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21.07.2011 | (rsn) – Andy Schleck (Leopard-Trek) hat auf der denkwürdigen Königsetappe der 98. Tour de France zum großen Schlag ausgeholt und am Col du Galibier in 2.645 Metern Höhe als Solist triumphiert. Der Franzose Thomas Voeckler (Europcar) verteidigte sensationell mit 15 Sekunden Vorsprung auf den Luxemburger sein Gelbes Trikot. Der Spanier Alberto Contador (Saxo Bank-SunGard) büßte dagegen 3:50 Minuten auf den Tagessieger ein und kann nach einem Einbruch auf den letzten beiden Kilometern seine Hoffnungen auf die Titelverteidigung wohl begraben.
2:07 Minuten hinter Andy Schleck rundete sein Bruder Fränk als Etappenzweiter den Tag der Luxemburger ab. Dagegen kassierten die Spanier eine schwere Schlappe, denn auch Olympiasieger Samuel Sanchez (Euskaltel) brach in der 23 Kilometer langen Schlusssteigung ein. Eine starke Vorstellung über die 200,5 Kilometer lange 18. Etappe vom italienischen Pinerolo zurück nach Frankreich hinauf zum Galibier bot auch Cadel Evans (BMC), der sich vor dem Italiener Ivan Basso (Liquigas-Cannondale) Rang drei sicherte. Voeckler wurde Fünfter und setzte damit seine unglaubliche Erfolgsserie bei dieser Tour fort.
„Viele haben an meiner Form gezweifelt, ich aber nicht. Ich war sehr motiviert auch durch die vielen Fans entlang der Strecke“, sagte Andy Schleck und bezeichnete seinen dritten Tour-Etappensieg als „bisher schönsten. Ich bin sehr, sehr stolz auf meinen Sieg heute.“
Fränk Schleck, der sich darauf beschränken konnte, in der Verfolgergruppe das Tempo mitzugehen, um sich erst mit einem Antritt kurz vor dem Ziel den historischen Doppelsieg des luxemburgischen Brüderpaars perfekt zu machen, ergänzte: „Wir haben gezeigt, dass wir eine große Mannschaft sind und der Teamgeist stimmt. Das hat man an der Art gesehen, wie wir heute gefahren sind“, erklärte der Luxemburgische Meister und fügte an, dass der Angriff seines Bruders lange geplant war. „Er hat vor drei Tagen schon gesagt, dass er es auf der heutigen Etappe mit einer frühen Attacke probieren will.“
Im Gesamtklassement führt Voeckler nun vor Andy (+0:15) und Fränk Schleck (+1:08). Evans ist Vierter (+1:12) vor den beiden zeitgleichen Italienern Damiano Cunego (Lampre-ISD) und Basso (beide +3:46). Contador ist nur noch Siebter, bei nun bereits 4:44 Minuten Rückstand auf Voeckler. Samuel Sanchez fiel von Platz fünf auf Rang acht zurück.
Ein völlig entkräfteter Voeckler sagte unter dem Jubel der französischen Fans: "600 Meter vor dem Ziel habe ich keine Luft mehr gekriegt - ich kann nicht sagen, was morgen in L`Alpe d`Huez wird."
Der Respekt der noch 169 Starter vor den 4.000 Höhenmetern der Königsetappe dieser Tour de France zeigte sich auch darin, dass es bis zum Rennkilometer 15 dauerte, ehe unter wolkenlosem Himmel und milden Temperaturen von gut 20 Grad die ersten Attacken erfolgten.
Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von erneut über 50 km/h wurden bis kurz vor der Sprintwertung in Verzuolo bei Kilometer 46,5 alle Ausreißversuche vereitelt. Dann lösten sich erst sieben Fahrer, kurz darauf kamen neun weitere dazu. Auf der bereits leicht ansteigenden Straße hinauf zum Col Agnel wuchs der Vorsprung auf das Feld bis Kilometer 60 auf fast fünf Minuten an.
Der Ire Nicoals Roche (Ag2R) war auf Position 21 des Gesamtklassements (14:06 Minuten hinter Voeckler) der bestplatzierte der Gruppe, in der Leopard Trek (mit dem Belgier Maxime Monfort und dem Niederländer Joost Posthuma) und Euskaltel (mit den beiden Spaniern Ruben Perez und Pablo Urtasun) jeweils zwei Fahrer platzieren konnten. Dazu kamen die Niederländer Maarten Tjallingii (Rabobank) und Johnny Hoogerland (Vacansoleil-DCM) der Litauer Ramunas Navardauskas (Garmin-Cervélo), der Kasache Maxim Iglinskiy (Astana), die Spanier Markel Irizar (RadioShack) und Imanol Erviti (Movistar), der Belgier Dries Devenyns (Quick Step), der US-Amerikaner Brent Bookwalter (BMC), der Kolumbianer Leonardo Duque (Cofidis), der Deutsche Danilo Hondo sowie als einziger Franzose Anthony Delaplace (Saur Sojasun). Bis auf Contador hatten alle Favoriten damit mindestens einen Helfer in der Fluchtgruppe dabei – das konnte man schon als Fingerzeig für den Verlauf der Etappe sehen.
Noch vor dem Anstieg zum Agnel hatten noch Marcus Burghardt (BMC), der Russe Egor Silin (Katjuscha) und der Franzose Mickael Delage (FDJ) nach einer mehr als 20 Kilometer langen Aufholjagd zur Spitzengruppe aufgeschlossen, die damit insgesamt 19 Fahrer umfasste.
Im Feld hatte zu diesem Zeitpunkt längst Europcar die Kontrolle übernommen und den Abstand auf die Ausreißer bis auf über acht Minuten anwachsen lassen. Im 23,7 Kilometer langen Anstieg zum Agnel blieb die Rennsituation zunächst stabil. Erst im oberen, rund zehn Prozent steilen Abschnitt, erfolgten Attacken aus dem Feld, die jedoch von Leopard vereitelt wurden. So probierten es unter anderem Philippe Gilbert (Omega Pharma-Lotto), Remy di Gregorio (Astana), Levi Leipheimer (RadioShack) und Robert Gesink (Rabobank). In Folge der Tempoverschärfung bildete sich ein Grupetto, in dem sich vor allem die Sprinter sammelten.
Auch an der Spitze sorgte Leopard durch Montfort und Posthuma für hohes Tempo, was die Gruppe auf elf Fahrer zusammen schrumpfen ließ. Den mit 2.744 Meter hohen höchsten Punkt dieser Tour überquerte Iglinskiy als Erster vor Hoogerland und Devenyns und sicherte sich damit 20 Bergpunkte. Schon ein ganzes Stück vor dem Gipfel des Agnel bewegte sich Contador überraschenderweise im hinteren Teil des kleiner gewordenen Feldes. Schon hier wirkte der Madrilene wenig souverän.
4:40 hinter der Spitze überquerte die Gruppe Gesink (Rabobank) das Dach der Tour 2011, eine weitere Minute dahinter schlängelte sich das Feld über den Gipfel und machte sich auf die lange Abfahrt, an deren Ende die Gruppe um Gesink sowie die abgehängten Ausreißer um Burghardt und Hondo wieder eingeholt waren.
Im 14,1 Kilometer langen Col d'Izoard bereiteten schließlich die Routiniers Jens Voigt und Stuart O’Grady das Terrain für ihren Kapitän. Rund sieben Kilometer vor dem Gipfel zog Andy Schleck aus der Favoritengruppe davon, aus der keinerlei Reaktion erfolgte. Contador schickte seinen Helfer Daniel Navarro nach vorn und spannte sich hinter seinen Landsmann. Das Saxo Bank-Duo erhielt dann noch Unterstützung von Evans’ BMC-Team. Aber auch mit vereinten Kräften gelang es den Verfolgern nicht, Schleck wieder einzufangen.
Fast zeitgleich mit dem zweimaligen Tour-Zweiten hatte Iglinskiy aus der Spitzengruppe heraus attackiert und sich als Erster auch am Izoard auf 2.360 Metern Höhe weitere 20 Punkte gesichert. Danach folgten Roche sowie Monfort und nur 1:50 Minuten hinter Iglinskiy bereits Andy Schleck, der auf den ersten Metern der Abfahrt an seinen belgischen Helfer heran kam. Die Gruppe um Evans, Contador und das Gelbe Trikot hatte am Gipfel 2:15 Minuten Abstand zum Luxemburger.
Schleck und Monfort schlossen zu Roche, Silin und Devenyns auf und jagten Iglinskiy, dessen Vorsprung schnell sank. 35 Kilometer vor dem Ziel musste Contador in der Anfahrt zum Galibier sein Rad wechseln. Und auch danach lief es nicht viel besser, denn die Schleck-Gruppe baute ihren Vorsprung auf 3:20 Minuten am Fuße des Galibier aus, obwohl BMC und Saxo Bank mehrere Fahrer an die Spitze der Verfolgergruppe schickten.
Nach einer Absprache von Contador mir Samuel Sanchez beorderte der Olympiasieger auch noch zwei seiner Helfer mit in die Führung, doch es half nichts. 30 Kilometer vor dem Ziel holte die Schleck-Gruppe, in der vor allem der starke Zeitfahrer Monfort das Tempo machte, auch Iglinskiy ein und bildete damit die Spitze des Rennens. Zu diesem Zeitpunkt fuhr der zweimalige Tour-Zweite bereits im virtuellen Gelben Trikot. 17,5 Kilometer vor dem Ziel musste sich der erschöpfte Monfort im unteren Teil des 23 Kilometer langen Schlussanstiegs ebenso wie Devenyns zurückfallen lassen.
Knapp 13 Kilometer vor dem Ziel zeigte in der Verfolgergruppe zumindest Evans mit einer ersten Attacke, dass er nicht gewillt war, die Etappe kampflos abzugeben. Dagegen war von Contador und auch von Voeckler nichts zu sehen. Der dreifache Toursieger hatte genug damit zu tun, das Tempo der Gruppe mitzugehen. Voeckler und sein Helfer Pierre Rolland beschränkten sich ebenso wie Fränk Schleck, Basso und Cunego darauf, den Tempoforcierungen des BMC-Kapitäns zu folgen.
Kurz hinter dem Col du Lautaret schüttelte Andy Schleck mit Iglinskiy auch noch den letzten seiner Begleiter ab und strebte unaufhaltsam dem Ziel entgegen. 3:30 Minuten dahinter zog Evans die Verfolgergruppe über den Lautaret – und machte weiter unaufhörlich Tempo. Dem fielen in den steilen letzten Kilometern zunächst Sanchez, der US-Amerikaner Tom Danielson (Garmin-Cervélo) und der Belgier Jelle Vanendert (Omega Pharma-Lotto) zum Opfer – und gut zwei Kilometer vor dem Ziel auch Contador, der regelrecht einbrach und im Ziel nur Fünfzehnter war.
Auch Andy Schleck hatte auf den letzten Kilometern schwer zu kämpfen und konnte nicht verhindern, dass sein Vorsprung noch um mehr als zwei Minuten abnahm. Den Triumph am Galibier konnte das zwar nicht trüben, aber das zweite große Ziel des Tages – das Gelbe Trikot – verfehlte Schleck. Auf dem letzten Kilometer nämlich war klar, dass Voeckler, der ebenso wie sein aufopferungsvoll kämpfender Helfer Rolland mit letzten Kräften an den Konkurrenten dranbleiben konnte, seine Spitzenposition im Gesamtklassement würde behaupten können.
Hinter den Brüdern Schleck, Evans und Basso kamen die beiden Franzosen auf den Plätzen fünf und sechs noch vor Cunego ins Ziel. Achter wurde bei nur 3:22 Minuten Rückstand der ebenfalls bärenstarke Este Rein Taaramae (Cofidis) vor Danielson (+3:25) und dessen kanadischem Teamkollegen Ryder Hesjedal (+3:31).
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