RSNplusradsport-news.com war im Begleitfahrzeug dabei

Längstes Leadout der Welt: Jakobsen folgt Morkov durch die Berge

Von Tom Mustroph aus dem neutralen Materialwagen

Foto zu dem Text "Längstes Leadout der Welt: Jakobsen folgt Morkov durch die Berge"
Fabio Jakobsen (Soudal - Quick-Step) | Foto: Cor Vos

05.07.2023  |  Während Jai Hindley (Bora - hansgrohe) einen seiner schönsten Tage als Radprofi überhaupt hatte, erlebte Fabio Jakobsen (Soudal - Quick-Step) auf dieser 5. Etappe der 110. Tour de France einen seiner schwersten. An Armen und Beinen bandagiert trat er diesen Tagesabschnitt von Pau nach Laruns an. Kaum hatte das Peloton allerdings den Startort verlassen und den Kilometer Null passiert, stieg die Straße schon das erste Mal sanft an. “Fabio Jakobsen distancé“ hieß es gleich über Radio Tour.

Und im neutralen Begleitwagen von Shimano, in dem radsport-news.com diese Etappe erleben durfte, sah man auch schnell das Trikot des Soudal-Quick-Step-Fahrers auftauchen. "Ja, es war hart“, beschrieb Jakobsen später diese ersten Kilometer. "Über die baskischen Berge an den ersten beiden Tagen bin ich ganz gut gekommen. Jetzt haben mir einfach die Sturzverletzungen zugesetzt. Besonders am Anfang habe ich das gespürt“, sagte er radsport-news.com.

___STEADY_PAYWALL___

Begleitet wurde er immerhin von Michael Morkov. Der Däne ließ sich sofort zurückfallen und spannte sich vor seinen Teamkollegen. "Mit Fabio haben wir die besten Chancen, bei dieser Tour eine Etappe zu gewinnen. Keine Frage also, dass ich bei ihm war“, sagte Morkov.

Fabio Jakobsen und Michael Morkov (beide Soudal - Quick-Step) fuhren stellenweise einsam durch Frankreich. | Foto: Cor Vos

Ihm schwante aber bereits beim zehnten der 162,7 Kilometer, wie schwer die Arbeit sein würde. "Wir waren allein hinter dem Feld, es hatte sich noch lange kein Gruppetto gebildet. Optimal geht anders“, meinte der Däne. Er nahm den Auftrag aber an und brachte auf der nächsten Abfahrt Jakobsen wieder zurück ins Peloton. Noch vor der ersten Sprintwertung des Tages kam aber wieder eine leichte Kuppe. Und Jakobsen fiel erneut zurück. Begleitet wurde er - natürlich - von Morkov. Mit dem Ausgang des Sprints hatte er selbstverständlich nichts zu tun. Bevor aber der Col du Soudet seinen Schatten auf die Straße warf, war das Soudal-Quick-Step-Duo erneut im Peloton. Großes Aufatmen bei beiden. Die kollektive Sicherheitszone war erreicht.

In den ersten Kehren des Col du Soudet war es dann überraschenderweise nicht Jakobsen, der zuerst zurückfiel. Dieses Schicksal blühte Mark Cavendish. Der Europameister hielt sich noch etwas länger im Feld. An jeder Kurve fielen Sprinter heraus: Caleb Ewan (Lotto - Dstny), Dylan Groenewegen (Jayco - AlUla), Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) – die ganze Garde der Muskelmänner. Und eben auch Jakobsen. Aber er hatte sich gefangen, hatte seinen Körper auf die Strapazen eingestellt. Und nichts anderes als Grupetto-Fahren war von ihm auf Bergetappen erwartet worden.

Morkov war natürlich bei ihm, leistete wertvolle Unterstützung, was Windaschatten angeht, aber auch, was die Moral betrifft. Später wurde es wieder dramatischer. Jakobsen konnte im großen Gruppetto das Tempo nicht halten.

Alarmstimmung bei Soudal - Quick-Step. Und alles, was Beine hatte und nicht Julian Alaphilippe hieß, der vorn sein Glück versuchte, wurde zu Jakobsen abgestellt. Ein Vier-Mann-Zug kümmerte sich um ihn, neben Morkov noch Tim "der Traktor“ Declercq, der gewöhnlich über viele Kilometer das Feld anführt, Yves Lampaert und Dries Devenyns.

Jakobsen leckt nach dem Sturz auf der 4. Etappe seine Wunden. | Foto: Cor Vos

Mehr als eine halbe Stunde nach Tagessieger Jai Hindley und acht Minuten nach dem großen Gruppetto kam diese Rettungsmannschaft ins Ziel. Weitere neun Versprengte, unter ihnen auch Cavendish und Ewan, hatten sich ihr angeschlossen. Das Zeitlimit wurde gut erreicht. "Sorge hatten wir eigentlich nur am Anfang, als wir so früh aus dem Feld herausfielen. Danach konnte man das gut kalkulieren“, meinte Morkov.

Im Ziel klatschten sich die Retter zufrieden ab. Jakobsen, der als Letzter den Zielstrich überquert hatte, machte noch seine Runde zu den wenigen auf ihn wartenden Journalisten. Trotz aller Erschöpfung stand er Rede und Antwort. "Ich bin froh, dass ich es geschafft habe“, sagte er zu radsport-news.com. "Und ich hoffe natürlich, dass ich auch die nächsten Berge gut überstehe und dann in die Sprints eingreifen kann“, blickte er auf die nächsten Tage voraus.

Morkov hingegen blickte erschöpft, aber auch zufrieden auf seinen Teamkollegen. "Den Job heute haben wir gut erledigt“, sagte er zu radsport-news.com. In genau dem Moment kam Ex-Weltmeister Philippe Gilbert auf den Soudal-Profi zu und begrüßte ihn überschwänglich. "Das ist der Mann des Tages. Mit ihm müsst ihr reden“, forderte er. Und er fügte hinzu: "Er hat heute das längsten Leadout überhaupt gefahren!“. Über Morkovs Staub bedeckte Züge flog ein Lachen. Bescheiden sagte er: "Es war aber auch einer der langsamsten Leadouts überhaupt.“ Da hat er Recht. Aber manchmal kann ein langsamer Leadout weit hinter dem Feld auch jede Menge wert sein. Fabio Jakobsen jedenfalls wusste Morkovs Arbeit an diesem 5. Juli sehr zu schätzen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

25.06.2024Tour de France im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die Tour de France ist die wichtigste Rundfahrt im internationalen Radsportkalender. Vor der am 29. Juni im italienischen Florenz beginnenden 111. Ausgabe liefern wir einen Überblick über d

11.06.2024Cofidis setzt auf erfahrenes Tour-Team inklusive Geschke

(rsn) – Die französische WorldTour-Mannschaft Cofidis präsentierte am Dienstag die ersten sechs Fahrer ihres Tour-de-France-Kaders in einer Presseaussendung und verkündete dabei auch, dass Simon

10.01.2024“Wir brauchen keine vier Soßen“: Wie Roglic Bora besser macht

(rsn) – Primoz Roglic macht Bora – hansgrohe besser. Das lässt sich schon sagen, bevor der Slowene überhaupt ein einziges Rennen gefahren ist. Während sich das erst Anfang März ändern und Rog

07.10.2023Thomas: “Ineos Grenadiers ist ein Team im Wandel“

(rsn) – Der letzte Tour-de-France-Sieg liegt schon vier Jahre zurück und vor allem daran lässt sich ablesen, dass Ineos Grenadiers längst nicht mehr das beste Grand-Tour-Team der Welt ist. Dennoc

30.07.2023Niewiadoma machte ihre Hausübungen für die Pyrenäen

(rsn) – Als am Col d‘Aspin auf der 7. Etappe der Tour de France Femmes die beiden Favoritinnen Demi Vollering (SD Worx) und Annemiek Van Vleuten (Movistar) erstmals in die Offensive gingen, konnte

27.07.202320 Sekunden Zeitstrafe: Vollering und SD Worx entsetzt

(rsn) – Der Kampf um den Gesamtsieg bei der Tour de France Femmes, er war bislang einer um Sekunden. Lediglich deren acht hatte Demi Vollering (SD Worx) an den ersten vier Tagen mit großem Aufwand

27.07.2023Cofidis erfolgreich, aber Geschke “nicht so gut drauf“

(rsn) – Am Sonntag erwartete Simon Geschke (Cofidis) seine Teamkollegen in Paris zum großen Finale der 110. Tour de France, die er auf der 18. Etappe aufgrund heftiger Magenprobleme verlassen musst

26.07.2023Vingegaard euphorisch in Kopenhagen empfangen

(rsn) – Der Sieger der Tour de France, der Däne Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma), wurde am Mittwochnachmittag in Kopenhagen von mehreren 10000 Menschen empfangen. Eine große Menge versammelte si

25.07.2023Buchmann zweifelt an seinem Comeback als GC-Fahrer

(rsn) - Für einen Moment war die Hoffnung wieder da. Die Hoffnung darauf, einen Emanuel Buchmann zu sehen, wie er sich im Juli 2019 bei der Tour de France präsentiert und dabei einen sensationellen

24.07.2023Tour-Achter Gall derzeit kein Thema für Bora - hansgrohe

(rsn) – Auch wenn ab August wieder Wechsel verkündet werden dürfen: Bora – hansgrohe und Felix Gall (AG2R - Citroën) werden nicht in einem Satz auftauchen. Nach der starken Vorstellung des Öst

24.07.2023Auch ohne Etappensiege imponieren Bauhaus und Zimmermann

(rsn) – Wie im Vorjahr kein Etappensieg und kein Fahrer in den vordersten Regionen des Klassements: Die Bilanz der nur sieben deutschen Starter bei der 110. Tour de France liest sich auf den ersten

24.07.2023Rückblick: Die 110. Tour de France in Zahlen

(rsn) – Drei hart umkämpfte Wochen, 21 Etappen und insgesamt 3405 Kilometer liegen hinter den Teilnehmern der diesjährigen Tour de France. Radsport-news.com blickt auf die 110. Frankreich-Rundfah

Weitere Radsportnachrichten

28.03.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

28.03.2025Märkl fehlt am Knokteberg nur etwas Platz zum Ticket in die Top 10

(rsn) – Niklas Märkl (Picnic – PostNL) ist den E3 Saxo Classic nicht zu Ende gefahren – und doch war der 26-Jährige in den flämischen Ardennen nah dran an einem Top-10-Resultat. Denn der Pfä

28.03.2025Auch bei der E3 Classic ist van der Poel eine Klasse für sich

(rsn) – Von der Seite, von vorn, von hinten, von oben: rund 50 Minuten bekamen die TV-Zuschauer aus allen Perspektiven Bilder vom allein fahrenden Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) gezei

28.03.2025Tulett mit Settimana-Doppelschlag, Herzog wird Fünfter

(rsn) – Mit seinem Sieg auf der 4. Etappe der 40. Settimana Internazionale Coppi e Bartali (2.1) hat der Brite Ben Tulett (Visma – Lease a Bike) den US-Amerikaner Magnus Sheffield (Ineos Grenadier

28.03.2025Roglic erwischt die Kante, verliert aber trotzdem die Führung

(rsn) – Es braucht nicht immer Berge, um ein Gesamtklassement ordentlich durcheinanderzuwirbeln. Hier und da reicht auch ein Zwischensprint oder eine kurze Phase Seitenwind, um für einige Überrasc

28.03.2025Highlight-Video der 67. E3 Classic

(rsn) – Mit einer souveränen Vorstellung hat Mathieu van der Poel (Alpecin - Deceuninck) die 67. Ausgabe der E3 Classic (1.UWT) gewonnen und damit die Titelverteidigung gefeiert. Der 30-jährige N

28.03.2025Prudhomme zu Pogacars Roubaix-Debüt: “Nicht damit gerechnet“

(rsn) – ASO-Chef Christian Prudhomme ist begeistert über das anstehende Debüt von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates – XRG) beim Klassiker Paris-Roubaix (13. April). “Damit habe ich nicht gerech

28.03.202518-jähriger Shootingstar Ferguson: Unaufhaltsam geradeaus?

(rsn) – Cat Ferguson marschiert unaufhaltsam geradeaus. Dieses Bild passt zum Auftritt der 18-jährigen Britin beim Classic Brügge-De Panne (1.WWT) am Donnerstag, aber auch zu ihrem bisherigen Karr

28.03.2025Arndt fällt nach Wirbelsäulen-OP für lange Zeit aus

(rsn) – Der bei der Classic Brugge-De Panne schwer gestürzte Nikias Arndt hat sich nach Angaben seines Teams Bahrain Victorious bei dem Unfall eine “instabile Wirbelfraktur“ zugezogen. Der 33-j

28.03.2025Gent-Wevelgem im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Auch wenn Gent-Wevelgem nicht den Stellenwert der Flandern-Rundfahrt hat, so trug sich in den letzten Jahren das Who ist Who der Klassikerspezialisten in die Siegesliste des flämischen Trad

28.03.2025Für Roglic machen sich drei Wochen Training am Teide bezahlt

(rsn) – Geben die Bergduelle zwischen Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) und Juan Ayuso (UAE Team Emirates – XRG) bei der 104. Katalonien-Rundfahrt bereits einen Vorgeschmack auf den

27.03.2025Frisch vom Teide will van Aert seinen Kontrahenten einheizen

(rsn) – Seit dem für ihn eher enttäuschend verlaufenen Openingsweekend hat Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) kein Rennen mehr bestritten. Der Belgier zog sich stattdessen zum Training zurück

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Volta Ciclista a Catalunya (2.UWT, ESP)
  • E3 Saxo Classic (1.UWT, BEL)
  • Radrennen Männer

  • Volta ao Alentejo (2.2, POR)
  • Olympia`s Tour (2.2, NED)
  • Settimana Coppi e Barrtali (2.1, ITA)
  • Tour of Thailand (2.1, THA)