Slowene imponiert mit Herz und Empathie

Mohoric: Aus dem Gruppetto zum Tour-Etappensieg

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Mohoric: Aus dem Gruppetto zum Tour-Etappensieg"
Von den Tränen überwältigt: Matej Mohoric (Bahrain Victorious) nach seinem Sieg auf der 19. Tour-Etappe | Foto: Cor Vos

21.07.2023  |  (rsn) – Er ist ein Mann für lange Etappen und speziell solche, die wie ein Klassiker gefahren werden. Matej Mohoric (Bahrain – Victorious) liebt den puren Radsport, bei dem sich die stärksten Fahrer über mehrere Stunden bis ans Limit fordern. Der Slowene ist ein Profi, der nie aufgibt, weder im Dienst seiner Mannschaft noch im Kampf um seine eigenen Chancen, wie auf der 19. Tour-Etappe, wo er in Poligny Vortagessieger Kasper Asgreen (Soudal – Quick Step) im Sprint um wenige Millimeter bezwingen konnte.

Mohoric löste sich an der Côte d'Ivory mit dem Dänen und dem Australier Ben O’Connor (AG2R Citroen) aus der großen Fluchtgruppe und behauptete bis ins Ziel einen Vorsprung von rund 40 Sekunden. Im ersten Interview erklärte er, dass er den Angriff von Asgreen kaum parieren konnte. "Es fiel mir so schwer, ihm zu folgen, obwohl er am Vortag auch den ganzen Tag vorne war. Ich versuchte dranzubleiben, arbeitete mit, weil ich wollte, dass wir durchkommen", erzählte er.

Im Sprintfinale hielt sich Mohoric am Hinterrad von Asgreen, der den Angriff von O’Connor abwehren musste und dadurch seinen Sprint möglicherweise um den Moment zu früh eröffnete. Die beiden flogen am Australier vorbei und lieferten sich einen engen Kampf, der erst im Fotofinish zu Gunsten des Bahrain-Profis entschieden wurde. Danach flossen bei Mohoric die Tränen.

Der harte Arbeiter bringt viele Opfer für den Erfolg

Der 28-Jährige, der schon Etappen bei allen drei Landesrundfahrten sowie – mit einem halsbrecherischen Abfahrtsstil - das Monument Mailand-Sanremo gewinnen konnte, fährt mit viel Herzblut und Emotion. Was manchmal auch für Zündstoff sorgt, wie etwa bei seinem zweiten Touretappensieg 2021, bei dem Mohoric am Ende seiner Soloeinfahrt mit der “Reißverschlussgeste“ auf die Hausdurchsuchungen und Dopinganschuldigungen gegenüber seiner Mannschaft reagierte. Die Geste wurde allgemein so gedeutet, dass die Kritiker nun verstummen sollten.

Mohorics Herz schlägt für seinen Sport und für alle, die ihn betreiben. Das unterstrich er in seinem Siegerinterview. "Es ist hart und grausam, ein Profi zu sein. Du leidest viel in der Vorbereitung. Du opferst dein Leben, deine Familie damit du zu diesem Rennen kommst. Dann, nach ein paar Tagen realisierst du, wie stark jeder um dich ist und wie du kaum den Hinterrädern folgen kannst" sprudelte es aus ihm heraus.

Die Nr.3 der Goldenden Generation des slowenischen Radsports

Wie nah Freud und Leid beisammen liegen, dafür brauchte er sich nur an den Mittwoch zurückerinnern. Denn 48 Stunden vor seinem Sieg schleppte Mohoric sich auf der Königsetappe mit über 37 Minuten Rückstand nach Courchevel: "Am Col de la Loze war ich komplett fertig. Du weißt aber, dass du den noch hochfahren musst und dass es auch am nächsten Tag noch weiter geht“, sagte er.

Mohoric gehört zur Goldenen Generation des slowenischen Radsports. Allerdings ist er hinter Überflieger Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) und Quereinsteiger Primoz Roglic (Jumbo – Visma) der dritte in der Hierarchie. Der U23-Weltmeistervon 2013 ist ein fleißiger Arbeiter, der für jeden Erfolg hart kämpfen musste.

Dementsprechend schätzt er auch alle Betreuer seines Teams hoch ein. "Die Mitarbeiter stehen um 6:00 Uhr auf und beenden ihre Arbeit irgendwann um Mitternacht. Wir brauchen die Mechaniker, die Physios und die Betreuer. Und ich fahre auch für Gino (Mäder) und irgendwie fühlst du dich, als würdest du alle verraten, wenn du deinen Gegner auf der Ziellinie nicht schlägst", so Mohoric, dem immer wieder Zweifel bei dieser Tour kamen: "Du denkst, du gehörst gar nicht hierher und auch heute musste ich viel leiden. So ist unser Sport."

“Jeder hätte in diesem Moment den Sieg verdient“

Als die Dreiergruppe dem Sieg immer näherkam, machte sich Mohoric Gedanken über die Chancenverteilung auf den Tagessieg. "Zu einem Zeitpunkt hatte ich auch Mitleid mit Ben, denn er hatte eigentlich keine Chance im Sprint, setzte sich aber voll für unsere kleine Gruppe ein. Auch wenn er wusste, dass er wohl verlieren wird, probierte er alles für seinen Sieg", zollte er seinem Konkurrenten Respekt.

Und auch vor den weiteren Tour-Startern zog er seinen Hut. "Jeder will gewinnen und 150 andere Fahrer können das auch", so Mohoric, der angesichts der brutal schweren Tour meinte: "Jeder hätte in diesem Moment den Sieg verdient. Ich habe ihre Gesichter im Gruppetto am Col de la Loze gesehen. Du weißt und fühlst, was jeder gerade durchlebt."

Zwei Tour-Etappensiege hatte Mohoric vor dieser 110. Ausgabe schon auf seinem Konto, er kannte das Gefühl eines Tageserfolgs also schon. "Ich weiß, wie ein Tour-Etappensieg einen verändert. Aber leider kann nicht jeder gewinnen", sagte er abschließend.

Mehr Informationen zu diesem Thema

25.06.2024Tour de France im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die Tour de France ist die wichtigste Rundfahrt im internationalen Radsportkalender. Vor der am 29. Juni im italienischen Florenz beginnenden 111. Ausgabe liefern wir einen Überblick über d

11.06.2024Cofidis setzt auf erfahrenes Tour-Team inklusive Geschke

(rsn) – Die französische WorldTour-Mannschaft Cofidis präsentierte am Dienstag die ersten sechs Fahrer ihres Tour-de-France-Kaders in einer Presseaussendung und verkündete dabei auch, dass Simon

10.01.2024“Wir brauchen keine vier Soßen“: Wie Roglic Bora besser macht

(rsn) – Primoz Roglic macht Bora – hansgrohe besser. Das lässt sich schon sagen, bevor der Slowene überhaupt ein einziges Rennen gefahren ist. Während sich das erst Anfang März ändern und Rog

07.10.2023Thomas: “Ineos Grenadiers ist ein Team im Wandel“

(rsn) – Der letzte Tour-de-France-Sieg liegt schon vier Jahre zurück und vor allem daran lässt sich ablesen, dass Ineos Grenadiers längst nicht mehr das beste Grand-Tour-Team der Welt ist. Dennoc

30.07.2023Niewiadoma machte ihre Hausübungen für die Pyrenäen

(rsn) – Als am Col d‘Aspin auf der 7. Etappe der Tour de France Femmes die beiden Favoritinnen Demi Vollering (SD Worx) und Annemiek Van Vleuten (Movistar) erstmals in die Offensive gingen, konnte

27.07.202320 Sekunden Zeitstrafe: Vollering und SD Worx entsetzt

(rsn) – Der Kampf um den Gesamtsieg bei der Tour de France Femmes, er war bislang einer um Sekunden. Lediglich deren acht hatte Demi Vollering (SD Worx) an den ersten vier Tagen mit großem Aufwand

27.07.2023Cofidis erfolgreich, aber Geschke “nicht so gut drauf“

(rsn) – Am Sonntag erwartete Simon Geschke (Cofidis) seine Teamkollegen in Paris zum großen Finale der 110. Tour de France, die er auf der 18. Etappe aufgrund heftiger Magenprobleme verlassen musst

26.07.2023Vingegaard euphorisch in Kopenhagen empfangen

(rsn) – Der Sieger der Tour de France, der Däne Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma), wurde am Mittwochnachmittag in Kopenhagen von mehreren 10000 Menschen empfangen. Eine große Menge versammelte si

25.07.2023Buchmann zweifelt an seinem Comeback als GC-Fahrer

(rsn) - Für einen Moment war die Hoffnung wieder da. Die Hoffnung darauf, einen Emanuel Buchmann zu sehen, wie er sich im Juli 2019 bei der Tour de France präsentiert und dabei einen sensationellen

24.07.2023Tour-Achter Gall derzeit kein Thema für Bora - hansgrohe

(rsn) – Auch wenn ab August wieder Wechsel verkündet werden dürfen: Bora – hansgrohe und Felix Gall (AG2R - Citroën) werden nicht in einem Satz auftauchen. Nach der starken Vorstellung des Öst

24.07.2023Auch ohne Etappensiege imponieren Bauhaus und Zimmermann

(rsn) – Wie im Vorjahr kein Etappensieg und kein Fahrer in den vordersten Regionen des Klassements: Die Bilanz der nur sieben deutschen Starter bei der 110. Tour de France liest sich auf den ersten

24.07.2023Rückblick: Die 110. Tour de France in Zahlen

(rsn) – Drei hart umkämpfte Wochen, 21 Etappen und insgesamt 3405 Kilometer liegen hinter den Teilnehmern der diesjährigen Tour de France. Radsport-news.com blickt auf die 110. Frankreich-Rundfah

Weitere Radsportnachrichten

28.03.2025Märkl fehlt am Knokteberg nur etwas Platz zum Ticket in die Top 10

(rsn) – Niklas Märkl (Picnic – PostNL) ist den E3 Saxo Classic nicht zu Ende gefahren – und doch war der 26-Jährige in den flämischen Ardennen nah dran an einem Top-10-Resultat. Denn der Pfä

28.03.2025Auch bei der E3 Classic ist van der Poel eine Klasse für sich

(rsn) – Von der Seite, von vorn, von hinten, von oben: rund 50 Minuten bekamen die TV-Zuschauer aus allen Perspektiven Bilder vom allein fahrenden Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) gezei

28.03.2025Tulett mit Settimana-Doppelschlag, Herzog wird Fünfter

(rsn) – Mit seinem Sieg auf der 4. Etappe der 40. Settimana Internazionale Coppi e Bartali (2.1) hat der Brite Ben Tulett (Visma – Lease a Bike) den US-Amerikaner Magnus Sheffield (Ineos Grenadier

28.03.2025Roglic erwischt die Kante, verliert aber trotzdem die Führung

(rsn) – Es braucht nicht immer Berge, um ein Gesamtklassement ordentlich durcheinanderzuwirbeln. Hier und da reicht auch ein Zwischensprint oder eine kurze Phase Seitenwind, um für einige Überrasc

28.03.2025Highlight-Video der 67. E3 Classic

(rsn) – Mit einer souveränen Vorstellung hat Mathieu van der Poel (Alpecin - Deceuninck) die 67. Ausgabe der E3 Classic (1.UWT) gewonnen und damit die Titelverteidigung gefeiert. Der 30-jährige N

28.03.2025Prudhomme zu Pogacars Roubaix-Debüt: “Nicht damit gerechnet“

(rsn) – ASO-Chef Christian Prudhomme ist begeistert über das anstehende Debüt von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates – XRG) beim Klassiker Paris-Roubaix (13. April). “Damit habe ich nicht gerech

28.03.202518-jähriger Shootingstar Ferguson: Unaufhaltsam geradeaus?

(rsn) – Cat Ferguson marschiert unaufhaltsam geradeaus. Dieses Bild passt zum Auftritt der 18-jährigen Britin beim Classic Brügge-De Panne (1.WWT) am Donnerstag, aber auch zu ihrem bisherigen Karr

28.03.2025Arndt fällt nach Wirbelsäulen-OP für lange Zeit aus

(rsn) – Der bei der Classic Brugge-De Panne schwer gestürzte Nikias Arndt hat sich nach Angaben seines Teams Bahrain Victorious bei dem Unfall eine “instabile Wirbelfraktur“ zugezogen. Der 33-j

28.03.2025Gent-Wevelgem im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Auch wenn Gent-Wevelgem nicht den Stellenwert der Flandern-Rundfahrt hat, so trug sich in den letzten Jahren das Who ist Who der Klassikerspezialisten in die Siegesliste des flämischen Trad

28.03.2025Für Roglic machen sich drei Wochen Training am Teide bezahlt

(rsn) – Geben die Bergduelle zwischen Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) und Juan Ayuso (UAE Team Emirates – XRG) bei der 104. Katalonien-Rundfahrt bereits einen Vorgeschmack auf den

27.03.2025Frisch vom Teide will van Aert seinen Kontrahenten einheizen

(rsn) – Seit dem für ihn eher enttäuschend verlaufenen Openingsweekend hat Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) kein Rennen mehr bestritten. Der Belgier zog sich stattdessen zum Training zurück

27.03.2025Kathrin Schweinberger: “Ich habe leider die letzte Kurve versaut““

(rsn) – Seit vielen Jahren gehören die Frühlingsklassiker fest zum Programm von Kathrin Schweinberger. Die Tirolerin, deren Zwillingsschwester Christina regelmäßig zum erweiterten Kreis der Favo

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Volta Ciclista a Catalunya (2.UWT, ESP)
  • E3 Saxo Classic (1.UWT, BEL)
  • Radrennen Männer

  • Volta ao Alentejo (2.2, POR)
  • Olympia`s Tour (2.2, NED)
  • Settimana Coppi e Barrtali (2.1, ITA)
  • Tour of Thailand (2.1, THA)