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28.08.2011 | "Jetzt hat mich das Radfieber wieder gepackt", sagte Jan Ullrich heute nachmittag nach 238 Kilometern und 5500 Höhenmetern in Sölden. Der Jubiläums-Ötztaler war Jans erstes "offizielles" Rennen seit fünf Jahren - und er hat es sichtlich genossen.
Exklusiv für Radsport-aktiv.de hat Jan Ullrich seine Eindrücke als "Edel-Helfer" seines Freunds Frank Wörndl beim Ötztaler festgehalten. Hier sind sie.
(Sölden, 28.8., 19 Uhr) - Heute habe ich so einiges gelernt - und vor allem: Als Helfer bin ich wohl eher ungeeignet. Wenn der "Kapitän" fast zwei Stunden nach seinem "Wasserträger" ins Ziel kommt, dann hat der Helfer irgendwie was falsch gemacht. Aber ausführlich gefeiert haben wir ihn jedenfalls, den Frank, als er nach 9:59 Stunden ins Ziel rollte. Sein "nie wieder" habe ich einfach mal überhört...
Aber der Reihe nach. Heute morgen, 6 Uhr 45, mitten in Sölden. Nebel, Außentemperatur 3 Grad, Winterjacken, lange Handschuhe, Beinlinge, Helmmützen, wohin das Auge blickt. Sommer? Wird schon noch, meint Frank.
Dann der Start: Die Schützen böllern, 4000 Fahrer legen los. Nach 20 km Einrollen geht's hinauf aufs Kühtai, und ich gebe ein wenig Gas, um endlich warm zu werden. Frank läßt bald reißen; wir wollen uns an der Verpflegungs-Station auf 2020 m wieder treffen.
Oben fülle ich die Flaschen auf, warte auf meinen Kumpel. Jetzt ist Zeit, Autogramme zu schreiben, sich mit anderen Teilnehmern fotografieren zu lassen. Cheese! Ist schön zu merken, dass sich die Leute freuen, wenn man wieder da ist. Dann reißt auch noch der Himmel auf, die Sonne kommt durch. Was will man mehr...
Nach 20 Minuten kommt Frank, klagt über Bauchschmerzen. Wir lassen es ruhiger angehen, und fahren mit einer gut 50 Leute großen Gruppe gemütlich den Brenner hoch. Bald wird klar, dass wir Franks Ziel von unter acht Sunden so nicht schaffen. Also neue Marke: 8/30. Mal sehen.
Frank wird von einem Kamera-Team von "Servus TV" begleitet. Wer also noch nicht mitbekommen hat, dass ich dabei bin, wird spätestens so aufmerksam. Aber das passt schon, das Feedback ist toll. Immer wieder werde ich "eingekreist", plaudere mit anderen Fahrern, werde fotografiert. Die Gespräche sind durchweg positiv, das Interesse an meinen Plänen ist groß. Aber jetzt wird noch nix verraten - auch wenn mancher recht hartnäckig war beim Nachfragen.
Am Anfang des Jaufenpasses hat Frank dann gemerkt, dass es heute richtig schwer für ihn wird. Die Abfahrten waren kalt, und so auch die Getränke - das schlägt schon auf den Magen. Ich solle doch fahren, meinte er: Ganz in Manier des großzügigen Kapitäns, der seinen Helfer ziehen lässt, wenn er einen schlechten Tag hat...
So konnte ich es dann doch noch ein wenig fliegen lassen, vor allem auf den Abfahrten. Der Ötztaler ist wirklich ein wunderschönes Rennen. Aber auch ein wahnsinniger Streifen: fast 240 Kilometer, 5500 Höhenmeter - das ist schon gigantisch. Chapeau, wie die Freizeitfahrer das durchhalten. Die letzten im Feld sind über zwölf Stunden im Sattel. Der Hammer.
Was mir echt in Erinnerung bleiben wird vom Ötztaler, das sind die Gesichter der Fahrer oben am Timmelsjoch: Völlig fertig von 30 km Auffahrt, aber total glücklich. Das ist Radfahren. Und so macht es echt wieder Spaß. Dieses Gefühl habe ich lange vermisst.
Das zu erleben, da lohnt sich das Training. Und ich hab mich durchaus ernsthaft vorbereitet: Sechs Wochen lang fast täglich gefahren, insgesamt über 4000 Kilometer. Den Ötzi macht auch ein Ex-Profi nicht einfach so. Das ist schon richtig hartes Programm, die Strecke: Die meisten Steigungen über zehn Prozent, und gleich am Anfang der Kühtai mit 18 Prozent. Brutal. Aber wunderschön.
Ich freue mich auf mein nächstes Jedermann-Rennen - den "Charity Bike Cup" am 3. Oktober. Mal sehen, was es dann nächstes Jahr so alles wird. Vielleicht ein paar Höhenmeter weniger als beim Ötztaler. Aber auf jeden Fall wieder mit Spaß. Denn das möchte ich vor allem vermitteln: Dass Rennradfahren Freude macht. Deswegen würde ich gern auch mal mit Kindern fahren.
Und wenn man dann auch noch helfen kann, wie mit unserer Charity-Aktion heute, die über 14 000 Euro für einen armen Ötztaler Buben einbrachte, dann macht das Ganze noch mehr Spaß. So kann es ruhig weitergehen.
Vielleicht sehen wir uns ja mal? In Hamburg, Berlin, Frankfurt - wer weiß. Ich freu mich schon...
Euer Jan
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