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06.11.2018 | (rsn) - Hallo aus Thana Datar, West-Sumatra, Indonesien! Auf der 3. Etappe über 150 Kilometer mit zwei Bergwertungen (darunter eine echte 1. Kategorie) und wie gewohnt drei Sprintwertungen durfte ich mich wieder in mein Lieblingstrikot kleiden, das Grüne für den Führenden in der Punktewertung.
Der war ich zwar nicht, aber da der Etappensieger von gestern auch Führender der Gesamtwertung ist und das Gelbe Trikot als höherwertig eingestuft wird, trug er dieses und ich stellvertretend grün. Letztes Jahr hatte ich das Punktetrikot auf 8 von 9 Etappen getragen, was hier im Rundfahrttross viele wissen. Start der Etappe war in Singkarak und die Strecke führte zunächst 1,5 Runden um den gleichnamigen, malerischen See, welcher der Rundfahrt ihren Namen gibt.
Mit dem Trikot auf den Schultern und als Zweitplatzierter der Gesamtwertung würde ich mir abschminken können, wieder in die Gruppe gelassen zu werden, dachte ich vor dem Start, und meine Beine hätten nach dem Husarenritt gestern auch nichts gegen einen Tag im Peloton. Doch als nach der Neutralisation direkt am 0 km-Schild die obligatorische Startattacke gefahren wurde, ging ich aus Reflex mit und befand mich sogleich in einer etwa 20-köpfigen Spitzengruppe. Die Philippiner von 7-Eleven waren zu dritt vertreten und machten auf der engen Straße ordentlich Tempo, so dass ich schon mit einem weiteren Tag in der Fluchtgruppe rechnete.
In solch einer verhältnismäßig großen Gruppe gibt es immer einige Fahrer, die nicht mitführen wollen, und dadurch entstehen Löcher, die die Harmonie zerstören und das Tempo drosseln. Wir hätten uns also mindestens halbieren müssen, damit die Gruppe eine Chance gehabt hätte. Das gelang jedoch nicht und so wurden wir nach zehn Kilometern, noch vor Beginn der ersten Bergwertung, wieder eingeholt. Schade, aber besser für meine Beine. An der Bergwertung machten sich drei Mann aus dem Staub und unten nach der Abfahrt stiefelte ihnen Peter Förster mit einem Begleiter hinterher.
Er hat wohl aufmerksam meinen Bericht von gestern gelesen, als ich ebenfalls nach der ersten Bergwertung mit Begleitern nach vorne zur Spitze gefahren war, und genau wie gestern fanden sie sich dort zu einer fünfköpfigen Gruppe zusammen. Im Feld begann die Mannschaft des Gelben das Tempo zu kontrollieren und den Abstand bei drei bis vier Minuten zu halten. Nun hatte ich endlich Gelegenheit, meinen Teamkollegen Lex Nederlof nach dem Verbleib von Matej Drinovec zu fragen, den ich noch nicht einmal gesehen hatte, was sehr ungewöhnlich für ihn ist. Normalerweise fährt er nämlich von Beginn an vorne und wir wechseln uns beim Attacken mitgehen und Gruppen besetzen gut ab.
Wie ich befürchtet hatte, war er gestürzt, und zwar schon nach 500 Metern in der ersten Kurve des Rennens, als der Fahrer direkt vor ihm weggerutscht war und er keine Chance gehabt hatte, auszuweichen. Als er nach langer Aufholjagd endlich mit einigen Schürfwunden zurück im Feld war, kündigte er an, er würde ins Auto steigen, da ihm schwindelig wäre und er Knie- und Fußgelenksschmerzen hätte. Wir konnten ihn jedoch etwas beruhigen und zum Weiterfahren überreden, was er mit zusammengebissenen Zähnen auch tat. In einem Radrennen kann man sich leider nicht wie in anderen Sportarten auswechseln lassen oder sich theatralisch auf dem Boden wälzen, um Zeit zu schinden, man muss sich stattdessen schinden.
Als wir vom See wegfuhren, begannen die Nervosität und das Gedränge im Feld spürbar zu steigen, da jeder wusste, dass nun der Anstieg der 1. Kategorie über mehr als 500 Höhenmeter und somit als Scharfrichter der Etappe anstand. Ich orientierte mich ganz nach vorne und überstand dort die ersten Kilometer, aber als die Bergfahrer etwa vier Kilometer vor dem Gipfel Ernst machten, war es um mich geschehen. Der Kraftakt vom Vortag steckte mir doch mehr in den Beinen, als ich wahrhaben wollte und ich stand plötzlich wie ein Eimer. Nachdem mich etwa die Hälfte des Pelotons passiert hatte, konnte ich mich wieder fangen und einige Plätze gut machen.
Auf der Kuppe befand ich mich in einer abgehängten Gruppe und versuchte zusammen mit Lex das Tempo hochzuhalten, um vielleicht wieder nach vorne zu kommen, aber es war aussichtslos. Daher beschloss ich am Ende der langen Abfahrt, als noch 30 Kilometer zu fahren waren, mein Rennen für heute zu beenden und gab mich ebenfalls der allgemeinen Lethargie hin, die in meiner lustlosen Gruppe herrschte. Getreu nach der alten Weisheit "Bist du nicht ganz vorn, spare jedes Korn“. Nun hatte ich etwas Zeit, bewusst die schöne Landschaft zu genießen, wozu man sonst im Rennen eher selten kommt.
Mit etwas mehr als zehn Minuten Rückstand auf den Sieger rollte ich entspannt ins Ziel. Peter wurde vorne von dreien seiner Fluchtkollegen am Anstieg abgehängt, rettete sich jedoch noch als Vierter über die Bergwertung und im stark dezimierten Hauptfeld ins Ziel. Bike Aid hatte mit Nikodemus Holler auf einem starken dritten Platz und dem Gewinn der Tagesteamwertung ein Erfolgserlebnis, nachdem sie gestern einen sehr gebrauchten Tag hatten.
Da war nämlich erst ihr Teambus, zum Glück ohne die Fahrer an Bord, bei einem Unfall auf die Seite gekippt, und dann wurde noch ein Fahrer nach dem Rennen irrtümlicherweise disqualifiziert. Zum Glück konnten sie das Missverständnis nach Rücksprache mit den Kommissären aufklären und der Fahrer durfte im Rennen bleiben.
Ein malaysisches Team musste heute kollektiv die Segel streichen, nachdem alle Fahrer von einem Magen-Darm-Virus erfasst wurden - hier eine Gefahr, der man sich stets bewusst sein muss. Ich hatte dieses Jahr im April bei der Tour of Lombok ebenfalls damit zu kämpfen, es kann einen jederzeit erwischen.
Für die 4. Etappe steht die berühmt-berüchtigte Ankunft "44 Kelok“ in der Rennbibel, was es damit auf sich hat, erfahrt ihr morgen.
Geschenk des Tages: eine Packung indonesischer Kaffee, für mich als Nicht-Kaffee-Trinker leider unbrauchbar.
Morgen gleiche Stelle, gleiche Welle
Gez. Sportfreund Radbert
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