Die neue Helm-Kampagne von Verkehrsminister Scheuer - Kommentar

“Looks like shit. But saves my life“: Echt jetzt?

Von Wolfgang Preß

Foto zu dem Text "“Looks like shit. But saves my life“: Echt jetzt?"
Die hier gezeigten Bilder sind die “offiziellen“ Plakat-Motive der Kampagne, die ab morgen in allen deutschen Großstädten zu sehen sind. | Foto: BMVI/ Rankin Photography Ltd

25.03.2019  |  Am vergangenen Freitag präsentierte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die neue Kampagne seines Ministeriums zum Dauer-Thema Fahrradhelm tragen. Das Motto der in Kooperation mit Heidi Klums Model-Quäl-Show „Germany’s next Topmodel“ (GNTM) und Mode-Fotograf Rankin entstandenen Motiv-Serie lautet allen Ernstes: „Looks like shit. But saves my life.“

Um den Satz noch besser wirken zu lassen, kann man ihn sich mal auf Deutsch
zu Gemüt führen: "Schaut Scheiße aus. Rettet aber mein Leben." Das soll junge Leute ernsthaft animieren, einen Helm aufzusetzen? Eine spontane, selbstverständlich nicht repräsentative Umfrage im Freundes- und Bekanntenkreis meiner beiden Söhne (18 und 20 Jahre alt - also genau die Zielgruppe der Kampagne, 17 - 30 J.) ergab: Scheiße sind eher Motto und Motive der ambitionierten Kampagne...

Eine Auswahl der Kommentare: "Warum tragen die im Bett einen Helm?"; "Ein Radhelm rettet mein Leben? Echt jetzt?"; "Fährt man diese Saison in Unterwäsche Rad?"; "Die haben ja wirklich die häßlichsten Helme ausgesucht... Mein Helm ist cool!"; "Ist es bei GNTM so gefährlich, dass die jetzt alle Helm tragen müssen?"

Das sind jetzt noch die originelleren Anmerkungen.
In den (a)sozialen Medien waren noch ganz andere Sachen zu lesen. Und man kann sich schon fragen, ob den über zehn beteiligten Werbern einer Top-Agentur wie Scholz + Friends zu so einem wichtigen Thema nicht mehr einfällt.

Immerhin hatte man dort ja ganz richtig erkannt, wo das Problem liegt: „Die entscheidende Herausforderung war, mit der Botschaft ‚Deine Eitelkeit darf nicht wichtiger sein als dein Leben‘ zu jungen Frauen durchzudringen. Sie sind laut Statistik am schwersten davon zu überzeugen, einen Fahrradhelm zu tragen", sagt Lars Cords, Partner und "Chief Content Officer" der Hamburger Werber.

Aber ob "Germany’s next Topmodel" tatsächlich "das ideale Umfeld"
ist, um die Zielgruppe 17- bis 30-jährige zu erreichen, "und der Botschaft mit Unterstützung einer echten Fashion- und Style-Instanz nochmal Nachdruck zu verleihen" (so Cords weiter) - diese Frage kann, ja muss man stellen.

Und wenn GNTM schon sein muss - warum dieser negative Slogan? Dazu die wirklich häßlichen Helme? Die Helm-Hersteller werden sich für die Unterstützung Scheuers bedanken. Als ob es mittlerweile nicht wirklich coole Radhelme gäbe. Die setzen die Kids dann auch auf. Vielleicht wäre das ja ein positiver Ansatzpunkt gewesen: "Mein Helm ist cool" oder so als Motto - und dazu die entsprechende Auswahl...

Ein Argument gegen den Radhelm,
das man (nicht nur, aber vor allem) von den Mädels hört, ist die Frisur. Da kann tatsächlich der Helm zum Problem werden, ohne Frage. Hier hatte Scholz + Friends schon 2017 eine gute Idee: Die Helm-Frisur wurde mit dem Hashtag #helmethairstyle zum Fashion-Statement erklärt. Warum jetzt so negativ?

Meine Theorie, warum nur 28 Prozent der Fahrradfahrer/innen im Alter zwischen 17 und 30 Jahren einen Helm tragen (so die im Rahmen der Kampagne im Februar durchgeführte, repräsentative Online-Befragung) - in einem Alter, "in dem das Aussehen eine größere Rolle spielt" (so das BMVI) - ist jedoch eine andere.

Wer am Wochenende mit dem Rad unterwegs ist,
dem fällt die große Zahl radelnder Familien auf, die eines gemeinsam haben: Die Kinder tragen brav Helm, die Eltern fahren ohne. Ich frage mich dann immer, wie man seine Kinder dazu bringt, bzw zwingt, etwas zu tun, wozu man selber nicht bereit ist.

Das oft gehörte Argument der Eltern: "Wir können ja radfahren, für die Kinder ist es viel gefährlicher". Und was ist mit dem Auto, das die Vorfahrt mißachtet, die Fahrertür, die plötzlich geöffnet wird, und etliches mehr? Das einzige, was Kinder dabei lernen: "Wenn ich groß bin, muss ich auch keinen Helm mehr tragen!"

Und genau so passiert es dann auch:
Nicht erst "in dem Alter, in dem das Aussehen eine größere Rolle spielt" (BMVI), tragen Jugendliche keinen Helm mehr, sondern in dem Alter, in dem sie sich von ihren Eltern immer weniger sagen lassen. Warum sollten sie weiterhin etwas tun, was ihnen ihre Eltern nicht vorgelebt haben?

In unserer Familie gab's auch immer wieder Diskussionen um das Radeln mit Helm. Meine Frau und ich waren froh, dass wir nie das Argument "Ihr fahrt ja auch ohne!" hören mussten. Das Thema hatte sich dann weitgehend erledigt, als der Große auf dem Schulweg an einer Baustellenausfahrt von einem Laster vom Rad geholt wurde.

Immerhin hatte der Fahrer noch rechtzeitig gebremst,
und Luis nur leicht touchiert. Der flog auf die mit Kieseln bedeckte Einfahrt, hatte gottseidank nur ein aufgeschürftes Knie und eine Gehirnerschütterung - aber auch ein kinderfaustgroßes Loch im Helm, wo er auf einen Stein am Pflaster geprallt war. Der Notarzt meinte nur trocken: "Ein schönes Beispiel, wie Fahrradhelme Leben retten."

Der Helm mit dem Loch liegt heute noch auf unserer Garderobe, zusammen mit seinen intakten Brüdern. Immer wenn es seit Luis' Unfall Versuche der Buben gab, sich mal ohne Helm davonzuschummeln, habe ich ihn heruntergeholt. Mehr war selten nötig - trotz Freundinnen, und Kumpels, die (angeblich...) immer ohne Helm fahren...

Wie ist Ihre Meinung zu Andreas Scheuers neuer Helm-Kampagne? Schreiben Sie uns: jedermann@radsport-news.com
Wir werden in den nächsten Tagen die interessantesten, spannendsten, lustigsten Ihrer Kommentare sammeln und online stellen. Schon mal vielen Dank für Ihre Beteiligung!

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