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11.04.2020 | (rsn) - Was macht ein Sportdirektor in Zeiten der Corona-Pandemie? Wie funktioniert die Zusammenarbeit seiner Sportlichen Leiter und Trainer mit den Profis? Wie bereitet er sein WorldTour-Team auf den Restart vor? Das wollten wir von Enrico Poitschke wissen. Poitschke, "Head of Sport Directors“ des Bora-hansgrohe-Teams, kam gerade von einer Trainingsfahrt zurück, als radsport-news.com den Görlitzer erreichte.
Wie lange sind Sie gefahren?
Enrico Poitschke: Nicht lange! Ich bin nur eineinhalb Stunden um die Seen gefahren.
Alleine oder zu zweit? Beziehungsweise, zu wievielt darf man in Sachsen fahren?
Poitschke: Hier kann man noch zu zweit trainieren.
Wie viele Kilometer sind Sie pro Jahr im Auto bei Rennen und für Trainingsfahrten unterwegs?
Poitschke: Wenn man alles zusammen nimmt, so 40 000 bis 50 000 Kilometer. Zu den Rennen fliegen wir ja meistens und werden dann abgeholt.
Wie fühlen Sie sich jetzt, wo Sie zuhause bleiben müssen, weil es keine Rennen gibt?
Poitschke: Das ist für alle eine besondere Situation. Damit ist niemand glücklich. Aber im Moment gibt es Sachen, die wichtiger als Radrennen sind. Jetzt geht es erst mal um die Gesundheit. Da muss man die Vorschriften der Behörden akzeptieren. Deshalb ist es völlig normal, dass man zuerst versucht, die Pandemie abzuschwächen oder sogar in naher Zukunft zu beenden.
Wie halten Sie Kontakt zu ihren Fahrern und ihren Sportlichen Leitern?
Poitschke: Wir machen jede Woche eine Telefonkonferenz. Die Sportlichen Leiter haben jetzt natürlich einen sehr engen Kontakt zu ihren Fahrern, versuchen oft mit ihnen zu sprechen. So versuchen wir, die Jungs immer auf den neusten Stand zu bringen und auch zum trainieren zu motivieren. Das ist in einigen Ländern ja nicht so einfach.
Haben Sie schon überlegt, die Profis in ein Land zu holen, wo Outdoor-Training erlaubt ist? In Italien darf man ja zurzeit nur drinnen trainieren.
Poitschke: Ja, auch in Spanien oder Monaco darf man gar nicht raus. Da gibt es natürlich Überlegungen, wie wir die Sportler dort am besten unterstützen können. Oder ob wir sie irgendwo hinholen, wo sie trainieren können. Aber das ist im Moment wegen den Reisebeschränkungen nicht so einfach. Wir versuchen, behördliche Vorgaben zu akzeptieren und einzuhalten. In naher Zukunft hoffen wir aber, hier Lösungen zu finden.
Die Tour soll eventuell einen Monat später stattfinden. Wie finden Sie das?
Poitschke: Wichtig für den gesamten Radsport ist, dass die Tour stattfindet und dass wir wieder Rennen fahren können. Wann, ist uns eigentlich, ich will nicht sagen egal, aber der Zeitpunkt selbst ist nebensächlich. Wichtig ist, dass Radrennen stattfinden können. Das hoffen wir natürlich!
Planen Sie dann, mit einem Allstar-Team an den Tourstart zu gehen, damit die großen Namen ihre Einsätze bekommen? Oder stellt man ein Team auf, dass auch gut zusammenarbeitet?
Poitschke: Natürlich will jeder die Tour fahren. Wir haben einen großen Kandidatenkreis im Kopf. Da muss man schauen, wie konnten sich die Fahrer vorbereiten? Konnten Sie vorher Radrennen fahren? Dann hätte man einen Leistungsstand, den man einschätzen kann. Wenn nicht, müssen wir über die Trainingsdaten und die Einschätzung der Trainer und Sportlichen Leiter nominieren. Aber bis dahin ist noch ein Stück. Wir analysieren jede Woche.
Trainingsdaten bedeutet, dass Sie die Werte der Rolle nehmen?
Poitschke: Richtig, auch! In einigen Ländern wird auf der Rolle trainiert. Aber viele können auch draußen fahren. Da kann man auch diese Werte nehmen.
Wie viel Vorlauf brauchen Sie, damit die Mannschaft in guter Form beim ersten Rennen nach der Pause antreten kann?
Poitschke: Wir bereiten uns ja schon jetzt langfristig darauf vor. Um wieder wettkampffähig zu sein, braucht man sicher zwei, drei Wochen. Wenn man weiß, in drei Wochen finden wieder Rennen statt, wird viel, viel intensiver trainiert. Diese Zeit braucht man auch, um sich wieder optimal vorzubereiten, sofern die Umstände das zulassen.
Sind die Profis zurzeit sich selbst überlassen? Besuchen dürfen Sie die Athleten ja nicht.
Poitschke: Besuchen dürfen wir sie nicht. Deshalb wird viel telefoniert. Und es werden Konferenzen abgehalten.
Haben Sie die Möglichkeit zu überprüfen, wie intensiv die Fahrer trainieren, welche Leistungswerte sie erreichen?
Poitschke: Ja. Jedes Training wird hochgeladen und jeder Trainier wertet das aus. Er sieht genau, was und wie viel trainiert wird. Die Fahrer haben ja auch Vorgaben, was sie trainieren wollen und sollen. Deshalb haben wir die Werte und können gut einschätzen, wie der jeweilige Leistungsstand ist.
Wie hilfreich ist dabei das Rollentraining?
Poitschke: Fahrer, die nur auf der Rolle trainieren können, fahren natürlich nicht so lange. Mehr als zwei, drei Stunden sind kaum umsetzbar und auch nicht zielführend. Deshalb hoffen wir, dass alle so schnell wie möglich wieder draußen trainieren können. Dann macht es auch erst wirklich Sinn, Werte in Richtung einer Wettkampfvorbereitung zu nehmen. Sich auf der Rolle auf ein größeres Rennen vorzubereiten ist schwierig. Sehr schwierig.
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