RSNplusRSN-Rangliste 2022, Platz 2: Elise Chabbey

Schweizer Dauerbrennerin fehlte nur eigener großer Coup

Von Felix Mattis

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Elise Chabbey (Canyon - SRAM) attackiert gerne an kurzen, steilen Rampen über die Kuppe hinweg. | Foto: Cor Vos

12.01.2023  |  (rsn) – Auch ohne Einzelsieg hat Elise Chabbey in ihrem zweiten Jahr bei Canyon – SRAM einen weiteren Schritt in Richtung Weltspitze gemacht. Die Ärztin und ehemalige Olympia-Kanutin rückte im Saisonverlauf zwischenzeitlich auf Rang 13 der Weltrangliste vor und beendete das Jahr 2022 auf Platz 17. In Wollongong gehörte sie zur Weltmeister-Staffel der Schweiz, insgesamt landete Chabbey 13 Top-10-Resultate auf WorldTour-Niveau und gewann zwei Bergtrikots.

"Insgesamt bin ich ziemlich happy. Ich hatte gute Ergebnisse und wir hatten auch als Team gute Ergebnisse. Trotzdem bleibt etwas Enttäuschung zurück, denn ich hatte keinen großen Podestplatz oder Sieg. Das hat gefehlt", bilanzierte die 29-Jährige im Gespräch mit radsport-news.com trotzdem noch mit einem kleinen Rest an Unzufriedenheit. "Ich bin fast in jedem Rennen vorne dabei, aber nie ganz an der Spitze."

Dennoch: Chabbey sammelte 2022 mit beeindruckender Konstanz Top-Resultate, war der absolute Dauerbrenner ihres deutschen WorldTour-Rennstalls. Auf sie konnte Manager Ronny Lauke immer zählen. Ganze 60 Renntage kamen für die Schweizerin zusammen und so gehörte sie zu den 'Workaholics' des Frauen-Pelotons – wie schon 2021, als sie 58 Renntage und damit die zweitmeisten Einsätze aller Profi-Frauen hatte.

___STEADY_PAYWALL___ "Ich denke, das ist auch ein bisschen einer der Gründe, warum ich keinen großen Sieg geholt habe. Ich bin sehr viele Rennen gefahren und war immer in Form. Aber ich habe kein Rennen speziell anvisiert und irgendwo wirklich 'gepeakt'", erklärte Chabbey, damit auch kein Problem zu haben.

Riesiger Erfolg für den Schweizer Radsport: Elise Chabbey (4. von links) gewann mit Marlen Reusser, Stefan Bissegger, Nicole Koller, Stefan Küng und Mauro Schmid (von links) die Mixed Staffel bei der WM in Wollongong. | Foto: Cor Vos

"Ich mag es eben auch einfach, Rennen zu fahren und bin auf jedem Terrain recht gut. Das Team kann mich daher überall einsetzen und mich immer fragen, wenn jemand ausfällt. Das ist schon auch gut. Nur leider bin ich halt nicht in irgendeiner Spezialität supergut", sagte sie. Deshalb wolle sie sich 2023 eher Formpeaks setzen und Rennphasen konkret ins Visier nehmen.

Erstes Highlight war Platz 4 bei Paris-Roubaix

Denn die großen Emotionen wecken eben nicht zahlreiche Top-Ten-Platzierungen, sondern Podiumsmomente oder zumindest der Kampf um selbiges. So bezeichnete Chabbey, die im März bereits Sechste bei Strade Bianche, Siebte der Trofeo Alfredo Binda und Dritte bei Dwars door Vlaanderen war, den vierten Platz bei Paris-Roubaix als ihr erstes großes Highlight der abgelaufenen Saison. "Es ist ein Rennen, das ich mag, aber ich hätte nie erwartet, dass ich dort so weit vorne lande", blickte sie strahlend zurück. An jenem 16. April gehörte sie zur siebenköpfigen Gruppe hinter Solo-Siegerin Elisa Longo Borghini (Trek – Segafredo) und unterlag im Velodrom im Sprint um Platz zwei lediglich Lotte Kopecky (SD Worx) und Lucinda Brand (Trek – Segafredo).

Die Situation, in Spitzengruppen mitzufahren, dann aber im Sprint zu unterliegen, wiederholte sich für Chabbey 2022 immer mal wieder und so ist das Verbessern ihrer Sprint-Fähigkeiten eines ihrer großen Ziele für den aktuellen Winter. "Ich hatte das bisher zu wenig trainiert", meinte sie und erinnerte sich da beispielsweise auch an ihren zweiten Platz auf der 3. Etappe der Ceratizit Challenge by La Vuelta im September, als sie gegen Grace Brown (FDJ – Suez) den Kürzeren zog.

Sinnbild in Chabbeys Augen: Die Schweizerin erreichte oft das Ziel in der Spitzengruppe, unterlag dann aber im Sprint – wie hier bei der Vuelta gegen Grace Brown. | Foto: Cor Vos

Doch zurück in den April: Nach dem Highlight Roubaix kam mit den Ardennen-Klassikern die erste und einzige kleine Enttäuschung der Saison. "Ich hatte das ganze Jahr kein richtiges Tief. Aber vielleicht waren die Ardennen nicht ganz so gut wie erhofft. Es sind Rennen, die ich sehr mag, aber ich war vorher etwas krank und nicht richtig bereit", blickte sie auf Amstel Gold Race, Fleche Wallonne und Lüttich-Bastogne-Lüttich zurück, wo Rang 24 an der Mur de Huy beim Fleche ihr bestes Ergebnis war.

Bergtrikots als Nebenverdienst

Dennoch folgte ein starker Mai mit zwei Top-Ten-Ergebnissen und dem Gewinn des Bergtrikots bei der Baskenland-Rundfahrt (2.WWT), Rang sieben beim Eintagesrennen Durango-Durango (1.1) und Platz zwölf bei der Vuelta a Burgos (2.WWT) sowie anschließend der sechste Gesamtrang bei der Women's Tour (2.WWT) in England Anfang Juni. Dort gewann Chabbey wie schon im Vorjahr erneut ebenfalls das Bergtrikot – eine geheime Spezialität von ihr?

Elise Chabbey (links) im Bergtrikot der Baskenland-Rundfahrt Itzulia Women gemeinsam mit Teamkollegin Pauliena Rooijakkers. | Foto: Cor Vos

"Eigentlich sind diese Trikots nie mein Ziel", lachte sie, angesprochen auf den wiederholten Kampf um Bergtrikots. "Aber sie passen zu meinem Stil, Rennen zu fahren: Ich attackiere gerne über die Kuppe von Anstiegen, um mich direkt vor einer Abfahrt abzusetzen. Dadurch bekomme ich dann eben manchmal Bergpunkte, und wenn ich die dann schon mal habe, sagt das Team: Dann versuch doch, das Trikot zu verteidigen. So kam das meistens."

Nach Platz sechs bei der Mont Ventoux Challenge (1.2) Mitte Juni unterlag Chabbey bei den Schweizer Meisterschaften im Sprint einer neunköpfigen Gruppe der zahlenmäßig überlegenen Roland-Cogeas Edelweiß-Mannschaft, aus der heraus Caroline Baur zum Titel fuhr. Chabbey reiste weiter nach Italien und bestritt dort den Giro d'Italia und danach in Frankreich die Tour de France Femmes. Dabei holte sie einen siebten Etappenrang in Italien und Gesamtplatz zwölf sowie Rang zwei in der Bergwertung und den elften Gesamtrang bei der Tour. Dort aber stand etwas anderes im Mittelpunkt.

Tour de France mit dem Team ein voller Erfolg

"Alles war so riesig dort und es sind auch sehr schöne Erinnerungen mit dem Team, weil wir die Mannschaftswertung gewonnen haben und Kasia (Niewiadoma) Dritte wurde. Bei der Tour habe ich wirklich jeden Moment genossen", erinnerte sie sich und bezeichnete die Frankreich-Rundfahrt als das zweite große Highlight ihrer Saison. Und der dritte Höhepunkt wurde dann die Weltmeisterschaft in Australien.

Erfolg als Team: Canyon – SRAM brachte bei der Tour de France Femmes Katarzyna Niewiadoma als Gesamtdritte aufs Podium und holte die Mannschaftswertung. | Foto: Cor Vos

Denn mit Platz sechs beim Classic Lorient Agglomération (1.WWT), wie der Grand Prix Plouay inzwischen heißt, und zwei Top-Ten-Etappenergebnissen bei der Ceratizit Challenge by La Vuelta (2.WWT) sowie dem dort achten Gesamtrang reiste Chabbey in starker Verfassung zur WM, um dort einen weiteren Mannschaftserfolg dem der Tour de France folgen zu lassen: Gold in der Mixed Staffel.

"Das hat mir viel bedeutet und war wirklich cool. Ich hatte das nicht erwartet und Zeitfahren sind auch nicht meine Spezialität. Aber das dann zusammen zu schaffen, das war wirklich toll", so Chabbey, die außerdem auch noch starke Neunte im Straßenrennen wurde und ihre Saison schließlich in ihrer Heimatstadt Genf am 9. Oktober mit dem elften Platz bei der Tour de Romandie (2.WWT) abschloss.

Ziele 2023: Klassiker, Tour de France und Schweizer WorldTour-Rennen

2023 nun will sie sich, wie bereits angesprochen, zunächst einen echten Formpeak im Frühjahr setzen. Allerdings nicht auf ein einzelnes Rennen hin, sondern eher auf die Phase Ende März und April. "Roubaix ist immer schwer vorherzusagen, weil so viel passieren kann. Auf jeden Fall will ich dort gut sein, aber deshalb finde ich es schwer, das als herausstechendes Ziel zu formulieren. Ich würde eher sagen, dass ich in dieser ganzen Klassikerphase stark sein will", erklärte sie. Anschließend sei die Tour de France mit dem Traum vom Etappensieg das zweite große Ziel.

"Und ansonsten sind auch die Schweizer Rennen natürlich in meinem Fokus. Diese Rennen sind sehr gut für den Schweizer Frauenradsport. Wir haben sehr, sehr viele superstarke Mountainbikerinnen, aber kaum Straßenfahrerinnen. Deshalb ist das umso wichtiger", so Chabbey mit Blick auf die Tour de Suisse im Juni und die Tour de Romandie, die 2023 in den September vorrückt.

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