RSNplusMental stark an schlechtem Tour-Tag

Evenepoels grandiose Aufholjagd: “Wie ein Stein hinabgestürzt“

Von Joachim Logisch aus Hautacam

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Remco Evenepoel (Soudal - Quick-Step) hatte auf der ersten Pyrenäenetappe einen schlechten Tag. | Foto: Cor Vos

18.07.2025  |  (rsn) - Bis zur ersten Pyrenäen-Bergankunft schaute Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) nach vorne auf Tadej Pogacar (UAE- Emirates -XRG) und Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) und damit Richtung Tour-de-France-Sieg. Nach der 12. Etappe hinauf nach Hautacam muss er nun auf die Fahrer hinter ihm aufpassen. Besonders auf den deutschen Senkrechtstarter Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe), der ihm auf die Pelle gerückt ist!

Denn Evenepoel brach plötzlich schon am ersten Kategorie-1-Anstieg dieser Frankreichrundfahrt hinauf zum Col du Soulor ein. Schon rund acht Kilometer vor dem Gipfel und 56 vor dem Tagesziel musste er reißen lassen. Je höher es ging, desto mehr vergrößerte sich sein Abstand zur Favoritengruppe in Richtung einer Minute.

"Mir waren die Beine einfach vollgelaufen. Ich hatte nicht so ein gutes Gefühl, ganz sicher nicht das, worauf ich für die ersten zwei Cols (Berge) gehofft hatte. Ich habe darum gleich mein eigenes Tempo gesucht. Das lag erst ziemlich niedrig, dann hat Ilan (van Wilder) die Pace bestimmt und anschließend konnte ich nochmal schneller fahren. Vielleicht war es gut, erstmal etwas langsamer zu fahren", schilderte der Belgier bei Sporza die unerwartete Schwächeperiode. ___STEADY_PAYWALL___

Schachmann: "Das muss man mental erstmal durchstehen"

"Es war wieder ein extrem schneller Tag. In den ersten beiden Stunden hatten wir fast 50 km/h im Schnitt. Am ersten Berg ist unerwarteterweise alles auseinandergeflogen. Es waren noch einige in der Favoritengruppe, als Remco schon seinen eigenen Rhythmus finden musste. Optimal ist es nicht", litt Helfer Max Schachmann im Gespräch mit radsport-news.com mit seinem Kapitän, lobte ihn aber auch: "Man muss sowas mental erstmal durchstehen. Das ist schon stark."

"Am ersten Berg war Remco überhitzt oder so. Er musste die anderen wirklich fahren lassen und sich selbst zurückfinden", suchte Soudals Sportlicher Leiter Tom Steels am Eurosport-Mikrofon nach einer Erklärung.

Viele andere hätten zu diesem Zeitpunkt an Evenepoels Stelle die Tour-Gesamtwertung abgehakt. Selbst Radsport-Experten wetteten keinen Pfifferling mehr auf den Abgehängten. Doch Evenepoel ist Evenepoel. Ein Profi, ausgestattet mit einem unbändigen Willen, einem großen Leidensvermögen, gepaart mit viel Mut. Auf dem Gipfel des Soulor hatte er den Abstand zur Gruppe um Pogacar und Vingegaard schon wieder mehr als halbiert.

Allein auf weiter Flur: Evenepoel auf dem Weg zum Ziel der 12. Etappe in Hautacam. | Foto: Cor Vos

"Erst hat Ilan (van Wilder) das Tempo gemacht, dann Max (Schachmann) und dann hat er seinen Rhythmus wiedergefunden. Er war dann allein und kam in der Abfahrt zurück. Er ist wieder aufgeblüht. Die Tempoverschärfungen hatte er aber nicht in den Beinen", fasste Steels zusammen.

Allerdings hatte sein Kapitän auch Glück im Unvermögen! Denn Visma – Lease a Bike, das zunächst die Favoritengruppe auseinandergefahren hatte, nahm das Tempo raus, um Matteo Jorgenson, der vor dem Start noch unter den Top Ten firmierte, nicht abzuhängen. "Wenn die das nicht gemacht hätten, wäre Evenepoel mit drei Minuten Rückstand in den Schlussanstieg gekommen und seine Ambitionen auf die Gesamtwertung wären erledigt gewesen", trauert Red Bulls-Sportchef Rolf Aldag ein wenig der verpassten Chance nach, einen Konkurrenten um Platz drei weniger zu haben.

"Ich habe mich wie ein Stein bergab gestürzt"

Denn Evenepoel kam zurück. Und zwar bergab! "Ich bin so schnell wie möglich runtergefahren und dabei ziemliche Risiken eingegangen. In dem Zwischenanstieg habe ich richtig Gas gegeben, um so schnell wie möglich meinen Rückstand zu verkleinern. Oben waren es dann 20 Sekunden. Dann habe ich mich wieder wie ein Stein bergab gestürzt."

"Remco musste den ganzen Tag sein eigenes Tempo fahren, weil er den Angriffen nicht folgen konnte. Er hat heute quasi ein 50 Kilometer langes Zeitfahren absolviert und standgehalten", lobte Steels, um gleichzeitig ehrlich einzuräumen: "Aber wir hatten uns eigentlich etwas mehr erhofft."

Trotz seines schlechten Tages ist Evenepoel weiter Gesamtdritter und führt die Nachwuchswertung der Tour an. | Foto: Cor Vos

Evenepoel verlor den Anschluss auf Pogacar und damit auch die Aussicht auf den Toursieg. Doch das Podium blieb in Reichweite. Mit 3:35 Minuten auf den Titelverteidiger erreichte er als Siebter den Gipfel der Schlusssteigung. Damit verteidigte er den dritten Platz in der Gesamtwertung, aber Lipowitz rückte ihm auch im Kampf ums Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers bis auf 49 Sekunden auf die Pelle.

"Der Rückstand (zu Pogacar/ +4:45) ist schon immens groß, aber zum Rest geht es eigentlich. Ich bin jedenfalls zufrieden, dass ich weitergekämpft und nicht einfach so alles hingeschmissen habe", stellte er nicht völlig unzufrieden fest. Zumal er seinen im Moment größten Gegner noch auf Abstand halten konnte: "Ich muss vor allem auf mich selbst gucken, denn ich bin noch vor ihm (Lipowitz, d.Red.)."

Das Podium weiter fest im Visier

Wenigstens den dritten Platz und damit das Podium in Paris will er verteidigen. Evenepoel: "Morgen beim Bergzeitfahren wird es ein Kampf gegen mich selbst, aber das gilt für alle. Ich werde probieren mich gut zu erholen und hoffe, dass heute mein schlechter Tag war. Ich werde morgen alles geben, um meinen Podiumsplatz weiter abzusichern."

Beim Critérium du Dauphiné im Juni musste sich Evenepoel, hier in Gelb, Florian Lipowitz (vorne in Weiß) im Kampf ums Podium geschlagen geben. | Foto: Cor Vos

Das hofft auch Steels: "Man kann morgen Zeit verlieren, aber auch gewinnen. Es sollte ihm eigentlich liegen, wenn er sich gut erholt hat. Er kann dann sein eigenes Tempo fahren. Wir haben heute gesehen, dass er nicht so weit hinter den Besten liegt, zumindest von der Gruppe der Fahrer, mit denen er wirklich kämpft. Er ist ein echter Zeitfahr-Experte."

Abschreiben sollte man Evenepoel nach seinem schlechten Tag in den Pyrenäen sicherlich nicht. Schließlich hat er bei der Vuelta 2023 bewiesen, als er am Col du Tourmalet alle Gesamtwertungs-Ambitionen vergessen musste und tagsdrauf die nächste Bergetappe für sich entschied, dass er sich schnell erholen kann.

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