Interview mit dem Bundesliga-Gesamtsieger

Huppertz: “Ich hatte einen Selbstbewusstseinsvorteil“

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Huppertz: “Ich hatte einen Selbstbewusstseinsvorteil“"
Joshua Huppertz (Lotto - Kern Haus - PSD Bank, links) im Trikot des Bundesliga-Spitzenreiters | Foto: Team Lotto - Kern Haus - PSD Bank

30.09.2024  |  (rsn) – Routinier Joshua Huppertz (Lotto – Kern Haus – PSD Bank) hat im letzten Lauf der Rad-Bundesliga Tobias Müller (rad-net – Oßwald) noch von der Spitze der Gesamtwertung verdrängt und sich erstmals den Sieg in der nationalen Rennserie gesichert. Der 29-jährige Huppertz gewann den Sprint in Bad Salzungen, während Müller nur Dritter wurde, und verwandelte so seinen Rückstand von sieben Punkten in einen  Vorsprung von 32 Zählern..

Im Interview mit RSN sprach Huppertz über seinen Coup und kündigte an, auch im nächsten Jahr noch im Rennsattel zu sitzen.

Im zehnten Jahr als Kontinental-Fahrer haben Sie erstmals die Rad-Bundesliga gewonnen. Was bedeutet Ihnen der Sieg?
Huppertz: Es ist schon schön, dass Ding mal gewonnen zu haben. Ich bin schon ein paar Jahre dabei, war auch schon ein paar Mal auf dem Podest des GC. Da ist es ein logisches Ziel, das Ganze auch mal zu gewinnen. Radrennen zu gewinnen ist immer schön und einen GC-Sieg hatte ich noch nicht. Der Sieg freut mich schon.

Tobias Müller ging als Führender in den letzten Lauf und musste das Trikot noch an Sie abgeben. Haben Sie Mitleid mit ihm?
Huppertz: Natürlich tat er mir etwas Leid, weil ich schon mal in der gleichen Situation war, als mir Raphael Freienstein - sogar ein Teamkollege - im letzten Rennen noch das Trikot abgenommen hat. Aber so ist der Leistungssport, einer gewinnt, einer verliert oder wird Zweiter. So sieht er es auch. Bei der Siegerehrung und danach haben wir uns gegenseitig gratuliert und ich habe auch "sorry“ gesagt. Tobi wird sein Weg gehen, er hat einen Vertrag beim Devo-Team von Intermarché unterschrieben, da kann er einem alten Mann wie mir so einen Sieg überlassen. Er wird seinen Weg gehen und im Profigeschäft ankommen. Da wird er es verkraften, dass er jetzt die Bundesliga nicht gewonnen hat.

Sie hatten zwar das Auftaktrennen an der Südlichen Weinstraße gewonnen, danach aber Boden auf Müller verloren. Wann war Ihnen klar, dass der Gesamtsieg für Sie zum Thema werden könnte?
Huppertz: So richtig klar geworden ist es mir nach Sebnitz. Da waren wir gut aufgestellt, hatten viele Fahrer vorne. Ich hatte zwischenzeitlich im DM-Zeitfahren und am Nürburgring ein paar Punkte liegen lassen. Aber danach lief es immer besser und der Gesamtsieg wurde zum Thema.

Wie optimistisch waren Sie vor dem Rennen in Bad Salzungen, dass Sie Müller würden noch abfangen können?
Huppertz: Ich war schon relativ optimistisch. Man sollte positiv in so etwas reingehen. Wenn man sich darüber Gedanken macht, dass man etwas nicht schafft, dann geht es meistens auch schief. Ich wollte es natürlich lieber nicht auf den Sprint ankommen lassen, aber das hat die Strecke nicht hergegeben. Dafür war Tobi Müller auch zu stark. Da ich aber im Auftaktrennen und in Sebnitz, Wenholthausen, Sauerland und in Chemnitz jeweils vor ihm war, konnte ich gut Selbstbewusstsein mitnehmen. Da ich ihn in den vorherigen Rennen schlagen konnte, teilweise auch im direkten Sprint, hatte ich einen Selbstbewusstseinsvorteil. Aber Tobi ist schon auch ein sehr, sehr schneller Mann. Im Sprint in Bad Salzungen hat die Position viel ausgemacht und da muss ich meiner Mannschaft danken, die es perfekt vorbereitet hat. Beim Sprint gegen Tobi kann man sich aber nie sicher sein. Im Sprint eins gegen eins im Training würde er mich wahrscheinlich abhängen.

Wie angespannt waren Sie als klar war, dass sich alles im finalen Sprint entscheiden würde?
Huppertz: Ich war schon sehr angespannt. Wir sind sechs Runden gefahren, zwei Runden vor Schluss war mir klar, dass es auf einen Sprint rauslaufen würde. Die Strecke war nicht schwer genug, um eine Selektion herbeizuführen. Wir haben dann dafür gesorgt, dass keine größere Gruppe geht, so dass es zum Sprint-Showdown kommen würde. Im Finale war ich natürlich angespannt, da es um alles oder nichts ging. Ich wusste, dass ich vor Tobi sein muss und dass ich groß punkten muss. Das Team hat sich voll für mich aufgeopfert, da bin ich froh, etwas zurückzahlen zu können.

Während der Saison wurden noch Nick Bangert, Fausto Penna und Max Herrmann unter Vertrag genommen. Dadurch scheint ein Ruck durchs Team gegangen zu sein. Hatte dies auch Auswirkungen auf Ihre Performance?
Huppertz: Florian (Monreal) und Torsten (Schmidt) haben ein paar Leute geholt, die eine wirkliche Verstärkung für das Team waren. Ob das Auswirkungen auf meine Performance hatte, kann ich nicht sagen. Ich denke, jeder ist für seine Performance selbst verantwortlich. Aber für die Team-Performance hat es einiges ausgemacht und hat uns einen Aufschwung gebracht. Die Jungs sind eine Bereichung für das Team und gerade Nick und Fausto haben uns teamtaktisch Vorteile gebracht, weil Tobi zwischenzeitlich auf mindestens zwei Fahrer von uns achten musste. So konnten wir besser agieren.

Ein Bundesliga-Gesamtsieg wäre doch sicher ein guter Moment, um mit 29 Jahren zu sagen. Ich höre auf. Oder gibt der Sieg eher Moral für eine weitere Saison?
Huppertz: Ich habe mich entschieden, noch ein Jahr weiterzufahren. Der Bundesligagesamtsieg hat da nicht groß dazu beigetragen. Die Entscheidung stand vorher schon fest. Eher war es die Performance bei der Deutschland Tour mit dem Top-Ten Ergebnis, die mir gezeigt hat, dass ich auch noch vorne mitfahren kann, auch bei den großen Jungs. Mir macht Radfahren noch viel Spaß, entsprechend ist die Entscheidung gefallen. Ich möchte nächstes Jahr an die Erfolge anknüpfen und will auch beim Münsterland Giro noch mal gut fahren.

Sie starten also am 3. Oktober beim Münsterland Giro. Wie lautet Ihr Ziel für den Abschluss der deutschen Straßensaison?
Huppertz: Die Top Ten wären natürlich super. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie die Strecke ist. Im letzten Jahr war sie sehr schwer, da war ich in der großen Gruppe, die auf der Windkante ging, vorne mit dabei und habe mich sehr gut gefühlt. Und dann bin ich auf den regennassen Straßen zwei Mal gestürzt. Da habe ich mir die Schaltung kaputt gemacht und konnte in den Hügeln trotz der guten Beine nicht mehr vorne mitfahren, da ich immer einen dicken Gang drücken musste. Jetzt muss man sehen, wie die Strecke ist. Münsterland ist immer für eine Überraschung gut. Die Starterliste spricht für einen Sprint, aber der Mittelteil sieht auch nicht ganz einfach aus. Meine Form ist momentan sehr gut, die Top Ten sind deshalb das Ziel.

Wie werden Sie den Bundesliga-Gesamtsieg feiern?
Huppertz: Wir haben noch drei wichtige Rennen mit Münsterland Giro, Paris - Tours U23 und der Lombardei-Rundfahrt U23. Da gilt es, noch mal voll den Fokus drauf zu richten und bestmöglich abzuliefern. Danach wird es sicher noch mal ein Zusammentreffen des Teams geben, wo wir unser gutes Abschneiden feiern werden. Wir hatten ja vier Fahrer in den Top-Ten, haben zwei Trikots gewonnen und wurden Zweiter in der Mannschaftswertung, obwohl wir da ein paar Punkte liegen lassen mussten.

 

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