Italiener gewinnt längste Giro-Etappe

Ferrari zündet in der letzten Kurve den Turbo

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Roberto Ferrari (Androni-Giocattoli) gewinnt die 11. Etappe des Giro d´Italia. | Foto: ROTH

16.05.2012  |  (rsn) – Vor wenigen Tagen wurde Roberto Ferrari (Androni-Giocattoli) noch distanziert und scharf kritisiert, weil er Mark Cavendish (Sky) im Finale der 3. Giro-Etappe "abgeschossen" hatte. Auf dem elften Teilstück schlug der 28 Jahre alte Italiener den Weltmeister aber mit fairen Mitteln.

Auf dem mit 255 Kilometern längsten Teilstück von Assisi nach Montecatini Terme setzte sich Ferrari in der Sprintentscheidung deutlich vor seinem Landsmann Francesco Chicchi (Omega Pharma-QuickStep) und dem Litauer Tomas Vaitkus (Orica-GreenEdge) durch. Cavendish musste sich mit Platz vier begnügen. Fünfter wurde mit Manuel Belletti (Ag2R) ein weiterer Italiener.

Eine starke Leistung zeigte erneut der Österreicher Daniel Schorn (NetApp), der nach seinem gestrigen fünften Platz heute Siebter hinter dem Italiener Giacomo Nizzolo (RadioShack-Nissan) wurde. Rang acht belegte U23-Weltmeister Arnaud Demare (FDJ-Big Mat). Platz neun sicherte sich der Schweizer Danilo Wyss (BMC).

Die Entscheidung am Ende eines langen und bis ins Finale hinein ereignislosen Tages fiel in der letzten Kurve, in der mehrere Fahrer stürzten, Ferrari innen an Cavendish vorbeizog, den vor ihm antretenden Vaitkus stehenließ und mit komfortablem Vorsprung über die Ziellinie jagte.

"Das ist der schönste Tag meines Lebens. Es ist ein Riesenerfolg, vor Mark Cavendish zu landen. Eine Etappe beim Giro zu gewinnen ist das Beste für einen italienischen Fahrer", strahlte Ferrari nach seinem bisher größten Sieg, der zugleich der zweite Tageserfolg für Androni-Giocattoli war, nachdem der Kolumbianer Miguel Angel Rubiano die 6. Etappe gewonnen hatte.

„Heute war ich wirklich stark und wollte in meiner Heimatregion unbedingt gewonnen”, erklärte Chicchi, der in Camaiore lebt. „Ich wollte was wirklich Gutes zeigen, aber in die letzte Kurve fuhr Modolo zu schnell hinein und stürzte. Ferrari war vorne und ich steckte dahinter fest. Als ich meinen Sprint anzog, war es etwas zu spät.“

„Wir waren uns nicht ganz sicher, wie Daniel mit dem schweren Anstieg auf der Zielrunde zurechtkommen würde. Aber die Vorbereitung der Mannschaft hat bestens geklappt und Daniel hat sauber vollendet“, lobte NetApp-Sportdirektor Jens Heppner seinen Sprint-Kapitän Schorn, der dem deutschen Zweitdivisionär die bereits sechste Top Ten-Platzierung bei diesem Giro sicherte.

Keine Änderungen gab es an der Spitze der Gesamtwertung. Der Spanier Joaquim Rodriguez verteidigte sein Rosa Trikot mit 17 Sekunden Vorsprung auf den Kanadier Ryder Hesjedal (Garmin-Barracuda). Dritter bleibt der Italiener Paolo Tiralongo (Astana/+0:32).

Weiter Boden verlor der Luxemburger Fränk Schleck (RadioShack-Nissan), der mit 46 Sekunden Rückstand mit der ersten Verfolgergruppe ins Ziel kam und im Gesamtklassement auf Rang 23 zurückfiel, 2:11 Minuten hinter Rodriguez.

 

Schon kurz nach dem scharfen Start der längsten Etappe des diesjährigen Giro setzten sich sechs Fahrer aus dem Feld ab: Der Österreicher Stefan Denifl (Vacansoleil-DCM), der Belgier Olivier Kaisen (Lotto Belisol), der Spanier Adrian Saez (Euskaltel), der Franzose Mickael Delage (FDJ-BigMat) sowie die beiden Italiener Simone Ponzi (Astana) und Manuele Boaro (Saxo Bank) bildeten aber keine Gefahr für die Klassementfahrer, weshalb sie das Feld ziehen ließ und ihnen bis zu fünf Minuten an Vorsprung gestattete.

Nach rund 100 Kilometern fiel Ponzi nach einem Defekt aus der Spitzengruppe heraus und verschwand bald darauf wieder im Feld. Bei vergleichsweise gemächlichem Tempo – der Schnitt betrug rund 37 km/h – und angenehmen Wetterbedingungen hatten die Verfolger den Rückstand zur Rennhälfte auf rund drei Minuten verkürzt. In der Folge hielt das Feld die Ausreißer an der kurzen Leine, fast 40 Kilometer lang schwankte er zwischen einer Minute und 30 Sekunden.

In der Anfahrt auf den Zielort sah man meist einen von Cavendishs Helfern an der Spitze des Feldes, das die Ausreißer nach einer zähen Verfolgung rund 30 Kilometer vor dem Ziel stellte. Doch Boaro wollte sich damit nicht zufrieden geben und attackierte kurz vor dem Zusammenschluss. Saez versuchte, an seinem Begleiter dranzubleiben, musste den Italiener aber ziehen lassen. Während der Baske 20 Kilometer vor dem Ziel endgültig gestellt war, baute der Dritte des Auftaktzeitfahrens seinen Vorsprung wieder auf fast eine Minute aus.

Zu Beginn der 14,4 Kilometer langen Schlussrunde spürte Boaro aber schon den Atem der Verfolger im Nacken und war kurz darauf gestellt. Im 3,3 Kilometer langen und bis zu acht Prozent steilen Anstieg in Vico attackierte Giovanni Visconti (Movistar) und zog Damiano Caruso (Liquigas-Cannondale), Oscar Gatto (Farnese Vini) und Angel Vicioso (Katusha) mit sich über die Bergwertung. Doch das von Liquigas angeführte Feld blieb dran und acht Kilometer vor dem Ziel war auch der Versuch des Italienischen Meisters vereitelt.

Auf den letzten sieben Kilometern schickte Cavendish seine Mannschaft nach vorn, die in beeindruckender Formationsfahrt mit gleich sechs Mann ihrem Kapitän den Weg ebnete. Doch die Teams der anderen Sprinter wie Saxo Bank, NetApp oder Orica-GreenEdge zeigten sich davon unbeeindruckt und machten Sky den Platz an der Spitze streitig.

Zwei Kilometer vor dem Ziel versuchte es der Italiener Alessandro Ballan (BMC) nochmals, doch der Ex-Weltmeister hatte keine Chance gegen die Sprinterzüge. Im mit zahlreichen Kurven versehenen Finale zog sich das Feld in die Länge und bis zur letzten Kurve 400 Meter vor dem Ziel lief alles planmäßig für Cavendish. Dann rutschte Sacha Modolo (Colnago CSF) weg und landete auf dem Asphalt, gefolgt von weiteren Fahrern.

Cavendish wurde durch den Sturz zwar nicht behindert, doch der 26 Jahre alte Brite wählte einen weiteren Weg als Ferrari, kam danach nicht mehr richtig in die Gänge und musste mit ansehen, wie sein Kontrahent seinen ersten Giro-Etappensieg einfuhr. Cavendish wartet zwar weiter auf seinen zehnten Tageserfolg bei einer Italien-Rundfahrt, übernahm dank Platz vier aber die Führung in der Punktewertung von Matthew Goss (Orica-GreenEdge), der im letzten Berg des Tages abgehängt worden war.

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