Das große Abschiedsinterview/ Teil 1

Wesemann: Ich hatte keine Lust mehr auf Rennen

Foto zu dem Text "Wesemann: Ich hatte keine Lust mehr auf Rennen"
Steffen Wesemann (Cycle Collstrop) Foto: ROTH

18.09.2008  |  (rsn) - Steffen Wesemann sagt Goodbye. Am 4. Oktober steigt in seiner Heimat Wolmirstedt sein Abschiedsrennen. Im Gespräch mit Radsport News blickt der 37 Jahre alte Klassikerspezialist auf seine lange und erfolgreiche Karriere zurück. Im ersten Teil des Interviews spricht der Flandern-Sieger von 2004 über sein letztes Profijahr, wie ihm im Frühjahr die Lust an Radrennen verloren ging und über seine berufliche Zukunft.

Am 4. Oktober gibst du in deiner Heimatstadt Wolmirstedt dein Abschiedsrennen. Mit welchen Gefühlen blickst du diesem Tag entgegen?

Wesemann: Der Rücktritt und das Abschiedsrennen kommen ja nicht kurzfristig und überraschend. Das war ja alles geplant. Im Frühjahr habe ich auch gemerkt, dass ich zum ersten Mal in meiner Karriere über einen längeren Zeitraum keine Lust mehr auf Rennen hatte. Kurzfristig hat das wohl jeder Profi einmal, aber bei mir wurde es zu einer Dauersituation. Auf den Moment, in dem ich keine Lust mehr auf Rennen habe, habe ich quasi gewartet. Genau dann muss man aufhören. Bei mir wird es auch kein Comeback mehr geben

Welches Programm ist vorgesehen und wer wird dabei sein?

Wesemann: Der Renntag beginnt um 14 Uhr mit dem U13-Rennen. Danach folgen die U17 und ein Fette Reifen-Rennen. Um 17 Uhr beginnt dann die Fahrervorstellung für das Hauptrennen, das im Anschluss stattfindet. Es wird jedoch ein Spaß-Rennen werden, wir haben es als Jedermann-Rennen angemeldet. Bisher gab es schon sehr viele Zusagen. Ich freue mich, dass alte Weggefährten wie Uwe Ampler oder Jens Heppner kommen. Besonders freue ich mich aber, dass sich Ulle für mich noch einmal aufs Rad schwingt und an einem Rennen teilnimmt. Von den aktiven Fahrern werden unter anderem André Greipel, Stephan Schreck, Ralf Grabsch und wohl auch Andreas Klöden teilnehmen. Ich hoffe auf jeden Fall, dass so viele Kollegen und Fans wie möglich da sein werden.

Wirst du bis dahin noch ein Profi-Rennen bestreiten?

Wesemann: Nein, ich glaube nicht, dass ich bis dahin noch ein Rennen haben werde. Das letzte war wohl im Juni bei der Ster Elektrotoer gewesen.

In den letzten Wochen und Monaten hat man dich in den Startlisten vergebens gesucht. Was war los?

Wesemann: Wir hatten bei Cycle Collstrop keine großen Rennen mehr. In den kleineren sollten die jungen Fahrer ihre Chancen erhalten. Das Team wusste auch, dass ich viel für mein Abschiedsrennen zu tun habe. Außerdem hat man wohl berücksichtigt, dass mir für weitere Rennen einfach die nötige Moral gefehlt hat und mir durch die Nicht-Nominierungen gedankt, dass das Team auch durch mich im Frühjahr an vielen großen Rennen teilnehmen konnte.

In deiner letzten Saison stehen zwei Top-Ten-Platzierungen zu Buche, eine davon beim Henninger Turm. Bist du damit zufrieden?

Wesemann: Also zunächst einmal bin ich froh, dass ich das Jahr noch gefahren bin. Aber gerade bei kleineren Rennen habe ich gemerkt, dass mir doch etwas der Nerv fehlt. Dadurch, dass ich erst recht spät einen Vertrag für 2008 unterschrieben hatte und recht spät mit dem intensiven Training begann, war die Form auch nicht so optimal. Ich habe aber noch das Beste daraus gemacht. 

Warst du enttäuscht, dass du dich nicht gebührend von deinen Lieblingsrennen Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix verabschieden konntest?

Wesemann: Natürlich war ich sehr enttäuscht. Man bereitet sich vor, tut und macht und dann wird man krank. Das ist sehr ärgerlich gewesen. Es hat schon etwas gedauert, bis ich diese Enttäuschungen verarbeitet hatte. Ich habe aber auch gemerkt: Diese Quälereien möchte ich nicht noch mal auf mich nehmen. Dazu fehlt mir einfach die Moral.

Du bist bereits an der Seite von Tony Rominger als Fahrermanager tätig. Wird dies dein Hauptberuf nach dem Profi-Dasein sein oder hast du andere Pläne?

Wesemann: Also die Arbeit des Fahrermanagers wird meine Haupttätigkeit sein. Das werde ich jetzt noch intensivieren. Außerdem arbeite ich weiter bei meiner Firma Speedimport. Zusätzlich gibt es noch zwei, drei Projekte, die aber noch nicht spruchreif sind.

Stellst du das Rad  in die Ecke oder wirst du noch als Hobby-Radler aktiv sein?

Wesemann: Auch wenn ich auf Rennen keine Lust mehr habe: Das Radfahren an sich macht mir nach wie vor sehr viel Spaß. Ich kann mir keinen schöneren Sport vorstellen. Deswegen werde ich auch weiterhin die ein oder andere Trainingsausfahrt machen, aber natürlich nicht mehr so intensiv wie zu Profi-Zeiten.

Wie groß wird die Umstellung sein, nach 15 Jahren nicht mehr das halbe Jahr unterwegs zu sein?

Wesemann: Ich werde nach wie vor unterwegs sein, aber eben anders. Ich werde mehr an der Basis arbeiten und bei den Rennen vor Ort sein –  dann allerdings keine ganze Woche mehr, sondern immer mal für ein oder zwei Tage. Aber die Umstellung an sich ist schon groß. Ich muss jetzt mehr geistig arbeiten, sitze viel am Computer. Da ist man abends genau so kaputt wie nach dem Training. Ich muss jedoch noch ein wenig an meinem Zeitmanagement arbeiten, denn die Zeit muss ich optimal nutzen.

Teil 2 folgt

Mit Steffen Wesemann sprach Christoph Adamietz

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.08.2009Rapp: 2010 wohl keine Deutschland Tour

(rsn) - Nachdem ARD und ZDF in diesem Jahr doch von der Tour de France berichtet hatten, war auch die für 2009 abgesagte Deutschland Tour wieder in den Mittelpunkt von Spekulationen gerückt. Im Inte

20.08.2009"Für ganz vorne fehlte noch ein bisschen was"

(rsn) – Nach schwachem Saisonstart hat Gerald Ciolek (Milram) in den vergangenen Monaten beständig gute Leistungen gezeigt, auch wenn es bisher erst zu einem Sieg reichte. Im Interview mit Radsport

20.04.2009"Ich bin froh, dass im Radsport soviel kontrolliert wird"

(sid) - Linus Gerdemann gehört zu den deutschen Hoffnungsträgern bei der diesjährigen Tour de France. Im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) spricht der Milram-Kapitän über seine F

19.03.2009"Wir sind als böse Ketzer dargestellt worden"

(sid) - Der wochenlangen Schlammschlacht folgt der Showdown im Nobelhotel: BDR-Präsident Rudolf Scharping stellt sich am Samstag auf der Bundesversammlung des Bundes Deutscher Radfahrer zur Wiederwah

17.03.2009Claußmeyer: "Wir leben von unserer Stärke als Team"

(rsn) - Aus dem Continental-Team Sparkasse wurde zur neuen Saison das Team Nutrixxion Sparkasse. In Gespräch mit Radsport News erklärte Teamchef Mark Claußmeyer die Zusammensetzung des Teams, die S

04.03.2009„Letztendlich geht es immer um den Erfolg“

(rsn) – Mit neuem Hauptsponsor und einigen namhaften Neuzugängen wie Sebastian Sielder und René Haselbacher ist das österreichische Team Vorarlberg-Corratec in die neue Saison gegangen. Im Interv

26.02.2009„Kein Sieg im letzten Jahr – das hat mich gewurmt“

(rsn) – Paul Martens steht in seiner zweiten Saison beim niederländischen Rabobank-Team. Im letzten Jahr gelang dem 25-Jährigen trotz guter Leistungen kein Sieg. Das soll in dieser Saison anders w

24.02.2009„Ich habe mich als Co-Kapitän sehr wohl gefühlt“

(rsn) – Als Vierter der Andalusien-Rundfahrt zeigte Martin Velits (Milram) schon früh in der Saison sein großes Potenzial. Im Interview mit Radsport News sprach der 24-jährige Slowake über seine

13.02.2009"Schlimmer kann es nicht mehr kommen"

(rsn) - Der Australier William Walker, 2005 Vize-Weltmeister in der U23-Klasse, zählt zu den großen Talenten des Radsports. Das konnte der 23-Jährige in den letzten beiden Jahren im Rabobank-Trikot

11.02.2009"Ich will mich 2009 für höhere Weihen empfehlen"

(rsn) - Christian Müller (26) galt in seiner U23-Zeit als eines der größten deutschen Zeitfahrtalente. Nach einer guten Neo-Profi-Saison 2005 bei CSC lief in den folgenden drei Jahren nur wenig zus

07.02.2009"Wir sind eines der jüngsten Continental-Teams"

(rsn) - Das Bochumer Continental-Team Vlassenroot startet 2009 unter dem Namen Seven Stones. Im Gespräch mit Radsport News erklärt der Sportliche Leiter Lars Diemer, was hinter der Namensänderung s

05.02.2009"In Topform zu den Ardennenklassikern"

(rsn) - Robert Gesink ist das größte niederländische (Kletter-)Talent seit vielen Jahren. 2008 machte der 22-jährige Rabobank- Profi in mehreren großen Rennen mit Spitzenplatzierungen bereits von

Weitere Radsportnachrichten

18.11.2025Almeida bleibt bei UAE - Gaviria vor Wechsel zu Caja Rural?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

18.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

18.11.2025Zwischen Abitur, DM-Medaillen und WorldTour-Einsätzen

(rsn) - In der Juniorenklasse gehörte Paul Fietzke zu den weltweit besten Fahrern. Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften, der Deutsche Meistertitel auf der Straße sowie Siege bei internati

17.11.2025Lipowitz will nicht zum Giro und hofft auf Tour-Doppelspitze

(rsn) – Mit Blick auf ihre Meriten bei der Tour de France befinden sich Florian Lipowitz und Remco Evenepoel in ähnlichen Sphären. Doch was ihren Charakter angeht, könnte das Duo, das im Sommer n

17.11.2025Nach Platz 1 und 3 im Prolog gibt´s schon den ersten Ruhetag

(rsn) - Robert Müller ist wieder auf Achse. Wer seine Berichte aus den unterschiedlichsten Ecken der Radsport-Welt – von Südamerika bis Asien – kennt, weiß: Wenn "Radbert" unterwegs ist, wird e

17.11.2025ASO spricht sich gegen Ticket-Einnahmen aus

(rsn) – In der Debatte um die zukünftige Finanzierung des Radsports hat die Großmacht ASO, die neben der Tour de France weitere entscheidende Rennen im WorldTour-Kalender und den ebenen darunter o

17.11.2025Road Captain will auch “persönliche Freiheiten“

(rsn) – Von den noch aktiven Profis ist Kim Heiduk der letzte Deutsche, der aus einem einheimischen KT-Team, nämlich Lotto – Kern Haus, den Wechsel ins Lager der Berufsradfahrer geschafft hat. Ei

17.11.2025Ferrand-Prévot plant zwei Saisonhöhepunkte

(rsn) – Mit dem Tour-de-France-Sieg in der Tasche und einer Knöchel-OP, die noch ein paar Wochen Pause mit sich bringen wird, geht Pauline Ferrand-Prévot in den Winter und ins neue Jahr. Und damit

17.11.2025Chancen genutzt, doch für den Sieg hat es nicht gereicht

(rsn) – Vor seinem letzten U23-Jahr entschied sich der junge Österreicher Sebastian Putz für einen Wechsel. Er schloss sich dem Team Red Bull - Bora – hansgrohe Rookies an, um sich dort für zuk

17.11.2025Prag buhlt um den Grand Depart

(rsn) – Die Liste an kommenden potenziellen Tour-Starts in den kommenden Jahren wird immer länger. Auch Tschechien hat sich jetzt mit Prag in Stellung gebracht und ASO-Chef Christian Prudhomme bei

16.11.2025Kein Highlight, aber einige Male nah dran am Sieg

(rsn) – Die erste Saison, in der sich Alexandre Balmer (Solution Tech – Vini Fantini) komplett auf die Straße fokussierte, begann für den 25-Jährigen denkbar unglücklich. Bei der Trofeo Laigue

16.11.2025Oertzen fährt bei Garneks Überraschungssieg nächstes Podium ein

(rsn) – Einen Tag nach seinem zweiten Platz in Owocowy Przelaj (C2) hat Max Heiner Oertzen (Radsport Nagel) in Wladyslawowo-Cetniewo (C2) den nächsten Podiumplatz eingefahren. Beim Überraschungser

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)