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04.07.2008 | (rsn) – Marcus Burghardt (Columbia) ist nach langer Verletzungspause gerade rechtzeitig zur Tour de France wieder fit geworden. Im Interview mit Radsport News schildert der 25-jährige Sachse seine Ziele und die seines Teams.
Du bist nach einer langen Verletzungspause rechtzeitig zur Tour de France fit geworden. Warst Du trotzdem von deiner Nominierung überrascht?
Burghardt: Es kam für mich nicht besonders überraschend. Ich hatte nach meiner Verletzung das Ziel, die Tour zu fahren. Mein Team hat mir auch die Möglichkeit gegeben, mich optimal darauf vor zu bereiten. Durch den enormen Wettkampfrückstand war für mich natürlich nicht klar, ob ich es in dieser kurzen Zeit schaffen würde. Ich musste deshalb sehr viel gemeinsam mit meinem Trainer Thomas Schediwie imitieren. Wir haben also Belastungen wie im Wettkampf trainiert und akribisch ausgewertet. Am Ende bestätigt mir meine Tour-Nominierung, dass es gelungen ist.
Welche Aufgaben wirst Du haben?
Burghardt: Ich werde in der ersten Woche versuchen, unsere schnellen Leute in eine gute Position zu bringen und die Schlussspurts vorbereiten. Wenn es später in die Berge geht, muss so lange wie möglich vorn dabei zu bleiben, um im Ernstfall Löcher für Kim und Thomas zu schließen. Während der Überführungs-Etappen werde ich in Gruppen vorn fahren und versuchen, eine Etappe zu gewinnen. Das ist mein persönliches Ziel. Ich weiß, dass ich eine sehr gute Form habe und so ist das nicht unrealistisch. Aber erst einmal steht die Arbeit für die Mannschaft im Vordergrund.
Ihr tretet mit einem starken Team an. Wirst Du genug Freiraum für eigene Ambitionen bekommen?
Burghardt: Ich werde sicher auf den Etappen, die mir liegen, meine Chance bekommen, um auf Sieg zu fahren. Natürlich gehört auch immer etwas Glück dazu, die richtige Gruppe zu erwischen, aber ich bin sehr optimistisch. Der Freiraum entsteht bei einer solchen Rundfahrt immer, vorausgesetzt, man hat genügend Kondition und taktisches Geschick in der richtigen Situation.
Was unterscheidet den Marcus Burghardt bei der Tour 08 von dem bei der letzten Tour, als Du Dein Debüt gegeben hattest?
Burghardt: Ich bin reifer und etwas ruhiger geworden. Inzwischen weiß ich auch etwas besser, wann es wichtig, ist an der richtigen Stelle zu fahren und wann nicht.
Ihr seid bei dieser Tour ein international zusammengesetztes Team mit nur noch zwei deutschen Fahrern. Wie funktioniert da das Miteinander?
Burghardt: Das ist überhaupt kein Problem. Wir verstehen uns alle super untereinander und jeder weiß, dass er sich auf den anderen verlassen kann. Das Management hat die stärksten Fahrer ausgewählt. Per Funk und beim Zusammensein wird englisch gesprochen. Das ist unsere Teamsprache und funktioniert gut.
Mit Linus Gerdemann und Michael Rogers fehlen zwei starke Klassement-Fahrer. Werdet Ihr deshalb vor allem auf Etappensiege fahren?
Burghardt: Wir werden sicher auf den ersten Etappen mit Mark Cavendish und Gerald Ciolek auf Sieg fahren. Man kann da nur spekulieren, wie es wäre mit Linus und Michael. Die Teamleitung hat meiner Meinung nach eine gute Auswahl getroffen. Kim und Thomas sind eine starke Tour de Suisse gefahren - und waren da sicher noch nicht in Bestform.
Was traust Du Kim Kirchen in der Gesamtwertung zu?
Burghardt: Nach dem, was ich beim letzten Rennen gesehen habe, würde ich ihm wieder einen Platz unter den Top-Ten zutrauen. Er hat ja mit seiner Top-Ten Platzierung im letzten Jahr gezeigt, das er mit den Besten mitfahren kann. Mit entsprechender Unterstützung vom Team, eigener Spitzenleistung ohne Ausfälle und dem nötigen Glück ist da vielleicht auch ein Podestplatz drin.
Jedes Team muss 100.000€ Strafe zahlen, falls es zu einem internen Dopingfall kommt. Wie beurteilt Ihr Fahrer diese Maßnahme der Tour?
Burghardt: Das ist für die betroffenen Mannschaften eine empfindliche Strafe, die sicher keiner zahlen möchte. Also werden die Teamleitungen alles unternehmen, um nicht einen solchen Fall ertragen zu müssen. Für den Kampf gegen das Doping ist es eine konsequente Maßnahme, die vor allem abschrecken soll. Denn sollte es einen Dopingfall geben, wird dem Fahrer sicher die Strafsumme in Rechnung gestellt. Das dürfte selbst für Topverdiener nicht aus der Portokasse zu bezahlen sein.
Was wünschst Du Dir persönlich für die Tour?
Burghardt: Ich hoffe, dass wir als Team viele Erfolge feiern können und ich einen Etappensieg landen kann. Ich wünsche mir eine ruhigere Tour als im letzten Jahr . Der Radsport darf nicht wieder durch Dopingschlagzeilen ins Abseits gedrängt werden. Dafür haben wir viel zu viele Fans, die mit Herz und Seele dabei sind. Ein Beispiel aus meinem persönlichen Umkreis: Während ich am Samstag das erste Mal mit dem neuen Trikot starten werde, sind meine Gedanken auch bei meinem Juniorteam in Venusberg. Dort habe ich mit vielen Helfern ein zehnköpfiges Team gegründet, um den Jungen zwischen neun und 19 Jahren eine Perspektive zu geben. Das Marcus Burghardt-Juniorteam bestreitet parallel zum Tourstart auch die ersten Rennen im neuen Trikot.
Wie intensiv ist denn der Kontakt zu Deinem einstigen Heimatverein in Sachsen?
Burghardt: Ich bin noch Mitglied beim RSV 54 Venusberg. Das liegt bei Chemnitz. Die Kontakte sind noch bestens – sowohl zu meinen Eltern in Zschopau als auch zu meinem einstigen Trainer Klaus Fischer. Wir telefonieren häufig und er erzählt mir immer, wie sich die jungen Fahrer entwickeln. Mit dem Marcus Burghardt Juniorteam möchte ich auch ein Zeichen setzen, dass ich es mit der Zukunft des Radsports ernst meine und deshalb auch investiere, ohne Gegenleistungen zu verlangen. Die Jungs sollen Spaß am Radsport haben, dann kommt die Leistung schon – auch dank solcher Leute wie Klaus Fischer. Insofern fahre ich bei der Tour auch als Vorbild für den Nachwuchs in Venusberg. Allein schon deshalb ist Aufgeben auch kein Thema.
Die Fragen an Marcus Burghardt stellte Matthias Seng.
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