RSNplusTour de France wie in alten Zeiten

170-km-Flucht: Van der Poel und Rickaert entflammten die Herzen

Von Tom Mustroph aus Chateauroux

Foto zu dem Text "170-km-Flucht: Van der Poel und Rickaert entflammten die Herzen "
Mathieu van der Poel (Alpecin - Deceuninck, vorn) und sein Teamkollege Jonas Rickaert auf der 9. Tour-Etappe | Foto: Cor Vos

13.07.2025  |  (rsn) - Vom Start weg stiefelten Jonas Rickaert und Mathieu van der Poel vom Team Alpecin – Deceuninck davon. Anfangs dachten viele, der Niederländer hatte die Initiative ergriffen, um sich die 20 Punkte beim auf dieser 9. Tour-Etappe sehr früh platzierten Zwischensprint zu holen.

Niklas Märkl von Team Picnic - PostNL ging es zum Beispiel so. “Als van der Poel und Rickaert rausgefahren sind, habe ich mir zuerst gedacht: Die beiden machen es schlau, fahren zum Bonussprint und lassen sich dann wieder einholen“, meinte der Deutsche im Ziel gegenüber der ARD. Märkl und all die anderen sahen sich aber spätestens dann getäuscht, als das Duo nach Passieren der weißen Linie weiter durchzog.

“Nein, ich habe nicht aufs Grüne Trikot geschielt“, erläuterte van der Poel im Ziel. Er und sein belgischer Teamkollege hatten Anderes im Sinn. Größeres, wie Head of Performance Kristof de Kegel nach packenden 174 Kilometern von Chinon nach Chateauroux RSN erzählte: “Der Enthusiasmus, um heute etwas Verrücktes zu machen, war heute Morgen im Bus schon da, so viel kann ich verraten.“

___STEADY_PAYWALL___ Das “Große“ war im Vergleich zum Grünen Trikot zumindest ergebnismäßig gar nicht so groß. Es trug aber dennoch heroische Züge. “Ich wollte immer auf dem Tour-Podium stehen. Das war ein Traum von mir. Ich habe es dann auch Mathieu gesagt, eigentlich mehr als Witz. Es sieht aber so aus, als hätte er es ernst genommen“, sagte der 31-jährige Rickaert grinsend in der Mixed Zone.

800 Meter vor dem Ziel der 9. Tour-Etappe wurde Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) nach einer Flucht von fast 174 Kilometern gestellt. | Foto: Cor Vos

Der ein Jahr jüngere van der Poel hatte das tatsächlich als Arbeitsauftrag für den neunten Tour-de-France-Tag angenommen. “Sein Traum ist es, einmal bei der Tour auf dem Podium zu stehen. Ich wollte ihm helfen, den Preis für den Kämpferischsten Fahrer zu bekommen. Ich hoffe, dass die Jury das heute respektiert“, sagte der Ex-Weltmeister. Die Jury parierte dann auch, obwohl van der Poel am Ende einige Kilometer mehr allein gefahren war.

Fast hätte es auch noch als Sahnehäubchen den Etappensieg gegeben. “Etwa 15 Kilometer vor dem Ziel haben wir tatsächlich begonnen, daran zu glauben“, erzählte Rickaert später. Und hätte das Peloton wegen einer Windkante nicht noch mal stärker Fahrt aufgenommen, wer weiß, vielleicht wären die beiden sogar durchgekommen. Van der Poel jedenfalls fehlten am Ende 800 Meter. “Chapeau. eine fantastische Leistung“, gratulierte de Kegel gegenüber RSN beiden Fahrern – und sagte, dass er selbst gespannt sei auf die Daten ihrer Leistungsmesser.

“Wir haben eine gute Show geliefert“, bilanzierte auch van der Poel nach seinen fast gut 173 Fluchtkilometern. “Schade, dass wir es nicht vollenden konnten“, meinte er allerdings auch. Am Ende waren beide am Ende ihrer Kräfte. “Viel geredet haben wir nicht. Zum Schluss habe ich ihm gesagt, dass ich kaputt bin. Er meinte, dass wir einander brauchen. Aber ich war letztendlich einfach leer“, beschrieb Rickaert die letzten Kilometer. “Wir waren beide am Limit. Es war ein sehr schwerer Tag. Die Straßen waren für ein Duo nicht sehr hilfreich und auch der Wind war gegen uns“, meinte auch van der Poel.

Jonas Rickaert wurde schon einige Kilometer vor seinem Teamkollegen eingefangen. Der Belgier wurde nach der Etappe als Kämpferischster Fahrer ausgezeichnet. | Foto: Cor Vos

Ganz so schätzte es sein Teamchef Christoph Roodhooft nicht ein. Er war zwar auch am Ende etwas enttäuscht, dass der ganz große Coup dann doch nicht gelandet werden konnte, aber er wertete den Wind zumindest eine Zeit lang, so lange er von hinten blies, doch als Hilfe. “Sie hatten den Wind 130 Kilometer mehr oder weniger in ihrem Vorteil. Man hofft immer, man weiß aber auch, dass es nicht wirklich realistisch ist“, beschrieb er seine Überlegungen vom Teamfahrzeug aus.

Am Ende waren sich aber alle einig, dass van der Poel und Rickaert eine gigantische Vorstellung abgeliefert hätten. “Ich glaube, die beiden haben heute viele Herzen entflammt“, meinte de Kegel. Und Rickaert selbst bemerkte: “Jeder Sportliche Leiter, der zum Schluss an mir vorbeigefahren ist, hat mir einen Daumen gezeigt. Ich denke, wir haben eine gute Show abgeliefert.“

Alpecin-Duo inspiriert von zwei Franzosen

Genauso etwas braucht diese Tour de France auch: Initiativen, Versuche, etwas Ungewöhnliches zu machen. Inspiriert war die Alpecin-Crew übrigens vom TotalEnergies-Duo Matteo Vercher und Mathieu Burgaudeau. Die beiden waren auf der 8. Etappe vorn gewesen.

“Wir haben im Bus darüber gesprochen. Sie haben zumindest etwas probiert. Die wussten auch vorher schon, dass es quasi unmöglich war zu gewinnen. Trotzdem haben sie es probiert. Manchmal ist es auch wertvoll etwas auszuprobieren, was eigentlich nicht der Plan war. Gerade hier bei der Tour“, meinte Teamchef Roodhooft.

Gut ist, wenn sich die großen Teams von den Kleinen mal was abschauen. Das belebt auf alle Fälle die Tour. Zu befürchten allerdings ist, dass sich der immer lernbereite Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) ein Beispiel daran nimmt und mit einem Teamkollegen, der auch mal auf dem Siegerpodest einer Etappe stehen will, bei Kilometer Null losfährt. Beim Slowenen ist es gut möglich, dass er dann auch die Etappe gewinnt. Das wiederum wäre angesichts seiner Palmares Langeweile pur.

Mehr Informationen zu diesem Thema

12.11.2025Arensman: “Letztendlich ist Radsport nur eine Nebensache“

(rsn) – Bei der vergangenen Tour de France feierte Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) die bisher größten Erfolge seiner Karriere. Aber nicht die auf der 14. Und 19. Etappe eindrucksvoll herausgef

04.11.2025Wellens erzählt von Pogacars Knieproblemen bei der Tour

(rsn) – Tim Wellens hat in einem Interview mit der französischen Sporttageszeitung L´Equipe konkreter über die Schwierigkeiten von Teamkollege Tadej Pogacar in der Schlusswoche der Tour de France

11.08.2025Gianetti: “Pogacar zu sein ist schön, aber nicht einfach“

(rsn) – Mauro Gianetti, der Teamchef von UAE – Emirates – XRG hat sich zum kommenden Rennkalender und zum Vuelta-Verzicht von Tadej Pogacar geäußert. Am Ende der Tour de Pologne sagte er gege

03.08.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrerinnen / 9. Etappe

(rsn) - 154 Profis aus 22 Teams sind am 26. Juli im westfranzzösischen Vannes zur 4. Tour de Frances Femmes (2.WWT) angetreten, darunter sieben Deutsche, sechs Schweizerinnen und drei Österreicheri

31.07.2025Pogacar “langweilte“ sich in der zweiten Hälfte der Tour

(rsn) – Neben dem Gelben und dem Gepunkteten Trikot sicherte sich Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) bei der Tour de France 2025 vier Etappensiege. Den letzten davon feierte der Slowene ab

30.07.2025Häuslicher Unfall: Vauquelin bricht sich den Knöchel

(rsn) – Spätestens mit seinem siebten Platz bei der 112. Tour de France hat Kevin Vauquelin (Arkéa – B&B Hotels) auch international seinen Bekanntheitsgrad deutlich erhöht. Die Freude über das

29.07.2025Zwei Tage nach der Tour: Aldag verlässt Red Bull - Bora - hansgrohe

(rsn) – Rolf Aldag und Red Bull – Bora – hansgrohe gehen ab sofort getrennte Wege. Das kündigte der deutsche WorldTour-Rennstall überraschend zwei Tage nach Ende der Tour de France an, bei der

28.07.2025Lipowitz: “Manchmal ist der Sportchef nicht glücklich mit mir“

(rsn) - Nur Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe) konnte in den Bergen der Tour de France ansatzweise mit Tour-de-France-Sieger Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) und dem Zweitplat

28.07.2025Im Überblick: Alle Gelbe Karten bei der 112. Tour de France

(rsn) – Drei Tage hat es gedauert, bis die UCI-Jury bei der Tour de France 2025 zum ersten Mal hart durchgegriffen und Gelbe Karten verteilt hat: Im Sturzchaos von Dünkirchen bestraften die Kommiss

28.07.2025Angst, natürlicher Schwund und finanzielle Ungleichheit

(rsn) – Die Tinte in den Radsport-Geschichtsbüchern ist gerade erst getrocknet: Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) hat bei der Tour de France 2025 im direkten Duell mit seinem großen Widersa

28.07.2025Vingegaards “merkwürdige Tour“ endet auf Platz zwei

(rsn) – Das große Ziel hat Visma – Lease a Bike bei dieser Tour de France verfehlt. Jonas Vingegaard musste in Paris mit der zweiten Stufe auf dem Podium vorliebnehmen, der ewige Rivale Tadej Po

28.07.2025Montmartre wirklich einmalig? Prudhomme zieht Tourmalet-Vergleiche

(rsn) – Es sollte etwas Besonderes werden. Immerhin gab es ja auch einen runden Geburtstag zu feiern. Vor 50 Jahren endete die Tour de France erstmals in Paris auf den Champs-Élysées, Ex-Telekom-T

Weitere Radsportnachrichten

18.11.2025Almeida bleibt bei UAE - Gaviria vor Wechsel zu Caja Rural?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

18.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

18.11.2025Zwischen Abitur, DM-Medaillen und WorldTour-Einsätzen

(rsn) - In der Juniorenklasse gehörte Paul Fietzke zu den weltweit besten Fahrern. Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften, der Deutsche Meistertitel auf der Straße sowie Siege bei internati

17.11.2025Lipowitz will nicht zum Giro und hofft auf Tour-Doppelspitze

(rsn) – Mit Blick auf ihre Meriten bei der Tour de France befinden sich Florian Lipowitz und Remco Evenepoel in ähnlichen Sphären. Doch was ihren Charakter angeht, könnte das Duo, das im Sommer n

17.11.2025Nach Platz 1 und 3 im Prolog gibt´s schon den ersten Ruhetag

(rsn) - Robert Müller ist wieder auf Achse. Wer seine Berichte aus den unterschiedlichsten Ecken der Radsport-Welt – von Südamerika bis Asien – kennt, weiß: Wenn "Radbert" unterwegs ist, wird e

17.11.2025ASO spricht sich gegen Ticket-Einnahmen aus

(rsn) – In der Debatte um die zukünftige Finanzierung des Radsports hat die Großmacht ASO, die neben der Tour de France weitere entscheidende Rennen im WorldTour-Kalender und den ebenen darunter o

17.11.2025Road Captain will auch “persönliche Freiheiten“

(rsn) – Von den noch aktiven Profis ist Kim Heiduk der letzte Deutsche, der aus einem einheimischen KT-Team, nämlich Lotto – Kern Haus, den Wechsel ins Lager der Berufsradfahrer geschafft hat. Ei

17.11.2025Ferrand-Prévot plant zwei Saisonhöhepunkte

(rsn) – Mit dem Tour-de-France-Sieg in der Tasche und einer Knöchel-OP, die noch ein paar Wochen Pause mit sich bringen wird, geht Pauline Ferrand-Prévot in den Winter und ins neue Jahr. Und damit

17.11.2025Chancen genutzt, doch für den Sieg hat es nicht gereicht

(rsn) – Vor seinem letzten U23-Jahr entschied sich der junge Österreicher Sebastian Putz für einen Wechsel. Er schloss sich dem Team Red Bull - Bora – hansgrohe Rookies an, um sich dort für zuk

17.11.2025Prag buhlt um den Grand Depart

(rsn) – Die Liste an kommenden potenziellen Tour-Starts in den kommenden Jahren wird immer länger. Auch Tschechien hat sich jetzt mit Prag in Stellung gebracht und ASO-Chef Christian Prudhomme bei

16.11.2025Kein Highlight, aber einige Male nah dran am Sieg

(rsn) – Die erste Saison, in der sich Alexandre Balmer (Solution Tech – Vini Fantini) komplett auf die Straße fokussierte, begann für den 25-Jährigen denkbar unglücklich. Bei der Trofeo Laigue

16.11.2025Oertzen fährt bei Garneks Überraschungssieg nächstes Podium ein

(rsn) – Einen Tag nach seinem zweiten Platz in Owocowy Przelaj (C2) hat Max Heiner Oertzen (Radsport Nagel) in Wladyslawowo-Cetniewo (C2) den nächsten Podiumplatz eingefahren. Beim Überraschungser

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)