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20.03.2015 | Heute um 15 Uhr ist es so weit: Christoph Strasser, derzeit bester Ultra-Radfahrer der Welt, will am ehemaligen Flughafen Tempelhof in Berlin den 24-Stunden-Weltrekord knacken.
Dazu muss er den bisherigen Rekord von 840 Kilometern überbieten, aufgestellt 2004 vom slowenischen 5fach-"Race across America"-Sieger Jure Robic.
Radsport-aktiv berichtet ausführlich von dem Event, unter anderem mit einem Live-Stream, Live-Leistungsdaten von Christoph, und einem Live-Ticker.
Im Vorfeld haben wir gestern abend mit Christoph Strasser gesprochen - nach seiner letzten Trainings-Runde.
Radsport-aktiv: Eine mitentscheidende Rolle bei Deinem Weltrekord-Versuch wird das Wetter spielen. Nun soll es heute noch schön bleiben, mit um 13 Grad; in der Nacht wird's aber wohl bis an den Gefrierpunkt gehen, und es soll dann auch noch zu regnen beginnen.
Wie stellst Du dich Bekleidungs-technisch darauf ein? Du willst ja sicher so wenig wie möglich wechseln, um keine Zeit zu verlieren...
Christoph Strasser: Ich bin ja schon glücklich, dass es heute schön ist. Letzte Woche waren noch zwei Tage Regen angesagt. Ich habe einen etwas dickeren Thermo-Zeitfahr-Anzug, von Owayo speziell für mich angefertigt. Der sollte für die Nacht ausreichend sein. Und von Anfang an werde ich Thermo-Überschuhe tragen. Regenjacke und Armlinge sowie Beinlinge liegen im Begleitfahrzeug parat.
Dann musst Du aber stehenbleiben, um letzteres anzuziehen...
Ich werde auch die Regenjacke im Stehen anziehen. Ein Zeitfahrrad ist nicht so gut zum freihändig fahren. Das ganze Unternehmen wegen am Ende 500 Metern mehr oder weniger zu riskieren, lohnt nicht. Wir haben insgesamt fünf Minuten Pausen einkalkuliert.
Fünf Minuten für 24 Stunden?
Genau. Das muss reichen... (grinst) Für Pinkel-Pausen sind jeweils 30 Sekunden vorgesehen.
Bei Regen wird der Untergrund rutschiger. Kommen dann andere Reifen zum Einsatz?
Ich habe gestern von meinem Sponsor Specialized ein paar Spezial-Reifen bekommen, die noch nicht am Markt sind: Mit Baumwoll-Karkasse, und deutlich weniger Rollwiderstand als alles, was es bisher gibt. Damit spare ich 20 Watt, oder bin im Schnitt zwei km/h schneller. Zudem habe ich einen besseren Pannenschutz. Zur Frage: Die Reifen sollen auch bei Regen ganz gut sein.
Specialized stellt am Flughafen Tempelhof ja einiges an Rundherum-Events auf die Beine; unter anderem kann man Dir mit schnellen E-Bikes eine Zeitlang folgen.
Wirst Du davon etwas mitbekommen?
Es ist immer schön, wenn viele Leute da sind. Das motiviert mich zusätzlich. Ich hoffe nur, dass es nicht zuviel wird. Der frühere Flughafen Tempelhof ist zum beliebten Freizeit-Spot geworden, vor allem für Skater. Da die Strecke nicht gesperrt wird, wir also nur mit einem Voraus- und einem Begleit-Fahrzeug unterwegs sind, hoffe ich auf die Vernunft der Leute.
Was kalkulierst Du: Wann wird es richtig hart? Und kommt auch für Dich irgendwann ein toter Punkt, den Du überwinden musst?
Ich hoffe natürlich, dass es erst am Schluss richtig schwer wird. Die letzten sechs Stunden möchte ich nochmal Vollgas geben - dann gilt: 'all in'. Hart wird es natürlich, wenn es regnet, kalt ist, und auch noch starker Wind aufkommt. Das Tempelhofer Feld ist ja recht frei, da bläst der Wind ungehindert. Aber ich hoffe doch, dass ich meine kalkulierten 270 Watt durchfahren kann.
Wie wichtig ist die mentale Komponente?
Und ganz simpel gefragt: Woran denkst Du eigentlich, während Du fährst?
Da ich einen neuen Zeitfahr-Helm trage, in den kein Mikro reinpasst, werde ich nicht wie sonst Funk haben. Ich bin also mehr mit mir selbst beschäftigt - da wird das Mentale noch wichtiger. Beim Fahren höre ich gern flowige DJ-Remixes, oder auch mal AC/DC. Und ich höre auf meinen Körper: Welche Signale sendet er mir? Muss ich vielleicht die Ernährungs-Kombi ändern, also das Verhältnis von Flüssig-Nahrung zu Elektrolyt-Getränk.
Wie sieht diese Kombination aus?
Wenn's wärmer wird, brauche ich mehr Flüssigkeit, bei Kälte mehr Nahrung - übrigens ein Spezial-Produkt namens Ensure, das sonst nur Krankenhäuser haben. Zusätzlich gibt's Magnesium, und nach Bedarf, vor allem natürlich nachts, Koffein.
Du warst mit dem aktuellen Outdoor-Track-Rekordhalter Jure Robic einige Male auf Langstreckenrennen unterwegs. Jure kam vor fünf Jahren bei einem tragischen Trainings-Unfall ums Leben. Hat das irgendeine Bedeutung für Deinen Versuch? Seinen Rekord wirst Du wohl schaffen...
Abwarten, ob's wirklich klappt. Ich denke, nach drei, spätestens sechs Stunden werde ich das wohl merken. Jure war und ist immer noch mein großes Vorbild, und es macht mich gleichzeitig glücklich und traurig, wenn ich seinen Rekord breche.
Jure war immer nett und lustig, aber auf dem Rad ein echter Kämpfer, fast unbesiegbar. Er bleibt der coolste Fahrer aller Zeiten, und es ist mir eine große Ehre, dass ich seinen Namen mit meinen Rekord-Versuch wieder ein wenig aus der Vergangenheit holen kann.
Wir wünschen Dir schon mal viel Erfolg - und das nötige Quentchen Glück!
Vielen Dank - und bis morgen...
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