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30.05.2022 | (rsn) – Etwas einseitig war die 35. Thüringen-Rundfahrt der Frauen in diesem Jahr: Fünf der sechs Etappen gingen an das einzige WorldTour-Team am Start. Vier davon gewann sogar eine Fahrerin allein, Gesamtsiegerin Alexandra Manly (BikeExchange – Jayco). Und doch konnte Deutschlands größtes Frauenradrennen wieder einmal gefallen: Den Fans an der Strecke ohnehin, denen daheim erstmals aber auch – durch die neue Live-TV-Übertragung in Zusammenarbeit mit dem MDR und Eurosport beziehungsweise GCN.
Und dadurch gefiel die Veranstaltung von Rundfahrtchefin Vera Hohlfeld sogar Profi-Fahrerinnen, die gar nicht vor Ort waren: "Die Teams wären besser dran, wenn sie in Thüringen fahren würden, wo es eine Übertragung und Respekt für unsere Sponsoren gibt“, schrieb etwa die Australierin Brodie Chapman (FDJ Nouvelle Aquitaine Futuroscope) am Freitag auf Twitter. Und ihre Landsfrau Sarah Roy vom deutschen Team Canyon – SRAM stimmte zu: "So wahr! Super enttäuschend.“
Doch was war enttäuschend? Richtig: Das Rennen, bei dem Chapman und Roy selbst am Start standen und das nur an einem von drei Tagen live zu verfolgen war. Der neue, dreitägige Ride London Classique wurde parallel zur Thüringen-Rundfahrt ausgetragen und war der Hauptgrund dafür, dass Hohlfeld und ihr Team in diesem Jahr mit BikeExchange - Jayco nur ein Women’s WorldTeam in Thüringen begrüßen durften.
Kaum Live-TV in London: Verstoß gegen UCI-Reglement
Denn die Veranstaltung in London, die bis 2019 das mit dem höchsten Preisgeld dotierte Eintagesrennen im Frauen-Kalender war, dann aber zwei Jahre Corona-Pause einlegte und beim Comeback nun auf drei Tage ausgebaut wurde, gehörte zum WorldTour-Kalender. Die WorldTour-Rennställe hätten dort per Reglement zwar nicht starten müssen – eine solche Pflicht gibt es bei den Frauen nicht – ein Verzicht auf London bei gleichzeitigem Start in Thüringen wäre in Sachen Weltranglistenpunkte aber kaum zu erklären gewesen.
Und als die Rennställe ihren Rennkalender festzurrten, gingen sie natürlich davon aus, dass ihre Sponsoren für die durch den Brexit sehr teure Reise auf die britische Insel eben auch mit Live-TV belohnt würden. Immerhin schreibt das UCI-Reglement für Women‘s WorldTour-Rennen täglich eine 45-minütige Live-Übertragung vor.
In London aber gab es diese Live-Übertragung am Freitag und Samstag auf den Etappen 1 und 2 nun gar nicht. Lediglich am Sonntag wurde die Schlussetappe übertragen. Das war es, was Roy und Chapman mit ihren Tweets kritisierten.
Dreitägige Live-Übertragung "finanziell nicht tragbar“?
Bei der Rückkehr nach der Pandemie und mit dem Ausbau auf drei Tage sei es "finanziell nicht tragbar gewesen, eine Live-Übertragung über alle drei Tage in Auftrag zu geben“, hieß es in einem Statement der Veranstalter. Angeblich solle es aber bereits einen Vertrag mit der BBC geben, so dass 2023 alle drei Etappen live übertragen werden würden.
Die Frage ist nun, was der Radsport-Weltverband UCI macht. Als der Giro d’Italia Donne 2020 keine Live-TV-Bilder produzierte, wurde er für 2021 aus dem WorldTour-Kalender gestrichen, obwohl es Zusagen für eine Live-Übertragung 2021 gab. 2022 wurden die Italiener nur wieder aufgenommen, weil diese Live-Übertragung 2021 auch tatsächlich stattfand und für 2022 ebenfalls gewährleistet wurde.
Diesem Präzedenzfall folgend, müsste Ride London Classique für 2023 aus dem WorldTour-Kalender fliegen und somit vielleicht doch endlich ein Platz für die bislang zur Kategorie 2.Pro gehörende Thüringen-Rundfahrt entstehen.
UCI handelt bislang inkonsequent
Allerdings drückte die UCI gerade in England auch in diesem Jahr bereits ein Auge zu: Denn die Women’s Tour, die in der kommenden Woche ausgetragen werden wird, gehört weiter zur Women’s WorldTour, obwohl auch sie noch nie live im TV lief und das nach aktuellem Informationsstand von radsport-news.com auch in diesem Jahr nicht wird.
Die Frauen-Rennställe frustriert diese Situation. "Wir als Teams müssen viele Regeln befolgen und es gibt viele Checks durch die UCI und PricewaterhouseCoopers, was meiner Meinung nach auch gut ist. In diesem Fall (Ride London, d. Red.) hat der Veranstalter die Regeln nicht befolgt und ich bin gespannt, was die UCI davon wusste und damit machen wird“, sagte etwa Esra Tromp, Teamchefin bei Jumbo – Visma, gegenüber cyclingnews.com.
"Wenn man sich als Rennveranstalter für die Women’s WorldTour bewirbt, kennt man die Anforderungen der UCI. Wenn es nicht möglich ist, diesen Regeln gerecht zu werden, sollte man sich für einen anderen Status bewerben, zum Beispiel 2.Pro. Der Job der UCI ist es, zu kontrollieren, dass die Veranstalter den Regeln folgen, die sie ausgibt", so Tromp weiter.
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