RSNplusRSN-Rangliste, Platz 11: Lennard Kämna

Beim beeindruckenden Comeback fast alles richtig gemacht

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Beim beeindruckenden Comeback fast alles richtig gemacht"
Lennard Kämna (Bora - hansgrohe) | Foto: Cor Vos

08.12.2022  |  (rsn) – Nach seiner langen Auszeit 2021 fuhr Lennard Kämna (Bora – hansgrohe) in der vergangenen Saison so, als sei er nie weggewesen. Mit insgesamt vier Siegen sowie beeindruckenden Auftritten beim Giro d`Italia (2.UWT) und der Tour de France (2.UWT) krönte der Fischerhuder sein siebtes Profijahr, in dem er als Etappenjäger und Edelhelfer gleichermaßen zu überzeugen wusste.

“Ich bin zufrieden mit meiner Saison. Ich konnte früh zeigen, dass ich auf hohem Niveau Radrennen fahren kann. Das war mir sehr wichtig. Dazu kam der Deutsche Zeitfahrtitel, damit kann ich nur sehr zufrieden sein“, fasste Kämna gegenüber radsport-news.com zusammen.

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Zwar habe er nicht erwartet, dass er so schnell wieder im Feld Fuß fassen und auch Rennen dominieren würde. "Aber ich habe damals schon gemerkt, dass das Training ganz normal anschlägt und dass ich ganz gut fit sein werde, wenn ich ohne Krankheit und Verletzung durchkomme“, meinte der Norddeutsche.

Früher erster Saisonsieg bei der Ruta del Sol

Nach einem ordentlichen Saisoneinstieg bei der Saudi Tour (2.1), die er auf Rang 16 abschloss, folgte in Spanien bei der über Schotterpassagen führenden Clasica Jaén (1.1) mit Rang vier die erste Spitzenplatzierung des Jahres. Bei der anschließenden Andalusien-Rundfahrt (2.Pro) zeigte sich Kämna auf der 3. Etappe in der Offensive und wurde nach einem Vorstoß im Finale erst kurz vor dem Ziel wieder gestellt. Zwei Tage später war er auf der Schlussetappe der Ruta del Sol aber nicht zu stoppen und sicherte sich als Ausreißer an der Bergankunft Chiclana de Segura seinen ersten Sieg der Saison.

Den ersten seiner vier Saisonsiege holte sich Lennard Kämna (Bora – hansgrohe) auf der Schlussetappe der Ruta del Sol. | Foto: Cor Vos

Auch bei der anschließenden Faun Ardeche Classic (1.1) lief es mit Rang vier ordentlich, ehe er nach einer vorzeitig beendeten Baskenland-Rundfahrt im April bei der Tour of the Alps (2.Pro) groß auftrumpfte. Mit einer langen Flucht holte sich Kämna den Sieg auf der 3. Etappe und wurde zwei Tage später zum Abschluss der schweren Rundfahrt nach einem neuerlichen Ausreißversuch  Dritter.

Perfekt lief es dann beim Giro d’Italia, als Kämna auf der 4. Etappe sein nächstes Feuerwerk zündete und nach einer 160-Kilometer-Flucht die Bergankunft am Ätna gewann. Auch in der schweren Schlusswoche zeigte er sich zwei weitere Male als Ausreißer holte dabei noch einen siebten und einen zehnten Etappenrang.

Denkwürdige Leistung am Passo Fedaia

In Erinnerung blieb aber vor allem seine Leistung auf der vorletzten Etappe, als sich Kämna im Finale aus der Spitzengruppe zurückfallen ließ, um seinen Kapitän Jai Hindley in den Schlepptau zu nehmen. In Folge des von ihm am Passo Fedaia eingeschlagenen horrenden Tempos verlor der Gesamtführende Richard Carapaz (Ineos Grenadiers) den Anschluss und musste das Rosa Trikot an Hindley abgeben. Der Australier machte am Tag darauf den Gesamtsieg perfekt und sicherte Bora – hansgrohe den ersten Triumph bei einer Grand Tour.

"Der Giro war das große Highlight. Wir hatten einen super Teamspirit, es hat richtig Spaß gemacht. Dazu haben viele Dinge ineinandergegriffen, so dass wir am Ende ein Topergebnis hatten“, kommentierte Kämna die für ihn persönlich und sein Team perfekt verlaufene 105. Italien-Rundfahrt.

Beim Giro d’Italia triumphierte Kämna auf der 4. Etappe der denkwürdigen Bergankunft am Ätna, wo er den zweiten Grand-Tour-Etappenerfolg seiner Karriere holte. Später stellte er sich in den Dienst seines Teamkollegen Jai Hindley, der schließlich das Rosa Trikot gewann. | Foto: Cor Vos

Danach pausierte er bis zu den Deutschen Meisterschaften, wo er in Marsberg im Zeitfahren Nachfolger des zurückgetretenen Seriensiegers Tony Martin wurde. Im Straßenrennen reichte es beim Sieg seines Teamkollegen Nils Politt zu Rang elf. Danach ging es nach Frankreich zur zweiten großen Landesrundfahrt des Jahres.

Bei der Tour knapp einen Etappensieg und das Gelbe Trikot verpasst

Auch bei der 109. Tour de France zeigte sich der frischgebackene Deutsche Zeitfahrmeister von seiner besten Seite und prägte als Ausreißer das Geschehen mehrere Male maßgeblich mit. Auf der 7. Etappe etwa fehlten Kämna nach einer 125-Kilometer-Flucht und einem dramatischen Finale an der Planche des Belles Filles ganze 50 Meter zum zweiten Tour-Etappensieg seiner Karriere. Kurz vor dem Ziel jagten Tadej Pogacar (UAE Team Emirates), Jonas Vingegaard und Primoz Roglic (beide Jumbo – Visma) noch an ihm vorbei. "Die Etappe hätte ich gut auch gewinnen können“, stellte er rückblickend fest.

Nur drei Tage später ging Kämna wieder in die Offensive und wurde bei der Bergankunft in Megeve am Ende der 10. Etappe Zehnter. Zudem schien der Bora-Profi erfolgreich um das Gelbe Trikot kämpfen zu können, das er schließlich um ganze elf Sekunden verpasste, nachdem die Favoriten im Feld nochmals das Tempo mächtig angezogen hatten. So konnte Titelverteidiger Pogacar seine Gesamtführung knapp verteidigen, Kämna blieb der zwischenzeitliche zweite Rang im Klassement. "Als es um das Gelbe Trikot ging, sind natürlich sehr viele gegen mich gefahren. Da war es für mich auch nicht so wirklich möglich, die Etappe zu gewinnen, obwohl ich dachte, dass mir der Zielberg sehr gut liegt“, kommentierte er das mitreißende Finale.

In Marsberg sicherte sich Kämna erstmals in seiner Karriere den Titel des Deutschen Zeitfahrmeisters und trat damit die Nachfolge des zurückgetretenen Tony Martin an. | Foto: Cor Vos

Eine weitere imponierende Leistung lieferte er auf der 14. Etappe ab, als er bei der Bergankunft in Mende wieder aus einer Ausreißergruppe heraus und diesmal nach einer Flucht über 150 Kilometer den achten Rang belegte. Das Ergebnis war umso bemerkenswerte, da Kämna zu diesem Zeitpunkt durch eine Erkrankung bereits geschwächt war.

"Wenn dir fünf bis zehn Prozent fehlen, dann gewinnst du auch nicht mehr“, sagte der 26-Jährige, der nur einen Tag später die Tour wegen einer starken Erkältung verließ. "Klar hätte ich gerne eine Etappe bei der Tour gewonnen oder das Gelbe Trikot geholt“, sagte Kämna, der die Tour trotz eines ausgebliebenen Etappensiegs für sich und sein Team dennoch nicht als Enttäuschung bezeichnen wollte. "Wir hatten vieles richtig gemacht, es hat dann einfach nicht geklappt“, betonte er.

Nach Giro-Tour-Double vorzeitiges Saisonende

Nach der Frankreich-Rundfahrt kam Kämna auf nur noch einen Renntag und der endete Mitte September bei der Coppa Sabatini (1.1) vorzeitig. "Mit der zweiten Saisonhälfte bin ich nicht sonderlich zufrieden. Ich hatte ein paar körperliche Probleme, was sich wohl auch durch die Doppelbelastung bemerkbar gemacht hat“, erklärte er. “Ich brauchte einfach Zeit zum Regenerieren und bin dann nicht mehr so richtig in Schwung gekommen. Da haben wir gesagt, dass es keinen Sinn macht, auf Zwang noch irgendetwas zu probieren“, so Kämna und fügte an: "Ich denke aber trotzdem, dass ich auf eine gute Saison zurückblicken kann.“

In einem dramatischen Finale der 7. Tour-Etappe wurde Kämna wenige Meter vor dem Ziel an der Super Planche des Belles noch eingefangen und verpasste als Tagesvierter knapp seinen zweiten Etappensieg bei einer Frankreich-Rundfahrt. | Foto: Cor Vos

Auch wenn sich die Strapazen der Doppelbelastung von Giro und Tour in dieser Saison negativ bemerkbar machten, wollte Kämna einem möglichen künftigen Giro-Tour-Double keine Absage erteilen. “2022 war es vielleicht einen Ticken zu viel, gerade wegen der Saison davor. Giro und Tour kann man aber prinzipiell vereinen. Bei mir sind in der Vorbereitung vielleicht ein, zwei Dinge nicht perfekt gelaufen und auch während der Tour war alles sehr, sehr anspruchsvoll“, sagte Kämna und zeigte sich überzeugt, dass er "in Zukunft noch mal Giro und Tour (in einer Saison, d. Red.) ausprobieren“ werde. "Ich kann ja auch mit der Tour 2022 zufrieden sein. Rein körperlich war ich in einer guten Verfassung.“

In seiner anstehenden vierten Saison in Diensten von Bora - hansgrohe will Kämna noch konstanter in seinen Leistungen werden. Konzentrierte er sich 2022 hauptsächlich auf Etappenjagden, sollen künftig wieder die Gesamtwertungen in den Fokus rücken. "Wir wollen ein bisschen mehr in Richtung GC ausprobieren und hier und da versuchen, ein gutes Ergebnis rauszuholen“, kündigte Kämna an.

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