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29.08.2020 | (rsn) - Die 107. Tour de France findet in diesem Jahr ohne die beiden früheren Sieger Chris Froome und Geraint Thomas (beide Ineos) sowie den Vorjahresdritten Steven Kruijswijk (Jumbo - Visma) statt. Dazu stehen nach zahlreichen Stürzen hinter der Verfassung der weiteren Favoriten wie Primoz Roglic (Jumbo - Visma), Egan Bernal (Ineos), Thibaut Pinot (Groupama - FDJ), Emanuel Buchmann (Bora - hansgrohe) oder Nairo Quintana (Arkéa - Samsic) mehr oder minder große Fragezeichen.
Die Frankreich-Rundfahrt könnte deshalb eine überraschend offene Angelegenheit werden. Weil fast alle Sieg-Kandidaten noch an Verletzungsfolgen laborieren, vergaben wir diesmal beim Favoritencheck an keinen Fahrer fünf Sterne.
5 Sterne
Kein Kandidat
4 Sterne
Primoz Roglic (Jumbo – Visma / 30 Jahre / 3. Teilnahme / Vierter 2018):
Der Slowene galt bis zur 4. Etappe des Critérium du Dauphiné als großer Tour-Favorit. Dort aber zog sich der Slowene bei einem Sturz auf der katastrophal schlecht asphaltierten Abfahrt vom Col de Plan Bois schwere Prellungen zu. Der Formvorsprung auf die Konkurrenz, den Roglic bei seinem Gesamtsieg bei der Tour de l`Ain und auf den ersten drei Etappen der Dauphiné zeigte, dürfte damit passé sein. Zudem wird dem Vuelta-Sieger 2019 mit dem verletzten Steven Kruijswijk ein Helfer von Weltklasseformat fehlen. Der Vorjahresdritte der Tour war bei der Generalprobe an derselben Stelle wie Roglic gestürzt und hatte sich dabei die Schulter gebrochen.
An der mannschaftlichen Unterstützung sollte das “Unternehmen Gelb“ dennoch nicht scheitern. Denn mit Sepp Kuss, George Bennett und Tom Dumoulin schickt Jumbo - Visma gleich drei extrem starke Helfer ins Rennen, die Roglic vor allem in den Bergen zur Seite stehen, wobei Dumoulin nach seiner starken Dauphiné-Vorstellung auch als Mann fürs Gesamtklassement gilt. Und auf den flachen und mittelschweren Etappen kann der Tour-Vierte von 2018 auf die Tempobolzer Van Aert und Tony Martin bauen.
Egan Bernal (Ineos Grenadier / 23 Jahre / 3. Teilnahme / Sieger 2019):
Der Titelverteidiger zählt auch in diesem Jahr zum engsten Favoritenkreis. Holte er sich im Vorjahr aus dem Schatten von Geraint Thomas heraus den Toursieg, so ist bei Ineos in diesem Jahr alles auf den jungen Kolumbianer ausgerichtet. Dafür lässt die Teamleitung sogar die schwächelnden Ex-Champions Geraint Thomas und Chris Froome zu Hause. Mit dem in der Vorbereitung imponierenden Pavel Sivakov und dem kurzfristig ins Aufgebot berufenen Giro-Sieger Richard Carapaz hat Bernal zwei Helfer par excellence an seiner Seite – beide allerdings sind die Tour de France bisher noch nicht gefahren. Ein kleines Fragezeichen steht aber auch hinter Bernals Verfassung. Der Ineos-Kapitän, der nach dem Re-Start die Route d`Occitanie gewonnen hatte und bei der Tour de l`Ain hinter Roglic Zweiter wurde, war wegen Rückenproblemen nicht mehr zur 4. Etappe des Critérium du Dauhphiné angetreten – als Vorsichtsmaßnahme, wie es hieß.
Thibaut Pinot (Groupama – FDJ / 30 Jahre / 8. Teilnahme / Dritter 2014):
Auch der dritte große Favorit im Bunde hatte eine etwas holprige Vorbereitung. Der Franzose stürzte beim Critérium du Dauphiné ebenfalls, konnte die Rundfahrt aber im Gegensatz zu seinen Kontrahenten fortsetzen und sogar im Gelben Trikot die Schlussetappe in Angriff nehmen. Zwar konnte Pinot es nicht verteidigen, aber mit Gesamtrang zwei zufrieden sein. In den Bergen hinterließ der 30-Jährige einen starken Eindruck. Bei der Tour wird Pinot im Hochgebirge durch Sebastien Reichenbach und David Gaudu unterstützt, zwei zuverlässige, wenn auch nicht überragend starke Helfer. Fraglich ist zudem, ob ihn die Sturzverletzungen, die ihm zum Verzicht der nationalen Meisterschaften zwangen, bei der Mission Tour-Sieg entscheidend hemmen werden.
3 Sterne
Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe / 27 Jahre / 5. Teilnahme / Vierter 2019):
Bitter für Buchmann: Beim Critérium du Dauphiné fuhr er auf einem Niveau mit Bernal und Pinot und war nur wenig schwächer als der überragende Roglic, als ihm der Sturz beim Critérium du Dauphiné einen Strich durch die Rechnung machte. Der Vorjahresvierte wird die Frankreich-Rundfahrt zwar in Angriff nehmen können, doch da Buchmann an den vergangenen Tagen wegen seiner heftigen Prellungen nur eingeschränkt trainieren konnte, dämpften er und die Teamleitung die Erwartungen – zumal es schon am zweiten Tag der Tour in die Berge geht. Sollte Buchmann diese und die 4. Etappe ohne Zeitverlust überstehen, dann ist für ihn alles möglich. Allerdings könnte er schon am Tag rund um Nizza herum schon alle Chancen auf das Podium in Paris einbüßen. Dass auch zwei seiner wichtigsten Helfer, Maximilian Schachmann und Gregor Mühlberger nach ihren Stürzen nicht in Bestform antreten können, macht das Unterfangen nicht einfacher. Immerhin: Lennard Kämna empfahl sich bei der Dauphiné als ein echter Edelhelfer.
Richard Carapaz (Ineos Grenadier / 27 Jahre / 1. Teilnahme / - ):
Ursprünglich für den Giro vorgesehen, könnte der Ecuadorianer bei der Tour zur Überraschung werden. In erster Linie ist der Sieger der letztjährigen Italien-Rundfahrt zwar als Edelhelfer von Titelverteidiger Bernal vorgesehen. Doch Carapaz verfügt auch über die Stärke, trotz Helferdiensten eine Spitzenplatzierung einzufahren. Zudem bewies Ineos in den letzten Jahren immer wieder, dass es taktisch in der Lage ist, gleich zwei Fahrer im Vorderfeld oder sogar auf dem Tour-Podium zu platzieren. Und sollten Bernals Rückenprobleme doch hinderlicher sein als angenommen, könnte Carapaz die Kapitänsrolle übernehmen. Allerdings hatte auch er nach einem Sturz bei der Polen-Rundfahrt mit einer Verletzung zu kämpfen.
Daniel Martinez (EF Pro Cycling / 24 Jahre / 2. Teilnahme / Rang 36 2018):
Beim Critérium du Dauphiné gelang ihm mit seinem Überraschungssieg der Sprung in die Weltklasse der Rundfahrer. Auch bei der Tour de France ist dem Kolumbianer nun eine Überraschung zuzutrauen. Allerdings gibt ein Fragezeichen: Schafft es Martinez, über drei Wochen auf konstant hohem Niveau zu fahren? Bisher konnte er noch bei keiner GrandTour restlos überzeugen, Rang 36 bei der Tour 2018 war bei vier GrandTour-Starts sein bestes Resultat. Für ihn spricht eine starke Mannschaft um Rigoberto Uran, der auch selbst die Kapitänsrolle einnehmen kann.
Nairo Quintana (Arkéa Samsic / 30 Jahre / 7. Teilnahme / Zweiter 2013, 2015):
Nach den ersten Saisonrennen zählte der Kolumbianer zu den größten Anwärtern auf den Tour-Sieg. Doch nach dem Re-Start lief es auch aufgrund eines Trainingssturzes für den Arkéa-Kapitän nicht wirklich rund. Bei der Tour de l`Ain fehlten Quintana schon als Gesamtdritter einige Sekunden auf die vor ihm liegenden Roglic und Bernal. Beim Critérium du Dauphiné musste er schließlich vorzeitig vom Rad steigen, weil ihm sein beim Trainingssturz verletztes Knie zu schaffen machte. So ist auch die Form des 30-Jährigen mit einigen Fragezeichen behaftet. Gleiches gilt für Quintanas Helferriege, in der zuletzt nur Warren Barguil gute Form zeigte.
Tadej Pogacar (UAE Team Emirates / 21 Jahre / 1. Teilnahme / - ):
Bei der ersten Tour-Teilnahme geht es für die meisten Fahrer darum, Erfahrungen zu sammeln und bis nach Paris durchzukommen. Nicht so beim Slowenen, der auf Gesamtwertung fahren soll. Dass Pogacar trotz seiner Jugend dazu in der Lage ist, bewies der 21-Jährige im Vorjahr, als er die Vuelta auf Rang drei abschloss. Mit dem vierten Gesamtrang beim Critérium du Dauphiné wusste Pogacar zu überzeugen, zudem kam er sturzfrei durch die Tour-Generalprobe. Sein Team ist zwar nicht ganz so stark besetzt wie Roglics oder Bernals Mannschaften, aber mit Fabio Aru, Davide Formolo und David de la Cruz weiß Pogacar ein sehr gutes Helfertrio an seiner Seite.
Mikel Landa (Bahrain – McLaren) / 30 Jahre / 5. Teilnahme / Vierter 2017): Landa will erstmals bei der Tour auf dem Podium landen. Die Form des 30-Jährigen deutete zuletzt aber eher nicht darauf hin, dass ihm das gelingen könnte. Nachdem Landa bei der Burgos-Rundfahrt noch Zweiter wurde, lief es vor allem am Schlusstag beim Critérium du Dauphiné gar nicht. Im Schlussklassement reichte es trotz des Fehlens zahlreicher Spitzenfahrer nur zu Rang 20. Landas Team ist komplett auf ihn ausgerichtet, aber im Hochgebirge wird er wohl nur auf Wout Poels bauen können – es sei denn, Rafael Valls und Damiano Caruso wachsen über sich hinaus.
2 Sterne
Romain Bardet (AG2R), Tom Dumoulin (Jumbo - Visma), Pavel Sivakov (Ineos Grenadier), Miguel Angel Lopez (Astana), Julian Alaphilippe (Deceuninck – Quick-Step), Rigoberto Uran (EF Pro Cycling), Adam Yates (Mitchelton – Scott), Enric Mas (Movistar), Bauke Mollema (Trek – Segafredo), Richie Porte (Trek – Segafredo), Guillaume Martin (Cofidis)
1 Stern
Fabio Aru (UAE - Team Emirates), Ilnur Zakarin (CCC), Sergio Higuita (EF Pro Cycling), David Gaudu (Groupama – FDJ), Esteban Chaves (Mitchelton – Scott), Domenico Pozzovivo (NTT), Alejandro Valverde (Movistar), Warren Barguil (Arkéa - Samsic)
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