurz vor dem Start der Tour de France ein weiterer potenter Geldgeber

03.07.2025Das Grüne Trikot der Tour de France

(rsn) – Was haben der Reifenhersteller Michelin, der Anbieter von Pferdewetten PMU, Mineralölkonzern BP oder Autohersteller Skoda gemeinsam? All die international tätigen Konzerne waren (oder sind

03.07.2025Nys: “Für einen Etappensieg muss ich mich selbst übertreffen“

(rsn) – Mit 29 Fahrern stellen die Belgier bei der am 5. Juli in Lille beginnenden 112. Tour de France nach den heimischen Profis das zweigrößte Kontingent. Alle Augen sind dabei natürlich auf Do

03.07.2025Das Gepunktete Trikot der Tour de France

(rsn) – Seit 1933 ermittelt die Tour de France neben dem Gesamtsieger auch den Bergkönig. Seit 1975 gibt es das Gepunktete Trikot, offiziell maillot à pois rouges, das “Trikot mit roten Erbsenâ€

03.07.2025Märkl bei Tour-Debüt Anfahrer für gleich zwei Sprinter

(rsn) – Für Niklas Märkl (Picnic – PostNL) ist der Radsport-Sommer 2025 ein ganz besonderer: Erst stand die von seinem Heimatverein RSC Linden - mit seinem Vater Andreas Märkl an der Spitze - o

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Course de Solidarnosc (2.2, POL)
  • Sibiu Tour (2.1, ROU)