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17.06.2012 | (rsn) - Rui Costa (Movistar) hat auch am letzten Tag der 76. Tour de Suisse alle Attacken überstanden und als erster Portugiese die Tour-Generalprobe gewonnen. Ganze 14 Sekunden lag der 25 Jahre alte Allrounder nach neun Etappen vor dem Luxemburger Fränk Schleck (RadioShack-Nissan), dessen Attacken erneut wirkungslos verpufften. Titelverteidiger Levi Leipheimer (Omega Pharma-QuickStep) belegte diesmal mit 21 Sekunden Rückstand den dritten Platz.
„Das war ein sehr wichtiger Sieg für mich. Ich habe mich nach der gestrigen Etappe nicht so gut gefühlt, aber dank der Hilfe von Alejandro Valverde habe ich das Trikot verteidigt", kommentierte Rui Costa den bisher größten Erfolg seiner Karriere, den er im Ziel gemeinsam mit Valverde ausgelassen feierte. Der 32-jährige Spanier hatte sich selbstlos in den Dienst seines Teamkollegen gestellt und im Finale den Rückstand zu einer gefährlichen Ausreißergruppe um den Niederländer Steven Kruijswjik (Rabobank) entscheidend verkürzt.
Den Tagessieg auf der 9. Etappe, die über 216 Kilometer von Näfels-Lintharena nach Sörenberg führte, gewann der Este Tanel Kangert (Astana) im Sprint vor dem Franzosen Jérémy Roy (FDJ-Big Mat). Platz drei ging an den Italiener Matteo Montaguti (Ag2R), der sich auch das Bergtrikot sicherte. „Das ist mein erster Sieg als Profi und ich wollte ihn heute unbedingt. Unglaublich, dass es geklappt hat“, freute sich Kangert in einer ersten Reaktion im Ziel.
Bei erneut sommerlichen Temperaturen dauerte es auf der Königsetappe, die unter anderem über zwei Berge der Ehrenkategorie führte und mit einem Anstieg der 2. Kategorie endete, bis zum Kilometer 40, ehe sich nach nervösem Beginn und zahlreichen vergeblichen Attacken die Gruppe des Tages bildete. Dabei waren Kangert, Roy, Montaguti, sowie der Belgier Kris Boeckmans (Vacansoleil-DCM) und der US-Amerikaner Brent Bookwalter (BMC).
Keiner der Fahrer stellte für die Favoriten eine Gefahr dar, so dass die Gruppe ihren Vorsprung in der ersten, recht flachen Rennhälfte schnell ausbauen konnte – stolze zwölf Minuten wurden nach rund 115 Kilometern gemessen. Im Gesamtklassement bestplatzierter des Quintetts war Kangert mit 11:03 Minuten Rückstand auf Rui Costa, Roy hatte 11:51 Minuten mehr als der Portugiese auf seinem Konto. Montaguti hatte als Vierter der Bergwertung 21 Punkte seinem Konto und damit nur sieben weniger als der führende Schweizer Michael Albasini (Orica-GreenEdge).
Zu Beginn der zweiten Rennhälfte wartete mit dem 14 Kilometer langen Anstieg hinauf nach Glaubenbielen die erste Höchstschwierigkeit des Tages auf die Fahrer. Am Fuß des Berges der Ehrenkategorie hatte das Feld den Abstand auf acht Minuten reduziert, Montaguti sicherte sich auch diese Bergwertung, nachdem er bereits zuvor im ersten Anstieg des Tages nach Rengg (2. Kat.) sich die Maximalpunktzahl geholt hatte.
Die Favoriten belauerten sich bis in den zweiten HC-Berg des Tages hinein. Rund 46 Kilometer vor dem Ziel griff Fränk Schleck etwa in der Hälfte des ebenfalls 14 Kilometer langen Anstiegs hinauf zum Glaubenberg an. Der Spanier Mikel Nieve (Euskaltel) und der US-Amerikaner Thomas Danielson (Garmin-Barracuda) versuchten mitzugehen, konnte aber das Hinterrad des Luxemburgers nicht halten.
Dahinter folgten der Niederländer Robert Gesink (Rabobank), Rui Costa, der zwischenzeitlich schwächelnde Valverde und Leipheimer. Montaguti war auch der erste, der über den 1.543 Meter hohen Glaubenberg fuhr und sich damit das Bergtrikot der diesjährigen Tour de Suisse sicherte. An der Bergwertung 40 Kilometer vor dem Ziel hatte Schleck einen Vorsprung von gut rund 50 Sekunden auf die Gruppe um das Gelbe Trikot herausgefahren, zu dem in der Abfahrt zunächst auch noch Roche und Kruijswijk aufschließen konnten.
In der Anfahrt zum Schlussanstieg spannte sich Valverde vor seinen Kapitän und verringerte den Rückstand auf Schleck, der schließlich die Aussichtslosigkeit seines Unterfangens einsah und sich 20 Kilometer vor dem Ziel in die mittlerweile wieder auf rund 20 Fahrer angewachsene Gruppe zurückfallen ließ. Doch damit war für Rui Costa noch nicht alle Gefahr gebannt, denn kurz darauf griff der Däne Chris Anker Sörensen (Saxo Bank) an, gefolgt vom Schweizer Mathias Frank (BMC), dem Kroaten Robert Kiserlovski (Astana) und Kruijswijk, der als Achter des Gesamtklassements nur 1:01 Minuten Rückstand auf das Gelbe Trikot aufwies. Der Gesamtdritte des vergangenen Jahres gab auf den folgenden Kilometern alles, doch wieder war es Valverde, der den Rückstand zu dem Quartett begrenzte.
Die Spitzengruppe, die schon im Anstieg zum Glaubenberg zu einem Trio zusammengeschmolzen war - Boeckmans und Bookwalter konnten das Tempo nicht mehr mitgehen – hatte fünf Kilometer vor dem Ziel noch gut drei Minuten Vorsprung auf die Verfolger. Das schien Roy nicht zu reichen, denn der 28-Jährige attackierte und konnte zumindest Montaguti abschütteln. Kangert dagegen parierte Roys Vorstoß und gemeinsam jagten die beiden im moderaten Schlussanstieg dem Ziel entgegen. Schon früh zog der Astana-Profi den Sprint an und konnte sich mit zwei Sekunden vor Roy durchsetzen.
In der Favoritengruppe hatte Valverde rund drei Kilometer vor dem Ziel seine Arbeit getan und Rui Costa übernahm nun selbst die Führungsarbeit. Kurz darauf hatte er noch einen halbherzigen Angriff von Leipheimer zu parieren, dann war es geschafft, da auch die Kruijswijk-Gruppe auf dem Schlusskilometer in Sichtweite kam - die dann lediglich zwei Sekunden ihres Vorsprung ins Ziel retten konnte.
Rui Costa wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte. Er umarmte freudestrahlend Valverde, der sich nicht nur am Sonntag als effektiver Helfer erwiesen und seinem Teamkollegen schließlich den Gesamtsieg gesichert hatte. Bei der Tour de France dürfte die Rollenverteilung dann aber anders aussehen. Fränk Schleck war im Ziel zwar tief enttäuscht, doch wird er sich mit der Gewissheit trösten können, dass er rechtzeitig zum Saisonhöhepunkt in Topform gekommen ist.
„Ich denke, wir können sehr zufrieden sein“, zog Schleck dann aber doch ein positives Fazit seiner Tour-Generalprobe. „Ich habe nichts zu bedauern. Ich habe alles gegeben und versucht, den Sieg zu holen. Wir hatten nur eine Möglichkeit und die haben wir versucht zu nutzen“, erklärte er mit Blick auf seinen Angriff im vorletzten Berg des Tages. „Das war die einzige Stelle im Rennen, wo wir die Chance hatten, es zu gewinnen.“
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