Niederländer bei der Ronde unwiderstehlich

Terpstra: “Wir gehen füreinander durchs Feuer“

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Terpstra: “Wir gehen füreinander durchs Feuer“"
Niki Terpstra (Quick-Step - Floors) nach seinem Sieg bei der Flandern-Rundfahrt. | Foto: Cor Vos

02.04.2018  |  (rsn) - Manch ein hartgesottener mag es beinahe als unverschämt angesehen haben, was Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) am Kruisberg rund 25 Kilometer vor dem Ziel veranstaltete: Da kommt einer mit großer Vita aus anderen Sparten dieses Sports, gibt sein Debüt bei der "Ronde" und meint, er könne im Finale die Spezialisten auf diesem Terrain düpieren. 


Der Mailand-Sanremo-Sieger sprang mit einem energischen Antritt an der Kuppe des Hellings davon und bekam kurz darauf erstklassige Begleitung durch Niki Terpstra. Sollte Nibalis erster Gedanke in dieser Situation noch die Freude über den perfekten Flucht gefährten gewesen sein, dürfte er kurz darauf nur noch Sterne gesehen haben. Denn keinen Kilometer später platzte er am Hinterrad des Niederländers regelrecht – "Ronde“-Spezialisten sind eben doch aus einem anderen Holz geschnitzt.  

Allerdings wird sich Nibali damit trösten können, dass selbst arrivierte Klassikerfahrer einem Terpstra in Tempomodus wenig entgegenzusetzen haben. Einmal angeworfen, ist die Maschine nur schwer wieder zu bändigen: siehe Paris-Roubaix 2014 oder zuletzt beim E3 Harelbeke. Merkmal dieser Soloattacken: der stoische, unbeirrbare Blick. 

Den gab es auch bei der Flandern-Rundfahrt wieder zu sehen. Nahezu regungslos passierte Terpstra unterwegs am Oude Kwaremont die dreiköpfige Ausreißergruppe mit Dylan van Baarle (Sky), Sebastian Langeveld (EF-Drapac) und Mads Petersen (Trek-Segafredo) , der das Rennen später auf Platz zwei beendete. Terpstra war im Tunnel – und der endete erst am Zielstrich in Oudenaarde. 

Dort angekommen, konnte allerdings auch der 33-Jährige nicht verbergen, welche Kraft diese Flucht gekostet hatte. Der Jubel fiel überschaubar aus: Schnell die Arme gehoben, kurz mit dem Finger gekreiselt, anschließend kräftig durchgepustet. "Ich war völlig aufgebraucht. Lange lief es sehr gut, bis zu den letzten drei Kilometern. Dann wurde mir klar: Scheiße, ich muss hier alles aus mir rausholen. Ich wäre nach dem Rennen fast auf den Boden gefallen",sagte der Sieger den Journalisten. Für Terpstra war der Erfolg die Erfüllung seines zweiten Kindheitstraums nach seinem Sieg bei Paris-Roubaix vor vier Jahren. 

Großen Anteil daran hatte auch die erneut herausragende Leistung von Quick-Step Floors. In der Verfolgergruppe verschleppten seine Teamkollegen Zdenek Stybar und Philippe Gilbert immer wieder geschickt das Tempo und sprangen bei jedem Angriff sofort ans Hinterrad der Konkurrenten. Erfolgreiche Störmanöver, die Terpstra zusätzlich motivierten: "Das gab mir Energie, als ich es durch den Funk hörte. Es ist ein Ergebnis der letzten Rennen. Unsere Rivalen sehen, dass wir füreinander durch das Feuer gehen – das frustriert die Konkurrenz." Vorjahressieger Gilbert rundete den erfolgreichen Tag für Quick-Step Floors mit Platz drei ab. 

Die Aufmerksamkeit gehörte jedoch dem Ersten. Der Entschluss zu seinem langen Solo war auch eine Reaktion auf seinen zweiten Platz bei der "Ronde" aus dem Jahr 2015, gab Terpstra zu. "Ich habe daraus gelernt", sagte er rückblickend auf seine Sprintniederlage gegen Alexander Kristoff, "damals hätte ich ihn attackieren und mehr zusetzten müssen. Ich habe ihm stattdessen aber erlaubt, sich zu erholen. Er war damals aber auch sehr stark", sagte er weiter über die damalige Zweierflucht mit dem Norweger. 

Dieses Szenario wollte er dieses Mal vermeiden: "Ich musste einfach angreifen. Ich bin kein Sprinter." Dass er  dabei seinen kurzen Fluchtbegleiter und mehrfachen Grand-Tour-Sieger Nibali ausgerechnet an einer leicht ansteigenden Passage abhing, entlockte selbst Terpstra ein Lächeln. "Das war cool", sagte er und fügte an: „Manchmal weiß man einfach, dass es der entscheidende Moment ist. 2015 sind wir ungefähr an derselben Stelle weggefahren. Mit diesen Anstiegen kann ich gut umgehen." 

Auch Nibali erkannte das an. "Terpstra war in einer anderen Liga", sagte der 33-Jährige, der das Rennen auf einem beachtlichen 24. Platz (+1:18) beendete und eine Rückkehr nicht ausschloss – dann aber richtig. "Ich bin sehr kurzfristig zu diesem Rennen gekommen. Sollte ich wiederkommen, benötige ich eine bessere Vorbereitung und muss bereit sein", sagte Nibali. Anschauungsunterricht dafür kann er bei Terpstra nehmen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

19.04.2018Auslegung der “Radweg-Regel“ sorgt wieder für Diskussionen

(rsn) - Die UCI und ihre Regelauslegungen - oft ein Buch mit sieben Siegeln. Das bemängelte in der belgischen TV-Sendung Extra Time Koers nun auch Lotto Soudal-Profi Tiesj Benoot. "Die UCI ist nicht

05.04.2018Boonen: “Sagan selbst ist derjenige, der an Hinterrädern sitzt“

(rsn) - Tom Boonen hat Weltmeister Peter Sagan (Bora-hansgrohe) im belgischen Fernsehen für dessen Aussagen über mangelnde Kooperation im Peloton zurechtgewiesen. "Er sollte seinen Mund halten", sol

03.04.2018Nibali: “Flandern war wie in einer Waschmaschine fahren“

(rsn) - Als einer der wenigen Klassementfahrer schaffte es Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) am Montag zum Auftakt der Baskenland-Rundfahrt nicht, sich in der ersten Verfolgergruppe hinter Tagessieger

02.04.2018Politt: “Am Sonntag könnte es was werden“

(rsn) - Nach seinem dritten und bisher erfolgreichsten Auftritt bei der Flandern-Rundfahrt ist Nils Politt (Katusha-Alpecin) auch für die am Sonntag anstehende "Königin der Klassiker“ optimistisch

02.04.2018Jetzt wartet die “Königin der Klassiker“ auf den Cross-Weltmeister

(rsn) - Wout Van Aert (Veranda’s Willems Crelan) war am Ostersonntag einer von drei Debütanten, die bei der 102. Flandern-Rundfahrt für Furore sorgten. Die dicksten Schlagzeilen schrieb zwar Mads

02.04.2018Sagan: “Quick-Step hat alles kontrolliert“

(rsn) - Als sich Peter Sagan (Bora-hansgrohe) am Ostersonntag bei der letzten Überquerung des Paterberg aus der Verfolgergruppe auf und davon machte und zur Jagd auf Niki Terpstra (Quick-Step Floors)

02.04.2018Degenkolb: “Am Koppenberg bin ich explodiert“

Oudenaarde (dpa/rsn) - John Degenkolb erwies sich bei der "Ronde" als guter Teamkollege und treuer Helfer. Ohne große eigene Ambitionen war der Oberurseler bei der 102. Auflage der Flandern-Rundfahrt

02.04.2018Valgren hatte in Geraardsbergen mit der Ronde schon abgeschlossen

(rsn) – Auch wenn der als Co-Kapitän ins Rennen gegangene Alexey Lutsenko nach einem Sturz das Ziel in Oudenaard nicht erreichte, so lieferte die Astana-Equipe eine mehr als nur ansprechende Flande

02.04.2018Am Koppenberg musste Tony Martin sein Rad schieben

(rsn) – Beim dritten Start fuhr Tony Martin (Katusha-Alpecin) mit Rang 63 sein bisher bestes Ergebnis bei der Flandern-Rundfahrt ein. Doch dafür konnte sich der viermalige Zeitfahrweltmeister, der

01.04.2018Politt: “Ich freue mich schon auf die kommenden Jahre“

(rsn) - Nicht John Degenkolb oder Tony Martin sorgten bei der 102. Auflage der Flandern-Rundfahrt für das beste Ergebnis der deutschen Starter. Vielmehr war es der Hürther Nils Politt (Katusha-Alpec

01.04.2018Highlight-Video der 102. Flandern-Rundfahrt

(rsn) - Der Niederländer Niki Terpstra (Quick-Step Floors) hat die 102. Flandern-Rundfahrt und damit das zweite Radsport-Monument seiner Karriere gewonnen. Der Paris-Roubaix-Sieger von 2014 entschied

01.04.2018Terpstra treibt die Liebe zur “Ronde“ zum großen Triumph

(rsn) - Niki Terpstra hat die zuletzt überragenden Klassikerauftritte von Quick-Step Floors mit seinem Triumph bei der 102. Flandern-Rundfahrt gekrönt. Der 33-jährige Niederländer sicherte sich na

Weitere Radsportnachrichten

16.11.2025Riman schnappt Oertzen den ersten UCI-Sieg weg

(rsn) – Nachdem er 2022 in Hittnau (C2) in der Schweiz zum erstmals erfolgreich war, hat Jakub Riman in Owocowy Przelaj zum zweiten Mal in seiner Karriere zugeschlagen. Der Tscheche stand in Polen z

15.11.2025Osborne wird in Abu Dhabi zum dritten Mal Esports-Weltmeister

(rsn) - Jason Osborne ist zum dritten Mal Esports-Weltmeister geworden. Der 31-Jährige Titelverteidiger holte sich in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) nach einem packenden Kampf letztlich sou

15.11.2025Klassikerqualitäten in den Dienst des Kollektivs gestellt

(rsn) – Vor seinem sechsten Jahr als Berufsradfahrer wechselte Johan Jacobs erstmals die Teamfarben: Vom spanischen Rennstall Movistar ging der Schweizer zur französischen Equipe Groupama – FDJ.

15.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

15.11.2025Nieuwenhuis auch durch Stürze und defekten Schuh nicht zu stoppen

(rsn) – Nach Siegen beim Exact Cross in Heerde und bei der X2O Badkamers Trofee in Lokeren hat Joris Nieuwenhuis (Ridley) auch in der Superprestige zugeschlagen. In Merksplas war der Niederländer b

15.11.2025Brand gewinnt auch zweites Superprestige-Rennen der Woche

(rsn) – Vier Tage nach ihrem Sieg bei der Superprestige in Niel hat Lucinda Brand (Baloise – Glowy Lions) in der Crossserie erneut zugeschlagen. In Merksplas reichte ihr eine Attacke zur Rennmitte

15.11.2025Diabetiker-Team Novo Nordisk kann langfristig planen

(rsn) – Das US-Team Novo Nordisk wird auch in den kommenden Jahren im Peloton vertreten sein. Wie der Zweitdivisionär meldete, sei der Vertrag mit dem Sponsor Novo Nordisk, der ursprünglich Ende 2

15.11.2025Brand peilt am Wochenende denkwürdiges Cross-Jubiläum an

(rsn) – Lucinda Brand (Baloise Glowi Lions) geht an diesem Wochenende auf Rekordjagd. Die 36-jährige Niederländerin will ihre imponierende Serie von 48 Podiumsplätzen in Serie ausbauen. Sollte si

15.11.2025Pogacar entscheidet sich im Training fürs EM-Trikot

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE – Team Emirates – XRG) ist aktueller Welt- und Europameister. Da das Regenbogentrikot höherwertiger als das des kontinentalen Titelträgers, wird es Pogacar in den Re

15.11.2025Kein neuer Vertrag mehr: Froome vor dem Karriereende?

(rsn) – Für den viermaligen Tour-de-France-Sieger Chris Froome deutet sich das Karriereende an. Wie sein Team Israel - Premier Tech auf Instagram bekanntgab, wird der 40-jährige Brite wie auch die

15.11.2025Schreiber gibt beim X2O-Cross in Hamme ihr Saisondebüt

(rsn) – Aufgrund mehrere Erkrankungen geriet Marie Schreibers Vorbereitung auf die Cross-Saison 2025/26 durcheinander. Die U23-Vizeweltmeisterin zog sich bei der Tour de l´Avenir Femmes eine Corona

15.11.2025Mit internationalen Erfolgen im Gepäck zum neuen Team

(rsn) - Für Dominik Röber (Benotti - Berthold) brachte die Saison 2025 seine erfolgreichsten internationalen Ergebnisse. Mit Platz zwei im Gesamtklassement und dem dritten Rang auf der letzten Etap

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)