UCI gibt Franzosen die Schuld für Philipsens Sturz

Coquard mit feuchten Augen: “Bin kein schlechter Mensch“

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Coquard mit feuchten Augen: “Bin kein schlechter Mensch“"
Bryan Coquard (Cofidis) | Foto: Cor Vos

08.07.2025  |  (rsn) – Bryan Coquard konnte einem nach der 3. Etappe der Tour de France in Dünkirchen wirklich leidtun. Wie ein Häufchen Elend stand der 33-jährige Franzose vor dem Mannschaftsbus seiner Cofidis-Equipe und stellte sich den Fragen der Journalisten. Schon allein dafür musste man dem Sprinter aus Saint-Nazaire Respekt zollen.

Coquard hatte einen furchtbaren Tag hinter sich: Erst kollidierte er beim Beschleunigen für den Zwischensprint in Isbergues 60 Kilometer vor dem Ziel mit dem Belgier Laurenz Rex (Intermarché – Wanty), rutschte dabei aus dem Pedal und kippte nach links, wo er so den Sturz von Jasper Philipsen (Alpecin – Deceuninck) auslöste, der anschließend mit mehreren Knochenbrüchen im Grünen Trikot aufgeben musste.

Dann kassierte der Franzose wenige Sekunden später eine verbale Abreibung von Philipsens Teamkollegen Jonas Rickaert und schließlich wurde er 300 Meter vor dem Ziel der Etappe auch noch Opfer einer von Danny van Poppel (Red Bull – Bora – hansgrohe) ausgelösten Kettenreaktion und stürzte mit einem spektakulären Salto bei Höchstgeschwindigkeit selbst hart auf den Asphalt.

Und als Krönung bestrafte die UCI-Jury ihn am Ende auch noch für "irreguläres Sprinten am Zwischensprint" mit einer Geldstrafe von 500 Schweizer Franken, dem Abzug von 13 Zählern in der Punktewertung sowie einer Gelben Karte. Damit stellten die Kommissäre unmissverständlich klar, dass ihrer Meinung nach Coquard die Schuld am Aus von Philipsen trug.

Dass der Franzose davon schon wusste, als er sich vor die Mikrofone stellte, ist unwahrscheinlich. Trotzdem aber nahm er die Schuld offenbar bereits auf sich, obwohl ihn einige Kollegen und selbst Alpecin-Teammanager Philip Roodhooft davon freigesprochen hatten.

Roodhooft: "So etwas kann passieren"

Denn während Rickaert Coquard direkt hart angegangen war und nach der Etappe gegenüber Sporza auch noch hinterfragt hatte, ob Coquard als angeblich chancenloser Fahrer in der Punktewertung am Zwischensprint überhaupt mitsprinten sollte, sagte Roodhooft zu Sporza: "Es gibt einen Unterschied zwischen Ursache und Schuld. Natürlich wird gesprintet, wenn irgendwo ein Strich gezogen wurde. Und dann kann so etwas passieren."

Damit ordnete er den Vorfall quasi als normalen Rennunfall ein, und auch der Mann im Gelben Trikot, Mathieu van der Poel, widersprach seinem Teamkollegen Rickaert in gewisser Weise: "Jeder hat das Recht, am Sprint teilzunehmen. Es ist immer hektisch und jeder sprintet um Punkte. In den Wochen zwei und drei werden nur noch drei Fahrer sprinten, aber noch mal: Jeder hat das Recht, am Sprint teilzunehmen."

Coquard versucht, die Szene zu erklären

Diese Aussagen dürften Coquard am Abend womöglich etwas getröstet haben, doch direkt nach der Zielankunft war er nicht nur aufgrund seines eigenen Sturzes im Finale am Boden zerstört. "Sie können sich sicher vorstellen, dass es kein gutes Gefühl ist, das Grüne Trikot zu Fall gebracht zu haben. Ich habe mir inzwischen die Bilder angesehen. Ich weiß wirklich nicht, was da passiert ist", sagte er und versuchte, die Situation zu schildern:

"Milan ist losgesprintet und vielleicht hat mein Vorderrad sein Schaltwerk berührt. Oder vielleicht war es Rex, der mich aus dem Gleichgewicht gebracht hat - ich weiß es wirklich nicht. Ich wollte ihn (Philipsen) aber selbstverständlich nicht zu Fall bringen. Ich wollte keine Risiken eingehen. Ich war einfach an Milans Hinterrad und dann fuhr er los. Ich hatte nicht mal den Eindruck, dass ich irgendwas berührt hatte. Dann habe ich aber trotzdem die Balance verloren und bin aus dem Pedal gerutscht. Ich möchte mich entschuldigen, auch wenn es keine Absicht war", sagte Coquard und wiederholte noch mal:

Coquard: "Ich möchte mich entschuldigen"

"Es war keine Absicht, aber ich möchte mich bei Philipsen und Alpecin entschuldigen. Ich bin kein schlechter Mensch und es war wirklich nicht schön heute." Dann stiegen dem Franzosen Tränen in die Augen. "Ich habe Sie alle hier erwartet", sagte er zu den Reportern.

Am Zielsprint habe er nach dem Vorfall mit Philipsen und Rickaert zunächst gar nicht mehr teilnehmen wollen, erzählte Coquard weiter. "Aber ich habe mich wieder gesammelt – und dann bin ich wieder gestürzt!"

Coquard war in Dünkirchen übrigens nicht der einzige Fahrer, der eine Gelbe Karte bekam. Gegen Edward Theuns (Lidl – Trek) wurde wegen Ellbogenremplern vor dem Zwischensprint dieselbe Strafe ausgesprochen und auch für die Auslöser des Sturzes 300 Meter vor dem Ziel – van Poppel und Davide Ballerini (XDS – Astana) – galt das gleiche. Sie alle sind nun für die kommenden 18 Etappen vorbelastet. Bekommen sie noch mal Gelb, müssen sie die Tour verlassen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

11.08.2025Gianetti: “Pogacar zu sein ist schön, aber nicht einfach“

(rsn) – Mauro Gianetti, der Teamchef von UAE – Emirates – XRG hat sich zum kommenden Rennkalender und zum Vuelta-Verzicht von Tadej Pogacar geäußert. Am Ende der Tour de Pologne sagte er gege

03.08.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrerinnen / 9. Etappe

(rsn) - 154 Profis aus 22 Teams sind am 26. Juli im westfranzzösischen Vannes zur 4. Tour de Frances Femmes (2.WWT) angetreten, darunter sieben Deutsche, sechs Schweizerinnen und drei Österreicheri

31.07.2025Pogacar “langweilte“ sich in der zweiten Hälfte der Tour

(rsn) – Neben dem Gelben und dem Gepunkteten Trikot sicherte sich Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) bei der Tour de France 2025 vier Etappensiege. Den letzten davon feierte der Slowene ab

30.07.2025Häuslicher Unfall: Vauquelin bricht sich den Knöchel

(rsn) – Spätestens mit seinem siebten Platz bei der 112. Tour de France hat Kevin Vauquelin (Arkéa – B&B Hotels) auch international seinen Bekanntheitsgrad deutlich erhöht. Die Freude über das

29.07.2025Zwei Tage nach der Tour: Aldag verlässt Red Bull - Bora - hansgrohe

(rsn) – Rolf Aldag und Red Bull – Bora – hansgrohe gehen ab sofort getrennte Wege. Das kündigte der deutsche WorldTour-Rennstall überraschend zwei Tage nach Ende der Tour de France an, bei der

28.07.2025Lipowitz: “Manchmal ist der Sportchef nicht glücklich mit mir“

(rsn) - Nur Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe) konnte in den Bergen der Tour de France ansatzweise mit Tour-de-France-Sieger Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) und dem Zweitplat

28.07.2025Im Überblick: Alle Gelbe Karten bei der 112. Tour de France

(rsn) – Drei Tage hat es gedauert, bis die UCI-Jury bei der Tour de France 2025 zum ersten Mal hart durchgegriffen und Gelbe Karten verteilt hat: Im Sturzchaos von Dünkirchen bestraften die Kommiss

28.07.2025Angst, natürlicher Schwund und finanzielle Ungleichheit

(rsn) – Die Tinte in den Radsport-Geschichtsbüchern ist gerade erst getrocknet: Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) hat bei der Tour de France 2025 im direkten Duell mit seinem großen Widersa

28.07.2025Vingegaards “merkwürdige Tour“ endet auf Platz zwei

(rsn) – Das große Ziel hat Visma – Lease a Bike bei dieser Tour de France verfehlt. Jonas Vingegaard musste in Paris mit der zweiten Stufe auf dem Podium vorliebnehmen, der ewige Rivale Tadej Po

28.07.2025Montmartre wirklich einmalig? Prudhomme zieht Tourmalet-Vergleiche

(rsn) – Es sollte etwas Besonderes werden. Immerhin gab es ja auch einen runden Geburtstag zu feiern. Vor 50 Jahren endete die Tour de France erstmals in Paris auf den Champs-Élysées, Ex-Telekom-T

28.07.2025Bericht: Pogacar verzichtet auf die Vuelta

(rsn) – Nach der Tour de France wird es wohl nicht zum nächsten Duell der beiden Topfahrer Tadej Pogacar (UAE - Emirates - XRG) und Jonas Vingegaard (Visma - Lease a Bike) bei der Vuelta a España

28.07.2025Ineos: Von “Null Toleranz“ zu “Null Transparenz“

(rsn) - Es hat etwas gedauert, bis die ARD-Reportage “Geheimsache Doping: Im Windschatten“ auch bei der Tour de France ankam. Aber auf der Pressekonferenz der 20. und vorletzten Etappe sah sich sc

Weitere Radsportnachrichten

18.09.2025Merlier will Pogacar im Herbst noch abfangen

(rsn) - Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) will Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) in den letzten Wochen der Saison 2025 noch überflügeln – allerdings nicht in einem Rennen, sondern in der

18.09.2025Schweizer WM-Team ohne Hartmann und Häberlin

(rsn) – Nicht nur das deutsche Team muss für die Straßen-WM in Ruanda personelle Ausfälle verkraften. Auch die beiden Schweizerinnen Elena Hartmann und Steffi Häberlin fallen für die am 21. Se

18.09.2025Mayrhofer ersetzt Stork im deutschen WM-Kader

(rsn) – Nachdem Maximilian Schachmann (Soudal – Quick-Step) am Dienstagabend nicht in den Flieger nach Ruanda steigen konnte, weil er sich in der Schlusswoche der Vuelta a Espana erkältet hatte u

18.09.2025Die Zeitfahrstrecken bei den Weltmeisterschaften in Ruanda

(rsn) – Im hügelig-bergigen Kigali gibt es kaum flache Straßen. Und so sind auch die Einzelzeitfahren sowie die Mixed-Staffel bei den Weltmeisterschaften in Ruanda wirklich schwere Prüfungen. Wir

18.09.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

17.09.2025Top-Favoritinnen mit Fragezeichen, Niedermaier Medaillenhoffnung

(rsn) – Ohne Titelverteidigerin muss das diesjährige WM-Zeitfahren der Frauen in Kigali auskommen. Das liegt daran, dass sich Grace Brown partout nicht wollte umstimmen lassen und das Rennrad – z

17.09.2025Grégoire bezwingt im Bergaufsprint van den Berg und Hirschi

(rsn) – Romain Grégoire (Groupama – FDJ) hat seine bestechende Herbstform auch zum Auftakt der 85. Skoda Tour de Luxembourg (2.Pro) eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der 22-jährige Franzose,

17.09.2025De Lie sprintet an der Zitadelle von Namur über 300 Meter zum Sieg

(rsn) – An der Zitadelle van Namur hat Arnaud De Lie (Lotto) den 65. GP de Wallonie (1.Pro) für sich entschieden. Nach 187 Kilometern war der Belgier im Sprint eines dezimierten Feldes schneller al

17.09.2025Schachmann muss für WM in Ruanda kurzfristig absagen

(rsn) – Maximilian Schachmann verpasst die Straßen-Weltmeisterschaft in Ruanda. Der Deutsche Zeitfahrmeister ist gestern Abend nicht mit dem Rest des Aufgebots von German Cycling nach Kigali gereis

17.09.2025Visma attackiert, Soudal kontert, Magnier siegt

(rsn) – Visma - Lease a Bike dominierte mit zahlreichen Attacken das Finale der 1. Etappe der 69. Slowakei-Rundfahrt (2.1). Doch nach 141, 2 Kilometer rund um Bardejov jubelte im Sprint der ansteige

17.09.2025Zeitplan der UCI-Straßenweltmeisterschaft von Kigali

(rsn) - Am Sonntag beginnt die UCI-Straßenweltmeisterschaft von Kigali/Ruanda, wo vom 21. bis 28. September erstmals Welttitelkämpfe auf dem afrikanischen Kontinent ausgetragen werden. Den Anfang ma

17.09.2025Lippert an der Zitadelle von Namur knapp am Podium vorbei

(rsn) – Liane Lippert (Movistar) hat beim 4. Ausgabe des Grand Prix de Wallonie Dames (1.1) knapp das Podium verpasst. Die Friedrichshafenerin musste sich nach einer starken Vorstellung über 128,8

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Serbie (2.2, SRB)
  • Tour de Slovaquie (2.1, SVK)
  • Skoda Tour de Luxembourg (2.Pro, LUX)