Drei Deutsche unter den besten Vier im U23-Zeitfahren

Mathis holt WM-Gold, weil Kämna Europameister wurde

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Maximilian Schachmann (l.) und Marco Mathis holen Silber und Gold bei der WM im Zeitfahren der U23| Foto: Cor Vos

10.10.2016  |  (rsn) - Nach fast vier Stunden bei 35 Grad auf dem heißen Stuhl war Marco Mathis weich gekocht! Vor Aufregung fing er fast an, an den Fingernägeln zu kauen. Doch am Ende der nervenzerfetzenden Wartezeit stand sein größter Triumph fest. Der Tettnanger gewann bei den Weltmeisterschaften in Katar Gold im Einzelzeitfahren der U23 über 28,9 Kilometer. Den überragenden Erfolg der deutschen Nationalmannschaft vervollständigten der Berliner Maximilian Schachmann auf Platz zwei (+ 18 Sek.) und Lennard Kämna, der hinter dem Australier Miles Scotson (+38 Sek.) Platz vier (+42) belegte.

„Wahnsinn! Was für eine Leistung. Deutschland ist und bleibt eine Zeitfahrer-Nation. Alle Drei sind phantastisch gefahren“, lobte BDR-Vize-Präsident Udo Sprenger.

„Es war eine sehr, sehr lange Zeit auf dem heißen Stuhl. Ich habe bis zum Schluss nicht an den Sieg geglaubt. Als die Zwischenzeiten der Favoriten kamen, wusste ich, dass es eng wird. Als es dann reichte, war es ein unglaubliches Gefühl“, sagte Mathis, der auch Deutscher Meister in der Einerverfolgung ist, im ersten Siegerinterview.

Dabei war er zunächst nicht für Katar nominiert. Mathis bekam den WM-Startplatz nur, weil Lennard Kämna als amtierender Europameister ein persönliches Startrecht erhalten hatte und deshalb drei deutsche Fahrer in den Zeitfahr-Wettbewerb gehen durften.

Mathis' Verweildauer auf dem heißen Stuhl hätte länger nicht sein können. Als Erster aller 74 Teilnehmer hatte er die Ziellinie passiert, obwohl er als Zweiter gestartet war. Erster blieb er auch bis zum Schluss. Nicht viel kürzer saß Maximilian Schachmann neben Mathis in der Box, der eine Stunde später ins Rennen gegangen war und wie 2015 in Richmond (USA) Silber gewann.

„Ich bin hier angereist, weil ich meine letzte Chance nutzen wollte, in der U23 das Regenbogentrikot zu holen. Ich freue mich aber riesig für Marco, denn wir sind unter wirklich gleichen Bedingungen gestartet und er war heute mit Abstand der Stärkste“, gratulierte Schachmann dem neuen Weltmeister. Schachmann: „Mathis hat es zu einhundert Prozent verdient. Für ihn war der Erfolg noch deutlich wichtiger als für mich. Ich habe meinen Vertrag schon sicher (bei Etixx-Quick Step,d.Red.). Für ihn öffnen sich jetzt alle Türen und ich hoffe, dass ich ihn nächstes Jahr im Profi-Peloton wieder sehe.“

Der Vize-Weltmeister hatte sich auch nicht von einen Sturz des Belgiers Senne Leysen aus dem Rhythmus bringen lassen, der einige Kilometer vor dem Ziel in einer 90-Grad-Kurve direkt vor ihm stürzte. Geistesgegenwärtig holte der Silber-Medaillengewinner von 2015 in Richmond etwas weiter aus und steuerte souverän an dem Gefallenen vorbei. „Das hat mich nicht sehr behindert. Ich hatte schon hart einen sitzen, weil es so heiß war. Ich bin die Kurve gar nicht so am Limit angegangen und hatte noch etwas Spielraum. Ich habe Leysen stürzen sehen und bin schön außen rum gefahren.“

Als Vorletzter gestartet ging Europameister Lennard Kämna von Beginn an auf Medaillenkurs. An der ersten Zwischenzeit war der Europameister nur drei Sekunden langsamer als Mathis. Doch das Tempo konnte der Neuzugang des deutschen Giant-Teams nicht halten. An der zweiten Intermidiate war Kämna wie später im Ziel Vierter

Nicht optimal lief es für Max Wurtz Schmidt (Dänemark), der schon bei der ersten Zwischenzeit Kettenprobleme hatte und mit neun Sekunden Rückstand auf Platz sechs gestoppt wurde. Das brachte den Titelverteidiger so aus dem Rhythmus, dass es am Ende nur für Rang 21 (+2:02 Minuten) reichte.

Für den peinlichsten Zwischenfall des U23-Zeitfahrens sorgte der Mechaniker des Neuseeländers Hayden McCormick, der den 22-Jährigen wohl erst mit nicht prall aufgepumpten Reifen auf die Strecke schickte und dann nicht in der Lage war, unterwegs das hintere Scheibenrad zu wechseln.

Nachdem der Mechaniker einige Minuten vergeblich rumgemurkst hatte, streifte sich McCormick völlig entnervt das Trikot von den Schultern und stieg ins Begleitfahrzeug. Zum Weiterfahren hatte er keine Lust mehr.

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