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03.05.2018 | (rsn) - Neue Teams aus exotischen Radsportdestinationen sind nichts besonderes mehr, seit der Gründung des kasachischen Teams Astana vor über zehn Jahren aus den Resten der spanischen Once-Truppe, erst recht nicht, seitdem vor zwei Jahren der Lampre-Rennstall im Team UAE aufging oder sich das neue Spitzenteam Bahrain Merida Spitzenfahrer aus der ganzen Welt zusammenkaufte.
Die Entstehung des jetzigen Giro-Neulings Israel Cycling Academy fällt da etwas aus dem Rahmen. Der noch junge Radsportstandort Naher Osten wird damit aber weiter ausgebaut.
Den Anstoß für die Gründung des Teams gab ein Treffen zwischen dem früheren Radprofi Ran Margaliot, der eine kurze Karriere als Stagiaire bei Footon und Neo-Profi bei Saxo Bank hatte, und dem Radsportbegeisterten Unternehmer Ron Baron im Jahre 2014. "Wir wollten Israel auf der Landkarte des Radsports etablieren und Möglichkeiten für eine neue Generation von israelischen Radsportlern schaffen", erklärte Baron.
Vor zwei Jahren stieß dann ein weiterer Unternehmer hinzu: Sylvan Adams. Dessen Vater, aus Rumänien stammend, hatte NS-Arbeitslager überlebt und war über die Türkei nach Palästina geflohen. Dann nach Kanada ausgewandert gründete er dort ein Immobilienunternehmen, das Sohn Sylvan weiterführte. Der entdeckte spät die Liebe zum Radsport, wurde mehrfach kanadischer Seniorenmeister in seiner Altersklasse - und beschloss 2016 nach Israel zu gehen. Hier hat er große Ziele. "Ich will Tel Aviv zum Amsterdam des Nahen Ostens machen", erklärte er, und machte sich sofort daran, ein Fahrradwegesystem in Israels Hauptstadt zu planen.
Straßenradsport spielt in dem Land noch keine große Rolle. "Moutainbiking ist traditionell stärker entwickelt", erzählte Ido Eindor, Mountainbike-Commissaire der UCI und Chef aller israelischer Radsport-Commissaires im nationalen Verband, radsport-news.com. Mountainbike-Fahrer würden auch spontan losfahren zu Trips in die Berge und in die Wüste, so Eindor. "Straßenfahrer weichen wegen des dann geringeren Verkehrs lieber aufs Wochenende aus, haben auch da aber lieber Begleitfahrzeuge dabei."
Ein gutes Beispiel dafür ist auch einer der beiden israelischen Giro-Debütanten im Team: Guy Niv unternahm erst im letzten Jahr den Umstieg vom Mountainbike auf die Straße - und nimmt jetzt bereits an der zweitwichtigsten Rundfahrt der Welt teil!
Adams' Fahrradwege in Tel Aviv könnten für nachfolgende Generationen den Einstieg auf der Straße erleichtern und auch den Alltagsverkehr stärker aufs Rad verlagern. Parallel zu seinen Bautätigkeiten stieg der Unternehmer ganz groß in den israelischen Straßenradsport ein. Er stockte das Budget der Israel Cyling Academy auf. Und er steckte höhere Ziele: Die Teilnahme an der Tour de France in naher Zukunft.
"Mit der Ankunft von Adams ging es uns um größere Visionen. Nicht mehr nur den Aufbau einer Plattform für junge Fahrer aus Israel. Wenn die Leute sehen, dass unsere Fahrer bei den größten Sportevents teilnehmen, wird unser Sport in Israel auch an Bedeutung gewinnen", meinte Teamchef Margaliot.
Jetzt ist es noch nicht die Tour, an der die Israel Cycling Academy teilnimmt, aber immerhin der Giro. Motor war auch hier der Immobilien-Milliardär Adams. Er übernahm einen Teil der Kosten des Grand Departs. Und er tütete den Deal auch ganz oben ein: Er traf sich mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Seitdem ist das Tourismusministerium mit im Boot, Innenministerium und Polizei sowieso. 4.000 Polizisten sollen den Auftakt in Israel schützen.
Radsport ist Staatsakt, ist Staatspropaganda geworden. Das war es im Falle der Teams Astana, Bahrain Merida und UAE bereits. Mit den Staatssymbolen auf den Trikots soll Werbung für das Land gemacht werden. In Israel fallen jetzt Werbung durch die Trikots und Werbung durch den Parcours zusammen.
Adams wählte im September bei der Präsentation des Grand Departs klare Worte: "Das ist ein Projekt über den Zionismus. 800 Millionen Fernsehzuschauer sind eingeladen, unser Land zu sehen. Die Schönheit des Radsports ist es, draußen stattzufinden, und so werden wir das Land zeigen können als ein normales Israel, anders, als es sonst täglich in den Medien erscheint."
Sportlich ist die Israel Cycling Academy krasser Außenseiter. Teamchef Margaliot geht immerhin davon aus, dass seine beiden debütierenden Landsleute nicht nur die ersten Tage mit dem Feld mithalten, sondern die Kraft haben, von Jerusalem bis nach Rom, bis vors Kolosseum und die Kaiserforen zu kommen. Ansonsten wurde viel Erfahrung hinzugekauft mit dem schon 38-jährigen Veteranen Ruben Plaza, einst ein Spitzenzeitfahrer. Sprinter Kristian Sbaragli gelang früher bereits ein Vuelta-Sieg. Für einen Etappensieg auf mittelschwerem Terrain ist Ben Hermans gut. Road Captain ist der Australier Zak Dempster.
"Wir würden den anderen Teams gern einen Etappensieg stehlen - ja stehlen, denn wir sind die Außenseiter. Und ich möchte, dass unsere Trikots in den Fluchtgruppen oft vertreten und damit im Fernsehen zu sehen sind", gab Adams als Marschroute vor.
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