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13.05.2024 | Der erste UCI Gran Fondo auf deutschem Boden war natürlich auch für das Team Strassacker ein Pflicht-Termin und Highlight im Rennkalender 2024. Auch wenn die Strecke komplett in der Bundesrepublik lag, war das Rennen wegen der starken Konkurrenz aus dem nahen Belgien und den angrenzenden Niederlanden eines der bestbesetzten Rennen, die das Team in letzter Zeit bestritten hat. Trotzdem konnten die Fahrer in Celeste in allen Altersklassen sehr gute Ergebnisse einfahren.
Start um 7 Uhr morgens! Diese Aussicht sorgte nicht nur bei den passionierten Langschläfern im Team, sondern aller Orten für lange Gesichter. Nur Timo Dahlheimer, der gerne gegen fünf Uhr morgens auf die Rolle geht, konnte die ganze Aufregung nicht verstehen. Als dann der Wecker am Renntag um halb fünf klingelte, war aber alle Müdigkeit trotz der kurzen Nacht verflogen - schließlich stand uns einer der mutmaßlich härtesten GCC-Läufe des Jahres bevor. Auch der Parcours versprach ein anspruchsvolles und selektives Rennen.
Nach dem Start am Aachener Tivoli ging es sieben Kilometer neutralisiert und teilweise über Kopfsteinpflaster durch die Innenstadt, bevor ein etwa 35 Kilometer langer Aufstieg in Stufen durch den Hürtgenwald in Richtung Rursee folgte. Dort stand eine etwa 40 Kilometer lange Schleife durch den Nationalpark Eifel auf dem Plan, mit zwei längeren und mehreren kurzen, aber steilen Anstiegen. Danach ging es wieder die bekannten ersten 40 Kilometer über nun abfallendes Terrain, zurück zum Start am CHIO-Stadion im Aachener Norden. Anders als gewohnt starteten die Altersklassen getrennt voneinander, sodass unser Team sich über die beiden ersten Startblöcke (19-35, 36-45) aufteilte.
Hohes Niveau und wenige Ausreißversuche
Nach dem scharfen Start blieb das Feld bis auf wenige halbherzige Ausreißversuche im Wesentlichen beisammen, wozu Jonas Brzenczek und Kjell Power beitrugen, die immer wieder die Tempoarbeit übernahmen und unsere Kapitäne aus dem Wind und der Verantwortung heraushielten. In einem der steileren Abschnitte im Hürtgenwald wurde es erstmals schneller und einige Konkurrenten testeten die Beine. Trotz des sehr hohen Tempos bildete sich keine Gruppe und so waren auf der Kuppe noch etwa 70 Fahrern beisammen – ein sehr hohes Niveau zeichnete sich ab.
Weil aber nach dem intensiven Anstieg niemand so recht die Tempo-Arbeit übernehmen wollte, war bald kein Zug mehr im Feld und alle schauten sich erstmal um. Diesen Moment ließ ich mir nicht entgehen und trat links um eine Verkehrsinsel herum an, während die restliche Gruppe den längeren Weg auf der rechten Seite wählte. Und die Attacke saß, schnell hatte ich einige Meter Lücke und fuhr Vollgas weiter. Einen Moment später bekam ich Begleitung von Jordy Vermeulen aus den Niederlanden, der die Gunst der Stunde erkannt hatte. Wir waren uns ohne Worte einig und zogen voll durch, hinten verschleppten meine Kollegen das Tempo. Nach etwa fünf Kilometern, in denen die Lücke nicht so recht aufgehen wollte, vergrößerte sich der Abstand peu à peu, bis beim Blick zurück nur die morgendliche Eifel, aber kein Verfolgerfeld mehr zu sehen war.
Lieber führen als Windschatten
Für uns hatte sich damit die perfekte Situation ergeben, dass unsere Kapitäne hinten die Füße hochnehmen konnten, um möglichst ausgeruht ins Finale zu gehen. An der Spitze merkte ich schnell, dass Vermeulen keine Laufkundschaft war – im Windschatten an seinem Hinterrad war es fast härter als wenn ich selbst in Führung war. Trotzdem funktionierte die Zusammenarbeit für die nächsten 30 Kilometer über Berg und Tal sehr gut. Mit etwa eineinhalb Minuten Vorsprung kamen wir am schweren Anstieg in Hammer an - und was sich bereits angedeutet hatte, trat nun ein: Vermeulen schlug ein horrendes Tempo an, ich konnte nicht mehr folgen.
Den Anstieg in Hammer hatten wir in der Vorbesprechung als Schlüsselstelle des Rennens ausgemacht. Nach einer schnellen und engen Anfahrt durch das Dorf folgte eine Rampe von einem Kilometer mit zweistelligen Steigungswerten, bevor die Straße nur kurz flacher wird, um dann bis zum Gipfel nach knapp drei Kilometern weiter anzusteigen. Von der Spitze des Feldes lancierte Moritz Palm wie geplant Moritz Beinlich, der unten im Steilstück eine unwiderstehliche Attacke setzte, der nur Vince Mattens aus Belgien folgen konnte. "Nachdem wir vorher gut Körner sparen konnten, hat mich Moritz echt perfekt zum Anstieg gebracht. Das Feld war wie eine Perlenkette aufgereiht und als ich dann von zweiter Position losgefahren bin, habe ich direkt gemerkt, dass ich die Gruppe sprengen konnte“, kommentierte Moritz Beinlich den entscheidenden Moment nach dem Rennen.
Auf der Kuppe des Anstiegs schlossen Moritz und Vince Mattens zu mir auf, zu dritt machten wir uns auf die Verfolgung von Spitzenreiter Vermeulen. Man hätte es nicht besser planen können, denn so konnte ich als Relais-Station für Moritz noch Tempo fahren. Das ging etwa zehn Kilometer lang gut, bevor Moritz und Mattens mich an einer Welle stehen ließen. Damit ergab sich vor den letzten 40 abfallenden Kilometern folgendes Bild: An der Spitze Vermeulen als Solist, etwa eine Minute dahinter Moritz Beinlich und Vince Mattens und mit nochmal einer Minute Abstand eine knapp 50-köpfige Gruppe, in der Moritz Palm und Dennis Biederer saßen. Diese Gruppe stellte mich kurz darauf in der Abfahrt.
Fern-Duell zum Finale
An einem der kleinen Gegenanstiege konnte Vince Mattens unserem Moritz nicht mehr folgen, so lief es auf ein Fern-Duell auf den letzten 20 Kilometern hinaus. Im übriggebliebenen Peloton deckten wir drei so gut es ging alle Attacken ab. Leider kam Dennis dabei in der Hektik zu Sturz; glücklicherweise bestätigte sich die erste Befürchtung nicht, er trug keine Brüche davon.
An der Spitze versuchte Moritz alles, kam aber nur noch auf etwa eine halbe Minute an Vermeulen heran. "Ich war ein bisschen verwirrt, weil ich unterschiedliche Angaben zum Abstand bekommen habe – mal eine Minute, dann wieder nur eine halbe und dann wieder eine Minute“, so Moritz: "Als ich zehn Kilometer vor dem Ziel Jordy immer noch nicht sah, habe ich mich auf das Verteidigen des zweiten Platzes fokussiert - ich hatte immer noch ein gutes Bein.“ So kam der Niederländer nach einem Solo von knapp 50 Kilometern als verdienter Sieger ins Ziel.
In der Gruppe, die mittlerweile um Platz drei fuhr, ging es recht chaotisch zu. Zahlreiche Positions-Kämpfe und ein munteres Attackieren machten das Finale hektisch und schnell. Moritz Palm versuchte sein Glück nochmal an der letzten Welle, drei Kilometer vor Ziel, kam aber nicht entscheidend weg. Danach nahm er vor der verwinkelten und gefährlichen Zielanfahrt am Aachener Tivoli mit einigen Kurven und Kreisverkehren auf Kopfsteinpflaster raus, um keinen Sturz zu riskieren.
Platz zwei vor dem Peloton gerettet
Wenige Sekunden davor rettete Moritz Beinlich schlussendlich einen bärenstarken zweiten Platz über die Linie. "Ein paar Kilometer vor dem Ziel habe ich mich nochmal umgedreht und das heranrauschende Feld gesehen. Da ging mir nochmal kurz die Düse, aber schlussendlich konnte ich meinen Vorsprung ins Ziel bringen und habe den zweiten Platz genossen“, fasste Moritz die letzten Meter zusammen.
Auch in den anderen Altersklassen gelangen uns Spitzen-Resultate: Ben Witt konnte, befreit von seinen sonstigen Aufgaben als "Dampflok" vor dem Feld, auf einen herausragenden fünften Platz in der Altersklasse bis 40 fahren. Der Mann ist nicht nur das beste Hinterrad im Feld, sondern auch für ein Top-Resultat gut, wenn er von der Kette gelassen wird. Auch Timo Dahlheimer wusste mit Rang 18 zu überzeugen. Noch besser machte es Holger Koopmann, der in der Altersklasse bis 54 den Sieg feiern konnte.
Damit fahren wir nicht nur mit mehreren sehr guten Ergebnissen, sondern auch mit der Qualifikation für die Amateur-Weltmeisterschaft im Spätsommer in Dänemark in der Tasche nach Hause. Zudem haben wir die Gewissheit, auch in der internationalen Gran-Fondo-Szene bestehen zu können, in der das Niveau bei einer Menge Fahrer aus den Benelux-Ländern hoch ist. Zur Illustration: Der Sieger brachte über die Rennzeit von knapp drei Stunden eine Durchschnittsleistung von 339 Watt aufs Pedal; bei mir standen in den ersten beiden Rennstunden ebenfalls über 330 Watt im Schnitt auf dem Tacho – jeweils fast fünf Watt pro Kilogramm Körpergewicht.
"Wir haben vieles richtig gemacht, das war ein schöner Team-Erfolg! Dass wir es geschafft haben, auch in so einem Feld Verantwortung zu übernehmen und uns zu behaupten, stimmt mich echt positiv“, zog Moritz Beinlich das Fazit zum Rennen. Und schon nächstes Wochenende können wir uns wieder auf internationalem Level beweisen, wenn es zum UCI Gran Fondo in die Vogesen geht. Nach seinem zweiten Platz vom letzten Jahr schielt Moritz Beinlich nun auf die oberste Treppenstufe - die Form stimmt auf jeden Fall…
Fabian Thiele ist Fahrer im Team Strassacker.
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