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17.10.2010 | (rsn) – Der Fall Alberto Contador sorgt für Diskussionen um das Anti-Dopingsystem. Der Toursieger aus Spanien war während der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt positiv auf Clenbuterol getestet worden. Der Radsportweltverband UCI hat aber auch mehrere Wochen nach der positiven B-Probe Contadors nationalen Verband noch nicht aufgefordert, ein Verfahren gegen den 27-Jährigen einzuleiten, sondern hält weitere Untersuchungen für nötig. Im Interview mit Radsport News führt der Sportrechtler Siegfried Fröhlich mögliche Gründe für das zögerliche Verhalten der UCI auf und erklärt, warum der Sport seiner Meinung nach eine von den Dachverbänden unabhängige Organisation benötigt, „die von der Beauftragung einer Kontrolle über deren Durchführung bis hin zum Sportstrafverfahren die Alleingewalt besitzt.“
Alberto Contador ist bei der Tour de France positiv auf Clenbuterol getestet worden. Die B-Probe hat das Ergebnis der A-Probe bestätigt. Warum läuft noch kein Dopingverfahren gegen den Toursieger?
Fröhlich: Ich vermute, dass dies einem Passus im Anti-Doping-Regelwerk der UCI geschuldet ist. Es gibt da eine Klausel, die grob besagt: Gibt der Sportler einen Verstoß zu und einigt sich mit der UCI über Strafe und Verfahrenskosten, dann beendet dieser Vergleich das Dopingverfahren. Nach allem, was man von Contador selbst erfahren hat, versuchte man wohl bei der UCI, so eine Einigung mit ihm zu finden.
Grundsätzlich gefragt: Was besagt das Reglement, wenn eine positive A-Probe vorliegt?
Fröhlich: Der Sportler erhält Gelegenheit, eine B-Probe zu beantragen. Wird durch die B-Probe das Ergebnis der A-Probe bestätigt, leitet die UCI den Fall an den nationalen Verband des Sportlers weiter mit der Bitte, ein Disziplinarverfahren einzuleiten.
Was halten Sie vom Vorgehen der UCI, die offensichtlich mit Contador in engem Kontakt steht und diesem nach eigenen Aussagen sogar Verhaltensmaßregeln und mögliche Erklärungen für den positiven Test an die Hand gibt?
Fröhlich: Das macht mich sprachlos, ist aber sicherlich der grundsätzlichen Situation geschuldet: Kann ein Verband, der an der Tour de France mitverdient, überhaupt ein Interesse daran haben, dass das Gelbe Trikot des Dopings überführt wird? Die UCI soll sozusagen ihre mittelbaren Geldbeschaffer selbst kontrollieren. Wenn hier kein Interessenskonflikt besteht, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Ist es Zufall, dass ausgerechnet die von der AFLD kontrollierte 2008er Tour die letzte mit nennenswerten Überführungen war? Brecht würde sagen: Nur die dümmsten Kälber wählen ihren Metzger selbst.
Contador bestreitet Doping, macht verunreinigtes Rindfleisch für den positiven Test verantwortlich. Ist das glaubhaft und spielt es überhaupt eine Rolle angesichts der positiven Proben?
Fröhlich: Bis zum Freitag hätte ich gesagt: Nein, das ist nicht glaubhaft und nein, es spielt keine Rolle, da er es nicht wird beweisen können. Aber jetzt wissen wir, dass sich ein Tischtennisspieler erfolgreich auf verunreinigtes Fleisch aus China berufen konnte – vorbehaltlich der Reaktion der WADA. Immerhin sollen bei allen Mannschaftskollegen des Tischtennisspielers Clenbuterol-Spuren gefunden worden sein.
Also müsste man Contador jetzt raten, darauf zu bestehen, dass alle eingefrorenen Dopingkontrollen seiner Teamkollegen im fraglichen Zeitraum intensiver als bisher auf Clenbuterol nachuntersucht werden. Und wenn seine Kollegen nicht kontrolliert wurden oder die Proben verloren gingen, dann hat er wohl Glück gehabt – denn so wurde ihm die Möglichkeit des Beweises der Unschuld genommen. Möglich scheint vieles zu sein.
Der nachgewiesene Wert ist verschwindend gering. Sollte man nicht auch für Clenbuterol – wie etwa auch für das Steroidhormon Nandrolon – Grenzwerte einführen?
Fröhlich: Im Gegensatz zu Nandrolon ist Clenbuterol wohl ein Arzneistoff, den der menschliche Körper nicht selbst produziert und daher stets exogen zugeführt werden muss. Grenzwerte sollte man nur da zulassen, wo eine körpereigene Produktion nachgewiesen ist. Zudem gäbe es bei Zulassung eines Grenzwertes die Diskussion, wie hoch dieser sein darf. Schließlich würde ein Sportler, der nur minimal über einem solchen Grenzwert liegt, die gleichen Argumente bringen wie jetzt Contador.
Wie ist die UCI in früheren, vergleichbaren Fällen verfahren?
Fröhlich: Das ist ja die Krux: Wir wissen nicht, wie oft die UCI damit konfrontiert wurde. Denn für das eigentliche Sportstrafverfahren ist nicht die UCI, sondern ein nationaler Verband verantwortlich. Der aber kriegt von der UCI erst die Meldung über den positiven Fall. Bei den nationalen Verbänden wurden allerdings meist Sperren von 24 Monaten ausgesprochen, teilweise jedoch zur Bewährung. So einen Fall gab es in Deutschland im Jahr 2006.
Viel interessanter ist aber wohl die Zweijahressperre gegen einen polnischen Kanuten durch das IOC bei den letzten Olympischen Spielen – passenderweise fanden die in China statt. Gerade diesem Kanuten wird die Entscheidung des deutschen Tischtennisverbands wohl schwer im Magen liegen.
Kommt Ihnen der Fall Contador mit all seinen Begleiterscheinungen „spanisch“ vor?
Fröhlich: Er deckt einmal mehr die Lücken im System auf. Es ist ein Unding, dass ein Fachverband, ganz gleich ob Radsport, Fußball oder Tischtennis, die Disziplinargewalt bei Dopingverstößen inne hat. Es bringt nichts, wenn die Kontrollen von Dritten wie WADA oder NADA durchgeführt werden, aber das so genannte Ergebnismanagement zunächst bei den Verbänden liegt.
Man stelle sich vor, die Steuerfahndung würde ihre Ermittlungsergebnisse einem betroffenen Unternehmen mitteilen und sagen: Jetzt schaut mal selbst drüber, ob ihr ein Verfahren einleitet oder nicht. Wir brauchen eine von den Dachverbänden unabhängige Organisation, die von der Beauftragung einer Kontrolle über deren Durchführung bis hin zum Sportstrafverfahren die Alleingewalt besitzt.
Diese Forderung beruht ja nicht nur auf dem Misstrauen wegen der Interessenskonflikte. Ich kann nämlich mir nicht vorstellen, dass kleine Verbände wie etwa der Deutsche Bogensportverband allein die finanziellen Mittel haben, sich in derartigen Angelegenheiten finanziell und rechtlich ausreichend abzusichern. Wir dürfen ja nicht vergessen: Fast jeder mit Doping in Verbindung gebrachte Sportler droht fast schon reflexartig mit Schadensersatzansprüchen gegen seinen Verband.
Nehmen wir den Fall Pechstein: Hier schlug sich die DESG schnell auf die Seite Pechsteins. Aber hatten die überhaupt eine andere Wahl? Was wäre im Fall eines Freispruchs finanziell auf die DESG zugekommen, wenn man sich frühzeitig gegen Pechstein gestellt hätte. Da kann es für einen Verband um existenzgefährende Ansprüche gehen. Daher muss schnell Schluss sein mit der Disziplinargewalt der Fachverbände in Doping-Verfahren.
Wie wird der Fall Contador Ihrer Meinung nach ausgehen?
Fröhlich: Das ist ohne Akteneinsicht schwer zu beurteilen. Aber ganz gleich, was UCI und der spanische Verband beschließen: Die WADA wird die Sache vor den CAS bringen und dort dürfte es auf eine Sperre von nicht unter einem Jahr hinauslaufen. Es dürfte wohl entscheidend sein, inwieweit man ein Verschulden Contadors einschränkt – zum Beispiel durch kontaminiertes Fleisch.
Könnte die einjährige Sperre für den italienischen Radprofi Alessandro Colo für das gleiche Vergehen ein Fingerzeig sein?
Fröhlich: Mit Sicherheit. Das CONI hat sich in den letzten Jahren wirklich nicht zimperlich gezeigt. Ich würde sagen, dass nirgends derart rigoros vorgegangen wird wie in Italien. Übrigens: Das CONI ist eben kein nationaler Fachverband. Wenn nun aber das CONI eine Fleischkontaminierung für glaubwürdig erachtet, dann braucht man sich in Spanien für den gleichen Glauben sicher nicht schämen.
Die Fragen an Siegfried Fröhlich stellte Matthias Seng.
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