Majerus und Van der Breggen nach Stürzen raus

Mit Fremdhilfe fährt Vos endlich zum Sieg in England

Von Felix Mattis aus Stoke on Trent

Foto zu dem Text "Mit Fremdhilfe fährt Vos endlich zum Sieg in England"
Marianne Vos (Rabo-Liv) war in Stoke on Trent nicht zu schlagen. | Foto: Cor Vos

18.06.2016  |  (rsn) - Nach dem Überqueren der Ziellinie saß Marianne Vos (Rabo-Liv) minutenlang auf ihrem Oberrohr, beugte sich über den Lenker nach vorne und rang nach Luft. Die Niederländerin hatte im Finale der 4. Etappe der Aviva Women's Tour in Stoke on Trent alles aus sich herausgeholt, um nach den Plätzen zwei, drei und fünf an den Vortagen endlich als Erste über den Zielstrich zu fahren - und zwar deutlich: Auf der ansteigenden, knapp 150 Meter langen Zielgeraden zog Vos von der Spitze weg durch und sprintete mit einigen Metern Vorsprung vor Leah Kirchmann (Liv-Plantur) und Emma Johansson (Wiggle-High5) über die Linie. Lisa Brennauer (Canyon-SRAM) wurde als beste Deutsche Fünfte.

"Ich bin natürlich sehr glücklich, jetzt gewonnen zu haben. Auf den ersten beiden Etappen war ich schon nah dran, aber nicht nah genug", erklärte die Ex-Weltmeisterin, der eine große Last von den Schultern zu fallen schien. Dass sie auf der 3. Etappe nicht folgen konnte, als Lizzie Armitstead (Boels-Dolmans), Elisa Longo Borghini (Wiggle-High5) und Ashleigh Moolman-Pasio (Cervelo-Bigla) am Berg davonfuhren, hatte Vos offensichtlich getroffen. Und auch diesmal musste sie das Trio sowie Johansson rund 20 Kilometer vor dem Ziel an der letzten Bergwertung ziehen lassen.

"Sie sind offensichtlich die besten Klettererinnen hier", gestand Vos dann auch ein. Allerdings ließ sich die 29-Jährige nicht demotivieren. Sie fand sich nach der Bergwertung in einer rund 15-köpfigen Verfolgergruppe wieder, in der zwar keine Teamkollegin mehr saß, dafür aber Liv-Plantur und Canyon-SRAM jeweils dreifach vertreten waren. "Sie wollten einen Sprint und haben deshalb die Verfolgung übernommen", konnte sich Vos glücklich schätzen, fremde Unterstützung zu bekommen.

Die vier Spitzenreiterinnen lagen noch an der Flamme Rouge vorne, doch auf dem ständig auf und ab führenden Schlusskilometer schloss Vos selbst mit Brennauer am Hinterrad die Lücke. Die Niederländerin zog voll durch und schoss schließlich auch als Erste um die letzte Kurve, um dann bergauf der Konkurrenz davon zu sprinten.

Zwar stellte die Jury keinen Zeitunterschied zwischen ihr und Kirchmann fest, aber durch die Bonifikationen an den Zwischensprints und im Ziel machte Vos trotzdem zwölf Sekunden in der Gesamtwertung gut und liegt nun noch deren 15 hinter Spitzenreiterin Armitstead. Dazwischen befinden sich Moolman-Pasio und Longo Borghini mit acht beziehungsweise zehn Sekunden Rückstand.

Brennauer ist 44 Sekunden hinter Armitstead Achte. Die Titelverteidigerin machte einen Platz gut, weil Christine Majerus (Boels-Dolmans) nach einem Sturz in der Anfangsphase zwar noch mit geprelltem Ellbogen bis ins Ziel fuhr, aber 2:45 Minuten einbüßte. Die Luxemburgerin wird zur Schlussetappe nicht mehr antreten, erklärte sie radsport-news.com am Abend: "Die Heilung geht vor."

Dass es in Stoke on Trent zum Sprint einer rund 20- statt vierköpfigen Gruppe kam, lag allerdings nicht nur an der Zusammenarbeit von Liv-Plantur, Canyon-SRAM und Vos, sondern auch an der Uneinigkeit bei den vier Ausreißerinnen. Denn obwohl Wiggle-High5 dort mit zwei Frauen vertreten war, schien Johansson und Longo Borghini die Gruppenkonstellation nicht zu gefallen.

"Die fehlende Kooperation von Wiggle war frustrierend", sagte Armitstead. "Ich dachte, es wäre auch in ihrem Interesse, bis zum Ziel zusammenzuarbeiten, um eine Chance auf den Etappensieg zu haben und auch Elisas Position im Gesamtklassement zu festigen. Aber das haben sie nicht getan."

Stattdessen attackierten die beiden immer wieder, um die vermeintlich endschnellere Armitstead abzuhängen. Johansson gestand später, dass das ein Fehler gewesen sei, der vor allem auf mangelnder Streckenkenntnis beruhte. "Wir wollten Elisa Zeit herausholen lassen, aber wenn wir gewusst hätten, dass der letzte Kilometer so hart ist, hätten wir vielleicht mit Ashleigh und und Lizzie besser zusammengearbeitet und hätten Elisa dann auf dem Schlusskilometer Vollgas fahren lassen", sagte die erfahrene Schwedin. Im Roadbook war das Finale zwar leicht wellig dargestellt, die Steilheit der Bergaufpassagen und auch der kurzen Zielgerade überraschte aber doch alle.

Während der Etappe prägten zunächst einige schwere Stürze das Bild, die dafür sorgten, dass Grace Garner (Nationalteam Großbritannien), Amelie Rivat (Poitou-Charentes), Laurel Rathbun (UnitedHealthcare) und auch Giro-Siegerin Anna Van der Breggen (Rabo-Liv) nicht ins Ziel kamen. Letztere schien zunächst mit Schürfwunden davongekommen zu sein, klagte abends allerdings über ein geschwollenes Knie - eine erste Diagnose stand noch aus.

Im weiteren Verlauf startete Emilia Fahlin (Ale Cipollini), wie bereits zwei Tage zuvor, wieder ein Solo und fuhr bis zu zwei Minuten heraus. Die Schwedin wurde dafür erneut mit dem Preis der kämpferischsten Fahrerin belohnt und gewann den zweiten Zwischensprint in Rocester, wurde aber im langen Anstieg zur ersten Bergwertung nach rund 90 der 119 Kilometer wieder gestellt. Dort drehten die Favoritinnen das Tempo auf und es kam zu den ersten, jedoch noch nicht erfolgreichen Vorstößen der Klettererinnen.

Fünf Kilometer später aber sorgte ein impulsiver Antritt von Moolman-Pasio dafür, dass sich die vierköpfige Gruppe absetzte, die beinahe auch die Etappe unter sich ausgemacht hätte. Am Ende aber strahlte Vos, obwohl sie am Berg nicht folgen konnte - und Armitstead bezeichnet die Niederländerin vor der weniger bergigen Schlussetappe von Northampton nach Kettering als größte Gefahr.

"Definitiv", bestätigte Armitstead radsport-news.com. "Es sieht nach einem Sprint aus und geht deshalb vor allem um Bonussekunden und eventuell Sekunden, die man auf der Linie noch verlieren kann. Elisa und Ashleigh sollte ich in den Anstiegen folgen und in den Sprints bezwingen können - die Gefahr kommt also von weiter hinten im Klassement."

Ob es in Kettering allerdings zu einem echten Massensprint zwischen den reinen Sprinterinnen kommt, ist fraglich. Der Schlusskilometer führt lange leicht bergauf, bevor erst die letzten 200 Meter flach sind. Im vergangenen Jahr setzte sich Majerus in der Steigung leicht ab, gewann mit zwei Sekunden Vorsprung und die Top 20 waren bereits zwölf Sekunden auseinander.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

04.07.2025Die Aufgebote für den 36. Giro d´Italia Women

(rsn) – Mit dem Giro d’Italia Women (6. – 13. Juli / 2.WWT) steht einen Tag nach dem Start der Tour de France der Männer die zweite Grand Tour der Frauen an. Die 36. Ausgabe der Italien-Rundfa

02.07.2025Giro d`Italia Women im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Erstmals bereits 1988 ausgetragen, zählt der Giro d`Italia Women zu den traditionsreichsten Rennen im Frauenkalender. Radsport-news.com blickt auf die letzten zehn Austragungen der aktuell

29.06.2025Ghekiere entthront in Belgien Kopecky

(rsn) – Die vorletzte Juniwoche ist auch in diesem Jahr den Nationalen Meisterschaften vorbehalten. Zunächst stehen die Wettbewerbe im Zeitfahren an, ehe am Wochenende die Straßenrennen folgen. W

28.06.20253 gegen 1 und doch verloren: Canyon unterliegt Koch

(rsn) – Wenn ein Team bei einem Meisterschaftsrennen fünf Kilometer vor dem Ziel zu dritt in einer vierköpfigen Spitzengruppe weit vor allen anderen Kontrahentinnen fährt und am Ende trotzdem nic

28.06.2025Niedermaier: “Muss ehrlich sein – Franzi war einfach stärker“

(rsn) – Das Straßenrennen der Frauen bei den Deutschen Meisterschaften 2025 in Linden ist zu einer wahren Hitzeschlacht geworden – und zu Demonstration der Stärke von Titelverteidigerin Franzisk

28.06.2025Lippert: “Mir fehlt halt einfach der Punch“

(rsn) - Das Ziel war es, den Titel zurückzuholen und das deutsche Meisterschafts-Quadruple vollzumachen. Doch dazu haben Liane Lippert (Movistar) bei der Deutschen Straßenmeisterschaft 2025 in Linde

28.06.2025Niewiadoma in Polen eine Klasse für sich

(rsn) – Die vorletzte Juniwoche ist auch in diesem Jahr den Nationalen Meisterschaften vorbehalten. Zunächst stehen die Wettbewerbe im Zeitfahren an, ehe am Wochenende die Straßenrennen folgen. W

28.06.2025Bauer ist Deutsche Meisterin der Juniorinnen

(rsn) – Leni Bauer (Junior Women RBW) ist die neue Deutsche Meisterin bei den Juniorinnen. Die Vorjahresachte setzte sich auf dem schweren Parcours in Linden nach 79 Kilometern im Zweiersprint vor M

28.06.2025Koch verteidigt in Linden ihren Meistertitel

(rsn) – Im Straßenrennen der Deutschen Meisterschaften in Linden nahe Kaiserslautern konnte sich nach 118,5 schweren Rennkilometern erneut die Vorjahressiegerin Franziska Koch (Picnic – PostNL)

28.06.2025Das DM-Rennen der Frauen im Stream

(rsn) – Auf dem 118 Kilometer langen Parcours in Linden in Rheinland-Pfalz wird bei der Straßen-DM der Frauen die Nachfolgerin von Franziska Koch (Picnic – PostNL) gesucht. SWR Sport bietet ab 14

28.06.2025Niewiadoma: “Erster Saisonteil nichts, worauf ich stolz sein könnte“

(rsn) - Katarzyna Niewiadoma (Canyon – SRAM - zondacrypto) will sich mit einem starken Auftritt bei den Polnischen Meisterschaften den richtigen Schwung für die Titelverteidigung bei der Tour de Fr

28.06.2025DM-Duell: Niedermaier legt vor, schlägt Lippert zurück?

(rsn) – Das erste Duell der beiden größten Favoritinnen für das DM-Straßenrennen von Linden am Samstag (ab 14:35 Uhr hier im Live-Ticker) ging am Vortag an Antonia Niedermaier (Canyon – SRAM â

Weitere Radsportnachrichten

04.07.2025Geht Groenewegen zu Unibet - Tietema Rockets?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

04.07.2025Statt dem Duell gegen Vingegaard erneut eine Pogacar-Show?

(rsn) – Im Grunde ist die Geschichte schnell erzählt: Seit 2021, also seit Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) und Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) gemeinsam die Tour de France bestri

04.07.2025Bauhaus will im ´Freestyle´ an die richtigen Hinterräder

(rsn) – Fünf Top-5-Platzierungen hat Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) bei seinen zwei Tour-de-France-Teilnahmen bislang ersprintet – drei 2023, zwei 2024. Im dritten Anlauf sollen noch ein paar

04.07.2025Teams packen zur Tour wieder Sondertrikots aus

(rsn) – Es ist inzwischen ein jährlich wiederkehrendes Ritual: Kurz vor der Tour de France präsentieren einige Mannschaften Sondertrikots für die drei Wochen in Frankreich. Weil zum Saison-Highli

04.07.2025Brilliert Milan bei seiner Premiere?

(rsn) – Der diesjährige Grand Départ bietet erstmals seit 2020 wieder den Sprintern die Chance, das Gelbe Trikot zu erobern, denn gleich in Lille stehen die Zeichen am Ende der 1. Etappe auf Masse

04.07.2025Die Aufgebote für den 36. Giro d´Italia Women

(rsn) – Mit dem Giro d’Italia Women (6. – 13. Juli / 2.WWT) steht einen Tag nach dem Start der Tour de France der Männer die zweite Grand Tour der Frauen an. Die 36. Ausgabe der Italien-Rundfa

03.07.2025“Misserfolge schärfen dich“: Roglic lacht seine Dämonen an

(rsn) – Zum siebten Mal in seiner beeindruckenden Karriere geht Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) bei der Tour de France an den Start. Die einzige deutsche Équipe im Peloton will von

03.07.2025Van der Poel sieht Chancen für eine erfolgreiche Tour

(rsn) – Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) gehört einmal mehr zu den Top-Stars, die bei der Tour de France an den Start gehen. Wirklich in Erscheinung treten konnte er in den letzten dre

03.07.2025Arndt hofft nach Wirbelbruch auf Comeback noch 2025

(rsn) – Nikias Arndt (Bahrain Victorious) wird am Samstag in Lille zwar nicht am Start der Tour de France stehen, doch einige Tage vor der Frankreich-Rundfahrt gibt es dennoch gute Neuigkeiten vom 3

03.07.2025Auch bei der 112. Tour wird die 3-Kilometer-Regel ausgeweitet

(rsn) - Die ASO wird auch bei der kommenden Tour de France die 3-Kilometer-Regel auf weitere ausgewählte Etappen ausdehnen. Dann werden die Fahrer bereits vier oder sogar fünf Kilometer vor dem Ziel

03.07.2025Neue GPS-Technologie wird auch bei Rad-WM in Ruanda eingesetzt

(rsn) – Nachdem sich erst wieder kürzlich einige Radprofis zu mangelnden Sicherheitsvorkehrungen beim erstmals ausgetragenen Copenhagen Sprint (1.UWT/1.WWT) kritisch geäußert hatten, dürfte eine

03.07.2025Tudor erweitert Partner-Portfolio prominent

(rsn) - Mit der Kreuzfahrtreederei MSC Cruises, einem der weltweit größten Anbieter für Vergnügungsreisen auf dem Meer, steigt kurz vor dem Start der Tour de France ein weiterer potenter Geldgeber

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Course de Solidarnosc (2.2, POL)
  • Sibiu Tour (2.1, ROU)