Gastbeitrag von Siegfried Fröhlich

Schadensersatz bei vorzeitiger Teamauflösung

Von Siegfried Fröhlich

Foto zu dem Text "Schadensersatz bei vorzeitiger Teamauflösung"
Sportrechtler Siegfried Fröhlich

03.11.2011  |  (rsn) – Die vorzeitige Auflösung von Rennställen hat für Radprofis oftmals unangenehme Folgen – das gilt in erster Linie natürlich für solche Fahrer, deren Verträge auslaufen. Wie aber gestaltet sich die Situation in Fällen noch gültiger Verträge? Jüngstes Beispiel ist das Team Leopard-Trek, das nach der Fusion mit RadioShack nur einem Teil seiner Fahrer Plätze in der neuen Mannschaft RadioShack-Nissan anbot. Andere Profis mussten den Rennstall verlassen und das, obwohl sie auf Verträge mit Laufzeit bis Ende 2012 verweisen konnten.

In einem Gastbeitrag auf Radsport news erklärt der Sportrechtler Siegfried Fröhlich die rechtlichen Zusammenhänge.

 Gerade im Radsport kommt es nicht selten vor, dass Teams ihre Fahrer über mehrere Jahre hinweg vertraglich binden, das Team sich dann aber vor Auslaufen des Vertrages auflöst. In diesem Fall gestaltet sich die Situation rechtlich wie folgt:

Der Fahrer hat vertraglich einen Anspruch auf Beschäftigung in Form von Radrennen sowie auf die vereinbarte Vergütung. Verliert das Team wegen Auflösung oder Fusion die Lizenz, kann es seiner vertraglichen Pflicht auf Beschäfigung nicht mehr nachkommen; juristisch ausgedrückt ist die Erfüllung des Vertrages unmöglich.

In dem Moment, in dem das Team dieser Verpflichtung auf Beschäftigung nicht mehr nachkommen kann – etwa im Fall von Leopard Trek am 31.12. 2011 - wandelt sich der vertragliche Anspruch des Fahrers auf Beschäftigung und Vergütung in einen Schadensersatzanspruch. Dem Fahrer ist derjenige Schaden zu ersetzen, der ihm konkret durch die Nicht-Erfüllung des Vertrages entsteht. Er ist so zu stellen, als wäre der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden. Sofern der Fahrer durch die Auflösung allerdings andere Einkünfte erzielt, muss er sich diese anrechnen lassen.

Beispiel: Ein Fahrer unterschreibt einen Zweijahresvertrag für 2011 und 2012 und verdient jährlich 100.000 EUR zzgl. einer festen Startprämie von 20.000 EUR für die Teilnahme an der Tour de France. Die Mannschaft löst sich Ende 2011 auf. Der Fahrer unterschreibt anschließend für 2012 bei einem Continental Team und verdient künftig jährlich 30.000 EUR. Dann hat der Fahrer gegen seinen alten Rennstall einen Anspruch auf die Zahlung des Differenzlohns, hier 70.000 EUR, sowie auf die Startprämie für die Tour-Teilnahme; denn diese Start-Möglichkeit besteht beim Continental Team nicht mehr.

Nicht selten schreiben sich Teams Klauseln in den Vertrag, dass bei Wegfall der Lizenz wegen Sponsorenrückzug der Vertrag ohne Zahlung eines Auflösungsschadens vom Team gekündigt werden kann. Diese Klauseln sind jedoch unwirksam, weil sie das wirtschaftliche Risiko allein auf den Fahrer verlagern. Der Fahrer wäre so unverhältnismäßig benachteiligt.

Insofern kann man auf den Punkt gebracht sagen: Bei Auflösung einer Mannschaft verlieren Fahrer, die noch Vertrag für das Folgejahr hätten, zumindest keine Zahlungsansprüche gegen Ihr Team. Aus dem Gehaltsanspruch wird ein Anspruch auf Schadensersatz.

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.04.2013„Verpfeifen“ sollen andere

(rsn) - Im Oktober 2008 wurde Stefan Schumacher beschuldigt, bei der Tour de France mit dem Medikament CERA gedopt zu haben. Viereinhalb Jahre danach muss sich der Nürtinger wegen der damaligen Vor

23.10.2012Die Folgen der Wahrheit

(rsn) - Ständige Leser meiner Blogs werden wissen, dass ich grundsätzlich kein Freund der Kronzeugenregelung im Sport bin. Dies fördert meines Erachtens das Denunziantentum und weniger den sauberen

24.09.2012Berufsfreiheit für „Radsport-Azubis“

(rsn) - Als Rechtsanwalt berate ich seit gut einem Jahrzehnt auch Sportler. Der dabei häufigste Fall der Rechtsberatung ist derjenige, dass mich ein Sportler mit halbwegs ausgehandeltem Vertrag konta

24.08.2012Armstrong über Komplizenbetrug gestolpert?

(rsn) - „Ex-Teamkollegen belasten Armstrong schwer“ – so war es Anfang Juli im Internet zu lesen. George Hincapie, Floyd Landis und andere ehemaligen Kollegen sollen gegenüber der amerikanische

18.07.2012RadioShack-Nissan: Wie einst Team Coast?

(rsn) - Als vor etwa einem Jahr die Fusion der Teams Leopard Trek und RadioShack verlautbart wurde, sprachen viele Experten vom Entstehen des besten Teams aller Zeiten. Einige Radsportkenner befürcht

02.04.2012Wer Scharia kann, kann auch Sport

(rsn) - Wieder einmal sorgt die Wiener Blutbank für Aufregung im Sport. Eine heimliche Tonbandaufzeichnung des ehemaligen Langläufers Christian Hoffmann von einer Urteilsberatung der NADA Österreic

01.02.2012UV-Behandlung - angeblich verboten

(rsn) - Seit einigen Tagen diskutiert der Sport über einen möglichen Blutdoping-Skandal. Ausgangspunkt der Spekulationen war ein Bericht der Journalistin Grit Hartmann im Deutschlandfunk am 11. Janu

Weitere Radsportnachrichten

20.05.2024Weitere Einschränkungen für die 16. Giro-Etappe drohen

(rsn) – Bereits in der vergangenen Woche wurde der Streckenverlauf der über den Stelvio führenden 16. Giro-Etappe entschärft. Wegen Lawinengefahr nahm RCS Sport die Überquerung des 2.757 Meter

20.05.2024Algerien: Peschges wird auf neutralisierter Etappe Dritter

(rsn) - Marcel Peschges hat dem Team Embrace The World auf der 9. Etappe der Algerien-Rundfahrt (2.2) die nächste Podiumsplatzierung beschert. Der 27-Jährige sprintete Peschges in Annaba hinter dem

20.05.2024Müller sprintet bei Paris-Troyes aufs Podium

(rsn) – Tobias Müller (rad-net Oßwald) hat bei Paris – Troyes (1.2) sein erstes UCI-Podium der Saison eingefahren. Der 20-Jährige musste sich in Troyes nach 180 Kilometern im Sprint nur dem Au

20.05.2024Die Tour im Blick: Hält sich Pogacar in dritter Giro-Woche zurück?

(rsn) – Spätestens seit seiner Vorstellung auf der Königsetappe des 107. Giro d’Italia bestehen keinerlei Zweifel mehr daran, dass nur noch ein Sturz oder eine Krankheit den Gesamtsieg von Tadej

20.05.2024Umbrailpass zu Beginn, steile Rampe zum Schluss

(rsn / ProCycling) – Nachdem sich die Teilnehmer des Giro am Vortag etwas Ruhe gönnen konnten, geht es auf der 16. Etappe mit aller Härte weiter. Die Fahrer werden mit gnadenloser Berggewalt konf

20.05.2024Nur Groenewegen in Tongeren schneller als Ballerstedt

(rsn) – Maurice Ballerstedt (Alpecin – Deceuninck) hat bei der Ronde van Limburg (1.1) nur knapp seinen ersten Profisieg verpasst. Der 23-jährige Berliner musste sich bei dem belgischen Eintagesr

20.05.2024Weniger Stürze mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz?

(rsn) - Der Radsport wird technologisch immer ambitionierter. Das betrifft etwa die Materialentwicklung. Fünf Ingenieure sitzen etwa bei Colnago ganzjährig daran, die Arbeitsgeräte von Tadej Pogaca

20.05.2024Bora - hansgrohe: In der dritten Giro-Woche alle für Martinez

(rsn) – Bisher läuft der 107. Giro d´Italia für Daniel Felipe Martinez (Bora – hansgrohe) voll nach Plan. Der Neuzugang aus Kolumbien hat sich bei der ersten Grand Tour des Jahres voll auf die

20.05.2024Quinn und Faulkner gewinnen US-Meisterschaften im Straßenrennen

(rsn) - Gianni Vermeersch (Alpecin – Deceuninck) hat sich bei einem Sturz im Verlauf des Port Epic eine Fraktur des Ellenbogens zugezogen, wie sein Team auf der Plattform X mitteilte. Der Belgier mu

20.05.2024Vollering will nach “großartigem Mai“ ihre Form weiter verbessern

(rsn) – Nachdem sie lange auf ihren ersten Saisonsieg hatte warten müssen, ist bei Demi Vollering (SD Worx – Protime) in Spanien der Knoten geplatzt. Innerhalb von gerade mal drei Wochen entschie

20.05.2024Mattheis: Nach acht Jahren Pause ein spätes Comeback

(rsn) – Sonderlich viele Kontinental-Jahre hat Oliver Mattheis (Bike Aid) noch nicht auf dem Buckel. Dies liegt auch daran, dass der heute 29-Jährige seine aktive Radsportkarriere in seiner zweiten

20.05.2024Geschke griff auf Königsetappe mutig nach Pogacars Bergtrikot

(rsn) - Simon Geschke (Cofidis) setzte auf der 15. Etappe von Manerba del Garda nach Livigno (Mottolino) zum großen Kampf um das Bergtrikot des Giro an. Am Ende musste er sich aber der schieren Kraf

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)