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21.05.2007 | In den 90. Giro d’Italia war Alessandro Petacchi mit gemischten Gefühlen gegangen. Da war die Erinnerung an seine größten Erfolge: die Siegesserien aus den Jahren 2004 und 2005, als er, noch im Trikot von Fassa Bortolo, stolze 16 Giro-Etappen gewinnen konnte und sich den Ruf erwarb, im Sprint unbezwingbar zu sein. Da war aber auch die Erinnerung an das schreckliche Jahr 2006. Petacchi, mittlerweile in Diensten des neu gegründeten italienisch-deutschen Milram-Rennstalls, hatte sich bei einem Sturz auf der 3. Giro-Etappe die Kniescheibe gebrochen. Die schwere Verletzung zwang ihn zu einer monatelangen Zwangspause. Danach war der Sprinterkönig nicht mehr der alte. Obwohl Petacchi im Frühjahr 2007 wieder der erfolgreichste Milram-Fahrer war, musste er einige bittere Sprintniederlagen auch gegen vermeintlich schwächere Gegner einstecken. Die Zweifel wurden immer größer, ob der 33-jährige aus La Spezia je wieder zur Form seiner erfolgreichsten Jahren finden würde.
Immer wieder beklagte sich Petacchi, dass er im verletzten Bein zu wenig Kraft habe. Auch wenn er bei der Niedersachsen-Rundfahrt seinen Gesamtsieg von 2006 wiederholen und dazu drei Etappen gewinnen konnte, stand der Milram-Star unter gewaltigem Druck, als der Giro am 12. Mai auf Sardinien startete. Die Aussichten auf Etappensiege schienen eher gering zu sein – zum einen, weil die Veranstalter nur wenige Flachetappen eingebaut hatten, zum anderen, weil mit Marco Velo und Fabio Sacchi die beiden wichtigsten Anfahrer im Milram-Zug verletzungsbedingt fehlten.
Dann kam doch – fast – alles anders. Petacchi kann nach der ersten Girowoche auf zwei Etappensiege und zwei dritte Plätze zurückschauen. Dazu führt er die Punktwertung des besten Sprinters souverän an. Nach dem ersten Sieg auf der 3. Etappe brachen beim sonst so beherrscht auftretenden Italiener alle Dämme. Den Tränen folgte eine fröhliche Siegesfeier auf dem Podium. Ausgelassen hüpfend, ließ der Italiener das Publikum mit einer ausgiebigen Champagnerdusche an seiner Freude teilhaben. "Endlich. Auf diesen Moment habe ich jetzt so lange gewartet“, sprudelte es aus ihm heraus. „Dieser Sieg bedeutet mir sehr, sehr viel. Ich bin superglücklich, dass es geklappt hat.“
Als er sich auf der siebten und mit 254 Kilometer längsten Etappe im Autodrom von Mugello nach perfekter Vorarbeit seines Milram-Zuges die zweite Pool-Position holte, gab es für Petacchi keine Zweifel mehr: „Ich bin wieder der Alte. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich eine so lange Etappe gewinnen kann. Nach meinem ersten Sieg am vergangenen Montag hätte man noch denken können, das war vielleicht Zufall. Aber jetzt ist klar: Meine Kondition ist wieder top.“
Den Beweis wird Petacchi auf der 9. Giro-Etappe am heutigen Montag antreten können. Nach der einzigen Bergwertung des Tages geht es rund 90 Kilometer flach ins Etappenziel nach Lido di Camaiore (siehe unseren Live-Ticker). Sollte der Milram-Kapitän dort zu seinem dritten Sieg sprinten, hätte sein Team bereits nach knapp der Hälfte des Rennens alle selbst gesteckten Ziele erreicht – und Petacchi die Gewissheit, sein schreckliches Jahr endgültig hinter sich gelassen zu haben.
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