Berliner steht vor seiner 14. Tour de France

Voigt: "Das wird die Show der Schleck-Brüder"

Foto zu dem Text "Voigt:
Jens Voigt (Leopard-Trek) | Foto: ROTH

30.06.2011  |  (rsn) - Mit seiner 14. Tour-Teilnahme wird Jens Voigt (Leopard-Trek) den „deutschen Rekord“ von Erik Zabel einstellen. Der 39 Jahre alte Berliner will bei seiner vermutlich letzten Frankreich-Rundfahrt eigene Ambitionen zurückstellen und mit dazu beitragen, dass einer der beiden Schleck-Brüder in Paris das Gelbe Trikot überreicht bekommt, wie Voigt im Interview mit Radsport News erklärte.

Am Samstag beginnt ihre 14. Tour de France und Sie stellen den Teilnahmerekord von Erik Zabel ein. Wie fühlt man sich als Radsport-Methusalem?

Voigt: Der Rekord mit den Teilnahmen ist mir total egal. Ich werde dafür bezahlt, vernünftig Rad zu fahren. Aber ich bin natürlich stolz, dass ich in meinem Alter noch in dieser Mannschaft dabei sein darf.

Die Etappen in der ersten Woche sind sehr anspruchsvoll. Vom Profil her ist sogar schon die erste eine, wenn da eine Gruppe weg fährt, die Ihnen liegen könnte...

Voigt: Ja, das stimmt. Vor drei Jahren hätte ich noch gesagt: „Natürlich! Da bin ich dabei!“. Aber lassen Sie uns ehrlich sein. Ich bin mit meinen 39 Jahren auch nicht mehr so aggressiv wie früher. Ich habe meinen Platz gefunden.Früher war es oft so, dass ich mir gedacht habe „Ich möchte gewinnen. Ich möchte gut fahren.“ Heute ist es eine wahnsinnige Befriedigung, wenn ich weiß, dass ich einem anderem Fahrer geholfen habe zu gewinnen. Ich bin nicht mehr so versessen mich zu zeigen und ins Rampenlicht zu fahren. Ich hatte meine Tage und meine Zeit da vorne, vor dem Peleton. Jetzt ist es auch Zeit, etwas zurückzugeben, zu arbeiten und andere Fahrer ins Rampenlicht zu schieben. So schließt sich der Kreis am Ende meiner Karriere.

Wie ist denn die Rollenverteilung im Team? Ist alles auf die Schlecks ausgerichtet oder darf ein Fahrer auch mal einen Soloritt wagen?

Voigt: Das ist relativ klar geregelt. Wenn Du die Tour gewinnen willst, und das wollen wir, dann brauchst du einen Häuptling und acht Indianer. Da kann nicht jeder kommen und sagen „ich will die Etappe gewinnen“, „ich will grün“, „ich will violett oder grau holen“. Es gibt einen Kapitän und alle müssen bereit sein, für den alles zu geben. Bei uns wird das die Show der beiden Schleck-Brüder und jeder bei uns im Team weiß, dass das in erster Linie drei Wochen harte Arbeit sein werden, um am Ende einen der beiden Schlecks im Gelben Trikot in Paris zu sehen.

Wie finden Sie denn, dass Alberto Contador jetzt doch mitfährt?

Voigt: Ich bin kein Anwalt, aber ich finde es furchtbar, dass nach elf Monaten, seit der Eröffnung des Verfahrens, noch keine Lösung da ist. Das finde ich unerträglich. Wir Fahrer, die Journalisten und die Sponsoren wollen doch einen klaren Abschluss dieser Geschichte. Ein Urteil. Sei es, dass er unschuldig ist, dann darf er ohne Diskussion jedes Rennen fahren, das er möchte. Oder er ist schuldig und darf zwei Jahre gar kein Rennen fahren. So, wie es jetzt ist, ist es einfach nur sinnlos und nervig. In solchen Fällen muss einfach schneller eine Lösung her!

Nun fährt er mit. Sie haben ja sicher seine Leistungen beim Giro gesehen. Ist er zu schlagen?

Voigt: Na klar! Natürlich. Ich habe das selber schon miterlebt, bei Paris-Nizza, als er einen Hungerast bekommen und alles verloren hat. Jeder macht Fehler. Und Contador ist auch nur ein Mensch. Er sah beim Giro sicher stark aus. Aber ohne dem Giro meinen Respekt abzusprechen: Schauen Sie sich mal die Top Ten beim Giro an. Das ist kein Tour-de-France-Niveau. Auch wenn der Giro vom Profil her deutlich schwerer ist als die Tour. Aber die Tour wird deutlich anspruchsvoller gefahren. Und was man auch nicht vergessen darf: Es gab schon viele Fahrer, die sehr gut beim Giro waren und bei der Tour dann eben nicht mehr die Form hatten.

Meinen Sie, dass Alberto Contador sein Pulver beim Giro verschossen hat?

Voigt: Das ist durchaus eine Möglichkeit, die man in Betracht ziehen muss.

Wer ist denn stärker? Andy oder Fränck Schleck?

Voigt: Das kann ich nicht sagen. Beide sind sehr, sehr stark. Das ist unser Vorteil. Hinzu kommt, dass zwischen die beiden kein Blatt Papier passt. Die beiden sind Brüder und Freunde – nicht einfach nur Kollegen. Da kann keiner einen Keil dazwischen treiben. Es gab ja zum Beispiel die Doppelspitze von Armstrong und Contador bei Astana – und die waren sicher nicht miteinander befreundet und haben sich nicht füreinander geopfert. Und das ist bei uns eben anders. Unser Plan und unsere Taktik besteht darin, Contador und sein Team mit der Doppelspitze mürbe zu fahren.

Sie sind vor zwei Jahren schwer gestürzt. Dieses Jahr haben Sie die Tragödie mit Wouter Weylandt miterlebt. Fährt da jetzt nicht auch die Angst mit?

Voigt: Ich bin auch letztes Jahr noch schwer gestürzt und hatte gebrochene Rippen – der Sturz war auch nicht schön. Aber ich habe immer Respekt vor einer Abfahrt. Es ist immer verdammt schnell. Mein einziger Schutz ist ein 350 Gramm schwerer Helm. Ich habe keine Knautschzone und keine Airbags. Ich habe nur mich und meine Haut. Aber das Bergrunterfahren gehört eben auch zur Tour de France dazu. Wenn etwas passiert, dann ist es Unglück – und teilweise auch die Schuld der Fahrer. Und bei der Tour ist es so - anders als vielleicht beim Giro -, dass sehr viel auf die Sicherheit der Fahrer geachtet wird. 


Mit Jens Voigt sprach Moritz Scheidl.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

05.11.2014Drei Jahre nach „Stacheldraht-Sturz": Entschädigung für Hoogerland

(rsn) – Mehr als drei Jahre nach seinem schweren Unfall bei der Tour de France hat Johnny Hoogerland eine Entschädigung von der Versicherung des Verursachers erhalten. „Es hat lange gedauert, abe

22.12.2011Voeckler: "Fehler kostete das Tour-Podium"

(rsn) - Thomas Voeckler (Europcar) ist der Auffassung, dass ihn ein schwerer taktischer Fehler auf der Alpe d’Huez-Etappe einen Podiumsplatz bei der vergangenen Tour de France gekostet hat. Im Gesp

30.08.2011Alle Doping-Tests der Tour negativ

(rsn) - Die letzten Dopingtests der Tour de France 2011 wurden ausgewertet - sie sind alle negativ. Damit bleibt der Russe Alexandr Kolobnev (Katjuscha) der einzige überführte Dopingsünder der dies

12.08.2011Zehntausende feiern Evans in Melbourne

Melbourne (dpa) - Cadel Evans auf Feier-Tour: In Melbourne haben Zehntausende dem Tour de France-Sieger bei der Rückkehr in die Heimat zugejubelt. "Ich könnte sagen, ich bin überwältigt. Aber das

11.08.2011Melbourne wird Evans mit einer Parade ehren

Melbourne (SID) - Zweieinhalb Wochen nach seinem Triumph bei der Tour de France ist Cadel Evans (BMC) in seine australische Heimat zurückgekehrt. "Es ist immer schön, nach Hause zu kommen und sich e

01.08.2011Horner hat ein Blutgerinnsel in der Lunge

(rsn) – Bei Chris Horner (RadioShack) ist gut drei Wochen nach seinem schweren Sturz auf der 7. Etappe der Tour de France ein Blutgerinnsel in der Lunge festgestellt worden. Das teilte der 39 Jahre

29.07.2011Contador: "Ich brauche ein stärkeres Team"

(rsn) – Ob das bei Bjarne Riis gut ankommt? Sein Star Alberto Contador fordert personelle Verstärkung. "Ich bräuchte ein besseres Team, um Giro und Tour in einem Jahr gewinnen zu können", ließ C

28.07.2011Zeckenbiss war die Ursache für Fedrigos Formschwäche

(rsn) – Ein Zeckenbiss scheint für die bisher eher schwachen Leistungen von Pierrick Fédrigo (FDJ) verantwortlich zu sein. Wie Teamarzt Gérard Guillaume gegenüber der L’Equipe erklärte, war d

27.07.2011Tous Fous du Tour – auch nächstes Jahr

(rsn) - "Tous Fous Du Tour" lautet das Motto der Tour de France. Übersetzt: "Alle sind verrückt nach der Tour"! Warum das so ist, bewies die Ausgabe 2011 auf beeindruckende Weise. Das Rennen war dra

27.07.2011„Wir haben immer an den Tour-Sieg geglaubt“

(rsn) – Marcus Burghardt (BMC) war bei der 98. Tour de France einer der wichtigsten Helfer von Cadel Evans, der erstmals in seiner langen Karriere nach drei Wochen in Paris ganz oben auf dem Podium

27.07.2011Kreuziger fuhr Tour de France mit gebrochenem Handgelenk

Prag (dpa) - Roman Kreuziger (Astana) hat fast die ganze Tour de France mit gebrochenem Handgelenk absolviert. Er müsse nun für sechs Wochen einen Gips tragen, berichtete der 25 Jahre alte Tscheche

27.07.2011Gilbert: "Evans ist ein toller Sieger"

(rsn) – Philippe Gilbert (Omega Pharma-Lotto) kehrt mit einer eindrucksvollen Bilanz von der Tour de France zurück. „Ich habe eine Etappe gewonnen, das Gelbe Trikot getragen, das Grüne Trikot ge

Weitere Radsportnachrichten

04.11.2025Visma holt MTB-Talent Sadnik auf die Straße und Riedmann geht

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

04.11.2025Van Aert zieht erneut Klassiker-Vorbereitung dem Cross vor

(rsn) – Wenn man in zwei Bereichen besonders talentiert ist, hat man oft die Qual die Wahl. Offenbar hat Wout van Aert (Visma – Lease a Bike), dreifacher Cross-Weltmeister (2016, 2017 und 2018) u

04.11.2025Van der Poel begleitet Van Avermaet beim Triathlon-Training

(rsn) – Die Eigentümer von Alpecin – Deceuninck, Philip und Christoph Roodhooft wird’s freuen: Nachdem ihr Starfahrer Mathieu van der Poel mit dem Training für seine kommende Cross-Kampagne b

04.11.2025Matthews: “Fühle mich noch immer wie 25“

(rsn) – Bis Anfang November hat es gedauert, dass die Vertragsverlängerung von Michael Matthews beim australischen Team Jayco – AlUla bekanntgegeben wurde. Dabei sollen die Verhandlungen und Gesp

04.11.2025Iserbyt-Teamchef: “Wir denken nicht mehr an eine schnelle Rückkehr“

(rsn) – Obwohl der Cross-Winter bereits in vollem Gange ist, fehlt immer noch einer der Protagonisten der vergangenen Jahre auf den Start- und Ergebnislisten. Während Teamkollege Michael Vanthoure

04.11.2025Wellens erzählt von Pogacars Knieproblemen bei der Tour

(rsn) – Tim Wellens hat in einem Interview mit der französischen Sporttageszeitung L´Equipe konkreter über die Schwierigkeiten von Teamkollege Tadej Pogacar in der Schlusswoche der Tour de France

04.11.2025Rückkehrer, Gravel-Erfolg, ein Belgier und U23-Fahrer auf dem Sprung

(rsn) – 139 Fahrer haben sich mit unserem neuen Punktesystem für die Radsport-News-Jahresrangliste 2025 qualifiziert. Nicht alle können wir in den letzten zwei Monaten des Jahres auch mit komple

04.11.2025Reif für den Zirkus? Leknessund glänzt auf der Bühne

(rsn) - Andreas Leknessund hat auch im kommenden Jahr noch einen Vertrag beim norwegischen Team Uno-X Mobility. Doch auch wenn dieser Kontrakt ausläuft und nicht verlängert werden sollte - wovon bei

04.11.2025Aus Meijering wird künftig Meijer

(rsn) - Die Niederländerin Mareille Meijering wird künftig unter dem Namen Mareille Meijer unterwegs sein. Die 30-jährige Teamkollegin von Liane Lippert und Marlen Reusser beim spanischen Movistar-

04.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Urvater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt

03.11.2025Roglic über Lipowitz: “Natürlich kann er mithalten“

(rsn) – Für Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) ging die Saison endgültig mit dem Tour-Kriterium in Singapur zu Ende. Der 35-Jährige feierte 2025 – aus seiner Sicht - "nur“ drei

03.11.2025Van der Poel testet noch unveröffentlichtes Canyon-Rad

(rsn) - Mathieu van der Poel (Alpecin - Deceuninck) wurde bei einer Trainingsausfahrt auf einem noch unveröffentlichten Canyon-Rad gesichtet. Der Niederländer, der auch in Spanien einen Wohnsitz hat

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine