Jüngster Ronde-Sieger seit Boonen 2005

Am Oude Kwaremont ließ Bettiol alle Favoriten stehen

Von Peter Maurer

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Alberto Bettiol gewinnt die Flandern-Rundfahrt 2019. | Foto: Cor Vos

07.04.2019  |  (rsn) - In der 103. Austragung der Ronde van Vlaanderen sorgte Alberto Bettiol (EF Education First) für den zehnten italienischen Erfolg. Der aus der Toskana stammende 25-Jährige feierte damit zugleich den ersten Profisieg seiner Karriere. Bei der letzten Überfahrt des Oude Kwaremont löste Bettiol sich aus der Gruppe der Favoriten und ließ nach 270 Kilometern zwischen Antwerpen und Oudenaarde das Radsportland Italien bei der Flandern-Rundfahrt erstmals seit 2007 wieder jubeln. Damals gewann Alessandro Ballan das zweite der fünf Radsport-Monumente.

"Das ist mein erster Sieg als Profi und hier in Belgien zu gewinnen, ist einfach verrückt", rief Bettiol von der Bühne der Siegerehrung vor tausenden begeisterten Fans, die ihn hochleben ließen. Zuvor hatte Bettiol eine formidable Mannschaftsleistung vollenden können. Mit gleich drei Fahrern stellte der US-Rennstall gemeinsam mit Deceuninck - Quick-Step das größte Kontingent in der Spitzengruppe, ehe der jüngste aus dem Trio antrat.

"Das waren die längsten 14 Kilometer meines Lebens. Es war eine tolle Teamleistung von uns. Sebastian Langeveld hat mich perfekt abgeschirmt und Sep Vanmarcke hat einen tollen Job abgeliefert, ein Champion, der sich voll für mich aufgeopfert hat. Wir sind nun ganz vorne zu finden und in Zukunft wird man noch viel mehr auf die rosa Trikots blicken", freute sich der Ronde-Gewinner von 2019 im Siegerinterview. "Ich habe mich richtig gut gefühlt am Kwaremont. (Sportdirektor) Andreas Klier sagte mir aus dem Auto, wenn du gehen kannst, dann mach es jetzt. Ich habe dann die Augen geschlossen und habe attackiert. Oben habe ich gesehen, dass der Vorsprung groß war. Aus dem Wagen habe ich nur gehört, dass ich Gas geben soll und das habe ich auch getan und am Paterberg nicht mehr viel verloren."

Zweiter wurde der Däne Kasper Asgreen von der hoch favorisierten Mannschaft Deceuninck – Quick-Step. Der 24-jährige Ronde-Debütant rollte 14 Sekunden hinter dem Sieger über die Ziellinie in Oudenaarde. Drei Sekunden später sprintete der Gent-Wevelgem-Gewinner Alexander Kristoff (UAE Team Emirates), auf den dritten Platz. Vierter wurde wohl der unbesungene Held des Tages, der Niederländer Mathieu van der Poel (Corendon - Circus), der sich nach einem schweren Sturz knapp 60 Kilometer vor dem Ziel wieder in die Gruppe der Favoriten zurückkämpfte und danach noch mehrmals attackierte.

Nils Politt (Katusha – Alpecin) landete als bester Deutscher auf dem fünften Platz. Der Kölner sprintete schneller als Michael Matthews (Sunweb), Oliver Naesen (AG2R La Mondiale) und Alejandro Valverde (Movistar), die die Plätze sechs bis acht belegten. Valverdes Helfer Jasha Sütterlin landete mit einem Rückstand von zwei Minuten auf Rang 22. John Degenkolb (Trek - Segafredo) beendete seine achte Ronde van Vlaanderen auf Platz 29.

So lief das Rennen:

270 Kilometer von Antwerpen nach Oudenaarde standen im Programm von "Flanderns Schönster". Nach der Neutralisierung durch die Diamantenstadt an der Scheldeging es schnell zur Sache und nach knapp 15 Kilometern konnte sich eine kleine Gruppe lösen, die aus dem Kanadier Hugo Houle (Astana), dem Niederländer Jesper Asselmann (Roompot - Charles), dem Franzosen Damien Touze (Cofidis) und dem Belgier Kenneth Van Rooy (Sport Vlaanderen – Baloise) bestand. Das Quartett erarbeitete sich schnell einen Vorsprung von zwei Minuten, allerdings war die französische Procontinental-Mannschaft Vital Concept – BB Hotels mit der Zusammensetzung an der Spitze noch unzufrieden. Doch nach zahlreichen Versuchen gaben die Franzosen auf, und das Feld ließ die vier Ausreißer endgültig fahren.

Nachdem sich das Quartett insgesamt achteinhalb Minuten an Vorsprung erarbeitet hatte, übernahmen Jumbo – Visma, Deceuninck – Quick-Step sowie AG2R La Mondiale die Kontrolle im Feld. Vor allem Pascal Eenkhoorn und Tim Declerq fuhren mehrere Rennstunden an der Spitze des Pelotons. Nach den ersten Kopfsteinpflasterpassagen schrumpfte der Vorsprung der vier Ausreißer auf sechs Minuten, diesem hielten sie aber tapfer bis zur ersten Durchfahrt von Oudenaarde.

Dort folgte Schreckmoment des Tages. In einem Sturz im Feld waren mehrere Fahrer der Direct Energie Mannschaft betroffen. Am schwersten erwischte es dabei ausgerechnet den Vorjahressieger Niki Terpstra. Der Niederländer musste mit einer Kopfverletzung das Rennen aufgeben und wird auch nächste Woche bei Paris–Roubaix fehlen.

Im Feld erhöhte dann das Team Deceuninck – Quick-Step mit Iljo Keisse das Tempo und reduzierte den Abstand zur Spitze um eine weitere Minute. Mit 2:30 Vorsprung ging das Quartett in die Kapelmuur in Geraardsbergen. Erstmals zeigten sich alle Favoriten im Feld vorne, als der Däne Magnus Cort (Astana) attackierte. Dahinter teilte sich das Peloton in zwei größere Gruppen. Die vordere umfasste gut 40 Mann und diese schlossen schnell zu Cort auf, stellten wenig später auch das Ausreißerquartett. Eine Minute lag maximal zwischen den zwei großen Gruppen, wobei vorne viele Kapitäne von ihren Helfern isoliert waren.

Von da an blieb die Rennsituation sehr hektisch und immer wieder bildeten sich kleinere Gruppen. So probierte es der Österreicher Lukas Pöstlberger (Bora – hansgrohe) gemeinsam mit Matti Breschel (EF Education First), Yves Lampaert (Deceuninck – Quick-Step) und Nelson Oliveira (Movistar). Doch auch dieses Quartett wurde wieder gestellt, genauso wie später der Slowene Matej Mohoric (Bahrain – Merida), der es am Kanarieberg mit einem Solovorstoß versuchte.

Durch die Arbeit von Marco Haller (Katusha – Alpecin) in der zweiten großen Gruppe schloss sich das Feld wieder zusammen. 60 Kilometer vor dem Ziel erwischte es dann van der Poel, der nach einem technischen Defekt vorne über sein Rad abstieg. Doch der Niederländer stieg nach dem bösen Sturz wieder auf und mit Hilfe seiner Teamkollegen fand er tatsächlich wieder den Anschluss an die Favoriten.

Am Paterberg lösten sich Stijn Vandenbergh (AG2R La Mondiale), Sep Vanmarcke (EF Education First) und Asgreen, die Zuwachs durch Dylan Van Barle (Sky) am Koppenberg bekamen. Dahinter sorgte der zweifache Flandern-Sieger Stijn Devolder (Corendon - Circus) für das Tempo und lancierte einen Angriff von van der Poel. Der Crossweltmeister schaffte aber den Sprung an die Spitze ebenso nicht wie später auch die beiden Deutschen Jasha Sütterlin (Movistar) und Nils Politt (Katusha – Alpecin).

Da sich noch viele Sprinter wie Kristoff, Fernando Gaviria (beide UAE Team Emirates) oder Arnaud Demare (Groupama – FDJ) in der Gruppe der Favoriten befanden, versuchten es viele Siegesanwärter wie Bob Jungels (Deceuninck – Quick-Step) oder Greg Van Avermaet (CCC) mit Attacken. Doch es war Bettiol, der den entscheidenden Antritt bei der letzten von drei Überquerungen des Kwaremont hinlegte und auch danach am Paterberg seinen Vorsprung behauptete, um die letzten 14 flachen Kilometern im Zeitfahrmodus zurückzulegen.

Letztlich langte es bei seiner vierten Teilnahme zum ersten Sieg, auch weil sich die Verfolger dahinter nicht einig waren, selbst als der Vorsprung auf rund zehn Sekunden geschmolzen war. So konnte sich der Italiener als jüngster Sieger seit Tom Boonen in die Palmares verewigen. Der Belgier, der 2005 die Ronde in Meerbeke für sich entschied, war damals 24 Jahre alt.

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