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30.06.2023 | (rsn) – Wenn am Samstag kurz vor 13:00 Uhr der Start zur 1. Etappe der Tour de France 2023 erfolgt, blicken alle mit Spannung auf das zu erwartende Duell der beiden Superstars um den Gesamtsieg. Im Kampf um das Gelbe Trikot heißt es zum dritten Mal in Folge Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) gegen Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma). Im Vorjahr entthronte der Däne den Slowenen, der 2020 und 2021 die Grande Boucle gewinnen konnte. Diesmal ist also Vingegaard der Gejagte.
Vergleicht man die bisherigen Saisonleistungen, so fällt vor allem der Blick auf Paris-Nizza, wo sich die beiden Superstars der letzten Jahre das einzige Mal in dieser Saison gegenüberstanden. Pogacar entschied dieses Duell klar für sich, musste aber wenige Wochen später mit seiner Sturzverletzung bei Lüttich-Bastogne-Lüttich einen herben Rückschlag einstecken. Ein Kahnbeinbruch vereitelte die perfekte Vorbereitung des 24-Jährigen, der im Frühjahr in Spanien Jaen Paraiso und die Ruta Del Sol gewann, in Frankreich-Paris-Nizza und schließlich die Flandern-Rundfahrt, das Amstel Gold Race sowie den Fléche Wallonne für sich entscheiden konnte. Zuletzt holte Pogacar sowohl im Einzelzeitfahren als auch im Straßenrennen den Slowenischen Meistertitel.
___STEADY_PAYWALL___Vingegaard dagegen zeigte sich in seiner Vorbereitung etwas zurückhaltender, der dritte Gesamtrang von Paris-Nizza ist aber das schlechteste Saisonresultat des Dänen, der O Gran Camino und die Baskenland-Rundfahrt gewann sowie zuletzt das Critérium du Dauphiné. Auch wenn er weniger Siege als sein slowenischer Kontrahent und eine Niederlage im direkten Duell zu verzeichnen hatte, so ist Vineggaard als Titelverteidiger dennoch der große Favorit. "Diesen Status habe ich ja nicht gewählt. Aber ich habe kein Problem damit, dass die Öffentlichkeit von mir viel erwartet", verriet der 26-Jährige zuletzt in einem Interview mit dem niederländischen Magazin Ride.
Im Vorjahr krönte er die hervorragende Teamleistung von Jumbo – Visma, als man mit gemeinsamen Attacken Pogacar in die Knie zwang. "Die Art und Weise, wie wir gefahren sind, ist die schönste Erinnerung", so Vingegaard im Rückblick auf die vergangene Tour. Doch blickt man auf die aktuellen Aufstellungen für die 110. Frankreich-Rundfahrt, so kann Pogacar mit einer Ausnahme wohl mindestens gleichziehen, was die mannschaftliche Stärke anbelangt.
Allerdings hat er keinen Wout van Aert in seinem Achter. Schon im Vorjahr erwies sich der Alleskönner als einer der wichtigsten Helfer, der daneben auch noch Etappen für sich entscheiden konnte. Und der Belgier, der sich vorige Woche den Nationalen Zeitfahrtitel sichern konnte, wäre vor allem in den ersten Wochen eine taktische Karte, die Jumbo immer wieder ausspielen könnte.
Die Trikots der Tour de France 2022: Wout van Aert (Grün), Jonas Vingegaard (Gelb), Tadej Pogacar (Weiß). | Foto: Cor Vos
Denn angesichts seiner Verletzung dürfte Pogacar zum Start im Baskenland noch nicht bei einhundert Prozent sein. "Wenn ich Jumbo - Visma wäre, würde ich vom ersten Tag an Vollgas geben", meinte zuletzt Eurosport-Experte Philippe Gilbert und sprach die ersten hügeligen Tage an. Außerdem warten die Pyrenäen schon am Ende der ersten Woche und auch Gilbert rechnet mit einem immer stärkeren Pogacar, je länger die Tour dauern wird.
"Es gibt so viele Stars im Team, aber jeder will den Plan voll und ganz unterstützen und seine Aufgabe zu 100 Prozent erfüllen. Jeder hat sich voll und ganz dafür eingesetzt vor einem Jahr, als sieben der besten Fahrer im Peloton alles für mich getan haben", sagte Vingegaard und spielte auf die strikte Hierarchie in seiner Mannschaft an. War er vor zwei Jahren noch ein Nachrücker im Tourkader der Niederländer, ist Vingegaard jetzt die klare Nummer eins.
Die unbestrittene Frührungsrolle hat Pogacar bei seiner Mannschaft schon seit seinem Tourdebüt inne. Und sein mit Petrodollars aus den Vereinigten Arabischen Emiraten finanziertes Team hat nicht nur fast alle aufstrebenden Klettertalente unter Vertrag genommen, sondern auch zahlreiche erfahrene Profis wie Felix Großschartner, Rafal Majka oder Adam Yates, die vor allem im Gebirge lange an der Seite ihres Kapitäns bleiben könnten. Musste Pogacar in den letzten Jahren oft zeigen, wozu er auch ohne starke Mannschaft fähig ist, darf man gespannt sein, wie sehr sich das starke Team auf seine Leistungen auswirken wird.
Und dann ist Pogacar auch als neuer Kannibale des Radsports verschrien. Schon bei seinen Toursiegen eroberte er nicht nur das Maillot Jaune, sondern auch das Trikot des Nachwuchsbesten sowie jenes des Bergkönigs. Als erster Toursieger gewann er in diesem Frühjahr die Flandern-Rundfahrt, düpierte dort die versammelte Klassikerelite um van Aert und Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck).
Auch wenn sich Pogacar und Vingegaard hart duellieren, privat haben sie keine Fehde. | Foto: Cor Vos
"Du brauchst Adrenalin und Renninstinkt um zu gewinnen", sagte Pogacar ebenfalls in einem Interview mit dem Ride-Magazin, angesprochen auf seine “Killerqualitäten“ auf dem Rad. Aber Pogacar hat auch sichtlich Freude an seinem Beruf, den er viel besser findet als acht Stunden am Tag im Büro herumzusitzen. "Natürlich gibt es auch bei mir Tage, an denen es keinen Spaß macht, sechs Stunden lang auf dem Fahrrad zu sitzen. Aber man kann stolz und glücklich auf sich sein, wenn man auf das zurückblickt, was man im Training oder im Wettkampf erreicht hat“, sagte er.
Aus der Verfolgerposition heraus will er bei der Tour nun den Spieß umdrehen und sein drittes Gelbes Trikot holen. Und wie bei jedem seiner Einsätze wird Pogacar sich im Rennen sehr aktiv zeigen. "So zu fahren ist einfach meine Art. Manchmal funktioniert es, manchmal nicht, aber ich werde mit einer noch stärkeren Mentalität und mit mehr Hunger zur Tour kommen."
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