Cancellara gewinnt Tour-Auftakt in Lüttich

Scherbe zerschneidet Martins Traum von Gelb

Foto zu dem Text "Scherbe zerschneidet Martins Traum von Gelb"
Tony Martin (Omega Pharma-QuickStep) im Tour-Prolog von Lüttich. | Foto: ROTH

30.06.2012  |  Lüttich (dapd/rsn). Tony Martin (Omega Pharma-QuickStep) war restlos bedient. Nachdem der Zeitfahr-Weltmeister über den Zielstrich von Lüttich gerollt war, wollte er nur noch für sich alleine sein. Nichts sehen, nichts hören und am liebsten nur noch weg nach dem bitteren Auftakt der 99. Tour de France. Eine simple Glasscherbe hat seinen großen Traum vom ersten Gelben Trikot buchstäblich zerschnitten. Martin musste am Samstag im Prolog über 6,4 Kilometer in Lüttich nach der Hälfte der Strecke wegen eines Plattfußes das Rad wechseln und war mit 23 Sekunden Rückstand im Kampf um den ersten Tagessieg der Frankreich-Rundfahrt 2012 chancenlos.

Stattdessen legte sein großer Rivale Fabian Cancellara (RadioShack-Nissan) beim "Grand Depart" in 7:13 Minuten die mit Abstand schnellste Zeit auf dem Stadt-Parcours hin und verwies den britischen Tour-Favoriten Bradley Wiggins (Sky) und den Französischen Zeitfahrmeister Sylvain Chavanel (Omega Pharma-QuickStep/beide +0:07) auf die Plätze zwei und drei.

"Ich wollte um Gelb kämpfen, jetzt ist alles vorbei. Ich hatte den Platten schon am ersten Kreisverkehr bemerkt, als ich leicht weggerutscht bin. Ich musste das Rad wechseln, danach hatte ich keine Chance mehr. Das ist ein schwerer Schlag für die Moral", sagte Martin nach seinem 45. Platz.

Bester Deutscher war beim Auftakt der Erfurter Patrick Gretsch, der nach einer starken Vorstellung mit zwölf Sekunden Rückstand auf Rang sieben fuhr. Titelverteidiger Cadel Evans (BMC) startete dagegen mit einer recht schwachen Zeit von 7:30 Minuten in die Tour.

Als vierzehnter Deutscher in der Tour-Geschichte wollte Martin das Gelbe Trikot erobern. Dieses Ziel hatte er neben einem möglichen Gewinn des Olympischen Zeitfahrens bereits im Januar vor dem Saisonstart ausgegeben. Doch nun muss er weiter auf die Erfüllung seines Traumes warten. Vor vier Jahren hatte letztmals mit Stefan Schumacher ein deutscher Radprofi die Gesamtwertung der Tour angeführt, damals verlor der später als Doper überführte Schwabe allerdings nach zwei Tagen das begehrte Trikot wieder.

Um 16:58 Uhr war Martin im Regenbogentrikot des Weltmeisters von der Rampe gerollt, und zunächst lief auch alles nach Plan. Nach der ersten Zwischenzeit bei Kilometer 3,5 lag er noch gleichauf mit dem bis dato führenden Chavanel. Doch nur wenig später musste Martin den Arm heben und den Materialwagen heranholen. "Ich werde weiter kämpfen. Die beiden großen Zeitfahren kommen noch", versprach er.

Dagegen konnte sich Cancellara über eine makellose Fahrt freuen. „Ich habe mich heute daran erinnert, wie ich vor acht Jahren hier gewonnen habe und das war schon was ganz besonderes“, sagte der 31 Jahre alte Cancellara nach dem Rennen. „Wenn Du mit 23 gewinnst und es dir acht Jahre später noch mal gelingt, dann ist das eine ganz besondere Sache für mich, für meine Familie und besonders für mein Team. Mit dem heutigen Sieg ist eine ganze Menge Druck verschwunden. Aber wir alle wollen den Erfolg und das ist niemals einfach“, so der Berner, der nach seinem Schlüsselbeinbruch bei der Flandern-Rundfahrt lange brauchte, um wieder in Top-Form zu kommen und nun in Lüttich einen ungefährdeten Sieg feierte.

Auch für Wiggins lief am Samstag alles nach Plan. „Ich bin wirklich zufrieden, die Beine waren heute gut und ich bin ruhig und locker geblieben”, sagte Wiggins, der an der Zwischenzeit noch deutlich hinter Chavanel lag, im zweiten Streckenteil aber sechs Sekunden gutmachte und vor allem relativ viel Zeit auf seinen mutmaßlich großen Konkurrenten Cadel Evans (BMC) herausfuhr. „Das ist ein guter Start und die Hauptsache war, nicht zu stürzen und ohne Probleme durchzukommen – schön, so den ersten Tag hinter sich gebracht zu haben.“

Für Martin sprang bei Omega Pharma-QuickStep Chavanel eindrucksvoll in die Bresche. „Ich bin ein großartiges Rennen gefahren“, kommentierte der seit heute 33 Jährige seinen dritten Platz. „Ich bin schon seit Saisonbeginn gut in Zeitfahren. Ich wusste, dass die Spezialisten mich würden schlagen können, aber ich bin auf jeden Fall super glücklich. Für Tony tut es mir leid. Er war sehr stark und hätte mit Cancellara bis zum Schluss um den Sieg kämpfen können.“

Unterdessen schrieb Altmeister Jens Voigt (RadioShack-Nissan) ein Stück deutsche Radsport-Geschichte. Mit seinem 15. Tour-Start stieg er zum alleinigen deutschen Rekordhalter auf. Bisher hatte der 40-Jährige sich diese Ehre mit Erik Zabel geteilt. Und in 7:32 Minuten verkaufte sich Voigt ausgesprochen gut. "Wir haben uns die Aufnahmen von 2004 angeschaut, als ich Siebter geworden bin. Das hat mich sehr motiviert. Ich komme vielleicht nicht mehr so gut um die Ecken herum, aber ich habe alles gegeben", sagte Voigt. Mit der gleichen Zeit wurde sein Teamkollege, der zweimalige Tour-Zweite Andreas Klöden, gestoppt.

Gar schon zum 17. Mal hat der Amerikaner George Hincapie (BMC) die Frankreich-Rundfahrt in Angriff genommen, womit er nun alleiniger Rekordhalter vor dem Niederländer Joop Zoetemelk (16) ist. Hincapie war jahrelang Edelhelfer von Lance Armstrong und begleitete den Texaner bei all seinen sieben Tour-Siegen. Im vergangenen Jahr fuhr Hincapie an der Seite des späteren Siegers Evans.

 

Mehr Informationen zu diesem Thema

10.12.2013Die Queen schlägt Wiggins zum Ritter

London (dpa) - Bradley Wiggins ist im Londoner Buckingham-Palast von der Queen zum Ritter geschlagen worden. Zum Jahresbeginn war die jetzt vollzogene Zeremonie angekündigt worden. Deshal

29.11.2013Wiggins zahlte Froomes Tour-Präme mit einem Jahr Verspätung

(rsn) – Das Verhältnis zwischen Chris Froome und Bradley Wiggins gilt gelinde gesagt als nicht ganz spannungsfrei. Das belegt auch eine Episode aus dem neuesten Buch des britischen Journalisten Dav

17.12.2012Wiggins zur BBC Sports Personality of the Year gewählt

(rsn) – Bradley Wiggins (Sky) hat den prestigeträchtigsten Auszeichnung im britischen Sport gewonnen. Der Gewinner der diesjährigen Tour de France ist zur BBC Sports Personality of the Year gewäh

07.12.2012Wollte Wiggins die Tour verlassen?

(rsn) – Überraschende Offenbarung im Team Sky! Angeblich wollte Bradley Wiggins nachdem er ausgerechnet von seinem Teamkollegen Christoper Froome auf der 11. Etappe im Anstieg nach La Toussuire att

13.09.2012Hollywood will Wiggins´ Leben verfilmen

(rsn) – Die Geschichte des britischen Tour-de-France-Siegers Bradley Wiggins (Sky) könnte schon bald in einem Hollywood-Film festgehalten werden. Laut „Daily Express“ gibt es Pläne, das Leben

17.08.2012Alle weiteren Tour-Tests negativ

(rsn) – Fränk Schleck (RadioShack-Nissan) bleibt der einzige Fahrer, der bei der Tour de France 2012 positiv getestet worden ist. Wie der Radsport-Weltverband UCI am Nachmittag mitteilte, seien all

29.07.2012Greipels Gold-Traum geplatzt

(rsn) – Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt! „Ich bin schon enttäuscht, hatte mit mehr gerechnet. Im Finale lief das Rennen ganz anders als gedacht“, klagte Patrick Moster, der

28.07.2012Arndt & Co. zählen zu den Medaillen-Kandidatinnen

(rsn) – Im Olympischen Straßenrennen der Frauen zählen die deutschen Starterinnen zu den großen Medaillen-Kandidatinnen. 24 Stunden vor dem Start hat der Bund Deutscher Radfahrer sein endgültige

26.07.2012Hondo: Blitz-Comeback nach schwerem Tour-Sturz

(rsn) - Drei Tage nach seinem schweren Sturz auf der Abschlussetappe der Tour de France saß Danilo Hondo (Lampre-ISD) schon wieder im Rennsattel. Bei der Tour de Neuss belegte der 38-Jährige den vie

26.07.2012Gretsch: "Das hat Hunger auf mehr gemacht"

(rsn) – Bei seiner ersten Tour de France wusste Patrick Gretsch (Argos-Shimano) nicht nur in seiner Spezialdisziplin, dem Zeitfahren, zu überzeugen. Der 25 Jahre alte Erfurter mit Wohnsitz im Schwe

25.07.2012Christian Knees: "Der größte Moment meiner Karriere"

(rsn) – Bei seiner siebten Tour-Teilnahme hat Christian Knees (Sky) den vorläufigen Höhepunkt seiner Karriere erreicht. Der 31 Jahre alte Rheinbacher trug seinen Teil dazu bei, dass sein Kapitän

25.07.2012Greipel schlägt Sagan in Stiphout

(rsn) - Wie jedes Jahr starten die Stars der Tour de France direkt im Anschluss  bei kleinen Rennen und Kriterien und zeigen sich ihren Fans hautnah. Für die Fahrer lohnt es sich ebenfalls, da sie m

Weitere Radsportnachrichten

04.06.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die w

04.06.2025Tritt Almeida bei der Tour de Suisse in die Fußstapfen von Yates?

(rsn) – Das am 8. Juni beginnende 77. Critérium du Dauphiné kann mit dem letztjährigen Tour-de-Franc-Podium Tadej PoGacar (UAE – Emirates- XRG), Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) und Re

04.06.2025Vingegaard: “Muss besser sein als vor zwei Jahren“

(rsn) – Sowohl im vergangenen Jahr als auch in dieser Saison wurde Jonas Vingegaards Vorbereitung auf die Tour de France durch Stürze kräftig aus dem Tritt gebracht. Doch konnte der Kapitän von V

04.06.2025Bauhaus kommt nicht mehr an Groenewegen vorbei

(rsn) - Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) hat zum Auftakt der 31. Slowenien-Rundfahrt (2.Pro) knapp seinen ersten Saisonsieg verpasst. Der 30-jährige Kölner musste sich auf der 1. Etappe über 168,

04.06.2025Kanter: “Das war mein bisher erfolgreichster Giro“

(rsn) – Nach seinem vierten Giro d’Italia gönnte sich Max Kanter noch einen Tag “Sightseeing“ in der “Ewigen Stadt“. Am Sonntag hatte der XDS-Astana-Sprinter in Rom auf der abschließende

03.06.2025Kudus gibt in Slowenien Comeback nach vier Monaten

(rsn) - Merhawi Kudus wird am Mittwoch bei der Tour of Slovenia (2.Pro) ins Peloton zurückkehren. Der Eritreer, der am 2. Februar beim Grand Prix La Marseillaise in einer Abfahrt schwer gestürzt war

03.06.2025Evenepoel-Coach sieht seinen Schützling stärker als vor einem Jahr

(rsn) – Remco Evenepoel ist Anfang Juni 2025 vor seinem Start beim Critérium du Dauphiné (2.UWT) am kommenden Sonntag besser in Form, als Anfang Juni 2024. Das hat sein Trainer Koen Pelgrim in ein

03.06.2025Belgien schickt komplette Delegation zur WM nach Ruanda

(rsn) - Der Belgische Radsportverband wird an den Straßen-Weltmeisterschaften vom 20. bis 29. September in Ruanda in allen Kategorien - von Junioren und Juniorinnen über die U23 bis zur Elite - teil

03.06.2025Bauhaus in Slowenien Road Captain und Sprinter zugleich

(rsn) –18 Tage nach seinem krankheitsbedingten Ausscheiden bei der Ungarn-Rundfahrt (2.Pro) kehrt Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) am Mittwoch ins Renngeschehen zurück und will bei der fünftägig

03.06.2025Groenewegen und Großschartner die Favoriten für Sprint und Berg

(rsn) – Mit der Tour of Slovenia (2.Pro) beginnt am Mittwoch die erste der verschiedenen ´Vorbereitungs-Rundfahrten´ für die Tour de France. Das fünftägige Event, das bislang Mitte Juni ausgetr

03.06.2025Jakobsen hofft nur noch ganz leise auf den Tour-Start

(rsn) – Fabio Jakobsen (Picnic – PostNL) ist seit knapp zwei Wochen wieder auf dem Rad unterwegs und trainiert – zuletzt auch auf Teneriffa. Doch ob der 28-jährigen Niederländer, der Ende Mär

03.06.2025Gee: “Toll, dass es noch viel Verbesserungspotential gibt“

(rsn) – Zwei Jahre nachdem er als Ausreißerkönig mit vier zweiten Etappenplätzen zum Shootingstar des Giro d´Italia 2023 geworden ist, hat Derek Gee (Israel – Premier Tech) bei seiner zweiten

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour du Cameroun (2.2, CMR)
  • Mercan Tour Classic (1.1, FRA)
  • Tour of Lithuania (2.2, LTU)
  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)
  • Tour of Slovenia (2.Pro, SLO)