RSNplusDie Gesichter der deutschen KT-Szene

Daniel Bichlmann: Kaminkehrer, Lebemann und Faso-Sieger

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Daniel Bichlmann: Kaminkehrer, Lebemann und Faso-Sieger"
Daniel Bichlmann (Team Storck - Metropol) | Foto: privat

14.08.2024  |  (rsn) – Mit seinen 35 Jahren ist Daniel Bichlmann einer der dienstältesten deutschen Kontinental-Fahrer. Der Bayer, der im Trikot von Storck – Metropol seine zehnte Saison in der dritten Liga bestreitet, kann auf eine bewegte Karriere zurückblicken und hat viel zu erzählen.

Das Radfahren wurde Bichlmann förmlich in die Wiege gelegt, denn sein Vater war in den 90er-Jahren in Bayern ein erfolgreicher Amateur und fuhr damals mit und gegen lokale Größen wie Ralph Denk, den heutigen Teamchef von Red Bull – Bora – hansgrohe, oder Willi Bruckbauer, den Boss von Sponsor Bora. Das erste Mal bei einem Radrennen dabei war Bichlmann bereits wenige Wochen nach seiner Geburt im Jahr 1988. Sein erstes Lizenzrennen fuhr er in der U15 im Jahr 2002.

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Als Junior konnte Bichlmann sowohl national als auch international das eine oder andere Achtungsergebnis einfahren, in seiner anschließenden U23-Zeit fuhr er allerdings nicht für ein KT-Team. “Damals waren die Zeiten andere als heute. Es gab viel mehr Amateurrennen auf gutem Niveau, wo man auch als Einzelstarter Chancen hatte. Die U23 war damals schon eher eine von mir belächelte Szene“, gestand Bichlmann gegenüber radsport-news.com.

Bichlmann: "Radsport war nur Taschengeld"

Zu seiner U23-Zeit absolvierte er auch seine dreijährige Ausbildung zum Kaminkehrer, diesen Beruf übt er bis heute in Vollzeit aus. “Rückblickend muss ich zugeben, dass diese Ausbildung die beste Entscheidung meines Lebens war, welche mir noch heute nahezu täglich zugutekommt und den Lebensstil, den ich führe, ermöglicht“, erklärte Bichlmann, der mit einem Augenzwinkern zugab, ohne sein Gehalt als Schornsteinfeger nur durch den Monat zu kommen, wenn dieser vier Tage hätte.

Daniel Bichlmann 2013 bei der Straßen-DM im Dress von Baier Landshut. Foto: Cor Vos

Mit dem Radsport wollte er sich als junger Erwachsener ein “zusätzliches Taschengeld verdienen und vor allem Spaß haben. Das war bei den Amateuren leichter als in fadenscheinigen Kontinental-Teams“, so Bichlmann, der sich selbst als Lebemann bezeichnet. “Und mit 18, 19, 20 Jahren sind mir auch noch andere Aktivitäten eingefallen, die mir an den Wochenenden Spaß machten“, erinnerte er sich.

Bis zu seiner ersten Kontinental-Saison 2014 fuhr er zunächst für seinen Heimatverein RSV Traunstein, bei dem er heute noch Mitglied ist, und für Baier Landshut, für das er hauptsächlich bei Kriterien und zu Rundstreckenrennen antrat. Der Kontakt zu Bike Aid vor der Saison 2012 kam eher zufällig zustande. “Ich habe damals das Reisen als einen weiteren Vorzug des Radsports für mich entdeckt und irgendwie kam über ein paar Ecken der Kontakt mit Timo Schäfer vom Team Bike Aid zustande. Schon wenige Tage nach dem ersten Telefonat stand ich bei irgendeinem UCI-Rennen in Belgien für die damalige Renngemeinschaft am Start und es eröffnete sich mir eine bis dahin völlig neue (Radsport-) Welt“, blickte Bichlmann auf das Jahr 2012 zurück.

Auf Reisen mit Bike Aid - "die wohl schönste Zeit meines Lebens"

Entsprechend bezeichnete Bichlmann, der 2014 mit Bike Aid seine erste KT-Saison in Angriff nahm und bis 2020 bei der saarländischen Equipe unter Vertrag stand, diese Jahre als “die wohl schönste Zeit meines Lebens. Ich habe dort Erfahrungen gemacht, die unvergesslich und unbezahlbar sind - positive wie negative. Ich habe Freunde fürs Leben gefunden und die Welt unbeschwert bereist. Als Team waren wir erfolgreich und haben oft Tränen gelacht“, so Bichlmann.

Mit Bike Aid bestritt Bichlmann auch zahlreiche Rennen in exotischen Radportländern. “Prägend waren besonders die Einsätze in sogenannten `Krisengebieten` wie der Ukraine, Äthiopien, Eritrea, im syrischen Grenzgebiet oder der Westsahara. Die Realität vor Ort stellte sich oft ganz anders dar, als es in den deutschen Medien geschildert wird. Einer meiner Leitsprüche ist daher: `Weltanschauung durch Welt anschauen`“, so Bichlmann. Die Geschichten, die er von seinen Einsätzen berichten könnte, seien schier endlos. “Hier könnte ich hunderte, vielleicht tausende erzählen“, sagte er.

Daniel Bichlmann (rechts) und sein aktueller Teamkollege Campo Schmitz. Foto: privat

Die Wege trennten sich schließlich im Jahr 2020. “Während Corona habe ich mich persönlich weiterentwickelt und arbeite seither Vollzeit, also 40 Stunden in meinem Brotberuf als Kaminkehrer“, berichtete Bichlmann. Aber auch das Team Bike Aid veränderte in dieser Zeit seine Ausrichtung, weg von fast ausschließlich exotischen Rennen hin zu einem hochwertigen UCI-Rennkalender auch in Europa.

Zudem wollte das Management die Mannschaft damals verjüngen und so ging man einvernehmlich getrennte Wege. “Der Abschied fiel mir definitiv nicht leicht. Immerhin waren viele der Involvierten dort so etwas wie eine Familie für mich“, sagte Bichlmann, der sich daraufhin bei den in seiner bayrischen Heimat ansässigen Maloja Pushbikers bewarb und dort “zu fairen Konditionen“ ins Team aufgenommen wurde.

Der größte Erfolg der Karriere

2021 konnte Bichlmann auch seinen größten sportlichen Erfolg erringen. Nachdem er 2014 bereits eine Etappe der Kamerun-Rundfahrt (2.2) gewonnen hatte, konnte er sich sieben Jahre später mit einem Etappensieg auch die Gesamtwertung der Tour du Faso (2.2) sichern. Die zehntägige Rundfahrt hatte Bichlmann mit einer Renngemeinschaft bestritten.

Auch wenn dieser Erfolg nun schon bald drei Jahre her ist, sind ihm diese Tage doch noch sehr präsent. “Es klingt wohl überheblich, aber es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht daran denke. Die einzige Trophäe, die in meiner Wohnung präsent ist, ist der gusseiserne Pokal der Tour du Faso.“

Daniel Bichlmann im Gelben Trikot der Tour du Faso. Foto: privat

Mit diesem Erfolgserlebnis im Rücken wollte Bichlmann auch im Dress der Maloja Pushbikers wieder voll durchstarten. Doch es folgte eine der großen Enttäuschungen seiner Sportlerlaufbahn. Der Routinier erhielt nicht mehr das Vertrauen der Sportlichen Leitung und brachte es nur noch auf ganze 13 UCI-Renntage. "Die Außendarstellung und die tatsächlichen Umstände bei den Maloja Pushbikern deckten sich nicht", so Bichlmann.

Nach einem Wechsel in der Sportlichen Leitung und einer vermeintlich ordentlichen Aussprache entschied sich Bichlmann dennoch, weiter bei den Pushbikers zu bleiben und unterschrieb dort sogar einen Zweijahresvertrag. Letztlich trug er 2023 aber kein einziges Mal das Trikot des bayrischen Kontinental-Teams. Auf die Umstände wollte Bichlmann "aufgrund eines laufenden Gerichtsverfahrens" nicht weiter eingehen.

Ohne KT-Team stand er damals kurz vor dem Karriereende. “Die Saison 2023 war mental definitiv die härteste meines Lebens. Wochenende für Wochenende habe ich mir die Sinnfrage gestellt. Letztlich stand und steht für mich aber fest, dass einzig ich allein über mein Karriereende entscheide“, so Bichlmann, der schließlich beim Eliteteam 54x11 um Florenz Knauer, Fabian Danner und Florian Obersteiner Unterschlupf fand. “Dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Mit den geringen zur Verfügung stehenden Mitteln nahm man mich hier mitten in der Saison herzlich auf und ermöglichte mir, mich auf eigene Kosten fit zu halten und erfolgreich lokale Rennen zu bestreiten. Ich hatte dort eine gute Zeit und auch einige schöne persönliche Momente“, betonte er.

Keine guten Erinnerungen hat Bichlmann an seine Zeit bei den Maloja Pushbikers. Foto: Cor Vos

Nach einer Saison als Amateur schaffte es Bichlmann mit 35 Jahren nochmals zurück in den KT-Bereich und heuerte bei Storck – Metropol an. “Der Kontakt lag auf der Hand. Einer meiner besten Freunde, Dominik Merseburg, ist neben Patrick Schubert dort einer der beiden Entscheider. Man war sich schnell einig. Hier stimmt vieles für mich und ich fühle mich ausgesprochen wohl“, so Bichlmann, der trotz fortgeschrittenen Alters noch keinen Zeitpunkt für ein Karriereende festgelegt hat. “Ich fahre, so lange es geht. Ich bringe noch immer meine Leistung und kann ein Team auf dem Sattel und abseits davon unterstützen“, sagte er.

Sein größtes Glück: Kein Profivertrag

Dass er in seinen letzten Jahren als Radfahrer nochmals den Sprung in eine der ersten beiden Ligen schaffen wird, ist ausgeschlossen. Im Verlauf seiner Karriere sei er aber “drei, vier Mal mit richtigen Profiteams in Kontakt“ gewesen. “Letztlich kam aus verschiedenen Gründen kein spruchreifer Vertrag zusammen. Rückblickend wahrscheinlich mein größtes Glück“, lautete Bichlmanns überraschende Aussage, die er dann aber erläuterte: “Ich würde keine zwei Jahre als erfolgloser PKT-Fahrer gegen meine fantastische Zeit bei Bike Aid und bei Storck - Metropol tauschen wollen“.

Natürlich stellt sich auch Bichlmann die Frage, wie er sich hätte in einem noch professionelleren Umfeld ohne einen Fulltimejob nebenher entwickeln können. “Das wird man aber nie erfahren und ich bin diesbezüglich auch kein bisschen wehmütig, sondern durchweg dankbar für den Weg, den ich bis hierher bestreiten durfte. Und bei Storck geht es ja hoffentlich noch ein bisschen weiter.“

Wenn dann doch irgendwann das Karriereende spruchreif sein sollte, so kann sich Bichlmann auf jede Menge Zeitgewinn freuen, doch ganz mit dem Radfahren aufhören ist für ihn nicht vorstellbar. “Da der Radsport das ist, was ich am liebsten mache, werde ich dann wahrscheinlich einfach so weiterfahren, nur eben keine Wettkämpfe mehr bestreiten“, so Bichlmann, der meinte, "fast alles erlebt" und das "Maximum aus mir und meiner `Karriere` herausgeholt" zu haben.

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