Erlebnisreiche Fahrt zu Gold

Evenepoel: “Eine weitere schöne Geschichte für die Kinder“

Von Peter Maurer aus Zürich

Foto zu dem Text "Evenepoel: “Eine weitere schöne Geschichte für die Kinder“"
Mit goldenem Olympia-Rad und -Helm fuhr Remco Evenepoel in Zürich die nächste goldene Medaille ein. | Foto: Cor Vos

23.09.2024  |  (rsn) - Wie Grace Brown (FDJ – Suez) bei den Frauen gelang auch Remco Evenepoel (Soudal – Quick Step) das historisch erste Double bestehend aus dem Olympiasieg im Zeitfahren und dem Weltmeistertitel in dieser Disziplin. Sechs Sekunden betrug der Vorsprung des Belgiers auf seinen schärfsten Verfolger, den Italiener Filippo Ganna (Ineos Grenadiers), am Ende der 46,1 Kilometer langen Strecke rund um Zürich, welche auf der alt-ehrwürdigen Offenen Rennbahn Zürich Oerlikon begann.

Dort erlebte Evenepoel am Start gleich seine erste Schrecksekunde, als ihm gut eine Minute vor seinem Beginn die Kette vom Blatt fiel. Hektik breitete sich aus beim Titelverteidiger und seinen Mechanikern und Helfern, die aber gleich mit Ersatzrad zur Stelle waren, aber auch zugleich die Kette wieder auflegen konnten, weshalb der Belgier auf seinem extra golden lackierten Rahmen, der seinen Olympiasieg unterstreichen soll, sitzenbleiben konnte.

"Ich spürte die Panik in mir hochkommen, denn ich wusste nicht, wie viel ich noch Zeit bis zum Start hatte. Ich sah dann das Ersatzrad kommen, aber dann haben sie die Kette doch noch raufbekommen", erinnerte sich der 24-Jährige auf der Pressekonferenz nach dem Rennen. So gut es ging, versuchte er ruhig zu bleiben, besann sich dabei auf einen Rat seiner Frau: "Sie sagt mir immer, über das, worüber du keine Kontrolle hast, sollst du die Ruhe bewahren."

Einen Satz, an den er sich wenige Momente später gleich wieder erinnern musste, verlor er die Verbindung zu seinem Powermeter. "Das war eigentlich das nächste Desaster. Ich fahre immer nach den Daten und es war ein Schock, plötzlich keine Zahlen am Garmin mehr zu sehen", schilderte Evenepoel, der sich nun voll auf sein eigenes Gefühl als auch die Anweisungen aus dem Betreuerauto verlassen musste und seinen genauen Rennplan, der auf seine Leistungsdaten abgestimmt war, nun aus dem Kopf abrufen musste.

Mit Daten wäre Pacing-Strategie noch besser umsetzbar gewesen

"Ich versuchte die Kurbelumdrehungen zu fühlen. Ich glaube den Anstieg hätte ich mit den Daten schneller fahren können. Das war auch der Plan, das Rennen dort zu entscheiden, was dann nicht der Fall war", so der Belgier, dem aber auch diese Panne nichts anhaben konnte. Zwar blieb er dann bis zur Ziellinie von weiteren Pechmomenten verschont, musste aber nochmals um seinen Erfolg zittern, nachdem sein schärfster Verfolger Ganna Windschattenglück auf den letzten Kilometern hatte, nachdem er den eineinhalb Minuten vor ihm gestarteten Primoz Roglic (Red Bull Bora – hansgrohe) eingeholt hatte.

"Ich will nicht arrogant klingen, aber wenn ich meine Pacing-Strategie hätte umsetzen können, dann wäre der Vorsprung größer gewesen", meinte Evenepoel, der zuletzt gar nicht so voller Selbstvertrauen strahlte. "Vor der Tour of Britain hatte ich echt Angst, dass ich noch rechtzeitig in Form komme. Deswegen habe ich auch die Europameisterschaften ausgelassen, wie auch Ganna", erklärte er. Und das Duo lag am Ende des WM-Zeitfahrens dann auch vor Edoardo Affini (Visma – Lease a Bike), der sich in Limburg den EM-Titel sicherte.

Das Trio auf dem Podium sorgte dann auch noch für ein witziges Bild, als die beiden großgewachsenen Italiener neben dem Belgier Platz nahmen. "Da fühlte ich mich wie Pogacar", grinste Evenepoel und gab seine Beschreibung für den Moment ab: "Neben mir die zwei Scheiben Brot und ich war der Mozzarella in der Mitte. Auf Podium ist es für mich wichtig, dass ich am höchsten Punkt stehe, sonst passe ich ja gar nicht ins Bild." Dass Ganna sein schärfster Gegner sein wird, machte der Belgier schon in der Vorbereitung aus: "Du darfst ihn bei so einem Rennen niemals abschreiben und als ich die Fotos sah, wo er mit langer Hose trainierte, da wusste ich, dass er gut in Form ist."

Auch wenn es noch einmal richtig knapp wurde, nahm sich Evenepoel bei der Zielüberquerung Zeit für den Jubel. Mit dem Finger in die Höhe gestreckt zeigte er an, dass er die Nummer eins im Kampf gegen die Uhr ist. "Ich habe gesehen, dass die Zeit noch grün ist, also wollte ich mit meinem goldenen Helm und dem Rad schon was Besonderes zeigen", erklärte der Belgier abschließend und fügte an: "Zumindest war es heute wieder eine weitere gute Geschichte für die Kinder."

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