Freundschaftsdienst in der Abfahrt vom Port de Balés

König verdankt auch Kluge seinen Sprung auf Rang sieben

Von Felix Mattis aus Bagnères-de-Luchon

Foto zu dem Text "König verdankt auch Kluge seinen Sprung auf Rang sieben"
Leopold König (NetApp-Endura) ist jetzt Gesamtsiebter der Tour de France. | Foto: Cor Vos

22.07.2014  |  (rsn) - Als Leopold König am Ende der Abfahrt vom Port de Balés plötzlich wieder im Fernsehbild auftauchte, weil er von hinten an die Gruppe des Gelben Trikots heranrollte, staunten die Beobachter im Zielbereich in Bagneres-de-Luchon nicht schlecht. Es hatte tatsächlich jemand geschafft, die Abfahrt schneller zu bewältigen als die Gruppe der besten Klassementfahrer, die von Alejandro Valverdes Movistar-Helfern hinuntergejagt wurde.

„Ich habe meine Bremsen oben ausgeklinkt und bin ohne sie heruntergefahren“, scherzte König später am Mannschaftsbus. Das war natürlich nicht die Wahrheit, doch die servierte der Tscheche den wissbegierigen Medienvertretern sofort im Anschluss: „Gleich am Anfang der Abfahrt habe ich meinen Freund Roger Kluge eingeholt, der mir dann sehr geholfen hat. In den flacheren Abschnitten war ich vorne, aber wenn es schnell wurde, hat er die Aeroposition eingenommen - und mit seinen 85 Kilo ist er dann sehr schnell!“

Soweit wäre das nichts Besonderes, wenn Kluge und König im selben Team fahren würden. Doch seit der Deutsche für 2014 beim Schweizer Team IAM unterschrieben hat, ist das nicht mehr der Fall. Trotzdem erinnerte er sich an die schöne gemeinsame Zeit im vergangenen Jahr bei NetApp. „Das letzte Jahr war sicher eines, das ich gebraucht habe - und das heute war eine Art, Danke dafür zu sagen, dass mir Ralph Denk Ende 2012 noch eine Chance gegeben hat, obwohl das Team schon voll war“, erklärte Kluge.

Der 28-Jährige hatte in der 21-köpfigen Ausreißergruppe des Tages gesessen und war mit rund zehn Minuten Vorsprung in den Ehrenkategorie-Anstieg eingefahren, um kurz vor dem Gipfel von den besten Klassementfahrern überholt zu werden. „Ich habe auf den letzten drei, vier Kilometern immer nach hinten geguckt, weil ich damit geliebäugelt habe, mit den Großen über den Gipfel zu fahren und mal zu schauen, wie es bei denen so abläuft“, sagte er. Vincenzo Nibali (Astana) und Co. kamen allerdings einen Tick zu früh heran und waren zu schnell.

„Als ich dann über den Berg war, habe ich das Trikot zugemacht und da kam Leo an mir vorbei. Er ist aggressiv gefahren und ich habe mir gedacht, dass er sicher noch nach vorne hinfahren will. Also bin ich mit ihm zusammengefahren. Es hat einfach Spaß gemacht und mich gefesselt!“

König, so erzählte Kluge außerdem, war im Dezember 2012 der erste Zimmerkamerad des Deutschen, als er im Trainingslager zur NetApp-Mannschaft hinzustieß. „Er ist ein vernünftiger Junge, wir sind gleich alt und haben uns schnell gut verstanden.“

Dieser vernünftige Junge ist einer, der mit Köpfchen und einer guten Wahrnehmung für die Signale seines eigenen Körpers fährt. Das Display seines SRM-Gerätes hat er abgeklebt, weil ihn die Zahlen während des Rennens nur verrückt machen würden, erklärte er. Anders als etwa ein Chris Froome (Sky), der ständig auf seine Wattwerte achtet und fast computergesteuert fährt, verlässt sich König auf sein Gefühl. Deshalb ist er auch im Anstieg zum Port des Balés nicht mitgefahren, als Thibaut Pinot (FDJ.fr) die Favoritengruppe sprengte.

„Sie waren zu explosiv für mich, also bin ich mein Tempo gefahren“, so König. „Oben am Gipfel war ich in einer Gruppe mit Zubeldia und Ten Dam etwa 20 Sekunden zurück, denke ich. Beide lagen in der Gesamtwertung direkt hinter mir und ich wusste, dass Ten Dam kein besonders guter Abfahrer ist. Also bin ich sofort Vollgas gefahren, um ihn abzuhängen.“ Das klappte, und dann kam Kluge.

Der Deutsche glaubt, dass König in den Top 10 bleiben wird. „Es kommt darauf an, was er im Zeitfahren verliert. Das war nie seine Stärke. Aber jetzt, wo er da vorne dabei ist, wird er hoch motiviert sein“, so Kluge über seinen ehemaligen Teamkollegen, der auf Gesamtrang elf inzwischen 3:06 Minuten Vorsprung und auf Platz sechs nur sieben Sekunden Rückstand hat.

Tatsächlich ist König kein Zeitfahrass, doch bei der Vuelta im vergangenen Jahr, die er als Gesamtneunter beendete, belegte er in Tarazona immerhin Rang elf und schlug dabei unter anderem den späteren Gesamtsiebten Pinot - auf einem Kurs, der ähnlich schwer, aber 16 Kilometer kürzer war, als der von Perigueux am kommenden Samstag.

Sollte es für König in Paris zum anvisierten Top-Ten-Resultat oder sogar in Richtung Top 5 reichen, Kluge hätte einen gewissen Anteil an diesem Ergebnis. „Vielleicht sehe ich am Ende der Tour ein Stück von seinem Kuchen“, lachte der Deutsche deshalb.

Mehr Informationen zu diesem Thema

04.12.20143,5 Millionen Zuschauer beim Grand Départ der Tour in England

(rsn) – Den Grand Départ der diesjährigen Tour de France in Großbritannien erlebten nach Angaben der Tourismus-Agentur „Welcome to Yorkshire“ 3,5 Millionen Menschen entlang der Strecke mit. A

12.11.2014Froome: Nach der Frust-Tour machte die Vuelta Mut für 2015

(rsn) – Trotz der misslungenen Titelverteidigung bei der Tour de France ist Chris Froome (Sky) mit seiner Saison 2014 alles in allem zufrieden. Und auch, wenn er nach mehreren Stürzen schon früh v

25.09.2014Cavendish möchte die Tour de France nie mehr verpassen

(rsn) – Fast drei Monate nach seinem Sturz beim Grand Départ der Tour de France spürt Mark Cavendish (Omega Pharma-Quick Step) noch immer die Nachwirkungen. Der Brite hatte sich bei einem schweren

02.09.2014Keine positiven Tests bei der Tour de France

Berlin (dpa) - Alle Dopingtests der diesjährigen Tour der France waren negativ, teilte der Internationale Radsport-Verband (UCI) mit. Insgesamt wurden bei der Tour 719 Proben genommen, im Vorj

06.08.2014Denk: „Wir wollen 2015 zur Tour de France zurückkehren"

(rsn) - Nach dem erfolgreichen Debüt seiner Mannschaft bei der Tour de France äußert sich NetApp-Endura-Teammanager Ralph Denk im Interview mit radsport-news.com zu den sportlichen Zielen für den

04.08.2014Andy Schleck geht es „den Umständen entsprechend gut“

(rsn) – Knapp einen Monat nach seiner Knie-OP geht es Andy Schleck „den Umständen entsprechend gut“, wie der Trek-Profi am Rande des von Ag2R-Profi Ben Gastauer Kriteriums Gala Tour de France i

02.08.2014Gesehen und getroffen!

(rsn) - Das traf sich aber gut: Gerade wollte ich loslegen und den Radsport-News-Lesern noch ein paar Episoden meiner privaten TdF-Pyrenäen-Woche schildern, da kommt die Meldung, dass bei der Tour dÂ

29.07.2014Nibalis Tour-Sieg gibt Rückenwind für Nasarbajews Sportprojekte

(rsn) – Berlin (dpa) - Der Sieg von Vincenzo Nibali bei der Tour de France hat seinen kasachischen Geldgebern weiteren Rückenwind bei den ehrgeizigen Projekten verschafft. Großes Ziel ist der Zus

28.07.2014Majka: „Wir haben uns einen neuen Plan A ausgedacht"

Das Ergebnis kann sich sehen lassen, obwohl zunächst nichts darauf hingedeutet hatte, dass Rafal Majka auf den Bergetappen der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt zu den Hauptakteuren gehören

28.07.2014OP-QS und Tinkoff-Saxo feiern je drei Siege, Sky erlebt Desaster

(rsn) - Drei harte Wochen Tour de France liegen hinter den Fahrern. Zeit für radsport-news.com, in einer vierteiligen Reihe Bilanz zu ziehen. Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erw

28.07.2014Tour-Sieger Nibali ist Italiens neuer Sportheld

Paris (dpa) - Nach 16 Jahren haben die Italiener wieder einen Tour-de-France-Sieger. Entsprechend überschwänglich waren die Reaktionen nach dem Triumph von Vincenzo Nibali (Astana). Der neue

28.07.2014Kehrt die Tour nach Deutschland zurück?

(rsn) – Kehrt die Tour de France nach Deutschland zurück? Geht es nach Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster, dann definitiv ja. Das Stadtoberhaupt traf sich laut den Westfälischen Na

Weitere Radsportnachrichten

04.11.2025Visma holt MTB-Talent Sadnik auf die Straße und Riedmann geht

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

04.11.2025Van Aert zieht erneut Klassiker-Vorbereitung dem Cross vor

(rsn) – Wenn man in zwei Bereichen besonders talentiert ist, hat man oft die Qual die Wahl. Offenbar hat Wout van Aert (Visma – Lease a Bike), dreifacher Cross-Weltmeister (2016, 2017 und 2018) u

04.11.2025Van der Poel begleitet Van Avermaet beim Triathlon-Training

(rsn) – Die Eigentümer von Alpecin – Deceuninck, Philip und Christoph Roodhooft wird’s freuen: Nachdem ihr Starfahrer Mathieu van der Poel mit dem Training für seine kommende Cross-Kampagne b

04.11.2025Matthews: “Fühle mich noch immer wie 25“

(rsn) – Bis Anfang November hat es gedauert, dass die Vertragsverlängerung von Michael Matthews beim australischen Team Jayco – AlUla bekanntgegeben wurde. Dabei sollen die Verhandlungen und Gesp

04.11.2025Iserbyt-Teamchef: “Wir denken nicht mehr an eine schnelle Rückkehr“

(rsn) – Obwohl der Cross-Winter bereits in vollem Gange ist, fehlt immer noch einer der Protagonisten der vergangenen Jahre auf den Start- und Ergebnislisten. Während Teamkollege Michael Vanthoure

04.11.2025Wellens erzählt von Pogacars Knieproblemen bei der Tour

(rsn) – Tim Wellens hat in einem Interview mit der französischen Sporttageszeitung L´Equipe konkreter über die Schwierigkeiten von Teamkollege Tadej Pogacar in der Schlusswoche der Tour de France

04.11.2025Rückkehrer, Gravel-Erfolg, ein Belgier und U23-Fahrer auf dem Sprung

(rsn) – 139 Fahrer haben sich mit unserem neuen Punktesystem für die Radsport-News-Jahresrangliste 2025 qualifiziert. Nicht alle können wir in den letzten zwei Monaten des Jahres auch mit komple

04.11.2025Reif für den Zirkus? Leknessund glänzt auf der Bühne

(rsn) - Andreas Leknessund hat auch im kommenden Jahr noch einen Vertrag beim norwegischen Team Uno-X Mobility. Doch auch wenn dieser Kontrakt ausläuft und nicht verlängert werden sollte - wovon bei

04.11.2025Aus Meijering wird künftig Meijer

(rsn) - Die Niederländerin Mareille Meijering wird künftig unter dem Namen Mareille Meijer unterwegs sein. Die 30-jährige Teamkollegin von Liane Lippert und Marlen Reusser beim spanischen Movistar-

04.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Urvater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt

03.11.2025Roglic über Lipowitz: “Natürlich kann er mithalten“

(rsn) – Für Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) ging die Saison endgültig mit dem Tour-Kriterium in Singapur zu Ende. Der 35-Jährige feierte 2025 – aus seiner Sicht - "nur“ drei

03.11.2025Van der Poel testet noch unveröffentlichtes Canyon-Rad

(rsn) - Mathieu van der Poel (Alpecin - Deceuninck) wurde bei einer Trainingsausfahrt auf einem noch unveröffentlichten Canyon-Rad gesichtet. Der Niederländer, der auch in Spanien einen Wohnsitz hat

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine