Zeitfahrweltmeister glücklich über Rang zwei bei der Tour

Dumoulin: “Thomas war in der Form seines Lebens“

Von Joachim Logisch

Foto zu dem Text "Dumoulin: “Thomas war in der Form seines Lebens“"
Strahlt nach seinem Etappensieg in Espelette: Tom Dumoulin (Sunweb) | Foto: Cor Vos

29.07.2018  |  (rsn) - Locker, als wäre die ganze Last der letzten Woche von ihm abgefallen, saß Tom Dumoulin (Sunweb) nach seinem Zeitfahrsieg auf der 20. Etappe der Tour de France in der Pressekonferenz, die wir hier wiedergeben. Ein Mann mit sich im Reinen!

Hat der heutige Sieg im Zeitfahren die Tour für Sie zum Erfolg gemacht?
Tom Dumoulin: Schon vor heute war die Tour de France ein Erfolg für mich und das Team. Wir hatten mehr erreicht, als jeder vorher gehofft hatte. Aber so ein verrückter Tag wie heute, toppt alles noch. Das ist etwas ganz Besonderes und ich bin super glücklich!

Wie frustrierend ist es, Chris Froome in der Tour zu schlagen und dann nur Zweiter zu werden?
Dumoulin: Überhaupt nicht. Ich bin wirklich ganz und gar glücklich mit meinem zweiten Platz. Wenn mir das jemand vor der Tour de France erzählt hätte, dass ich nach diesem harten Giro hier eine Etappe gewinnen und wieder auf dem Podium stehen würde, dann hätte ich das sofort unterschrieben. Ich bin sehr glücklich und bin das auch für Geraint Thomas. Er war in den vergangenen drei Wochen wirklich unglaublich. Er war in der Form seines Lebens. Er machte keine Fehler. Er kam in den Bergen und auch auf allen anderen Etappen niemals in Schwierigkeiten. Ich habe großen Respekt vor ihm und kann ihm nur gratulieren. Ich bin wirklich nicht über meinen zweiten Platz enttäuscht.

Ihr Team sagt, diese Tour sei nur eine Etappe auf dem Weg, einmal die Tour zu gewinnen. Was können sie und ihre Mannschaft mitnehmen, um eine bessere Tour zu fahren?
Dumoulin: Natürlich möchte ich einmal gewinnen. Wir müssen sehen, was möglich ist und wie wir es umsetzen können. Es hatte jedoch niemand erwartet, dass es so gut laufen würde, mich eingeschlossen. Wir wollten um die Gesamtwertung kämpfen und hatten das Podium im Blick. Wir müssen sehen, was wir besser machen können, wenn es geht. Ich kann nur wiederholen. Ich bin sehr zufrieden.

Zurückblickend auf die Mur de Bretagne (6. Etappe): Sie verloren dort 1:13 Minuten (inkl. 20 Sekunden wegen einer Zeitstrafe, d. Red.). Wie groß war der Einfluss dieses Zeitverlustes auf den Verlauf der Tour?
Dumoulin: Wenn ich näher an Thomas dran gewesen wäre, hätte er mich attackiert. So tat er das nicht. Er hielt sich zurück, weil seine Position sehr sicher war. Andernfalls hätte er mir sicher mehr Zeit in den Bergen abgenommen, da er definitiv stärker war, der Stärkste in den letzten drei Wochen. Er bewies das jeden Tag. Wenn ich die Zeit in der Mur de Bretagne nicht verloren hätte, hätte das nichts geändert. Ich wäre auch Zweiter geworden."

Das Team Sky hat durch seinen großen Etat einen Vorteil. Es kann die besten Fahrer beschäftigen. Das ist ein Nachteil für Sie!
Dumoulin (lachend): Ja. Geld macht das Leben manchmal einfacher. Die Frage ist, ob sie glücklicher sind? Nein, nein! Wir haben jetzt keinen größeren Etat und werden den auch nicht in der Zukunft haben

Macht Geld den Unterschied, ob man eine GrandTour gewinnt oder nicht?
Dumoulin: Ein großes Budget ist wichtig, aber wir müssen jetzt und in den kommenden Jahren das Beste daraus machen. Sicher, wir können das Rennen nicht so kontrollieren, wie es Sky tut. Am Ende hängt es jedoch von den Beinen das Kapitäns ab. Den letzte Giro und auch diese Tour gewann der stärkste Mann im Feld. Man kann ein starkes Team haben, wenn du aber den großen Attacken auf den letzten Kilometern nicht folgen kannst, wirst du auch mit einer starken Mannschaft immer Zeit verlieren. Es ist leicht zu sagen, dass Geraint Thomas einen großen Vorteil durch sein Team hat. Er war der Stärkste, das ist so.

Können sie sich an den gestrigen Tag und den heutigen Morgen erinnern, als sie ihren Rennanzug verloren?
Dumoulin: Ja, das war ein stressiger Morgen für mich und alle anderen. Ich war total angepisst! Ich muss unserem Kleidersponsor Etxeondo wirklich Dank sagen. Sie erstellten mir heute Morgen eine komplett neues Renndress. Sie hatten nichts hier, waren in den Ferien. Doch sie schafften es und brachten es hierher. Das war ein verrückter Morgen. Aber ja, gestern (Freitag) war ein frustrierender Tag. Aber gestern war gestern und heut ist heute. Als ich ins Zeitfahren ging, blockierte ich alle Gedanken daran. Ich tat alles, um heute zu gewinnen.

Sie sagten, diese Tour sei nur ein Bonus auf den Giro. Aber was ist, wenn nächstes Jahr neue Konkurrenten aufsteigen wie etwa Egan Bernal?
Dumoulin: Ich nehme das Leben, wie es kommt. Es ist einfach zu sagen, er wird stärker mit jedem Jahr und wird bestimmt nächstes oder übernächstes Jahr die Tour gewinnen. So einfach ist es nicht. Ich weiß nicht, ob das passiert, oder ob das mein Höhepunkt war. Ich genieße den Moment und dieses Highlight!

Sie lieben den Giro! Wie sicher sind sie, dass sie sich nach dieser Erfahrung im kommenden Jahr voll auf die Tour konzentrieren werden?
Dumoulin: Ich bin erst 27 Jahre alt. Ich kann nicht jedes Jahr zwei GrandTours  fahren. Deshalb werde ich nächste Saison nur bei einer starten. Die letzten beidem Jahre hatte ich den größten Fokus auf den Giro. Es ist nur logisch, dass ich mich im nächsten Jahr auf die Tour de France konzentrieren werde. Aber das hängt auch von der Strecke ab. Wenn sie mir absolut nicht liegen sollte, aber der Giro passt, bin ich mehr als froh, wieder den Giro zu fahren. Deshalb kann ich nicht hundertprozentig sagen, dass ich die Tour fahre. Sicher ist aber, dass ich nicht zwei GrandTours fahren werde!

Mehr Informationen zu diesem Thema

06.07.2022Ausgerechnet in Roubaix platzte Degenkolbs Tour-Knoten

(rsn) – Vor vier Jahren mussten die Starter der Tour de France letztmals Kopfsteinpflaster-Passagen unter die Räder nehmen. Am . Juli 2018 holte sich Degenkolb in Roubaix nach 156,6 Kilometern inkl

25.07.2020Video-Rückblick: Horror-Sturz endet für Gilbert glimpflich

(rsn) - Auf der 16. Etappe der Tour de France mussten die Zuschauer das Schlimmste für Philipp Gilbert befürchten. In der Abfahrt vom Portet d´Aspet versteuerte der Belgier sich und flog kopfüber

12.11.2018Alpe d´Huez-Sturz: Nibali drei Stunden von Polizei befragt

(rsn) – Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) ist am Samstag in Modane von der französischen Polizei zu seinem Sturz von der 12. Etappe der Tour de France befragt werden. Damals war der Italiener im Sch

31.10.2018Thomas war bei der Tour wegen Kapitänsfrage frustriert

(rsn) - Am letzten Tag der diesjährigen 105. Tour de France strahlte Geraint Thomas (Sky) im Gelben Trikot auf den Champs-Elysees. Der Waliser feierte den größten Erfolg seiner Karriere und setzte

16.10.2018Nibali wird am 10. November von französischer Polizei befragt

(rsn) - Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) wird am 10. November in Grenoble von der französischen Polizei zu seinem Sturz von der 12. Etappe der Tour de France befragt werden. Damals war der Italiener

10.10.2018Thomas´ Tour-Trophäe in Birmingham gestohlen

(rsn) - In den vergangenen Jahren kam es immer wieder vor, dass Radsport-Mannschaften von Fahrraddieben heimgesucht wurden. Nun meldet Team Sky den Verlust der Tour-de-France-Auszeichnung von Geraint

03.08.2018“Zwischen Froome und Thomas gab es nie einen Disput“

(rsn) - Seit dem vergangenen Sonntag schon ist die auch 105. Ausgabe der Tour de France wieder Geschichte. In der neuen Ausgabe von Radio Tour – dem Radsportpodcast in Kooperation mit radsport-news.

03.08.2018Nach Tour-Aus fordert Sieberg “Überdenken der Karenzzeit“

(rsn) – Nachdem er im Vorjahr wegen eines Magen-Darm-Virus´ erstmals die Tour de France vorzeitig beenden musste, wollte Marcel Sieberg (Lotto Soudal) bei der 105. Austragung unbedingt wieder Paris

02.08.2018Lappartient: Funkverbot und 6-Mann-Teams gegen Sky-Dominanz

(rsn) - Auf wenig Gegenliebe - um es vorsichtig auszudrücken - ist UCI-Präsident David Lappartient bei den Profis mit seinen jüngst geäußerten Ideen gestoßen, wie man der vor allem in den große

02.08.2018“Ich fand alle Bergpässe schön“

(rsn) – Mit Michael Gogl (Trek-Segafredo), Gregor Mühlberger und Lukas Pöstlberger (beide Bora-hansgrohe) nahmen drei Österreicher an der 105. Tour de France teil. Das rot-weiß-rote Trio erreich

01.08.2018Zabel will sein Selbstvertrauen wieder aufpolieren

(rsn) – Der Frust über das verfrühte Tour-Aus sitzt tief: Rick Zabel (Katusha-Alpecin).musste auf der Königsetappe nach Alpe d`Huez im Kampf gegen das Zeitlimit kapitulieren und in den Besenwagen

01.08.2018Politt: “Wir haben uns nochmal richtig zusammengerissen“

(rsn) – Nach drei harten Wochen bei der Tour de France sehnt sich Nils Politt (Katusha-Alpecin) nach Erholung. Die ist derzeit aber nur bedingt möglich. Denn keine 24 Stunden nach dem Tour-Ende in

Weitere Radsportnachrichten

14.11.2024Bardet: “Sinnlos, an ethischen Radsport zu glauben“

(rsn) - Es war ein durchaus ungewöhnlicher Zeitpunkt, als Romain Bardet im Sommer, kurz vor der Tour de France, sein Karriereende ankündigte. Mindestens genauso ungewöhnlich ist das Rennen, das sei

14.11.2024Quintana beendet Spekulationen, Bonnamour gibt Kampf gegen Dopingsperre auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

14.11.2024Rhodos-Prolog-Experte mit Sturzpech im stärksten Rennen

(rsn) – Seine elfte Saison auf KT-Niveau ragt zwar nicht als seine beste heraus, dennoch zeigte Lukas Meiler (Team Vorarlberg) auch 2024, was er drauf hat. Seine beste Platzierung gelang ihm dabei

14.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

13.11.2024Ein Jahr geprägt von Stürzen und viel Unglück

(rsn) – Eigentlich wollte Mikà Heming (Tudor Pro Cycling) 2024 so richtig durchstarten. Die Klassikerkampagne in Belgien hatte er sich als erstes Saisonhighlight gesetzt, doch diese endete für den

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine