16. Etappe des Giro d’Italia 2015

Wütender Contador rächt sich für die Astana-Taktik

Von Eric Gutglück

Foto zu dem Text "Wütender Contador rächt sich für die Astana-Taktik"
Steven Kruijswijk, Alberto Contador und Mikel Landa (v.l.) auf der 16. Giro-Etappe 2016 | Foto: Cor Vos

26.05.2020  |  (rsn) – Im Sport gibt es zahlreiche Regeln, die für einen fairen Wettkampf sorgen sollen. Im Radsport werden diese Maßgaben vom Weltverband UCI vorgegeben. Sogar die Sockenlänge ist im Regelwerk der UCI mittlerweile verankert – was auch immer man davon halten möchte.

Neben den festgeschriebenen Regeln existieren aber auch zahlreiche ungeschriebene Gesetze – unter anderem, dass der Gesamtführende bei einem Defekt nicht angegriffen wird. Wer diese missachtet, muss mit Konsequenzen seitens der Rivalen rechnen. So erhielt das Team Astana um Kapitän Fabio Aru auf der 16. Etappe des Giro d’Italia 2015 eine Lehrstunde von Alberto Contador (Tinkoff) in Sachen Fairplay.

Der Madrilene lag vor jener Königsetappe, die das Feld über 177 Kilometer von Pinzolo nach Aprica führte, 2:35 Minuten vor Aru und 4:46 Minuten vor dessen Teamkollegen Mikel Landa. Doch mit dem Campo Carlo Magno, dem Passo del Tonale und dem gefürchteten Mortirolo waren mehr als 4.000 Höhenmeter an jenem 26. Mai 2015 zu überwinden. In Anbetracht des bislang souveränen Contador schien die Lage des Astana-Teams aussichtslos, diesen Giro mit Fabio Aru zu gewinnen.

Also behalf man sich einer fragwürdigen Taktik: Rund 70 Kilometer vor dem Ziel ereilte den Gesamtführenden Contador in der Abfahrt nach Tirano ein Hinterrad-Defekt. Zwar erhielt der Madrilene rasch das Ersatzlaufrad seines Helfers Ivan Basso, doch das Team Astana dachte nicht daran, den Führenden wieder aufschließen zu lassen. Mit Vollgas bretterten die Helfer von Aru durch das Tal in Richtung Mortirolo – ungeachtet aller ungeschriebenen Gesetze. Dahinter versuchte Contador mit seinem letzten Helfer Roman Kreuziger, den Schaden zu limitieren.

Mit Puls 180 Richtung Mortirolo

"Mein Puls im Tal war bei 180 Schlägen", erinnerte sich Contador später, was wohl nicht nur auf die Anstrengung, sondern auch auf die unfaire Taktik seiner Gegner zurückzuführen war. Mit knapp einer Minute Rückstand ging der Gesamtführende in den Mortirolo, doch seine Tinkoff-Helfer hatten ihre Kräfte aufgebraucht. Vorn hatte Aru immerhin noch Mikel Landa an seiner Seite, der sich vor den Italiener spannte, um Contador auf Distanz zu halten.

Doch Aru hatte keinen guten Tag erwischt. Während Contador in seinem gewohnten Stil aus dem Sattel fahrend den Mortirolo hinauftanzte und Sekunde um Sekunde aufholte, musste Landa vorn immer wieder das Tempo drosseln, um Aru nicht über sein Limit zu führen. In Folge dessen gelang es Contador zur Hälfte des zwölf Kilometer langen Berges, den Astana-Vorstoß zu neutralisieren.

Dass der Spanier von der Aktion des kasachischen Rennstalls wenig hielt, demonstrierte er nur einen knappen Kilometer später: Mit einem satten Antritt setzte sich Contador von seinen Kontrahenten ab und sorgte dafür, dass lediglich Steven Kruijswijk (LottoNL - Jumbo) und Landa folgen konnten. Aru hingegen verließen zusehends die Kräfte – auf dem Gipfel wies der Sarde fast zwei Minuten auf das Trio auf.

Doch Contador war so wütend über die Astana-Taktik, dass er sich an der Spitze mit Kruijswijk absprach, ihm den Etappensieg zu überlassen, sollte der Niederländer dabei helfen, Aru noch mehr Zeit aufzubrummen. Zwar gewann letztlich Mikel Landa die Etappe für das Team Astana. Doch sein Kapitän Aru überquerte erst 2:51 Minuten nach dem Basken den Zielstrich, so dass Contadors Vorsprung im Gesamtklassement auf 4:02 Minuten gegenüber Landa und 4:52 Minuten auf Aru anwuchs. So war letztlich Contador der moralische Sieger eines denkwürdigen Renntages und das Team Astana zum Opfer der eigenen Taktik geworden - die sich über eines der wichtigsten ungeschriebenen Gesetze des Radsports hinweggesetzt hatte.

Mehr Informationen zu diesem Thema

09.05.2023Wegmanns großer Coup mit dem Bergtrikot

(rsn) - Ehe Pascal Ackermann im Mai 2019 das Maglia Ciclamino nach Verona trug und somit die Punktewertung des 102. Giro d´Italia für sich entschied, war es der größte Erfolg, den je ein Deutscher

31.05.2020Arndt krönte seinen Giro über einen kleinen Umweg

(rsn) – Die Schlussetappe bei einer GrandTour zu gewinnen, ist immer etwas Besonderes. Beim Giro d`Italia 2016 gewann Nikias Arndt (Sunweb) das letzte Teilstück, das damals in Turin zu Ende ging.

31.05.2020Video- Rückblick: Als Lopez einem Zuschauer eine knallte

(rsn) - Am entscheidenden Tag des Giro d´Italia 2019 lagen die Nerven blank. Miguel Angel Lopez (Astana) befand sich in einer Verfolgergruppe die einem Trio Spitzenreiter Richard Carapaz (Movistar) n

31.05.2020Ackermann nimmt als erster Deutscher das Ciclamino mit heim

(rsn) – Gleich bei seiner ersten GrandTour überhaupt hat Pascal Ackermann (Bora – hansgrohe) geschafft, was vor ihm noch keinem seiner Landsleute beim Giro gelungen war. Der Landauer gewann 2019

30.05.2020Der Beginn von Marco Pantanis langem Leiden

(rsn) - Am Valentinstag, dem 14. Februar 2004, verstarb Marco Pantani in einem Hotelzimmer in Rimini an einer Überdosis Kokain. Doch so plötzlich sein Tod auch eingetreten ist, so elendig lang war d

29.05.2020“Il Falco“ demonstriert am Finestre seine Abfahrtskünste

(rsn) – Was haben Paolo Savoldelli, Alberto Contador und Simon Yates gemeinsam? Richtig, sie alle gewannen mindestens eine GrandTour. Alle trugen das Maglia Rosa beim Giro d’Italia. Und alle drei

28.05.2020Video-Rückblick: Simon Yates schlägt auch in Sappada zu

(rsn) - Nach der 15. Etappe des Giro d’Italia 2018 schien Simon Yates (Mitchelton - Scott) auf dem Weg zu seinem ersten Gesamtsieg bei einer GrandTour nicht mehr zu stoppen zu sein. In überragender

28.05.2020Bölts gewinnt überraschend die Königsetappe und rettet Telekom

(rsn) - Udo Bölts ist der Prototyp des selbstlosen Helfers, der Jan Ullrich durch die tiefsten mentalen Täler auf die schwersten Berge führte. Der Heltersberger ist aber auch ein großer Kämpfer.

27.05.2020Kluges verrückte letzte Minute in Cassano d´Adda

(rsn) - Beim Giro d’Italia 2016 räumten die deutschen Sprinter mit gleich sieben Etappensiegen groß ab. André Greipel war mit drei Tagessiegen dabei am erfolgreichsten, gefolgt von Marcel Kittel

25.05.2020Video-Rückblick: Schachmann gelingt Giro-Coup in Prato Nevoso

(rsn) - Vor zwei Jahren fuhr Maximilian Schachmann beim Giro d’Italia den bis dahin größten Erfolg seiner Karriere ein. Der damals für das belgische Team Quick-Step Floors fahrende Berliner gewan

24.05.2020Video-Rückblick: Dumoulin muss “austreten“, Nibali schlägt Landa

(rsn) – Die Königsetappe des Giro d`Italia 2017 hielt eine der skurrilsten Szenen der vergangenen Jahre parat. Der Gesamtführende Tom Dumoulin musste wegen eines menschlichen Bedürfnisses 33 Kil

24.05.2020Eichler war ab dem Passo Fedaia die Numero Nero

(rsn) – Den Giro d`Italia hat bisher noch kein Deutscher gewinnen können. Die Numero Nero der Italien-Rundfahrt für den Fahrer, der den letzten Platz im Schlussklassement belegt, dagegen schon. 2

Weitere Radsportnachrichten

02.05.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

01.05.2025Cort konnte das Tagwerk seiner Mannschaft nicht vollenden

(rsn) – Das hatte sich die  Equipe von Manager Thor Hushovd sicherlich anders vorgestellt. Nach der Überquerung der zweiten, steileren Passage des Feldberges war Uno – X Mobility bei der 62. Aus

01.05.2025Red Bull in Frankfurt geschlagen, aber nicht unzufrieden

(rsn) - Ohne Vorjahressieger Maxim van Gils, der noch immer an den Sturzfolgen vom Amstel Race leidet, ging Red Bull – Bora – hansgrohe beim 62. Eschborn-Frankfurt an den Start. Die Truppe um Jung

01.05.2025Schachmann: “Uno-X hat einen Fehler gemacht“

(rsn) – Sein letztjähriges Debüt bei Eschborn-Frankfurt beendete Maximilian Schachmann zeitgleich mit dem Sieger Maxim van Gils (damals Lotto, jetzt Red Bull – Bora – hansgrohe) auf dem 34. Pl

01.05.2025Denz: “Leider ging im Sprint die Tür links zu“

(rsn) – Auch diesmal spielte die dritte und letzte Überquerung des Mammolshainer Berges bei Eschborn-Frankfurt das Zünglein an der Waage. Nach einer Attacke von maximilian Schachmann (Soudal - Qui

01.05.2025Fortunato feiert Ausreißercoup, Baudin fährt ins Gelbe Trikot

(rsn) – Lorenzo Fortunato (XDS – Astana) hat die 2. Etappe der 78. Tour de Romandie gewonnen. Der Italiener setzte sich über 157 Kilometer rund um La Grande Béroche aus einer fünfköpfigen Aus

01.05.2025Eschborn-Frankfurt U23: Haugsted schlägt Landsmann Landsbo

(rsn) – Mit einem dänischen Doppelsieg endete die 60. Austragung der U23-Version von Eschborn-Frankfurt (1.2). Nach 129,9 Kilometern von Eschborn nach Frankfurt setzte sich Conrad Haugsted (ColoQui

01.05.2025Matthews holt sich vor der Alten Oper den heiß ersehnten Sieg

(rsn) - Als erster Australier seit Phil Anderson vor 40 Jahren hat Michael Matthews (Jayco – AlUla) den hessischen Klassiker Eschborn–Frankfurt gewonnen. Der kletterstarke Sprinter ließ im Spurt

01.05.2025Red Bull – Bora – hansgrohe startet globales Scoutingprogramm

(rsn) - Im Gegensatz zu anderen WorldTour-Teams setzt Red Bull – Bora – hansgrohe schon seit einigen Jahren konsequent auf frühzeitige Nachwuchsförderung. Mit dem U19-Team Auto Eder wurde 2021 e

01.05.2025Herzog erhält mit der Rückennummer 1 seine Freiheiten

(rsn) - Emil Herzog (Red Bull – Bora – hansgrohe) ist erst 20 Jahre alt, aber beim deutschen Frühjahrsklassiker Eschborn-Frankfurt trägt der junge Allgäuer die Nr. 1. “Das ist auf jeden Fal

01.05.2025Rutsch und Zimmermann teilen sich die Leaderrolle

(rsn) - Georg Zimmermann und Jonas Rutsch kommen zusammengerechnet auf bisher acht Starts bei Eschborn-Frankfurt. Zur 62. Ausgabe des 1.Mai-Klassikers treten die beiden Deutschen erstmals gemeinsam im

01.05.2025Nach Fahrerprotesten: 5. Etappe der Türkei-Rundfahrt abgesagt

(rsn) – Schon die gestrige Königsetappe der Türkei-Rundfahrt fand im Dauerregen statt. Nun haben sich die Wetterbedingungen offensichtlich nochmals verschlechtert. Nachdem die ersten 70 Kilometer

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Tour du Bénin (2.2, 000)
  • Cuarta Vuelta Bantrab (2.2, GUA)
  • Presidential Cycling Tour of (2.Pro, TUR)