Interview mit dem Milram-Kapitän

Gerdemann: "Weiß nicht genau, wo ich stehe"

Foto zu dem Text "Gerdemann:
Linus Gerdemann (Milram) Foto: ROTH

29.06.2010  |  (rsn) – Mit dem Giro d’Italia in den Beinen startet Linus Gerdemann am Samstag in Rotterdam in seine dritte Tour de France. Im Interview mit Radsport News erklärt der Milram-Kapitän, warum er sich diesmal anders auf die Tour vorbereitet hat als in den vergangenen Jahren und welche Chancen er sich ausrechnet.

War die Deutsche Meisterschaft noch einmal ein echter Härtetest?

Gerdemann: Ich hatte mir von den Deutschen Meisterschaften eigentlich schon einen echten Formtest versprochen. Aber die Runde war nicht allzu selektiv und das Rennen taktisch geprägt, so dass ich nicht wirklich Aufschlüsse über meine Form bekommen habe. Ich denke aber trotzdem, dass sie ganz gut ist.

Sind Sie wenige Tage vor der Tour da, wo Sie sein wollen?

Gerdemann: Ich denke schon. Natürlich hatte ich zuletzt keine Leistungstests mehr in den Rennen, nachdem ich den Giro gefahren bin, der doch recht strapaziös war. Aber ich habe mich im Training sehr, sehr gut gefühlt und gehe in die Tour mit einer gewissen Erwartungshaltung - auch wenn ich nicht ganz genau weiß, wo ich stehe, weil ich ja längere Zeit keine Rennen mehr gefahren bin. Aber im Großen und Ganzen fühle ich mich schon gut.

Ihr Weg zur Tour war in dem Jahr ein anderer: Sie sind den Giro gefahren und haben dafür auf die Bayern-Rundfahrt und eine der klassischen Generalproben (Dauphiné und Tour de Suisse) verzichtet. War das Kalkül - mal was Anderes zu probieren?

Gerdemann: Auf jeden Fall. Ich wollte den Giro ja schon gut fahren, und mich dort auch in Szene setzen. Das ist mir ganz gut gelungen; nur schade, dass ich in der letzten Woche krank geworden bin, sonst wäre in der Gesamtwertung auch deutlich mehr drin gewesen. Ich war dann in der Woche nach dem Giro sehr, sehr müde. Aber in den vergangenen Wochen habe ich mich immer besser gefühlt, und bin nicht zuletzt auch deshalb sehr zuversichtlich im Hinblick auf die Tour.

Sie sind den Giro trotz Erkältung durchgefahren. Warum?

Gerdemann: Bis in die letzte Woche hinein, als ich dann richtig krank geworden bin, wäre ja noch eine Top Ten-Platzierung in der Gesamtwertung drin gewesen. Das wäre ein Ergebnis gewesen, das ich nicht so einfach liegen lassen wollte.

Welche Art der Vorbereitung liegt Ihnen denn mehr - den Giro fahren und dann eine längere Rennpause einlegen, oder mit Bayern-Rundfahrt und etwa Tour de Suisse?

Gerdemann: Natürlich kann ich da jetzt noch kein Resümee ziehen. Es ist ja kein Geheimnis, dass ich mit meiner letztjährigen Leistung bei der Tour de France nicht zufrieden war, und deshalb wollte ich mal was anderes versuchen. Wie und ob das jetzt fruchtet, wird man wohl erst nach der Tour sagen können.

Fahren Sie in diesem Jahr tatsächlich mehr auf Etappensieg als auf Gesamtwertung?

Gerdemann: Ich gehe eigentlich mit keiner konkreten Zielsetzung in die Tour. Ich glaube, dass ich gut drauf bin, und die ersten Bergetappen werden wohl darüber Aufschluss geben, was Sinn macht und was nicht. Aber ich will keine der beiden Möglichkeiten von vornherein ausschließen. Ich schaue einfach im Rennen, was möglich sein wird.

Diesmal gibt es nur ein langes Zeitfahren. Hat das für Sie Auswirkungen?

Gerdemann: Ich habe in diesem Jahr nur relativ wenig Zeitfahren trainiert, da es in den Rennen, in denen ich gut sein wollte, auch nur wenige Zeitfahr-Kilometer gab. Ich glaube auch nicht, dass bei der Tour das letzte Zeitfahren beispielsweise über den Gesamtsieg entscheiden wird. Mag sein, dass sich dahinter noch das Eine oder Andere verschieben kann, aber nur ein Zeitfahren wird in der Gesamtwertung insgesamt recht wenig ausmachen.

Sehen Sie Ihre Chancen auf einen Tagessieg eher auf einer mittelschweren Etappe oder im Hochgebirge?

Gerdemann: Ich habe bei der Tour ja schon mal eine Hochgebirgs-Etappe gewonnen, und fühle mich dort wohl. Ich habe jetzt noch mal zwei Wochen in den Bergen verbracht und denke, dass ich momentan auch am Berg in einer guten Verfassung bin.

Was trauen Sie Ihrem Team zu?

Gerdemann: Wir werden sehr motiviert ins Rennen gehen, und ich glaube, dass wir als Team bei der Tour einiges erreichen können. Gerald wird in den Sprints mit vorne eingreifen. Ich fühle mich auch gut – und dann schauen wir mal, was dabei rumkommt.

Wer ist Ihr Favorit auf den Toursieg?

Gerdemann: Armstrong hat mich bei der Tour de Suisse positiv überrascht. Mit all seiner Erfahrung hat er es offensichtlich geschafft, zum richtigen Zeitpunkt in Form zu sein. Trotzdem: Mein großer Favorit ist Alberto Contador.

Mit Linus Gerdemann sprach Matthias Seng.

Mehr Informationen zu diesem Thema

31.12.2010Bruyneel bleibt im Februar und März gesperrt

Lausanne (dpa/rsn) - RadioShack muss im Frühjahr ohne Teamchef Johan Bruyneel auskommen.Der Belgier scheiterte mit seinem Einspruch gegen den Termin seiner zweimonatigen Sperre beim Internationalen S

03.11.2010Cavendish befürwortet nächtliche Dopingkontrollen

(sid/rsn) - Mark Cavendish (HTC-Columbia) hätte kein Problem mit nächtlichen Dopingkontrollen. "Wir müssen alles tun, um Doping im Sport zu eliminieren. Natürlich würde das den Schlaf beeinträ

29.10.2010UCI suspendiert Barredo für zwei Monate

(rsn) – Die Disziplinarkommission des Radsportweltverbandes UCI hat Carlos Barredo für zwei Monate gesperrt. Der Spanier war im Ziel der 6. Etappe der Tour de France 2010 mit seinem Vorderrad in de

29.10.2010Geldstrafe und zwei Monate Sperre für Bruyneel

Aigle (dpa/rsn) – RadioShack-Teamchef Johan Bruyneel muss 10.000 Schweizer Franken Strafe zahlen, weil seine Fahrer auf der letzten Etappe der Tour de France nicht die offiziellen Teamtrikots trugen

29.10.2010UCI will Tour-Report der WADA prüfen

(rsn) – Der Radsportweltverband UCI will die von den unabhängigen Beobachtern der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA ausgesprochenen Empfehlungen zu den Dopingkontrollen der Tour de France studieren, um

29.10.2010WADA-Report macht 57 Verbesserungsvorschläge

Montreal (dpa/rsn) - Die von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA bei der Tour de France eingesetzte Beobachter-Kommission bemängelt in ihrem vorgelegten Report zu wenig Zielkontrollen bei verdächtigte

30.07.2010Knees: "Ich hatte richtig viel Pech"

(rsn) – Christian Knees blickt wie seine Milram-Teamkollegen auf eine enttäuschende Tour de France zurück. Im Gespräch mit Radsport News schildert der Deutsche Meister die Gründe für sein schwa

29.07.2010Henn: "Bei der Tour waren die Fahrer platt"

(rsn) - Vier Tage nach dem Ende der Tour de France traf sich Radsport News mit Milrams Sportlichem Leiter Christian Henn zum Interview. Dabei schilderte der Heidelberger die vergangenen drei Wochen u

29.07.2010Samuel Sanchez zog sich auf 17. Tour-Etappe Knochenbruch zu

(rsn) – Samuel Sánchez, Vierter der diesjährigen Tour de France, hat sich bei seinem Sturz auf der 17. Etappe einen Knochenbruch in seinem linken Arm zugezogen. Das teilte sein Euskaltel-Team mit.

28.07.2010Bert sehr zufrieden, Ralf enttäuscht

(rsn) – Mit unterschiedlichen Bilanzen kehrten die Grabsch-Brüder von der 97. Tour de France zurück. Während der der 35-jährige Bert Grabsch einen gehörigen Anteil an den fünf Etappensiegen vo

27.07.2010Schmidt: "Es hat nur eine Kleinigkeit gefehlt"

(rsn) – Mit vier Etappensiegen, dem Gewinn des Weißen Trikots sowie dem zweiten Platz in der Gesamtwertung durch Andy Schleck war das Saxo Bank-Team einer der dominierenden Mannschaften bei der Tou

27.07.2010Basso: 2011 nächster Angriff auf das Tour-Podium

(rsn) – Aus dem Plan, nach dem Rosa Trikot auch noch das Gelbe überzustreifen, ist nichts geworden. Ivan Basso (Liquigas) beendete die erste Tour de France nach seiner Dopingsperre abschlagen auf d

Weitere Radsportnachrichten

09.03.2025Merlier holt sich Paris-Nizza-Auftakt

(rsn) – Alles beim Alten, oder zumindest wie vor zwei Jahren. Damals gewann Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) den Auftakt von Paris-Nizza in La Verrière. Dieses Mal gelang es dem Europameister au

09.03.2025Auch Mitfavoriten Vacek und Scaroni gaben bei Strade Bianche auf

(rsn) – Sieger Tadej Pogacar war bei der 19. Strade Bianche (1.UWT) nicht der einzige Fahrer, der Bodenkontakt aufgenommen hatte. Wie so oft bei Rennen über unbefestigte Straßen kam es auch in der

09.03.2025Ohne “Big Four“ ein offenes Rennen zwischen den Meeren

(rsn) – Beim 60. Tirreno-Adriatico (2. UWT) wird der Nachfolger von Jonas Vingegaard gesucht (Visma – Lease a Bike). Der Däne gewann im vergangenen Jahr nach O Gran Camino auch die seine zweite R

09.03.2025Kitzkis und Le Roux´ Nachfolger gefunden

(rsn) – In vier Folgen wurde in diesem Winter die zehnte Zwift-Academy ausgetragen. Neben dem Titel des Siegers stand erneut ein Vertrag bei einem der großen Development Teams auf dem Spiel. Vier M

09.03.2025Großschartner: “Geschenkt wird uns nichts“

(rsn) – Als 2016 Fabian Cancellara zum dritten Mal in seiner Karriere Strade Bianche gewann, war Felix Großschartner (UAE - Emirates – XRG) schon mit dabei. Seitdem ist der Österreicher das Renn

09.03.2025De la Parte beendet seine Karriere

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

09.03.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über d

08.03.2025Niewiadoma gibt Entwarnung: “Mir geht es gut“

(rsn) – Für das deutsche Team Canyon – SRAM – zondacrypto ist der toskanische Schotterklassiker Strade Bianche (1.WWT) am Samstag zur großen Enttäuschung geworden. Anstatt mit Tour-de-France-

08.03.2025“Lichter aus“, aber Adria rettet in der Toskana die Red-Bull-Bilanz

(rsn) – Der Vorjahresdritte Maxim van Gils war bei Red Bull – Bora – hansgrohe  als Kapitän für die 19. Strade Bianche vorgesehen. Doch der Belgier musste wegen Krankheit passen. Für ihn in

08.03.2025Pidcock mit gemischten Gefühlen in Siena: “Bittersüß“

(rsn) – Als Tadej Pogacar 18,5 Kilometer vor dem Ziel der Strade Bianche im vorletzten Gravelsektor Colle Pinzuto den Turbo zündete, gab Tom Pidcock noch einmal alles. Der neue Star des Schweizer Q

08.03.2025Bilbao: “Es ist ein Überlebenskampf“

(rsn) - Die 19. Strade Bianche wurde zu einem Duell zwischen Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) und Tom Pidcock (Q36.5), das der Weltmeister, obwohl er zuvor schwer gestürzt war, zu seinen Guns

08.03.2025Pogacars schwerer Sturz bei Strade Bianche im Video

(rsn) – Mit Beulen und Rissen im Regenbogentrikot sowie großen Wunden ist Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) bei der Strade Bianche zu seinem dritten Sieg gefahren. Grund dafür war ein schwe

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Paris-Nice (2.UWT, FRA)
  • Radrennen Männer

  • Grote Prijs Jean-Pierre (1.1, BEL)
  • Dorpenomloop Rucphen (1.2, NED)
  • GP de la Ville de Lillers (1.2, FRA)
  • Porec Classic (1.2, CRO)